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Admiral Worssorrgh

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Knud wurde reichlich unsanft aus seinen Erinnerungen gerissen.

„Wie läufst du denn hier herum?”, zischte Astrid ihm plötzlich etwas erbost hinter seinem Rücken zu, während sie den vollkommen aufgewühlten Saleh vor sich her schob, der das planetare Schauspiel und den Anblick der fremdartigen Besatzungsmitglieder immer noch nicht verkraftet hatte.

„Worssorrgh kommt in wenigen Augenblicken an Bord. Zieh dir gefälligst die offizielle Uniform an, bevor du ihm unter die Augen trittst.”

„Sie passt mir nicht mehr und ich kann mich obendrein kaum in ihr fortbewegen, da ich zu viel Sport auf der Erde getrieben habe.”

Fatima mischte sich ein:

„Astrid, dein Bruder sieht unmöglich darin aus, als wenn der Stoff jeden Moment platzen würde.”

„Könnt ihr nicht einfach sagen, dass Knud es geschafft hat, innerhalb weniger Stunden einige tausend Erdlinge auf die neue Umgebung vorzubereiten und er noch dabei ist, die letzten Zweifler unter ihnen über ihre neue Lage zu informieren?”, schlug Yossi vor.

Youness und Astrid überlegten.

„Das dürfte sich machen lassen”, bemerkte Astrid nach geraumer Zeit und immer noch mit einigem Zögern in ihrer Stimme.

„Dann los! Weg mit euch allen, damit sich keiner verplappert, wenn der Admiral hier auftaucht! Ich denke, es ist am sinnvollsten, wenn ihr alle im Quartier von Stephanie Kaba verschwindet. Da wird er euch wohl als letztes vermuten.”

„Danke, Schwester. Und obendrein wird mit völliger Sicherheit dir die Aufgabe zufallen, das Schiff kommandotechnisch zu übergeben und die Sicherheit aller Föderationisten beim Verlassen des Schiffes zu gewährleisten.”

Astrid nickte ihm kurz zu und fauchte ihn barsch an:

„Seht zu, dass ihr endlich Land gewinnt.”

Während sie sich auf den Weg machten, wandten sich Fatima und Mary Saleh und Kanei zu, die mit der fantastischen neuen Perspektive noch stets nicht umzugehen wussten. Kaneis undurchdringliche Mauer, die er als Kindersoldat aufgebaut, mit der er versucht hatte, seine inneren Gefühle zu isolieren und die sein bisheriges Handeln und Tun bestimmte, war nämlich zu nutzlosen Trümmern zerfallen. Bei Saleh war es wohl auch zum Teil Erleichterung, seiner völlig ausweglosen Situation endlich entkommen zu sein. Die syrischen Flüchtlinge hatten sich zu diesem Zeitpunkt bereits sehr gut an die neue Lage adaptiert: Sie waren nämlich vollends von der föderalen Welt begeistert.

Und so kam es, dass Knud und alle seine Freunde nur über Videobilder an der pompösen Zeremonie teilnahmen, die mit der Schiffsübergabe verbunden war -wobei Fanfarenstöße, Reden und Haltung annehmende Besatzungsmitglieder einander abwechselten. Er sah es an den Gesichtern der Teilnehmer dieses Theaters und spürte zugleich an ihrem nicht vorhandenen Engagement, wie lustlos alle an diesem alten Zopf mitwirkten. Vollkommen überrascht stellte er fest, dass selbst Worssorrgh diesmal offensichtlich wenig Freude an dem ganzen Firlefanz hatte. Er schien sogar durch irgendetwas betrübt zu sein.

,Sei’s drum. Ich habe jetzt keine Zeit dafür’, dachte Knud und wandte sich einer Auswahl der Wissenschaftler zu, die dieses für sie ungewohnte Schauspiel verfolgten, während er Kanei zu Stephanie schob, damit er sich bei ihr für sein brutales Verhalten entschuldigte. Er stellte schon bald zu seiner Beruhigung fest, dass sich die beiden bereits nach kurzer Zeit angeregt unterhielten.

