Читать книгу Du sollst dir kein Bildnis machen - Ein Roman aus Hollywood - Arnold Höllriegel - Страница 5

II.

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Später in dieser Nacht. Claire ist schlafengegangen, und die beiden Männer sitzen beisammen, zum erstenmal seit den vielen Jahren. Sie haben eine gutgepolsterte Ecke des Rauchsalons für sich allein; sie sitzen in Schaukelstühlen, die Paul so sonderbar scheinen. Matelian hat Mineralwasser kommen lassen und dann, da der Kellner gegangen war, eine Aluminiumflasche mit Gin aus der Hintertasche gezogen. Paul Pauer traut seinen Augen nicht: ist das der aristokratische Josef Matelian, der eine Flasche voll Schnaps, in die Formen des menschlichen Hinterteils listig gebogen, an sich herumträgt? — Während Matelian Gin ins Mineralwasser giesst, sieht sich Paul seinen alten Freund erst mal schärfer an und findet ihn jetzt doch gealtert und recht verändert. Die Züge sind etwas vergröbert und, ja, man ahnt etwas von Alkohol in dem Gesicht. Der Kavalier von einst hat er nur geschienen, solang eine schöne Frau mit zugegen war. Jetzt wirkt er doch recht reduziert — —

Auf einmal kommt es Paul ins Empfinden, wie wenig sie jetzt voneinander wissen, sie, die die Jahre der Kriegsgefangenschaft in einer so engen Gemeinschaft verbrachten.

Sie haben zusammen Sibirien überstanden. Der preussische Vizefeldwebel Dr. Pauer, durch eine zufällige Schrulle der russischen Militärbureaukratie in das sonst fast nur von k. u. k. Offizieren bewohnte Kriegsgefangenenlager von Pjestschanka verschlagen, war, als ein in Berlin eingebürgerter Sachse stark norddeutsch orientiert, den österreichischen Offizieren von vornherein nicht gar zu sympathisch gewesen, oder doch fremd; bis dem in der Baracke Elf melancholisch Vereinsamten der k. u. k. Husarenrittmeister Baron von Matelian kräftig geholfen hat. Matelian, im slowenischen Küstenlande geboren, doch in der Armee vollkommen germanisiert, ein aristokratisches Menschenwesen, mit dem Horizont des Berufshusaren, hatte in dem viel jüngeren Kameraden, in diesem richtigen Doktor der Philosophie und schon mehrfach gedruckten lyrischen Dichter, einerseits einen fast göttergleichen Geistesgiganten zaghaft verehrt, und andererseits einen unbeholfenen, schüchternen, unsoldatischen Jungen ein bisschen von oben herab protegiert; die beiden haben vier Jahre gemeinsam ein kleines Zimmer bewohnt, allein mit den Wanzen. Jetzt, nach acht Friedensjahren, sitzt Pauer, der Jüngere, viel herber und härter und männlicher, zum erstenmal wieder neben dem Kameraden der Stacheldrahtjahre. Sie haben einander kaum mehr gesehen, seitdem sie im Frühjahr Achtzehn zusammen quer durch das brennende Russland westwärts geflohen sind. An der Grenze hat man sie gleich getrennt; Paul Pauer ist krank, wie er war, ins Spital gekommen, Matelian gleich wieder an die Front am Piave. Dann der Zusammenbruch. Matelian, dem sein Beruf abhanden gekommen ist, geht kurz entschlossen nach Amerika, mit seinem neuen jugoslawischen Pass, der ihm das gleich nach dem Kriegsende möglich macht. — Paul Pauer geht nach Berlin, in die wildeste Literaturbohème. Von der Zeit an, wie es so kommt, schreiben sie einander immer nur den äusseren Umriss ihrer Erlebnisse: „Es geht mir gut: ich habe den ersten amerikanischen Job gefunden, als Verkäufer im Warenhaus Macy. Ich verkaufe, denke Dir, Bürsten.“ — „Es geht mir gut, ich schreibe so kleine Sachen, und manchmal erscheint was in Sonntagsbeilagen.“ — Dann Briefe von Pauer aus einem unwahrscheinlichen Nest irgendwo im Fränkischen, Neustadt an der Irgendetwas, wo die Kunst des Dichters nach journalistischem Brot geht: „Es geht mir gut, aber das ist ein grässliches Schilda. Ja, Du kannst lachen, dass Du in Amerika lebst, in der offenen Welt!“ — Doch der Amerikafahrer macht keine Miene, Millionen von Dollars zu sammeln und in eigenen Jachten zum Besuch nach Europa zu kommen: „Es geht mir soso, lala, ich habe die siebente Stellung in diesem Kalenderjahre, die aber ist relativ gut, dreissig Eiserne-Harte die Woche.“ Er übersetzt schon aus dem amerikanischen Slang, und englische Worte kriechen in sein Husarendeutsch. Der Feuilletonredakteur und Theaterkritiker des „Generalanzeigers für Neustadt an der Rosach und Umgebung“ meldet nach einiger Zeit, dass er es nicht mehr ist. Wieder nach Berlin gegangen, mit einem schönen Mädchen, das er geheiratet hat. Sie war früher Schauspielerin am Stadttheater von Neustadt, aber sie verlässt nun die Bühne. Photographie eingeschlossen. — Gratulationsbrief aus New-York, auch an Paul Pauers Frau gerichtet. Und ein klein bisschen elegisch. Entbehrt der hinreissende Husar etwas im Kreise der schönen amerikanischen Misses? Es klingt fast so. — Die Briefe Dr. Pauers während der nächsten Jahre beginnen kaum mehr: „Es geht mir gut.“ Er lebt mit seiner Frau in Steglitz, wo der Schwiegervater eine kleine Druckerei hat, und redigiert irgendwelche Fachzeitschriften, die dort verlegt werden. Eines Tages kommt ein Brief in New-York an, der ein getipptes Manuskript enthält. „Ich habe da so einen Mist zusammengeschrieben, eine Art Varietésketch, der in Amerika spielt, ,Die Erpressung‘. Kannst Du den nicht irgendwie in New-York anbringen? Du hast doch bestimmt Beziehungen“ — —

