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Naroda

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Noch völlig unter dem Eindruck der dramatischen Impressionen des Landeanflugs stehend, erhoben sich alle von ihren Sitzplätzen und wankten, ganz benommen von den auf sie einstürmenden Impressionen, auf die Ausstiegsluke zu. Erneut stieg ihnen der Geruch von würziger, sauberer und unverbrauchter Luft in die Nase. Aber es fehlte die wilde Frische und Feuchtigkeit des Ozeanplaneten. Die Luft wirkte ,grüner’, mit viel mehr Pflanzengerüchen.

,Das ist ja unglaublich’, schoss es Fatima durch den Kopf. ,Dies ist doch offensichtlich ein riesiger Raumhafen, der allem Anschein nach absolut emissionsfrei betrieben wird. All meine Sinne bestätigen es: Dies ist eine Welt, auf der es definitv keinerlei Umweltverschmutzung gibt.’

Langsam kletterten Knuds Freunde durch die offenstehende Luftschleuse und standen schließlich, überwältigt von den ungeheuren Dimensionen dieses Bauwerks, fassungslos in der Halle, und bemerkten erst jetzt, dass ein ständiges Kommen und Gehen unzähliger Schiffe, unbekannter Fluggeräte, Menschen, Sradogoner, und zahlloser anderer Rassen, herrschte. Sie waren fasziniert von diesem Wunderwerk an präzisem Zusammenspiel von Lebewesen, Technologie und Logistik. Denn von Chaos war nichts zu bemerken.

Eine Schar Roboter und Ingenieure machte sich sofort daran, den Zyklopen auf Herz und Nieren zu überprüfen, wobei Knud dem Chef dieses Wartungstrupps die Zugangskennung für den Bordcomputer übergab, damit der Check reibungslos vonstatten gehen konnte. Kaum waren sie einige Schritte in Richtung der Außenwand des mindestens vier Kilometer in den Berg getriebenen, 500 Meter hohen und einen Kilometer breiten Hangars gegangen, versank das Schiff, mit dem sie gekommen waren, langsam im Boden des Raumhafens. Erst jetzt wurden sie der vielen offenen Aufzüge gewahr, die soeben gelandete Maschinen in die Katakomben des Bauwerks transportierten, in denen wartungsbedürftige Schiffe generalüberholt werden konnten. Auf dem gleichen Weg, nur in umgekehrter Richtung, wurden Raumschiffe befördert, die nach erfolgreichem Check-In eine Startfreigabe erhalten hatten.

Aber das erstaunlichste war für alle die unglaublich offene Raumgestaltung, die durch eine sehr angenehme Beleuchtungsführung unterstützt wurde. Boden, Decke und Wände bestanden zu großen Teilen aus Glasuton, welches den Raum optisch öffnete und ihm eine enorme Weite verschaffte. An vielen Stellen drang das gelbrote Licht Caeleons in das kolossale Bauwerk und sorgte für eine naturbelassene und obendrein sehr energiesparende Helligkeit.

Roboter mit unzähligen feinen Gliedmaßen, die von einer zentralen Steuerungseinheit in allen Richtungen abstanden, und von denen jedes als Universalwerkzeug eingesetzt werden konnte, begegneten ihnen. Diese Maschinenart konnte viele präzise Reparaturarbeiten gleichzeitig durchführen.

Aber es existierten auch klobige Lastenroboter, die eine gewisse Ähnlichkeit mit irdischen Gabelstaplern aufwiesen, und nur einfachste Schwertransporte durchzuführen hatten.

Es gab Maschinenwesen auf Rädern, die rasend schnell und überaus beweglich zwischen den Raumschiffen hin und her flitzten, dabei ständig akustische Signale in UniKaL aussendeten, um mit den biologischen Lebensformen zu kommunizieren. Einige der künstlichen Lebensformen wiesen sogar eine gewisse Ähnlichkeit mit Menschen auf; denn sie besaßen Ohren, Augen, eine Nase und einen Mund wie diese.

Während sie weitergingen, stellten sie fest, dass überdies viele Roboter physiognomische Übereinstimmungen mit den Lebewesen aufwiesen, die sie schon an Bord des Schiffes kennengelernt hatten.

Auf die fragenden Blicke seiner Freunde entgegnete Knud, dass die Kommunikation Mensch- beziehungsweise Föderationist-Maschine wesentlich problemloser verlief, wenn die Technologiewesen ähnliche äußere Merkmale besäßen wie ihre biologischen Vorbilder. Dies lag in der Psychologie beinahe aller intelligenten Lebewesen begründet: Das Gehirn musste sich unbewusst nicht erst mit fremdartigen Äußerlichkeiten herumplagen, die möglicherweise unbewusst Unsicherheit oder gar Unbehagen bei den Betroffenen auslösten.

Eine hochgewachsene, dünne, einem Menschen nicht unähnliche Gestalt bewegte sich rasch auf die Gruppe zu. Knuds Gesicht leuchtete auf - und er beschleunigte seine Schritte. Das fremdartige Wesen, das Knud mehr als einen Meter überragte, umarmte ihn herzlich - so wie zwei Freunde, die sich seit einer Ewigkeit nicht gesehen hatten.