Knud schaltete die Übertragung ab und begann ohne weitere Verzögerung an Hand einer Liste, die ihm Stephanie Kaba eingereicht hatte, die ersten Naturwissenschaftler zu befragen. Er stellte im Verlauf der Kurzgespräche fest, dass unter diesen Menschen zahllose absolut unvoreingenommene Köpfe waren, die brillant und vollkommen logisch denken konnten.

Viele der von den Wissenschaftlern verfolgten Ansätze über nachhaltige landwirtschaftliche Nutzung der tropischen Böden zur Rettung von Regenwäldern waren durchaus beeindruckend. Maßnahmen zur schonenden Selektion von Pflanzen zur Verbesserung des Ertrages sowie rücksichtsvoller Umgang mit tropischen Hölzern zählten ebenfalls zu den Forschungsaktivitäten der Institute.

Besonders faszinierte ihn eine Kenianerin, die sich ihr ganzes Leben mit der botanischen Vielfalt der afrikanischen Lebensräume beschäftigt hatte. Ihre Kenntnisse über Pflanzengemeinschaften im Zusammenhang mit den davon abhängigen Tieren waren genial.

Knud erfasste rasch, dass diese Forscher insgesamt ein ungeheures Wissen angehäuft hatten, das aber den wissenschaftlichen Mainstream auf der Erde in keiner Weise interessiert hatte. Auch die Virologen hatten einen Schatz an Daten in Bezug zu seltenen Tropenkrankheiten angehäuft, die man gewissermaßen als das Immunsystem des Planeten ansehen konnte: Einmal freigesetzt, besaßen diese Erreger die Fähigkeit, die gesamte Menschheit in kürzester Zeit fast vollständig zu eliminieren.

Von anderen Beratern, die sich bereits seit mehreren Stunden um die Afrikaner gekümmert hatten, liefen überdies Berichte über viele weitere verborgene Talente bei Knud ein. So hatten drei Physiker aus Nigeria, obwohl sie nur spärlichen Kontakt zur so genannten westlichen wissenschaftlichen Welt hatten, bemerkenswerte Kalkulationen über die Natur der Dunklen Materie im Kosmos erstellt. Ihre mathematische Brillanz übertraf manche Leistungen anderer Kollegen in den Industrieländern, die ihre Erkenntnisse nur der experimentellen Mithilfe von sündhaft teuren Synchrotonen bei CERN zu verdanken hatten.

Und immer wieder wurde er nach seiner Aufgabe befragt, was er auf der Erde untersucht hatte, warum die Föderation gerade gegenüber den Armen der Welt ein besonderes Interesse an deren Schicksal hatte.

„Sie müssen unser Engagement auf ihrer Heimatwelt nach einer möglichen Eroberung, um eine Selbstzerstörung abzuwenden, unter diesem Aspekt sehen: Die Mittellosen auf der Erde sind in den meisten Fällen, insbesondere in jungen Jahren, viel besser formbar als die reichen, gesättigten Menschen in den Industriestaaten. Die nämlich sind von der bestehenden industriell geprägten Lebensweise bereits so weit negativ beeinflusst, dass ein Wechsel zu einer anderen Technologiestruktur und -kultur mit unglaublichen Schwierigkeiten verbunden sein wird.”

Knud musste zudem immer wieder auf’s Neue versichern, dass es keinesfalls im Interesse der Föderation lag, die Erde als neues Kolonisationsgebiet aufzufassen, das man ausplündern wollte:

„In diesem Gemeinwesen hat es niemals Sklaverei gegeben. Und dass dunkelhäutige Menschentypen nur auf Grund ihrer Hautfarbe als minderwertig angesehen werden, ist in diesem Staat undenkbar. Denn wenn wir uns wie die weißen oder arabischen Ausbeuter des afrikanischen Kontinents verhalten hätten, würden wir mit Sicherheit nicht mit tausenden anderer Rassen friedlich und respektvoll zusammenleben. Die physiologischen und psychologischen Unterschiede zwischen uns Menschen und den anderen Rassen sind zudem um ein Vielfaches größer als die zwischen Menschen verschiedener Pigmentierung auf der Erde.”