*

Dieser mässige Sketch, von einem an der höheren Literatur verzweifelnden Lyriker einmal verwegen hingeschrieben, nach einem Kaffeehausabend, an dem ihm irgendeine Art Einfall gekommen war, vielleicht sogar ein fremder, — „Die Erpressung“ ist der Grund dafür und hat es bewirkt, dass die beiden Freunde jetzt plötzlich in einem kleinen Hotel an der Neunundzwanzigsten Strasse New-Yorks beieinander sitzen, ja, dass in dem gleichen Hotel auch Pauers Gattin im Bett liegt und Flammeninschriften träumt, über Wolkenkratzern, die dem Stadttheater in Neustadt sonderbar ähnlich sind.

Jetzt, da sie allein beieinander sitzen, die beiden sibirischen Leidensgefährten, und die nicht miteinander verlebten Jahre so peinlich empfinden, und alles einander zu sagen hätten und doch nicht wissen, wovon sie denn sprechen sollen, — kommt es Paul Pauer gelegen, dass er dem Matelian gar nicht richtig für diese Hilfe gedankt hat. „Das hast du glänzend gemacht,“ beginnt er, in einem zu burschikos angelegten Ton, „das mit dem Film! Und so ein riesiges Honorar, wirklich! Woher hast du nur die Beziehungen?“

„Schau,“ sagt Matelian und wird ein wenig rot und trinkt einen umständlichen Schluck vorher, „schau, jetzt kann ich es dir ja gestehen, es ist mir hier manchmal schäbig genug gegangen. — Aber, wie ich das Manuskript von dir bekommen habe, hatte ich eben den besten Job, den ich je hier bekommen habe: Verkäufer in einer kleinen deutschen Buchhandlung, die nachher prompt eingegangen ist, ich hab’ schon so ein gottverfluchtes Pech!