„Darf ich vorstellen: Dies ist Rogopol, der Leiter des Raumhafens.”

Knud stellte ihm seine terranischen Freunde vor. Rogopol begrüßte sie freundlich und warmherzig.

Dieser hatte ein graues, etwas silbrig glänzendes Gesicht, zwei funkelnde, tiefgrüne Augen, hohe Wangenknochen, einen Mund, der ständig zu schmunzeln schien und eine dünne, schmale Nase. Sein ganzer Körperbau wirkte eigenartig disproportioniert: Arme und Beine waren überdimensional lang und schlaksig, sein ganzer Bewegungsablauf seltsam ruckartig und eckig.

Die ausgesprochen melodische und volltönende Stimme passte so gar nicht zu seinem eigenartigen Äußeren. Wahid sah ihn nachdenklich an.

„Sie müssen eine künstliche Lebensform sein”, bemerkte er nach einer Weile, nachdem sich alle eine Zeitlang mit Rogopol unterhalten hatten.

„Das ist richtig. Ich bin, wie ihr es auf der Erde nennen würdet, ein Maschinenwesen. Mein Gehirn verhält sich aber ganz ähnlich wie das Eure, denn es besitzt ebenfalls eine sehr komplexe Verschaltungsarchitektur aus künstlich erschaffenen, neuronalen bioelektrischen Bausteinen.”

„Ihr überlegt bestimmt”, mischte sich Knud ein, als er die überraschten Gesichtsausdrücke seiner Freunde sah, „wie ich nur mit einem Roboter befreundet sein kann. Ihr müsst wissen, dass unsere Nanotechnologie so weit entwickelt ist, dass künstliche Lebewesen mindestens so komplex denken können wie ihre biologischen Vorbilder. Sie sind zu den gleichen Gefühlen, Empfindungen und Gedanken wie Liebe, Furcht, Trauer und Freude fähig wie Menschen. Daher sind sie genauso vollwertige Föderationisten wie alle Lebewesen, die in diesem Staate leben. Natürlich gilt dies nur für Roboter, die ein hoch entwickeltes neuronales Netzwerk besitzen. Tumbe Apparate fallen jedoch nicht darunter. Als man technologisch so weit war, selbstständig denkende Maschinen zu konstruieren, hat man glücklicherweise einige wichtige moralische Hürden berücksichtigt beziehungsweise aus dem Weg geräumt: Es wurde nämlich in weiser Voraussicht ein enormer konstruktionstechnischer Entwicklungsabstand zwischen den so genannten einfachen Geräten, die so beschaffen sind, dass sie keine denkenden und fühlenden Wesen sein können, und den bewusst handelnden Maschinenwesen erzeugt. Dadurch ist man in voller Absicht Diskussionen aus dem Weg gegangen, ab welchem Denkniveau man Robotern staatsbürgerliche Rechte zugestehen musste und ab welchem nicht.

Seitdem diese sehr sinnvolle politisch-wissenschaftliche aber auch moralische Entscheidung herbeigeführt wurde, war jedermann klar, dass es eine weitere Rasse in diesem Schmelztiegel geben würde: Die der ,denkenden Maschinenwesen’. Niemand käme dank dieser weitsichtigen Entscheidung in diesem Staat auf die Idee, diese Roboterart arrogant und respektlos als gefühlskalte Automaten zu beschimpfen. Sie haben die gleichen Rechte und Pflichten wie alle anderen biologischen Lebensformen, sich kreativ zu entwickeln, sich politisch zu engagieren, sich zu verlieben oder auch, wenn sie es aus freien Stücken wollen, in letzter Konsequenz Selbstmord zu begehen.”

Mouad blickte Knud und Rogopol fasziniert an.

„Das heißt, es hat hier noch nie Aufstände der Maschinenwesen gegeben?”

Rogopol und Knud wirkten sehr amüsiert über diesen Einwand.

„Ich befürchte”, begann der Androide schmunzelnd, „dass ich Sie alle in dieser Hinsicht schwer enttäuschen muss. Ich weiß, dass es auf der Erde unzählige Zukunftsromane und Fernsehserien gibt, die mörderische Kämpfe zwischen Menschen und Robotern schildern, die fast zur Ausrottung Ihrer gesamten Rasse führen.

Nun, theoretisch könnten wir Maschienwesen so einen Aufstand durchführen. Hoch entwickelte künstliche Lebensformen gibt es schon seit etwa 19 000 Jahren. Aber noch niemals sind wir von irgendwem in dieser Gesellschaft schlecht behandelt worden. Daher gibt es nicht den geringsten Anlass, gegen unsere Schöpfer und Konstrukteure aufzubegehren. Am einfachsten für euch ist es wahrscheinlich, uns als eigenständige, hoch entwickelte, weitere Lebensform in diesem Staat zu betrachten.”

Knud nickte zustimmend.

„Kommt”, meinte Knud endlich zu seinen Freunden, „Rogopol ist ein exzellenter Kenner Narodas. Er hat mir angeboten, uns ausführlich diese sehr interessante und lebendige Stadt zu zeigen und uns zu den Sehenswürdigkeiten zu führen.”

