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7. Hoffnungen und Wünsche

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Reginald Bull hatte sich in sein Haus am Goshunsee zurückgezogen. Er saß auf der Veranda und starrte auf das in der Dämmerung spiegelglatte Wasser hinaus.

Er dachte über sein zweitausendjähriges Leben nach. Hin und wieder umfloss ein verklärtes Lächeln seinen Mund, dann seufzte er. Weit öfter bekam sein Mienenspiel jedoch einen Hauch von Melancholie.

Er war nur ein Staubkorn in der galaktischen Geschichte und sogar für die Menschheit entbehrlich. Ein Zufall hatte ihn bis zu diesem Tag gebracht. Wäre er damals, vor mehr als zwei Jahrtausenden, nicht als einer der ersten Menschen zum heimischen Mond geflogen und hätten Perry Rhodan und er nicht das havarierte arkonidische Raumschiff entdeckt, niemand würde sich noch an seinen Namen erinnern.

Warum ziehst du nicht die Konsequenzen und beginnst endlich zu leben, wie du es dir vorstellst. Sei du selbst. Bully seufzte.

Er war so tief in Gedanken versunken, dass er den Eindringling erst bemerkte, als dieser schon vor ihm stand.

»Tiff ...?«

»Was ist los mit dir, Reginald?«, erkundigte sich der Erste Terraner. »Ich habe versucht, dich zu erreichen und schon das Schlimmste befürchtet. Wenn ich dich so sehe: Du wirkst schwermütig.«

»Mir geht es gut.«

»Hast du dir Homers Forderungspaket angesehen?«, wollte Julian Tifflor wissen. »Ich möchte deine Meinung hören; schließlich müssen wir eine Entscheidung treffen.«

»Ich nicht mehr«, sagte Bully salopp. »Ich stelle meinen Posten als Hanse-Sprecher zur Verfügung und trete ab.«

»Das meinst du nicht so.« Tifflor winkte ab. »Homer fordert doch nur für jeden Hanse-Sprecher einen Stellvertreter, damit die Hanse jederzeit beschlussfähig ist. Mir geht es auch gar nicht um die Vollmachten, die Homer haben will – er wird sie bestimmt nicht missbrauchen, zumal es über NATHAN genügend Kontrollmöglichkeiten gibt. Ich denke an das geforderte Handelsabkommen mit der Mächtigkeitsballung ESTARTU. Darüber muss entschieden werden, und das ist keineswegs nur die Zuständigkeit der Hanse.«

»Unterhalte dich darüber mit Mortimer Swan«, bat Bull.

»Wer ist das?«

»Mein Nachfolger. Er wurde als mein Stellvertreter vorgeschlagen. Sobald ich zurücktrete, rückt er als Hanse-Sprecher nach.«

»Das ist nicht dein Ernst, Bully.«

»Mein voller Ernst sogar.«

Tifflor schnippte mit den Fingern. »Einfach so? Findest du nicht, dass du es dir zu leicht machst? Ich halte es geradezu für verantwortungslos, alles hinzuwerfen.«

»Das unterscheidet uns beide.« Reginald Bull rieb sich über die Augen, dann sah er den Freund fest an. »Ich habe über alles nachgedacht und möchte nicht diskutieren. Es macht keinen Unterschied, ob ich Hanse-Sprecher bin oder nicht. An meiner Stelle kann genauso gut ein anderer untätig auf der Erde herumhocken. Ich will wieder aktiv sein. Verstehst du? Ich werde etwas finden, das mich zufriedenstellt und mich ausfüllt.«

»Ist das dein letztes Wort?«

Bull seufzte. »Ich begehe doch keine Fahnenflucht, Tiff«, versuchte er, sich zu rechtfertigen. »Ich will dir nur beibringen, dass mir das Nichtstun bis hier steht.« Demonstrativ fasste er sich an den Hals. »Tatsache ist, dass ich längst austauschbar geworden bin. Genau das will ich ändern!«

»Indem du auf der Veranda sitzt und Däumchen drehst?«

»Ich warte. Willst du das nicht verstehen?«

Julian Tifflor ging. Bull blieb sitzen und blickte auf den See hinaus. Er dachte nach, aber sein Entschluss stand fest.

Die Nacht kam und verging. Bully saß im Morgengrauen immer noch da, er döste nur ein wenig.