Mit diesen Ausführungen erntete Knud sehr viel Lob und Zuspruch. Aber er war Realist genug, dass ein zentraler Aspekt absolut im Vordergrund stand. Und er wurde nicht müde, ihn besonders zu betonen:

„Ich weise auch gleichzeitig darauf hin, dass bis zur erfolgreichen Erziehung der Erdbevölkerung zu mehr Rücksichtnahme auf andere Geschöpfe, zu friedlichem Miteinander und zum Abbau von Vorurteilen möglicherweise Jahrhunderte vergehen werden. Ich bin mir ganz sicher, dass Ihnen diese Aussicht auf die terranische Zukunft schwer im Magen liegen dürfte. Aber ich bin kein irdischer Politiker, der seine Gesprächspartner ständig anzulügen pflegt. Dieser Zeitrahmen ist vermutlich halbwegs realistisch, auch wenn in Ihnen möglicherweise historisch begründbare Sorgen aufkommen dürften. Denn die Sklaverei der afrikanischen Bevölkerung durch Kolonialherren aller Art hat ebenfalls über Jahrhunderte stattgefunden. Die negativen Assoziationen, die sich im Zusammenhang mit meinem auf circa 500 Jahre gesteckten Zeitraum ergeben könnten, sind daher für mich völlig nachvollziehbar.”

Besondere Beachtung fanden auch Knuds sehr liberale Ansichten im Zusammenhang mit Ehe, Familie, Sexualität und Rolle von Mann und Frau. Viele der Wissenschaftler bestürmten auch Knuds Freunde mit Fragen, was sie erlebt hatten, wie die Kundschafter der Föderation sich gegenüber ihnen verhalten hatten. Und auch der Professor musste Rede und Antwort stehen. Er wurde geradezu ausgequetscht, als manche Teilnehmer von seiner - für irdische Verhältnisse - bahnbrechenden Entdeckung hörten.

„Daher, liebe Freunde, nur Mut, was die vor euch liegende Zukunft im Bereich Wissenschaft und Forschung angeht. Auch ich stamme nämlich aus einem politisch zerrissenen Entwicklungsland und habe es geschafft, eine außergewöhnliche Theorie zu entwickeln, die weit über die Leistungen vieler Wissenschaftler aus den Industrieländern hinausgeht. Trotz aller ihrer phantastischen finanziellen Mittel gehört nämlich immer noch ein gehöriges Maß an Begeisterungsfähigkeit, Pioniergeist und Kreativität dazu, um Andere zu überflügeln.

Überdies hatte ich nur sehr geringen Kontakt zu anderen Forschern. Im Gegenteil: Ich wurde von anderen Physikern mitleidig belächelt und als Spinner abgetan, der sich eher um das Fantasy-Genre kümmern sollte als um wissenschaftliche Forschung. Und trotzdem, so haben mir viele der hier anwesenden Forscher versichert, ist die von mir entwickelte Theorie einer der uralten technologischen Eckpfeiler interstellaren Reisens. Wenn auf der Erde irgendjemand im Stande gewesen wäre, die Bedeutung dieser Entdeckung hinreichend zu erfassen und zu würdigen, wäre mir ein Nobelpreis absolut sicher gewesen.”

Allmählich gewannen Knud und seine Freunde mehr und mehr den Eindruck, dass die Menschen, die sie betreuten, endlich wieder mehr Lebensmut fassten. Sichtlich erleichtert bedankten sich viele bei ihnen.