Der gigantische Raumhafen schien übergangslos in eine unterirdische Stadt überzugehen, die Knud ihnen als Naroda vorstellte. Panoramascheiben, die an allen Seiten des Raumports aufragten, ermöglichten Besuchern, die hinter ihnen saßen oder standen, einen Einblick in die kontinuierlich stattfindenden Start- und Landevorgänge. Von Ferne konnten sie unzählige Gäste erkennen, die an Tischen saßen oder schwebten, die sich ihrerseits in langen Reihen auf verschiedenen Geschossebenen hinter den kolossalen Fensterfronten befanden. Selbst aus dieser Entfernung konnten sie sehen, dass diese Etablissements gemütlich mit unzähligen Pflanzen, Wasserspielen und Lampen, die ein warmes Licht verströmten, eingerichtet waren. Bei näherem Betrachten konnten sie Cafés, Restaurants, Bibliotheken (es gab sogar altmodische Bücherregale), Kinos und Geschäfte erkennen. Transportbänder und Fahrstühle verbanden die verschiedenen Einrichtungen miteinander.

Knud und Rogopol hielten zielstrebig auf einen bereits von Weitem auszumachenden, rundherum verglasten Lift zu. Sie erreichten den Fuß der Wand und betraten die Kabine, die sich fast augenblicklich in vertikaler Richtung in Bewegung setzte, während die kolossale Landefläche des Raumhafens unter ihnen versank.

„Wieso konnten wir einfach zwischen den startenden und landenden Maschinen hindurchspazieren? Auf der Erde ist so etwas auf Flughäfen viel zu gefährlich, denn wie leicht könnten dort Passagiere durch abhebende oder einfliegende Flugzeuge zu Schaden kommen”, meinte Saleh, nachdem er eine Weile auf das geschäftige Treiben unter ihnen geblickt hatte.

Knuds Augen leuchteten vor Freude auf. Endlich schien sich dieser junge Mann aus seinem tiefen psychischen Loch herauszuarbeiten.

„Zunächst einmal können alle Maschinen hier vertikal starten und landen und darüber hinaus wesentlich besser auf engstem Raum manövrieren als eure Fluggeräte. Zweitens haben sämtliche Raumschiffe zusätzlich zu einer Technik, die ähnlich dem irdischen Radar funktioniert, einen so genannten Lebewesendetektor, der verhindert, dass Kollisionen mit Föderationisten stattfinden. Bei solch kleinen Gruppen, wie wir es sind, ist es drittens dem Piloten unbenommen, selbst zu entscheiden, ob er zu Fuß den Raumhafen verlässt, oder ein Personentransportgerät anfordert. Weiterhin müsstet ihr die Farbänderung von sandfarben nach grün auf dem Boden bemerkt haben. Sie gibt den rechnergesteuerten kürzesten Weg zum Ausgang an. Und als letzten Punkt ist natürlich die enorme Höhe dieser Halle zu erwähnen. Sie hat den Vorteil, dass reichlich Raum zum Manövrieren verfügbar ist.”

Fast 400 Meter oberhalb des Hangarbodens stoppte der gläserne Lift. Kanei, Aaron, Assiz, Chansu und Ajaz waren froh, das Gerät endlich zu verlassen. Denn nur unter Aufbietung all ihrer Willenskraft war es ihnen zum Schluss ihrer vertikalen Reise gelungen, die beinahe übermächtige Höhenangst zu überwinden. Aber ihre Neugierde hatte anfangs den Ausschlag für ihre Entscheidung gegeben, sich in die optisch völlig offene Kabine zu wagen.

Als Knud in ihre schweißgebadeten Gesichter und auf ihre zitternden Körper blickte, zeigte er sich sehr betrübt.

„Warum sagt ihr mir denn nicht, dass ihr Angst vor Abgründen habt? Mit einem einzigen Befehl hätte ich doch die optischen Eigenschaften des Materials, aus dem die Kabine bestand, so ändern können, dass ihr an Stelle der gläsernen Konstruktion einen massiv metallenen Transportzylinder vorgefunden hättet.”

Davin blickte ihn verdutzt an.

„So etwas ist möglich? Aber woher sollen wir dies wissen?”

Rogopol mischte sich ein. „Ihr habt euch doch mehrere Tage an Bord der Intrepid aufgehalten. Dort kann man, wie ihr gewiss registriert habt, an jeder Wand künstliche Eingabepanels erzeugen, indem man die Eigenschaften der Biopolymeren ändert. Auch die vielen Photographien, die man dort bewundern kann, sind auf den gleichen Effekt zurückzuführen. Wenn man solche komplizierten Veränderungen der Materialeigenschaften einprogrammieren kann; ist es dann vielleicht nicht logisch, auch solch relativ simplen optischen Veränderungen wie Opazität, metallischen Glanz oder Lichtdurchlässigkeit zu steuern?”

Davin begann allmählich, die phänomenalen Eigenschaften dieser Technologie zu begreifen und nickte zustimmend.