Alsdann, das ist eine Geschichte für sich. Gut. Eines Tages, weisst du, kommt ein Gent zu uns ins Geschäft und schmökert in den neuen deutschen Büchern herum und weiss halt nicht recht, was er eigentlich haben möchte. Ich sehe, er kann nicht einmal ordentlich Deutsch, ein Deutschamerikaner, mit einem Wort. Alsdann, ich sage ihm, was in einigen von den Büchern steht, soweit ich nämlich — — Weisst, es wird einem manchmal fad, und man liest in dem Zeug. — Gut, es stellt sich nachher heraus, dass dieser Kerl so eine Art Lektor in einer Filmfabrik ist, in der Fantoma Film Corporation, die ihre Zentrale hier auf Long Island hat und das Atelier drüben in Hollywood. Da ist er halt Chief Editor, wie sie das sagen. Alsdann, er ist auf der Suche nach europäischen Büchern, in denen vielleicht ein guter Filmstoff für ihn stecken könnte. Wie ich das im Gespräch bemerken tu’, fallt mir der Varietésketch ein, den du mir da geschickt hast — —“

Matelian lächelt, brüderlich ungeniert, zum erstenmal wieder: „Alsdann, denk’ ich, einer Music Hall hab’ ich den Dreck nicht verkaufen können, vielleicht dass er idiotisch genug ist für einen Film! Ich sage also dem Mister Brakenbosh, das ist der Lektor, das trifft sich gut, ich bin doch der amerikanische Generalrepräsentant für den grössten Dichter in Deutschland, selbstredend, Paul Pauer persönlich, you know, und ich habe den grössten Filmstoff sämtlicher Zeiten zum Alleinvertrieb, Riesen-Box-Office garantiert, wetten Sie Ihr süsses Leben, Mister — —“

„Box Office ist die Kasse“, sagt Matelian mit einer anderen Stimme und fällt aus dem Schmunzeln in einen trockenen Hohn. „Alsdann, natürlich wichtiger wie alles andere. — Gut, den Rest weisst du. Zufällig finden sie, dass dein Sketch eine passende Rolle für Dan Silver enthält, den einzigen namhaften Star, den das Fantoma-Studio derzeit bezahlt; es ist nämlich eine schäbige kleine Quetsche von Firma, bild’ dir nur ja keine Schwächen ein! — Der Inhalt des Zeugs, mein Lieber, hat den Leuten eigentlich nicht sehr gefallen; sie werden deine Geschichte verändern, dass dir das Sehen und Hören vergeht — — Aber der Titel: ,Blackmail‘, ist gut; der hat sie überzeugt. Ich glaub’, sie haben eigentlich mehr den Titel erwerben wollen, nimm mir’s nicht übel! — — Das ist doch Wurst, sie haben das Geld doch richtig hinterlegt, zweitausendfünfhundert Dollars für das Verfilmungsrecht, — was ein unerhört schäbiger Preis ist, übrigens, und ich hab’ ja doch eine Riesenfreude, kannst du dir denken, und ich schicke dir gleich am nächsten Samstag ein Weekend-Kabel — —“

„Und ich“, sagt Paul Pauer, „habe noch eine viel grössere Freude gehabt, du kannst die Claire fragen! Du wirst das erraten haben, es ist uns nach unserer Verheiratung eher mies gegangen; ich muss es dir ja geschrieben haben — —. Kein Erfolg und kein Erfolg und kein Erfolg, immer nur die blödsinnige Brotarbeit, du, sogar eine Zeitschrift für praktische Kaninchenzucht habe ich redigiert, den „Rammler“, den mein Schwiegervater Daberkow in Steglitz druckt, stell’ dir das vor, — und wenn einmal eine Zeitung eine Buchkritik von mir veröffentlicht hat, oder ein illustriertes Blatt ein Gedicht, das war schon ein Ereignis und eine Hoffnung, wirklich, und wir sind an so einem Abend feierlicher beieinander gesessen, in unserer Wohnung im Gartenhaus, drei Treppen, Claire und ich, und haben beraten, was wir mit den dreissig Mark anfangen sollen, ob ich die Hosen schon unbedingt brauche, oder unser kleiner Junge die Schuhe! Scheusslich, kann ich dir sagen. Man will doch — —“.