Endlich war es so weit: Nach zahllosen Stunden intensiver Befragungen wandte er sich, wenn auch ziemlich erschöpft, in einer Videobotschaft an die Neubürger der Föderation und überraschte viele damit, wie gut er sich in der kurzen Zeit in die doch sehr variationsreiche und komplexe Materie zumindest oberflächlich eingearbeitet hatte. Vieles von dem, was er gehört hatte beziehungsweise ihm zugetragen worden war, konnte er in die aktuelle Forschungslandschaft einordnen. Es kam sogar so weit, dass er schon wusste, in welche Wissenschaftler- und Expeditionsgruppen er die Menschen auf Grund ihrer spezifischen Kenntnisse jeweils einzuordnen hatte.

Schließlich nahm Knud Kontakt mit dem Leiter der Tarmora Universität auf und übermittelte ihm die Daten der Neuzugänge. Ganz unvorbereitet traf es die Universitätsleitung nicht, denn bei jeder früheren Expedition zur Erde waren Flüchtlinge mit zurückgekommen. Dass es diesmal so viele waren, war jedoch zumindest ungewöhnlich.

Knud spürte rasch an den Mienen der neuen zukünftigen Studenten, dass sie sich aufrichtig freuten, endlich eine neue Lebensperspektive vor sich zu haben. Bereits kurze Zeit später verließen die ersten Gruppen das Schiff und wurden mit Fähren zur Planetenoberfläche transportiert. Knud ließ es sich dabei nicht nehmen, viele der ehemaligen Kundschafter auf der Erde persönlich mit Handschlag oder Umarmungen zu verabschieden. Ebenso herzlich wurden viele der Flüchtlinge von ihm in eine neue Zukunft entlassen. Dabei musste er immer wieder seinen Standort wechseln, da der Abflug von verschiedenen Startbereichen der Intrepid stattfand.

Nachdem der letzte Terraner und die Nachhut der Besatzungsmitglieder das Schiff verlassen hatte, setzte sich Knud ermattet in einem der Hangare auf den Boden. Er war müde und fühlte sich ausgebrannt, während er noch auf seine Schwester und den restlichen Führungsstab wartete, die mit ihm auf den Planeten zurückkehren würden. Alle persönlichen Gegenstände von ihm und seinen Freunden waren inzwischen ebenfalls von Bord geschafft worden.

,Wie auf irdischen Schiffen’, dachte Mouad über Knuds Verhalten: ,Der Kapitän geht als letzter von Bord.’

Endlich erblickte er seine Schwester; Youness dicht hinter ihr. Und - ein Anflug von Unwohlsein überkam ihn - Worssorrgh folgte ihnen.

„Seien Sie gegrüßt, Admiral”, begrüßte Knud ihn förmlich. Seine Abneigung gegenüber ihm war deutlich zu spüren.

„Darf ich sie kurz unter vier Augen sprechen, wie das so schön bei Ihren Freunden auf der Erde heißt?”

Der Xyrchh schlängelte neben Knud über den Boden. Dabei erzeugte er ein leicht schabendes Geräusch, das durch die verhornten Gliedersegmente entstand, als diese über den hitzebeständigen Belag glitten.

Als sie schließlich einige Meter entfernt standen, ergriff Worssorrgh erneut das Wort:

„Ich weiß, dass ich als Formalist verschrien bin und ich in der Vergangenheit viel Wert auf protokollarisch korrekte Begrüßungen und Schiffsübergaben gelegt habe. Sie hätten mich trotzdem willkommen heißen können: Es ist immer noch besser, ohne Gardeuniform mir gutes Gelingen zu wünschen, als sich hier scheinbar klammheimlich zu verdrücken, um mich nicht sehen zu müssen.”

Knud wollte protestieren und etwas entgegnen, aber durch ein knackendes Geräusch in Worssorrghs Heimatsprache, die Knud sich über viele Jahre angeeignet hatte, gab er ihm zu verstehen, ihn ausreden zu lassen.