Sie traten aus der Kabine hinaus und wanderten einen über eine Länge von etwa 100 Metern aus dem nackten Fels geschmolzenen, breiten, lichtdurchfluteten Gang entlang. Sie liefen auf eine einem mächtigen Höhlentor nicht unähnliche, hoch aufragende und hell erleuchtete Öffnung zu. Als sie aus ihr heraustraten, blieben sie staunend stehen und blickten auf ein lichtdurchflutetes Gewölbe, das auf schätzungsweise drei Kilometer hohen, gotischen Säulen ruhte. Diese wiesen ihrerseits einen Durchmesser von 100 Metern auf und setzten sich in langen Reihen in jede Blickrichtung fort. Ein Ende dieser Kolonnaden konnten sie von ihrem Standort nicht ausmachen. In einem Abstand von jeweils einem Kilometer erhob sich der nächste kolossale Pfeiler. Jeder von ihnen bildete einen eigenen Wohnturm, der von unzähligen, in etwa zehn Meter Abstand übereinander liegenden, kreisförmigen Balustraden umgeben war. Die einzelnen der mit der Decke verwachsenen Türme waren untereinander mit zahllosen, sich teilweise auf verschiedenen Ebenen befindenden Brücken, freischwebenden Plätzen, Vakuumröhren, in denen sich magnetgetriebene Züge reibungsfrei fortbewegten und Transportbändern verbunden, über die sich Ströme von Besuchern, Touristen, Bewohnern und Robotern wälzten. Ein chaotisches Stimmengewirr drang zu ihnen herüber.

Sie querten eine breite, künstlich angelegte Straße, die wie eine Promenade angelegt war: Hinter ihnen erhob sich eine Felswand, die mit unzähligen Fenstern, Balkonen und Aufzügen übersät war. Hie und da entsprangen ihr Hochstraßen und H-Bahnen, auf beziehungsweise an denen Fahrzeuge, entlang der Stützkonstruktionen, in den sich vor ihnen öffnenden gigantischen Raum hineinrasten.

Besonders faszinierend aber waren prächtige hängende Gärten, die sich auf den verschiedenen Ebenen ausbreiteten. Künstliche Wasserfälle stürzten an verschiedenen Stellen der Halle in die Tiefe und verbreiteten ein angenehmes, würzig-feuchtes Raumklima. Durch unsichtbare Ventilatoren oder Öffnungen in der Halle ergoss sich ein ungleichmäßiger Strom an Frischluft, der das fremdartige Stimmengewirr anschwellen und wieder abebben ließ. Über zahllose, in Prismen endenden Schächten, die die Helligkeit bündelten und nach unten weiterleiteten, brach sich das Licht der Sonne einen Weg in das Innere dieser unfassbar großen Halle.

An verschiedenen Stellen waren Informationsdisplays angebracht, mit Hilfe derer für Reisen, körperliche Fitness und Nahrungsmittel geworben wurde. Auch Kurznachrichten gab es immer wieder zwischen den Werbeblöcken. Aber sie waren nicht mit gewalttätigen Details wie auf Terra gespickt, sondern beschäftigten sich mit faszinierenden wissenschaftlichen Errungenschaften, dem Bau neuer Planeten und Ringwelten, Reisen zu fernen, noch nicht entdeckten Planeten und dann und wann mit den Beschlüssen des Föderationsrates. Dies war eben typisch für eine Welt, in der es keine Katastrophen, Kriege, Hungersnöte und sonstige Kataklysmen gab.

Sie legten den Kopf in ihren Nacken und konnten hoch über sich, durch das sehr ausgedehnte, aus Glasuton errichtete Glasdach, die hohe Gebirgskette erkennen, die über diesem faszinierenden Ort thronte. Gleißende Schnee- und Firnfelder reflektierten das Licht und erhöhten so die Ausleuchtung der unterirdischen Stadt.

Trotz aller Hektik der Besucherströme gab es auch zahllose Orte, wo man in Ruhe dem geschäftigen Treiben zuschauen konnte: An den Füßen der Säulen befanden sich, tief unter ihnen, ausgedehnte Becken, in denen das herabstürzende Wasser gesammelt wurde und sich Gärten aus rot, gelb, und blau blühenden Gewächsen sowie ganze Wälder aus hochragenden Lebensformen ähnlich irdischen Schachtelhalmen ausbreiteten. Dazwischen waren Bänke aufgestellt worden, auf denen man in Ruhe ausspannen konnte - sowie einige der besten Restaurants der Stadt. Knud wusste auch zu berichten, dass es dort zudem einen großen botanischer Garten gab, der einen phantastischen Überblick über die heimische Fauna und Flora präsentierte.

Einige der ,Straßen’ und Ebenen stellten offensichtlich die Einkaufsbereiche dieser Stadt dar. Selbst von hier oben konnte man die Besuchertrauben vor den Auslagen erkennen.

„Kommt”, sagte Knud schließlich. „Ihr müsst in die Lebendigkeit dieser Stadt eintauchen; und nur wenigen Besuchern ist es vergönnt, diesen Ort jemals in ihrem Leben zu erblicken. Denn wenn jedermann hierhin reisen würde, wäre ein völliger Kollaps der Stadt vorprogrammiert. Dazu ist Naroda, die etwa 10 Millionen Einwohner zählt, einfach viel zu klein. Und eine Zersiedlung dieser Welt, so wie es auf eurer Erde von Jahr zu Jahr immer weiter geschieht, ist auf dem Saphir verboten.”