Endlich, zeitgleich mit dem Sonnenaufgang, wurde seine Geduld belohnt. Aus dem Himmel sank eine kleine Virenwolke herab.

Reginald Bulls Warten fand ein Ende.

Perry Rhodan hatte eine Reihe von Gesprächen geführt, bevor er Stalker aufsuchte. Unter anderem hatte er sich mit Blake Gordon unterhalten, der für ihn als stellvertretender Hanse-Sprecher vorgesehen war.

Gordon war 85 Jahre alt, hatte asiatischen Einschlag und erinnerte mit seinem bis zur Körpermitte reichenden Bart an Konfuzius. Er war Multi-Wissenschaftler, und Geoffry Waringer stellte ihm das beste Zeugnis aus; Geoffry musste es wissen, schließlich hatte Gordon in seinem Team gearbeitet.

Rhodan war mit dieser Wahl zufrieden.

Danach unterhielt er sich mit anderen ihm nahestehenden Hanse-Sprechern. Alle waren grundsätzlich mit Adams' Forderung nach einer Neuorganisation der Kosmischen Hanse einverstanden.

Bei einigen zeigte sich sogar eine gewisse Amtsmüdigkeit, die sich offenbar schon vor geraumer Zeit eingestellt hatte, nachdem die Probleme mit Seth-Apophis gelöst worden waren. Sie alle beteuerten, dass das nichts mit Adams' Forderungen zu tun hatte. Zugleich schloss keiner aus, dass die Amtsmüdigkeit erst durch die Aktivierung des Chronofossils Terra akut geworden sein könnte.

»Wir stehen am Beginn einer neuen Ära«, drückte es Rhodans Sohn Michael aus, den alle Welt unter dem Pseudonym Roi Danton kannte. »Die Kosmische Hanse braucht frisches Blut ... und ich wäre der Letzte, der an seinem Sessel klebt. Ich habe eigene Vorstellungen von der Zukunft.«

Irmina Kotschistowa, die Metabio-Gruppiererin, sagte einfach: »Ich bin müde und will meine Tatkraft der Medizinforschung widmen.« Das war ihre Art zu demissionieren.

Der Plophoser Pratt Montmanor, Präsident des GAVÖK-Forums und zugleich Hanse-Sprecher, wollte die Gelegenheit ergreifen, sich intensiver als bisher der völkerverbindenden Arbeit in der Milchstraße zu widmen. »Wenn die Hanse eine Umstrukturierung braucht, dann erst recht die Galaktische Völkerwürde-Koalition«, sagte er. »Die Aktivierung des Chronofossils Terra hat dazu geführt, dass sich alle Milchstraßenvölker als Galaktiker fühlen. Das muss in der GAVÖK entsprechenden Niederschlag finden. Genau dieser Aufgabe werde ich mich mit aller Kraft widmen.«

Rhodan hätte sich gern mit Reginald Bull unterhalten, aber sein Freund war unauffindbar. Deshalb wandte er sich an Taurec. Allerdings wollte er von dem Kosmokraten nicht wissen, was er über die Kosmische Hanse dachte, sondern über Stalker und die natürliche Feindschaft zwischen ihnen.

»Als Kosmokrat muss ich Stalker grundsätzlich ablehnen«, sagte Taurec. »Will ich jedoch objektiv sein, dann muss ich zugeben, dass dieser Dritte Weg unter Umständen gangbar sein könnte. Diese Entscheidung kann und will ich euch nicht abnehmen. Ich werde zu diesem Komplex ohnehin keine weitere Aussage machen.«

»Und Stalker?«, fragte Rhodan. »Er ist schwer durchschaubar. Auf gewisse Art erinnert er mich an deine ersten Auftritte an Bord der BASIS.«

»Ich verstehe, was du meinst, deshalb fasse ich diesen Vergleich nicht als Beleidigung auf«, entgegnete Taurec. »Es stimmt, ich habe mir ebenso wenig in die Karten blicken lassen. Und ich gebe stets nur das Unumgängliche preis. Das mag Ausdruck einer gewissen Überheblichkeit sein, du kannst es sehen, wie du willst. Trotzdem bin ich kein Intrigant. Sagen wir es so: Die Lehre vom Dritten Weg mag richtig sein, nur ist Stalker ein falscher Prophet.«

Perry Rhodan suchte danach auch Homer G. Adams auf.