„Ich habe in der Vergangenheit bereits des Öfteren Berichte über das gelesen, was Sie auf der Erde geleistet haben; wie Sie Probleme auf diesem politischen Minenfeld in den vergangenen Jahren gelöst und was Sie darüber hinaus für diesen Staat erreicht haben. Ich rechne Ihnen auch hoch an, dass Sie sich ausgesprochen gefühl- und verständnisvoll in der Vergangenheit für die Belange vielerlei Lebewesen, egal welcher Rasse diese angehörten, einsetzten. Sie gehen dabei auf eine viel informellere Art, als ich das je konnte, an die Schwierigkeiten heran und lösen sie dabei trotzdem überaus effektiv, um nicht zu sagen elegant.

Das war schon ein ziemliches Meisterstück, wie Sie die Afrikanerin vor wenigen Stunden aus ihrer Notlage befreit haben. Die Beschlüsse, die Ihre Besatzung und Sie getroffen haben, um notleidenden Mitmenschen auf ihrer Welt zu retten, spricht in jeder Hinsicht für ihre menschlichen und sozialen Qualitäten. Ebenso trifft dies für Ihre Entscheidung zu, die Übergabezeremonie sausen zu lassen, um für die Erdlinge den Start in eine sichere Zukunft zu ermöglichen. Und dass Sie einem Jungen, der, ohne ihn näher zu kennen, als gewissenloser Killer angesehen werden kann, eine zweite Chance zum Leben einräumen und dabei möglicherweise ein hohes persönliches Risiko eingehen, findet meine überwältigende Hochachtung.

Betrachten Sie mich daher künftig bitte als Ihren Freund, nicht als Gegner. Und, ganz im Vertrauen, inzwischen kann ich Ihre Aversion gegenüber dem Tamtam bei der Schiffsübergabe verstehen: Es ist ein alter, unnützer Zopf, der abgeschnitten gehört. Ich habe nicht gewusst, dass Sie auch nichts dafür übrig haben.”

Knud folgte seinen Ausführungen mit wachsendem Erstaunen und Wohlwollen.

„Ich bin froh, dass Sie so offen zu mir sind. Ich weiß noch, wie Sie mich immer kritisiert haben, wenn ich scheinbar wahllos bei der Core-Explosion Flüchtlinge aus dem Gefahrenbereich weggeschafft habe. Ich kann dies jetzt präziser formulieren: Ich bin in der Lage, ziemlich langfristig in die Zukunft zu planen, auch wenn es sich um komplexe organisatorische Sachverhalte handelt. Und ich verliere dabei nie den Überblick, auch dann nicht, wenn unvorhergesehene Ereignisse in dieses Ordnungsprinzip hineinplatzen.”

„Das sehe ich inzwischen genauso und muss daher anerkennen, dass dieser für mich nur schwer zu akzeptierende Weg oftmals genau so gut wie meine formalere, um nicht zu sagen unflexiblere Vorgehensweise, ist. Wenn er nicht manchmal sogar aufgrund seiner größeren Fehlertoleranz eher ans Ziel führt.

Ich jedenfalls hoffe, dass wir uns bei nächster Gelegenheit in Ruhe einmal persönlich austauschen können, vielleicht sogar in etwas privaterem Rahmen. Jetzt trennen sich erst einmal unsere Wege. Ich will Hinweisen auf eine neue Zivilisation nachgehen, die möglicherweise eine Bedrohung für die Milchstraße und somit die Föderation darstellen, und die fast ganz auf der anderen Seite - von hier aus betrachtet - Ihrer Heimatgalaxie liegt. Frühestens in zwei Monaten werden wir das Ziel erreichen. Daher rechnen Sie erst in gut einem Jahr mit meiner Rückkehr.”