Bald wurden sie von dem Gewimmel auf den Transportbändern mitgerissen. Eine unglaubliche Flut von neuen Eindrücken, Gesichtern, Gerüchen, Farben und Geräuschen brach auf sie hernieder. Ihr Gehirn war irgendwann gar nicht mehr in der Lage, die zahllosen Impressionen zu verarbeiten - auch wenn sich Knud redlich bemühte, ihnen alles, was sie sahen und erfragten, zu erklären.

Selbst innerhalb der einzelnen Wohntürme wurde Tageslicht durch raffiniert konstruierte kristallene Lichtschächte von der Planetenoberfläche aus in die einzelnen Stockwerke verteilt.

„Ihr könnt euch in etwa fünf Stunden davon selbst überzeugen, auf welche phänomenale Weise die Erbauer es geschafft haben, das Licht, und sei es noch so schwach, in jeden Winkel zu leiten. Denn Rogopol hat uns angeboten, die Nacht in seiner Wohnung zu verbringen. Von dort aus könnt ihr dann die in der Dunkelheit phantastisch beleuchtete Stadt bewundern.”

Immer wieder kamen sie an ausgedehnten Blumenampeln vorbei, die durch lange, durchsichtigen Seile in den Felswänden der Wohntürme verankert worden waren. Diese waren so über den Plätzen angebracht worden, dass sie einen zauberhaften Blickpunkt für die Besucher bildeten. Aus ihnen wucherten zudem auch Pflanzen heraus, die einen frischen, jedoch mit einer fremdartigen süßlichen Note versehenen, Minzgeruch verströmten. An anderer Stelle verteilten farbenfrohe Blütengirlanden einen angenehm belebenden Duft, der an Mandarine und Rose zugleich erinnerte, auch wenn diese Lebensformen nicht von der Erde stammten.

Sie standen vor Geschäften, in denen eine Vielzahl erlesener Früchte aus heimischer Produktion, köstlich duftende Gewürze und zahllose weitere Delikatessen angeboten wurden.

„Diese Waren stammen aus den riesigen, undurchdringlichen Waldgebieten des Südkontinents dieser Welt”, fuhr Rogopol fort. „Da es auf dem ganzen Planeten lediglich etwa 50 Millionen Einwohner gibt, die sich zudem nur auf zwei Städte konzentrieren, kann die Natur völlig intakt bleiben. Jedoch werden dazu viele tausend, mit Antigravitatoren ausgestattete Ernteschiffe benötigt, die sich vorsichtig von oben den Pflanzenriesen nähern und sie sorgsam abernten können.

Bei dieser ressourcenschonenden Nutzung ist selbstverständlich darauf zu achten, dass nur so viel Nahrungsmittel entnommen werden, wie das Ökosystem auch verträgt.”

Sie schlenderten über scheinbar freischwebende Plätze, unter denen durch raffinierte Rohrsysteme, die verborgen angebracht waren, silbrige Wasserfälle in die Tiefe stürzten. An einem besonders großen Exemplar wollten alle den weiteren Verlauf dieses künstlichen Wunderwerks in die Tiefe verfolgen. Dabei konnte man feststellen, dass sich der Raum zwischen den einzelnen Säulen mit zunehmender Tiefe immer mehr weitete: Die Emporen, die um die einzelnen Stockwerke gebaut worden waren, wurden allmählich immer schmaler, je weiter man sich dem Grund dieses riesigen Gebäudes näherte. Und so schritten sie eine Etage nach der anderen ab, bis sie schließlich nach knapp dreistündiger Kletterei feststellten, dass sie erst auf halber Höhe dieses, in Myriaden silberne Tropfen zerstiebenden, künstlichen Katarakts angekommen waren. Von hier hatten sie einen prächtigen Ausblick auf Vorhänge von Sternenblumen, einer Lebensform, die vom Südkontinent dieses Planeten stammte. Ihre symmetrisch oktogonal geformten, tiefschwarzen, sich rhythmisch öffnenden und schließenden Fallen, die winzige fliegende Luftbewohner verschlangen, zeigten beim Öffnen ein phosphoreszierendes Leuchten in allen Farben des Regenbogens. Dadurch hatten Betrachter den Eindruck, sich inmitten eines funkelnden Sternenhimmels zu befinden. Besonders prächtig war diese Erscheinung natürlich bei Einbruch der Nacht. Deshalb waren die Wasserfälle, die dieses prächtige Schauspiel an ihren Rändern zeigten, auch immer von unzähligen Besuchern umlagert, die sich häufig schon am Nachmittag die besten Plätze reservierten.

Der Professor bestand darauf, den weiteren Weg bis an den Grund dieser Stadt doch bitte mit einem Lift fortzusetzen, da seine Füße zu schmerzen begannen. Knud führte sie um den Zwischenraum zweier Wohnsäulen der Stadt herum, wobei linker Hand die Gischtwolken hinabdonnerten und eine angenehme Kühle und Frische erzeugten, die ihre Müdigkeit einfach wegzublasen schienen.