Paul Pauer hat eine lange, dünne, holländische Zigarre im Mund und beisst mit trockenen Zähnen hinein, wie immer, wenn ihm etwas nicht recht ist. Die Geschichte von seiner jungen Ehe mit Claire, die er dem Freund jetzt anvertrauen müsste, kommt ihm nicht über die Lippen; zu lange haben die beiden einander formelle Briefe geschrieben: „Es geht mir gut.“ Paul Pauer runzelt die Stirn und ärgert sich über sich selbst und beisst die arme Zigarre entzwei und macht dann doch einen schmählichen Bogen um seine und Claires intime Geschichte herum. „Man will doch“, sagt er, von Wort zu Wort vorsichtig schreitend, „einer jungen Frau, die man gern hat, ein weniger ärmliches Leben bieten. — Schau, wo doch die Claire erst Schauspielerin war und es aufgegeben hat, meinetwegen — —“.

Hier liegt die Geschichte begraben, und Josef Matelian wäre nicht, der er immer gewesen ist, der feine Instinktmensch, vor allem in Frauensachen, wenn er nicht irgend etwas merkte; allein er schweigt, wird gewiss nichts fragen. — Paul Pauer gleitet ein bisschen schwächlich ans sichere Ufer hinüber:

„Und auf einmal, stell’ dir das vor, kommt so ein amerikanisches Kabel, und du teilst mir mit: zweitausendfünfhundert Dollars, zehntausend Mark für diesen Bockmist, den Sketch! Du, und nur eine Woche später kommt dann die zweite Bescherung vom Himmel geflogen, noch schöner womöglich: mein Band Sonette, der gar nicht eingeschlagen hat, nicht zweihundert Exemplare ist der Idealist von Verleger losgeworden, für den Gedichtband — —.“

Josef Matelian macht ein verblüfftes Gesicht.

„Für den Gedichtband bekomme ich feierlichst den Mörike-Literaturpreis, wieder tausend Mark! Das ist nur so ein zweitklassiger Preis, nicht der richtiggehende Kleist-Preis, um den ich mich gleichfalls beworben hatte, was versucht man nicht alles, aber, Mensch, doch mal eine Anerkennung für das Eigentliche; das hat wohlgetan nach dem „Rammler“, kann ich dir sagen! Natürlich, und auch das Geld. Im ganzen mehr als elftausend Mark, für uns, die wir nie einen Pfennig ersparen konnten! Nicht, dass wir Schulden gehabt hätten, nein, darauf habe ich mich niemals eingelassen. Wie wir das Mordsgeld kriegen, haben wir uns zusammengesetzt, die Claire und ich, und wunderbar überlegt, was man kaufen könnte, Kleider und Möbel und Bücher und so — —. Dann kommt mir mit einemmal die Erleuchtung: nein, nicht bürgerlich Zeug zusammenkaufen, sondern alles an alles wagen, heraus aus Steglitz und all dem Dreck dieses Rammler-Lebens, wir sind noch jung und können ein Abenteuer riskieren. ,Du,‘ sage ich zu der Claire, ,wir fahren nach Hollywood, wenn dort mein Film gedreht wird‘ — —. Sie glaubt erst, ich bin meschugge, dann fällt sie mir gleich um den Hals. Der Film, das war immer mein grosser Traum — —. Ich glaube daran; das ist doch die rasche Kunst, die dem Tempo der Zeit entspricht, nicht tintene Worte auf Druckpapier. Diese kostbare Möglichkeit, einmal den Massen etwas zu sagen, an die der Bücherschreiber von heute sonst überhaupt niemals rankam! — Du, mehr will doch unsereiner von seinem Leben nicht! Ein Dichter, der das nicht möchte, auf alle wirken und allen sein Bisschen erzählen, wer ist denn der überhaupt? Die Bücher? Wenn einer sein Bestes gegeben hat, und das Buch hat das, was man einen Riesenerfolg nennt; — wieviel Exemplare werden verkauft? Hunderttausend? So viele Menschen gehen an einem mittleren Abend allein in Berlin in die Kinos, denke ich mir; einen Film, der ein bisschen Erfolg hat, sehen hundert Millionen Menschen, vielleicht! — —“

Paul Pauer schliesst ein wenig die Augen, da sieht er wieder den flammenden Broadway und den lohenden Himmel über dem Broadway, die Titel von Filmen, hellauf zwischen die Sterne geschrieben, weithin — —.