Seine Tonfrequenz wurde höher und dadurch konnten in extrem kurzer Zeit große Informationsmengen übertragen werden, viel schneller, als in fast jeder anderen bestehenden Sprache. Dies war eine Besonderheit dieser Kommunikationsform, und auch gleichzeitig ihre größte Herausforderung für Lebewesen, die versuchten, die Sprache der Xyrchh zu erlernen. Man musste in der Lage sein, seinen Informationsfluss aus seinem Gehirn um bis zu drei Zehnerpotenzen zu erhöhen, damit die entsprechende Datendichte zur Verfügung stand, um das Xyrchhisch optimal zu nutzen. Und so waren beide in der Lage, in unter einer Minute den gesamten Inhalt eines zweistündigen wissenschaftlichen Gesprächs in UniKaL zu übermitteln.

Außenstehenden musste die Konversation wie ein rasend schnelles, schrilles, unstrukturiertes Gezwitscher vorkommen. Nur jahrzehntelanges Training hatte Knud in die Lage versetzt, fast fehlerfrei diese linguistische, in seinen Augen jedoch sehr praktische Herausforderung in den Griff zu bekommen.

„Viel Glück bei Ihrer Mission.”

Knud wählte absichtlich diese relativ nichtssagende Formulierung, damit seine Freunde keinen Verdacht schöpften. „Ich bin so froh, dass wir uns näher gekommen sind und würde mich daher freuen, bald wieder von Ihnen zu hören. Zumal der Kurator selbst Wert darauf legen dürfte, dass ihr Bericht nach Ihrer Rückkehr direkt vor dem Föderationsrat angehört wird. Und versuchen Sie, Licht ins Dunkel dieser Angelegenheit zu bringen.”

Mit gegenseitigen Respekts- und Freundschaftsbekundungen wünschten sie sich alles Gute, verbunden mit der Hoffnung, dass sich ihre Wege bald wieder kreuzen mögen.

Und trotz aller Brisanz in ihrer zurückliegenden Erörterung: Knud war froh, dass das Eis im Verhältnis zum Admiral gebrochen war. Er hatte sehr deutlich spüren können, dass Worssorrgh sehr erfreut darüber war, künftig von ihm als Vertrauter angesehen zu werden.

Ein sichtlich gelöster Knud ging auf seine Freunde zu, die in gebührendem Abstand auf ihn gewartet hatten. Als sie das Schiff mit demselben Zyklopen verließen, mit dem Knud und Mouad aus dem Libanon geflohen waren, und der Abstieg zur Planetenoberfläche begann, wurden sie Zeugen des überaus seltenen Ereignisses, ihn vor Freude pfeifen zu hören.

Aber Mouad hatte seinen Freund während der für ihn unverständlichen Konversation sorgfältig beobachtet. An dem besorgten Gesichtsausdruck, den er für den Bruchteil einer Sekunde über Knuds Gesicht hatte huschen sehen, war er sich absolut sicher, dass da mehr beredet worden war als lediglich nur der Austausch von Freundlichkeiten. Auch jetzt, als Mouad seinen Mann ganz genau betrachtete, meinte er hinter seiner Fassade aufgesetzter Fröhlichkeit einen Schatten zu erkennen, der Knuds Psyche aufs Äußerste belastete. Irgend etwas Schreckliches musste passiert sein, irgend eine unheimliche Bedrohung lag in der Luft. Und er erhielt absolute Gewissheit über diese Vermutung, als Knud ihm plötzlich einen Blick voller Verzweiflung und Sorge zuwarf.

„Aber was hast du denn soeben von diesem Worssorrgh Schlimmes erfahren?”, presste Mouad gequält hervor, als Knud den Zyklopen startete, der sie zur Planetenoberfläche bringen sollte, und keinerlei Andeutungen machte, ihm etwas von dem Treffen zu berichten.

„Manchmal bist du mir doch etwas zu neugierig. Ich habe mit ihm in der Sprache der Xyrchh geredet, die unglaublich komplex ist. Ich muss die Fülle an Informationen erst selber noch verarbeiten.”

Mouad schüttelte enttäuscht den Kopf, sagte weiter aber nichts.

Der Kurator, Band 3

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