Immer wieder blieben sie auf ihrem Weg zu einem Liftschacht vor weiteren Geschäften stehen. Schließlich stoppte die Gruppe vor einem Schaufenster, wo man Beispiele für das Interieur in hiesigen Wohnungen bewundern konnte. Eine Laufschrift wies zudem darauf hin, dass man sich hier über Wohnungseinrichtung und -stil beraten lassen konnte. Knuds Freunde debattierten angeregt über zukünftige Anschaffungen, wenn sie später einmal irgendwo sesshaft geworden wären. Der Professor war zudem ganz fasziniert von einem edlen, uralten Sessel, den er in einem Antiquitätengeschäft ausfindig gemacht hatte und der ihn mit seinen Schnitzereien an ein Barockmöbel erinnerte.

„Der würde doch sehr gut zu unserer bestehenden Wohnungseinrichtung passen”, meinte er. „Darin muss ich zur Probe einmal sitzen.”

Er stürmte in das Geschäft.

Knud und Rogopol realisierten zu spät, was er vorhatte. Denn als er sich mit Schwung hineinplumpsen ließ, landete er ziemlich unsanft auf dem Boden. Es handelte sich nämlich lediglich um eine holographische Projektion.

Der Verkäufer war ein überaus höflicher Vertreter einer Händlerrasse. Er bestand aus einer gallertartigen, zylinderförmigen Masse, die sich auf kriechenden Schleimfüßchen fortbewegte und an seiner Oberseite eine Serie foto- und signalempfindlichen Rezeptoren besaß. Der Einrichter erläuterte dem völlig verdutzt dreinschauenden Wahid mit Hilfe eines Universalübersetzers, dass er bereits für ein Probesitzen auf dem realen Möbel Geld bezahlen müsste:

Da die Herstellung eines beliebigen Sitzmöbels Energie kostete, war auch ein einfaches Ausprobieren ein recht kostspieliges Unterfangen. Aber nur so könne man die Ex- und Hopp-Mentalität, die es früher auch ansatzweise bei einigen Rassen in der Föderation gab, unterbinden.

Als er sich wieder aufrappelte, beschwerte er sich, da ihn die Erläuterungen nicht zufrieden stellten:

„Wie soll man sich denn hier eine neue Wohnung einrichten, wenn man die Sachen noch nicht einmal anfassen kann und nur derartige Projektionen zur Verfügung stehen?”, grollte er, während er sich noch sein schmerzendes Gesäß massierte.

„In dieser Wirtschaft”, erläuterte Knud, „muss alles, was konsumiert wird, in Energieäquivalenten bezahlt werden. Auf nichts Anderem basiert letztendlich unser Geldsystem. Man ermittelt, wie viel Energie und Rohstoffe für die Herstellung eines Produktes gebraucht werden. Auch der Transport muss daher mit berücksichtigt werden. Nahrungsmittel beispielsweise, die auf dieser Welt selbst hergestellt werden können, sind verhältnismäßig billig. Aber Güter, die von anderen Planeten importiert werden müssen, werden sofort erheblich teurer. Wenn man also ein langlebiges Produkt, wie beispielsweise eine echte Küche aus original Massivholz oder edle Antiquitäten kaufen will, so ist das hier sehr kostspielig. Das hat aber den großen Vorteil, dass hier nichts weggeworfen wird und alle Gegenstände auf lange Lebensdauer von zum Teil mehreren hundert Jahren und 100 Prozent Wiederverwendbarkeit, ausgelegt sind.

Bestes Beispiel sind bei uns Getränke und Konservenverpackungen. Diese sind, wie ich schon einmal angerissen hatte, aus einem fast unzerstörbaren Glas hergestellt. Es gibt in der ganzen Föderation nur 50 verschiedene Größen und Formen davon, einschließlich standardisierten Trinkgläsern, Schalen und Schüsseln für den Hausgebrauch. Wer Weingläser aus echtem Glas wie auf der Erde haben will, muss umgerechnet etwa zehnmal mehr bezahlen als für vergleichbare Produkte auf Sol III.”

Knud wandte sich seinem Freund zu.

„Vielleicht, Mouad, erinnerst du dich noch auf unserer Flucht von der Erde an diese Ölfässer, die wir an Bord des Zyklopen mitführten.”

Mouad nickte.

„Stahl ist hier ziemlich teuer, so dass sich auch das Material, aus dem das Fass besteht, hier zu Geld machen lässt und einen Teil der Expeditionskosten deckt.

Aber das ist nichts gegenüber dem Rohöl, was in den Fässern steckte: Wie ich schon mal angedeutet hatte, ist das hier eine Kostbarkeit, die nur zur Herstellung bestimmter Spezialmedikamente und als Zusatz zu einigen extrem haltbaren Kunststoffen verwendet wird. Der Preis für einen Liter Öl lässt sich vergleichen mit dem, der auf eurer Welt für einen Liter extrem teuren Rotwein zu bezahlen ist: Ungefähr 200 Luna pro Liter, also 31 800 Luna für einen Barrel Rohöl, was Öl hier etwa 400 mal teurer macht als auf der Erde. In der Föderation käme schon aus diesem Grund niemand auf die Idee, Erdöl oder Erdgas, wobei letzteres hier auch wesentlich teurer ist im Vergleich zu den Notierungen auf dem Spotmarkt auf der Erde, zu verbrennen.”