»Ich möchte diese Angelegenheit geregelt wissen, bevor ich mit der BASIS nach EDEN II aufbreche«, sagte er. Auf Adams' überraschten Blick reagierte er sofort: »Nein, ich hatte nicht die geringste Eingebung, wo EDEN II zu finden ist. Aber ich hoffe weiterhin auf Ernst Ellerts Rückkehr, und dann könnte ein überstürzter Aufbruch anstehen. Ich will dich nur noch wissen lassen, dass ich deinen Forderungen in allen Punkten zustimme.«

Adams verkrümmte sich und sah Rhodan schräg von der Seite an. »Was ist mit dem wichtigsten Punkt, von dem ich mir echte neue Impulse für die Hanse verspreche?«, fragte er.

»Im Prinzip stimmen wir wohl alle darin überein, dass der Kontakt zur Mächtigkeitsballung einer anderen Superintelligenz ein Fortschritt ist«, antwortete Rhodan. »Wir dürfen uns nur nicht Hals über Kopf in ein Abenteuer stürzen. Auf dir liegt von nun an eine große Verantwortung, Homer. Mit den gewünschten Vollmachten repräsentierst du nicht nur, mit ihnen bist du die Kosmische Hanse!«

»Das klingt beinahe, als würdest du das Schicksal der Milchstraße in meine Hände legen«, scherzte Adams, und das war ein sicheres Zeichen für die Erleichterung, die er empfand. »Dabei führe ich nur Verhandlungen mit Stalker. Ausschließlich auf wirtschaftlicher Ebene. Und diese sind bislang nicht einmal in ein Vorstadium getreten.«

Rhodan verwarf alle schönen Worte und guten Ratschläge, die er sich zurechtgelegt hatte. »Lass dich von Stalker nicht übers Ohr hauen, Homer!«, sagte er stattdessen.

»Ah, Perry Rhodan! Endlich habe ich Gelegenheit, mit dem mächtigsten Mann dieser Galaxis zu sprechen!«

Stalker ging tänzelnd auf den Terraner zu, ergriff seine Hand und drückte sie herzlich. Dabei strahlte er ihn an, als sehe er sein Idol vor sich. So übertrieben dies auch erschien, Rhodan fand nicht, dass es geheuchelt wirkte.

»Ich bin kein Machthaber«, schränkte Rhodan ein, doch Stalker fiel ihm sofort ins Wort.

»Keine falsche Bescheidenheit! Du bist für diese Mächtigkeitsballung, was ich für ESTARTU bin. Natürlich kann man unsere Positionen nicht miteinander vergleichen. Schon deshalb nicht, weil ESTARTU frei und eigenständig ist, und ES in Abhängigkeit zu den Kosmokraten steht. Wir beide sind uns dennoch irgendwie ähnlich.«

Stalker bewohnte mehrere Zimmer im Hauptquartier der Hanse. Er hatte keine Ansprüche gestellt und versichert, dass terranische Bedürfnisse gerade recht für ihn seien.

Von irgendwo raste plötzlich ein kleiner Wirbelsturm heran und sprang Stalker auf den Rücken. Es war Skorsh. Er starrte über Stalkers Schulter Rhodan misstrauisch an.

»Lass dich von diesem Schlitzohr nicht übervorteilen, Stalker!«, kreischte der Animateur. Der Kleine sah tatsächlich wie eine Miniatur von Stalker aus, nur war sein Mund v-förmig. Die Augen liefen ebenfalls v-förmig zusammen, und auch sein spitzes Kinn bildete ein V. Skorsh sah aus wie ein Kobold, zudem verhielt er sich wie ein Quälgeist. Ständig krabbelte er an Stalker herum und kiebitzte. Rhodan fragte sich, wie der Gesandte das ertrug.

»Ich brauche Skorsh«, sagte Stalker, als hätte er die Gedanken des Terraners gelesen. »Ohne ihn wäre ich verloren, ich bin überaus verletzlich.«

»Diesen Eindruck hatten wir bislang nicht«, sagte Rhodan. »Du kannst dich sehr gut gegen unsere Technik und sogar gegen die Mutanten schützen.«

»Ich sprach von meiner Psyche«, sagte Stalker mit entschuldigendem Lächeln. »Sie ist empfindlich.«

»Weil Sotho Tal Ker zu gutmütig ist«, mischte sich Skorsh ein. »Wenn ich nicht wäre, würde er euch ESTARTU für einen Pappenstiel verhökern. Er würde unsere Superintelligenz glatt an den Bettelstab bringen.«

Rhodan schmunzelte.

