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6. Fernweh III

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Jonas Copo war Hanse-Spezialist und hatte bereits gegen die Agenten der Superintelligenz Seth-Apophis gekämpft, somit galt er beinahe schon als lebendes Fossil. Er hätte in Pension gehen können – wenn Homer G. Adams nicht gewesen wäre. Der Finanzchef der Kosmischen Hanse hatte allen nach Seth-Apophis' Ende eigentlich überflüssig gewordenen Spezialisten neue Aufgaben zugewiesen. Ihnen oblag es, neue Handelsbeziehungen zu knüpfen. Sie durchstreiften die unbekannteren Zonen der Milchstraße und schwärmten nach Andromeda, Magellan, Sculptor und Fornax aus – sie waren moderne Prospektoren, jedoch in den wenigsten Fällen ausgewiesene Wirtschaftsexperten.

Jonas Copo war über ein Jahr in Magellan tätig gewesen. Er hatte die Auswirkungen des »guten Geistes von Magellan« miterlebt und war nach der Aktivierung des Chronofossils Magellan in die Heimatgalaxis zurückgekehrt. Nun war auch Terra als Chronofossil aktiviert, und das ehemals gigantische Virenimperium existierte nur noch in Fragmenten. Aber diese Trümmer formierten sich neu. Copo hatte die Aufgabe, sich über die Möglichkeiten zu informieren, wie die Reste des Virenimperiums für die Hanse genutzt werden könnten.

Offiziell galt er als Mitarbeiter im Außendienst, das war nichtssagend genug. Copo stand nicht einmal in gehobener Position. Tatsächlich gab es nur wenige Personen, denen er Rechenschaft schuldete – letztlich sogar nur einem, nämlich Adams.

Im Orbit über der Erde spürte auch Jonas Copo das gewisse Etwas der Virenwolken. Wie so viele andere hörte er ebenfalls das lockende Wispern, das unstillbares Fernweh weckte, nur erlag er diesen Einflüsterungen nicht. Ihn zog es nicht mit aller Macht hinaus in die Unendlichkeit des Weltraums, denn dort war er ohnehin zu Hause.

Für gewöhnlich war der erdnahe Raum trotz des zahlenmäßig großen Schiffsaufkommens relativ leer und verlassen. Mittlerweile war es jedoch, als werde der Planet von wogenden Nebelschwaden verschluckt.

Die Raumfähre, in der Copo gemeinsam mit zehn weiteren Hanse-Spezialisten zu einer der Orbitalstationen aufstieg, befand sich bereits im freien Fall. Es herrschte Stille. Keiner der Passagiere redete, doch urplötzlich, als wären sie dazu aufgefordert worden, erhoben sie sich von ihren Plätzen, verließen die Kabine und gingen zur Hauptschleuse.

Sie stiegen aus!

Ohne Raumanzüge, nicht einmal mit den primitivsten Atemmasken versorgt, verließen sie die Fähre. Keiner von ihnen verschwendete nur einen Gedanken daran, dass im Vakuum der Tod wartete. Sie entfernten sich von der Fähre, konnten atmen und waren behütet. Der Virennebel hüllte sie ein, spendete ihnen Sauerstoff und Wärme.

Jonas Copo gehörte zu einer Gruppe von sechs Frauen und fünf Männern. Sie waren die letzten Passagiere, die die Fähre verließen. Copo übernahm die Führung, als sei es die selbstverständlichste Sache der Welt. Er spürte eine unstillbare Sehnsucht ...

Sterne, ich komme!

Ringsum leuchteten Virenschleier in allen Farben des Spektrums.

Was habt ihr mir zu geben?, fragten Jonas' Gedanken eindringlich.

Die Wolke veränderte sich, eine Art Kommandozentrale bildete sich heraus. Bedienelemente gab es nicht, nur elf Kontursessel. Und vor jedem dieser Sessel entstand in einem Holo das lebensgroße Abbild einer betörenden Frau.

»Belice!«, sagte Jonas Copo ergriffen. Wer kannte sie nicht, eine der Inkarnationen der Kosmokratin Vishna, die eng mit der Rekonstruktion des Virenimperiums verbunden war. Vishna, erst erbitterte Gegnerin der Menschheit, nun treue Freundin.

»Ich habe für jeden das, was ihm zusteht«, sagte Belice mit ihrer tiefen, betörenden Stimme.

In dem Moment begann für Jonas Copo eine phantastische Reise. Später konnte er nicht mehr sagen, was er dabei erlebt hatte, und den anderen erging es ebenso. Ihnen blieb nur das Gefühl, Wunderbares gesehen zu haben, etwas so Einmaliges, dass keine Sprache ausreichte, es wiederzugeben. Es war eine zeitlose Reise in die Ewigkeit ...

... trotzdem endete dieses überwältigende Erlebnis jäh. Belice erschien wieder. »Das alles wird euch versagt bleiben«, sagte sie traurig lächelnd.

Die Virenwolke entließ Copo und seine Begleiter auf dem Raumhafen von Terrania, eingekeilt in eine unüberschaubare Menge von Menschen und Angehörigen anderer Völker. Über ihnen trieben die Virenwolken hoch am Himmel dahin.

Jonas Copo und seine Kameraden entfernten sich schweigend. Es gab nichts zu sagen. Sie wussten jeder für sich, dass sie ihre Chance vertan hatten – sie wussten nur nicht, warum.

Perry Rhodan 150: Stalker (Silberband)

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