„Das hast du uns noch gar nicht erzählt: Wie funktioniert die Energieversorgung auf dieser Welt? Fossile Energieträger scheint ihr somit offensichtlich nicht zu nutzen”, meinte Mahmoud.

Rogopol lächelte verschmitzt, als er an Stelle von Knud antwortete:

„Im Grunde ist die Technologie für einen sinnvollen Umgang mit Energie schon auf eurer Heimatwelt vorhanden. Aber die Energieversorger, die in der Vergangenheit in den Industrieländern ein Oligopol auf Grund ihrer energiewirtschaftlichen Interessen aufbauten, haben viele Jahrzehnte dagegen gearbeitet und so der sinnlosen Ressourcenvergeudung Tür und Tor geöffnet. Hier sind diese energieeffizienten Grundideen bereits seit Urzeiten angewendet worden. Sie basieren auf folgenden Schwerpunkten:

1 Zunächst sind sämtliche Gebäude erst einmal auf so genannte Nullenergienutzung ausgelegt. Durch hervorragende Isolierung, Berücksichtigung des Sonnenstandes und intensive Energierückgewinnung werden über das Jahr nur äußerst wenig Strom und Wärme verbraucht.

2 Schon allein die Dachkonstruktionen aller Häuser, die mit Solar- und Warmwasserkollektoren lückenlos ausgerüstet sind, verursachen einen solchen Energieüberschuss, dass damit ein großer Teil des Wasserstoffs produziert werden kann, der für Flüge innerhalb der Atmosphäre und zum Kochen verwendet wird.

3 Aber um große Mengen Energie wie zum Beispiel zur Produktion von Antimaterie für interstellares Reisen zu erhalten, muss der Energieausstoß der Sterne direkt genutzt werden. Der Einsatz von Coronorfeldern stellt dabei die geeignete Technologie dar. Sie hat nämlich den ungeheuren Vorteil, jede Energieform, die ein Stern freisetzt, in Antimaterie umzuwandeln.

4 Und schließlich werden alle Föderationisten dazu angehalten, sparsam mit jeder Form von Energie umzugehen. Und horrende Preise für alles, was energieintensiv ist, sind ein wirksames disziplinarisches Mittel, um auch den letzten Sturkopf davon zu überzeugen, jedwede Verschwendung zu vermeiden.“

Sie erreichten eine zylindrisch geformte Kabine, die in einer ringsherum verglasten Röhre steckte, die die einzelnen Ebenen miteinander verband. Sie überwand insgesamt einen Höhenunterschied von etwa 3 500 Metern vom Dach der Stadt bis zu den tief unterhalb der untersten Ebene Narodas liegenden Metrolinien.

Bevor Knud dem Kabinenrechner das Fahrziel mitteilte, gab er den Befehl, die Kabine undurchsichtig zu machen, damit niemand mehr die Höhenangst zu ertragen hatte. Sekundenbruchteile später standen sie in einem Raum, dessen Wände aus Edelstahl zu bestehen schienen.

Überraschenderweise protestierten Kanei, Aaron und Ajaz gegen diese Entscheidung.

„Wir möchten schon gerne weiter diese phantastische Stadt bewundern. Kann man denn nicht das Material dieses Aufzugs so programmieren, dass man durch Fenster nach außen sehen kann? Angst haben wir nur dann, wenn auch unter unseren Füßen scheinbar kein Halt mehr besteht. Und den Anblick des Wasserfalls mit der an seinen Rändern wuchernden üppigen Vegetation wollen wir nicht missen.”

Und so kam es, dass ihnen die Kabinensteuerung bis zur halben Körperhöhe einen freien Ausblick gewährleisten sollte.

Rasch setzte sich die Kabine in Bewegung. Stockwerk nach Stockwerk glitt an ihnen vorbei, wobei der Raum sich allmählich immer mehr weitete. Was sie am meisten erstaunte war, dass auch hier unten keine Dämmerung herrschte, sondern ein beinahe ebenso starker Lichteinfall zu beobachten war, wie hoch über ihnen. Die Baumeister mussten über ein ausgeklügeltes System zur Sammlung und Verteilung von Licht verfügen.

„Die Säulen leuchten ja von selbst”, meinte Elias verblüfft.

Rogopol nickte. „Die Pfeiler, auf denen das Gewölbe hoch droben ruht, haben eine ganze Reihe von Aufgaben:

 Erstens sind sie natürlich die tragende Konstruktion dieser Gewölbekonstruktion. Sie müssen die ungeheuren Kräfte, die auf sie einwirken, aufnehmen und tief unten auf den felsigen Untergrund übertragen. Dieser besteht aus Basalt, der vor Urzeiten hier effusiv ausgetreten ist und somit eine extrem hohe mechanische Stabilität besitzt.

 Des Weiteren dienen sie als zentrale Versorgungssysteme in dieser Stadt: Wasser, Abwasser, Elektrizität, Lichtschächte, Aufzüge, Frischluft, Wärmerückgewinnung und Feuchtigkeitsregulation sind die wichtigsten Aufgaben, die sie zu erfüllen haben.