„Wir fahren nach Hollywood,“ sagt er und unterdrückt den Enthusiasmus, „weil ich das doch einmal im Leben versuchen möchte, ob das nicht geht, ob man gute Bücher nicht ohne Tinte verfassen kann, ohne Papier, ohne den ganzen Altväterhausrat des alten Gutenberg, der auch einmal abgeschafft werden muss in veränderten Zeiten — —. Denn, glaube mir, die schriftlose Dichtung kommt. Das Radio ist auf dem Wege dahin, und der Film, sie werden einander demnächst begegnen. Und ich möchte dabei sein. Das ist es. Ich halte es nicht aus in der Schublade mit der Etikette: Lyriker — —.“

Matelian rückt auf seinem Sessel schon einige Zeit ein bisschen nervös herum, in seinem Gesicht ist ein Jungenlächeln, das er in der Kadettenschule gehabt haben muss, wenn ein Streich mal daneben ging.

„Du,“ sagt er, „Pauer, mit deiner Lyrik — — alsdann, schau, ehrlich gestanden, was ist denn das für ein Büchel, was dir prämiiert worden ist? Es heisst doch: ,Sentimentale Geschichte‘, hab’ ich geglaubt — — Das muss ja doch ein Roman sein, nicht? Was red’st du denn fort von Sonetten und so?“

Paul Pauer schweigt eine Weile. Er schämt sich heftig. Er hat seinem besten Freunde sein Buch nicht geschickt! Er weiss in seinem hintersten Inneren, warum er es erst immer aufschob, dann ganz unterlassen hat. Er hat sich immer gesagt: Was macht der Matelian sich aus Sonetten! — Der wirkliche Grund ist anders gewesen, er hat ihm von sich und Claire so wenig geschrieben und dieser Gedichtband eben — —

„Nein,“ sagt er schliesslich, „es sind Sonette, sie heissen nur so, weil sie eine Art von Handlung ergeben — — Warte, ich hole dir gleich ein Exemplar aus dem Zimmer.“

„Nur ein Momenterl“, sagt der Matelian. „Weisst, der Reporter, der dich beim Landen gleich interviewt hat“ — —

„Ja, richtig!“ sagt Paul und sieht neugierig auf. Es ist ein Reporter dagewesen, gerade während der Zollrevision, und Paul hat den Koffer nicht aufbekommen und war so nervös, und hat auf einmal das zweite englische Wort nicht verstanden, und Matelian hat mit diesem Reporter geredet, nur das Wort „Mörike-Preis“ hat Paul Pauer selbst buchstabieren müssen. „Ja, richtig,“ sagt Paul, „was war denn das für ein Reporter?“

„Von den ,Evening News‘ “, sagt Matelian. „Sie kommen immer zum Schiff, und vorher, wie ich ihn habe stehen sehen, hab’ ich ihm selbst gesagt, dass ein grosser Dichter ankommt, weisst, ein bisschen Publicity schadet nichts hier in Amerika. Nur, weisst, was gibst du dem Buch so einen verdrehten Titel, nachher, wenn es Gedichte sind? Ich hab’ ihm gesagt, du hast den grössten europäischen Literaturpreis für den sensationellsten Roman bekommen, die ,Sentimentale Geschichte‘. Und da steht es!“

Matelian zieht das Abendblatt aus der Tasche, das er vorhin auf dem Broadway gekauft hat, und zeigt, mit der Miene eines erwischten Kadetten, was auf der zweiten Seite recht breit gedruckt steht: „Grosser Romandichter aus Deutschland, preisgekrönt, sagt, dass erster Eindruck von Amerika überwältigend“ — — Paul Pauer macht ein entsetztes Gesicht und möchte, obwohl er letzten Endes auch ein klein bisschen stolz auf sein erstes Interview ist, Matelian Vorwürfe machen. Doch der hebt die Hände hoch und schreit gleich: „Ich ergeb’ mich!“ Es ist die alte Formel aus der sibirischen Baracke, wenn Paul einmal streitsüchtig war oder Matelian in seiner lässigen Art etwas angerichtet hatte: er hat sich immer gleich zu Beginn des Streites ergeben, auf Gnade und Ungnade, so wie jetzt. Wie immer muss Paul lachen. Lieber, alter Matelian!

Du sollst dir kein Bildnis machen - Ein Roman aus Hollywood

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