»Skorsh übertreibt«, sagte Stalker und versuchte seinen Animateur wie ein lästiges Insekt zu verscheuchen. »Allerdings bin ich sehr emotional, und manchmal muss er mein Temperament bremsen.«

»So wie bei der Konfrontation mit Taurec?«, wollte Rhodan wissen.

»In der Tat«, gab Stalker zu. »Taurec hatte es leider auf Provokation angelegt. Er durchschaute meine Maske und wollte mich vor euch bloßstellen. Alles nur, um unsere Freundschaft schon im Keim zu zerbrechen. Als Kosmokrat hat er leider die Pflicht, alles zu tun, um unseren Kontakt zu verhindern. Und ich Narr hätte mich von ihm beinahe in Rage bringen lassen. Aber wozu habe ich denn meinen Animateur? So gesehen ist Skorsh mein gutes Gewissen – und eben auch lästig wie jedes gute Gewissen.«

»Da hörst du es, Perry!«, keifte Skorsh. »Das ist der Dank dafür, dass ich ihn vor kosmokratischen Ohrfeigen bewahrt habe.«

»Ich glaube eher, dass Stalker sich sehr gut gegen psychische Angriffe hätte zur Wehr setzen können«, sagte Rhodan.

»Er hätte Taurec in Stücke gerissen.« Skorsh ritt schon wieder auf Stalkers Schulter. »Den Kosmokraten wäre das nur recht gewesen. Sie hätten diesen Vorwand benutzt, ESTARTU auszuradieren.«

Stalker lachte nachsichtig und schlug mit einer spielerischen Bewegung nach seinem Animateur. »Hör auf mit diesen Schauergeschichten!«, sagte er streng. »Die glaubt dir sowieso niemand.« An Rhodan gewandt, fuhr er fort: »Skorsh hat insofern recht, als den Kosmokraten ESTARTUS Alleingang ein Dorn im Auge ist. Kosmokraten sehen alles aus der verzerrten Perspektive von jenseits der Materiequellen. Wer nicht für sie ist, ist gegen sie – das glauben sie. Einen Mittelweg anerkennen sie nicht.«

»Ich muss eingestehen, dass ich mir nicht viel unter einem solchen Mittelweg vorstellen kann«, sagte Rhodan. »Die Völker der Milchstraße haben ein gutes Verhältnis zu den Kosmokraten, ohne Nachteile zu spüren. Wir sind nicht Diener oder Sklaven der Kosmokraten und auch nicht an ihre Weisungen gebunden. Wir nehmen keine Befehle entgegen. Wenn wir unseren Beitrag für die Reparatur des Moralischen Codes leisten, dann aus freien Stücken. Weil dieser Raumsektor von den Chaosmächten bedroht war – es eigentlich immer noch ist.«

Stalker lächelte wieder, und das in keiner Weise überheblich.

»Entschuldige, Perry Rhodan«, sagte er, »doch ich fürchte, du siehst die Dinge aus der Perspektive eines Zwerges. Ich will vorerst nicht darüber reden, weil du beim momentanen Stand der Dinge überfordert wärst. Du bist ein Ritter der Tiefe und damit Mitglied einer Organisation der Kosmokraten. Also bist du weisungsgebunden, du weißt es nur nicht. Die Kosmokraten halten dich an einer langen Leine. Bislang. Wehe dir, wenn sie die Leine straffer ziehen und du versuchst, dich davon zu befreien. Dazu kommt es bestimmt eines Tages, und dann wirst du an meine Worte denken.«

Stalker hatte sehr eindringlich gesprochen. Plötzlich zauberte er wieder das freundliche und trotz seiner fremdartigen Physiognomie menschlich wirkende Lächeln hervor.