 Drittens sind in ihnen jeweils zehntausende Wohn- und Geschäftsräume untergebracht sowie Schwimmbäder, Kinos, Fitnessanlagen, Restaurants und Banken.

 Eine Besonderheit stellt die Tarmora-Universität hinsichtlich ihrer Lage dar: Sie hat am westlichen Rande Narodas einen kompletten eigenen Turm, wodurch sie direkten Zugang zum Raumhafen erhält und von wo aus Forschungsreisen in alle Teile der Föderation unternommen werden können. Es gibt überdies einen eigenen ingenieurwissenschaftlichen Zweig, der in den letzten Jahrhunderten bahnbrechende Antriebstechniken entwickelt hat und aufs engste mit den Führungskräften des Hafens zusammenarbeitet. Ein eigener Hangar steht speziell für Testläufe neuer Antriebsaggregate zur Verfügung. Die Universität unterhält zusätzlich in den Orbits des Saphirs und von Caeleon II eigene astronomische und ingenieurtechnische Forschungsstationen.

Studenten, Professoren und Universitätsangestellte leben und arbeiten an dieser renommierten Forschungsanstalt gemeinsam. Für alle Mitarbeiter ist, neben den exzellenten Forschungsbedingungen an dieser Institution, auch der Freizeitwert von besonderem Interesse. Dieser wird noch dadurch besonders gesteigert, weil Seen, Gebirge, Wälder und Flüsse, sowie unzählige weitere botanische und geologische Sehenswürdigkeiten im Laufabstand oder in nur wenigen Minuten bis zu einigen Stunden Fahr- beziehungsweise Flugzeit erreicht werden können. Das hat zur Folge, dass die Naturbelassenheit der Umgebung der Universität und die wilde, ungezähmte Landschaft auf diesem Planeten, die bildlich gesprochen direkt neben den Hörsälen und Laboratorien beginnt, ein äußerst positives Lernklima verursachen und die Motivation, etwas Bedeutendes zu leisten, bei allen Beteiligten am Leben erhält.”

Durch Schleier aus gleißend hellen Tropfen, die in allen Regenbogenfarben schimmerten, schwebte die Liftkabine nach unten. Schließlich tauchten sie in grünlich-bläuliches Dämmerlicht ein.

Der Lift stoppte. Die Besucher hatten den botanischen Garten am Grunde der verborgenen Stadt erreicht. Sie traten ins Freie. Ein Urwald aus urwüchsigen, an irdische Farne und Ackerschachtelhalme erinnernde Lebensformen, die jedoch im Gegensatz zu diesen meterhohe rote und gelbe Blütendolden trugen, erhob sich vor ihnen. Donnern und Rauschen empfing sie, als sie auf einen Basaltvorsprung hinaustraten. Er war durch einen Baldachin aus Blättern vor dem Sprühnebel der herabstürzenden Wassermassen geschützt. Zwischen zwei mächtigen Säulenfüßen breitete sich ein kreisrunder See aus. Sie erkannten Wege, die sich rechts und links von ihnen in dem dichten Bewuchs verloren. Ein weiterer Pfad schlängelte sich über kleine Hügel und Senken, durch Blütenmeere und dichten Bewuchs um das Gewässer herum. Schräg links, quer über die Seeoberfläche, erblickten sie eine Plattform aus Basaltgestein, die etwa 15 Meter in das Gewässer hinausragte. Hier befand sich eines der besten Restaurants der Föderation. Auf der Terrasse konnten sie schon von weitem vielerlei Besucher erkennen, die sich an den dargebotenen Köstlichkeiten erfreuten.

„Dies ist unser Ziel”, meinte Knud zu seinen Freunden. Rogopol ging voran und führte die Gruppe rasch um die Wasserfläche herum.

Plötzlich blieb Yossi stehen - staunend deutete er nach oben. Aus scheinbar unendlicher Höhe donnerte der Wasserfall zu ihnen hinab, dabei er in allen Farben der untergehenden Sonne erglühte. Weit, weit oben konnten sie noch den bläulich-rotvioletten Himmel erkennen. Selbst einige Ausschnitte der gewaltigen Bergkette waren von hier unten gerade noch auszumachen.

Al-gaddatu sah sich um. Weit vor und neben sich - zwischen jedem dritten und vierten Wohnturm - konnte sie ähnliche Wasserfälle erkennen. Diese Säulen aus Gischt stürzten in ein leicht hügeliges Terrain und verbreiteten eine angenehme, feuchte Kühle. Künstlich angelegte Alleen, Teiche und kleine Katarakte, sowie vereinzelte schimmernde Glashalbkugeln ragten aus diesem Meer aus unbekannten Pflanzen und seltsamen Tieren (ja, auch sie gab es, versicherte Knud) heraus. Das Licht, das zur Beleuchtung der Szenerie benötigt wurde, entwich aus den Sockeln der Wohntürme. Es war von der gleichen Spektralzusammensetzung wie das Licht von Caeleon hoch über ihnen und überzog die Landschaft mit einem milden, wohltuenden Schimmer, der etwas Heimeliges verströmte.

Der Kurator, Band 3

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