»Lassen wir das, reden wir über die angenehmen Seiten des Lebens. Davon hat das Universum jede Menge zu bieten, und einen gehörigen Teil der Schönheiten gibt es in ESTARTU zu finden. Du wirst es sehen, Perry – ich darf dich doch so nennen, mein Freund? Warte erst einmal ab, bis ich meine Werbekampagne starte und euch die Wunder von ESTARTU zeige.«

»Deine Werbekampagne?« Rhodan fand es zwar unhöflich, seinem Gegenüber ins Wort zu fallen, aber anders war Stalker nicht zu bremsen. Er redete offenbar für sein Leben gern. »Welche Werbekampagne? Und wofür?«

»Hat dir Gershwin nichts von unserer Abmachung gesagt?«, wunderte sich Stalker. »Das wird ein Teil unseres Handelsabkommens sein. Gershwin hat mir diese Konditionen abgerungen und mir zudem eine Reihe von Auflagen gemacht. Ich sehe schon ein, dass mit Leben erfüllte Handelsbeziehungen keine Einbahnstraße sein dürfen. Ich kann nicht nur die Milchstraße mit meinen Gütern beschicken, sondern muss zugleich Gegengeschäfte zulassen. Okay, okay. Gershwin hat es mir erklärt, ich habe es verstanden ...«

»Einen Schmarren hast du verstanden!«, keifte Skorsh. »Gershwin hat dich gehörig eingetunkt. Er hat alles von dir bekommen, aber ein Nichts dafür gegeben. Die Hanse-Karawanen aus der Milchstraße werden ESTARTU überschwemmen, und wenn du die Einwanderungserlaubnis gibst, werden danach Siedlerkolonnen wie eine Mückenplage über ESTARTU herfallen. Unsere Wunder werden bald zu Touristenattraktionen degradiert sein. Mach nur so weiter, dann verschuldest du den Konkurs einer aufstrebenden Superintelligenz.«

»Ruhig, Skorsh!«, befahl Stalker, und der Animateur schwieg, wenn auch trotzig. »Es tut mir leid, dass Skorsh schon wieder vorlaut war«, fuhr Stalker fort. »Ich wollte eigentlich darauf hinaus, dass es nur fair ist, wenn ich ESTARTU in allen Einzelheiten präsentiere, da ich die Milchstraße schon so gut kenne. Es gibt genügend unbewohnte Sauerstoffwelten in den zwölf Galaxien von ESTARTU, die Siedler aus der Milchstraße aufnehmen können. Es gibt ausreichend Lebensraum, dass die Kolonisten den ESTARTU-Völkern nicht auf die Zehen treten werden. Ich hoffe sogar, dass die ersten Siedler sich bald in Richtung unserer Mächtigkeitsballung in Bewegung setzen.«

»Wo liegt ESTARTU?«, fragte Rhodan.

Skorsh brach in Kreischen aus, und Stalker hatte einige Mühe, ihn wieder verstummen zu lassen.

»ESTARTU gehört zu der Gruppe von Galaxien, die ihr den Virgo-Haufen nennt«, antwortete Stalker. Skorsh hielt sich demonstrativ die Ohrlöcher zu und wimmerte steinerweichend. »Gershwin hat alle nötigen Daten. Sobald ich die Freigabe für meine Werbekampagne bekomme, werde ich damit an die Öffentlichkeit gehen. Dazu eine Frage, Perry: Was hältst du von Krohn Meysenhart? Soll ich den Medienmann für mich verpflichten?«

Rhodan dachte soeben in Zahlen, deshalb fühlte er sich ein wenig schwindlig und reagierte nicht auf die Frage. »Der Virgo-Haufen ...«, wiederholte er. »Demnach ist ESTARTU Millionen Lichtjahre von der Milchstraße entfernt. Ich kann mir nicht vorstellen, wie über solche Distanzen hinweg ein reger Warenaustausch erfolgen soll.«

»Entfernungen spielen keine Rolle«, behauptete Stalker. »Die Milchstraße wird bald im Besitz des Enerpsi-Antriebs sein. Mithilfe der Psionautik schrumpfen Lichtjahrmillionen zu Linearetappen. So gesehen sind wir Nachbarn. Es wurde längst Zeit, dass wir uns die Hand reichen ...«

Es gehörte zu Stalkers Eigenarten, viel zu reden und nichts zu sagen, aber in die Fülle von Banalitäten Informationen in kleinen Portionen einzustreuen. Rhodan wurde das bald zu viel, er floh förmlich vor Stalker und seinem keifenden Animateur.

Er war nach diesem Gespräch kaum klüger als zuvor. Er hatte es nicht geschafft, Stalker zu durchschauen. Auf ihn wirkte der Fremde eher wie ein Abenteurer und Gaukler als wie der Gesandte einer Superintelligenz.

Rhodan fragte sich, was Stalker eigentlich bezweckte.

Er ging per Transmitter an Bord der BASIS. Kaum auf dem mächtigen Fernraumschiff angekommen, schickten ihm Galbraiths Leute, die Stalkers Unterkunft rund um die Uhr überwachten, ein Holo, das unmittelbar nach seinem Besuch datierte.

Stalker: »Wie war ich, Skorsh? Sag es mir!«

Skorsh: »Du bist ein Stümper, Sotho Tal Ker. Du gibst alles und bekommst nichts dafür. Am Ende schenkst du den Galaktikern sogar deine Lebensphilosophie.«

Stalker: »Vielleicht, wenn es sein muss ...«

Dieser kurze Disput besagte überhaupt nichts, er konnte durchaus gestellt sein. Die Frage blieb: Welche Ziele verfolgte Stalker wirklich?

Perry Rhodan war in seiner Kabine an Bord der BASIS zurück. Gesil, seine Frau, hatte ihn mit einer zärtlichen Umarmung empfangen.

»Es ist auf den Tag drei Wochen her, dass du es mir gesagt hast«, sagte er lächelnd. »Vieles hat sich damit verändert ...«

»Was ist mit deinem Gedächtnis los?«, wunderte sich Gesil.

»Wieso? Es war vor drei Wochen ...«

»Drei Wochen und zehn Stunden!«, berichtigte die Kosmokratin mit einem Seitenblick zur Zeitanzeige. Die Leuchtziffern zeigten den 20. Februar 429 Neuer Galaktischer Zeitrechnung, die Nachtschicht hatte begonnen.

»Ich musste zweitausend Jahre auf eine Frau wie dich warten, Gesil«, sagte Rhodan. »Ich habe auch meine anderen Frauen geliebt, die mich ein Stück auf meinem Weg begleiteten, besonders Mory Abro. Aber keine war wie du. Und du hast mich zum glücklichsten Mann der Milchstraße gemacht. Drei Wochen und zehn Stunden erst, dennoch bist du dir unseres Kindes schon so deutlich bewusst. Weißt du bereits, ob Junge oder Mädchen?«

»Vielleicht«, antwortete Gesil verschmitzt. »Lass dich überraschen.«

Er winkte ab. »Etwas anderes: Ich glaube, es wäre besser für dich, auf der Erde zu bleiben, wenn ich mit der BASIS nach EDEN II suche.«

»Perry, du übertreibst! Du kannst mich nicht während der Schwangerschaft unter einen Paratronschirm stecken, um mich zu beschützen.«

»Ich ...«

Gesil legte ihm einen Finger auf die Lippen. »Pst!«, raunte sie. »Hier und jetzt werden keine kosmischen Probleme gewälzt.« Mit einem langen Kuss hinderte sie ihn am Widerspruch.

Als Rhodan irgendwann später ruhig schlief, lag Gesil noch lange wach. Sie freute sich nicht weniger als Perry auf ihr Kind. Aber es gab eine Ungewissheit, die sie ihrer Mutterschaft mit bangem Gefühl entgegensehen ließ.

Vishna!, dachte sie. Und dann intensiver: Vishna! Ich bekomme von Perry Rhodan ein Kind.

Gratuliere, Schwester! Oder hast du Angst davor?

Keine Angst. Es ist nur so, dass ich mir in gewisser Beziehung nicht sicher bin. Ich weiß alles über den Vater, aber was weiß ich über mich selbst? Wer bin ich? Was bin ich eigentlich, ein Mensch oder was?

Ich würde mir keine Sorgen machen, Gesil. Du bist das, als was du dich fühlst. Du bist eine Menschenfrau. Ist der Fötus nicht der beste Beweis dafür? Mach dich nicht verrückt, Schwester. Du wirst eine gute Mutter sein.

Schwang in Vishnas letzten Gedanken so etwas wie Spott mit? Vielleicht, sinnierte Gesil, war sie überempfindlich geworden.

Ich bin eine Menschenfrau!, sagte sie sich. Und ich werde die Mutter von Perry Rhodans Kind sein!

Perry Rhodan 150: Stalker (Silberband)

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