Читать книгу Meister Olaf - August Strindberg - Страница 10
Fünfter Auftritt.
ОглавлениеOlaf. Gert.
Olaf. Vater Gert, du führtest eine gefährliche Sprache!
Gert. Glaubst du, sie war gefährlich, Olaf? Gott segne dich dafür!
Olaf. Gefährlich für dich, meine ich!
Gert. Nicht auch für einen andern?
Olaf. Hoffen wir es!
Gert. Du hast Luther gekannt?
Olaf. Ja. Und nun will ich seine Tat in meinem Vaterland vollbringen.
Gert. Weiter nichts?
Olaf. Wie meinst du?
Gert. Das ist zu wenig! Luther ist tot! Er hat den Anfang gemacht! Wir müssen das Begonnene weiterführen!
Olaf. Wo willst du mich hinführen?
Gert. Weit, weit fort, Olaf!
Olaf. Ich fürchte mich vor dir, Vater Gert!
Gert. Ja, ja! Du sollst dich auch fürchten, denn ich will dich auf einen hohen Berg hinaufführen, von dem du über die Welt hinausblicken sollst. Siehst du, Olaf, wir haben jetzt Pfingsten. Da war es, als der heilige Geist herniederstieg und sich über die Apostel, nein, über die ganze Menschheit ausgoß. Du kannst den heiligen Geist erhalten, ich habe den heiligen Geist erhalten, denn ich glaubte daran! Gottes Geist ist auf mich heruntergestiegen, das fühle ich, und darum hat man mich als einen Wahnsinnigen eingesperrt, aber nun bin ich frei, und nun werde ich reden, denn siehst du, Olaf, nun stehen wir auf dem Berge! Siehst du, wie das Volk auf seinen Knien zu den beiden Männern hinkriecht, die auf seinen Stühlen sitzen. Der größere von ihnen hat zwei Schlüssel in seiner einen Hand, einen Donnerkeil in der andern, das ist der Papst. Nun erhebt er den Donnerkeil, und Tausende von Seelen verfallen der Verdammnis, und die andern küssen seinen Fuß und singen Gloria Deo – und er auf dem andern Stuhle wendet sich um und lächelt. Betrachte nun den andern. Er hat ein Schwert und ein Zepter. Beuge dich vor dem Zepter, oder dich trifft das Schwert. Er runzelt seine Augenbraue, und alles Volk erbebt. Da wendet er sich an seinen Nachbar auf dem andern Stuhl, und beide lächeln. Das sind zwei Bilder Baals. Aber dann hört man ein Getöse in der Luft gleichwie das Murren des Volkes. Wer muckt da? ruft der Papst und schüttelt seinen Donnerkeil. Wer murrt? und der Kaiser schwingt sein Schwert. Niemand antwortet. Aber es tönt noch immer in der Luft, und es saust und ruft: »Denket!« Und der Papst fährt zusammen, und der Kaiser erbleicht und fragt: »Wer war es, der da rief: Denket? Ergreift ihn, und ich nehme ihm das Leben!« Und der Papst ruft: »Führt ihn hierher und ich nehme ihm die Seele!« Es war die Luft, welche rief, es war niemand, der rief; aber die Stimmen wachsen, und ein Sturmwind fährt über die Alpen daher und bricht über das Fichtelgebirge herein, und erweckt die Ostsee aus ihrem tiefen Schlaf, und es gibt einen Widerhall an den Küsten, und tausendfältig geht der Ruf über die Welt hinaus: Freiheit! Freiheit! Und der Papst wirft die Schlüssel ins Meer, und der Kaiser steckt sein Schwert in die Scheide, denn sie vermögen nichts wider den Ruf! – Olaf! Du willst den Papst treffen, aber du vergissest den Kaiser! Den Kaiser, der sein Volk in zahlloser Menge mordet, weil es zu seufzen wagt, wenn man ihm auf die Brust tritt. Du willst den Papst in Rom treffen, aber wie Luther ihnen einen neuen Papst in der Heiligen Schrift geben. Höre mich! Höre mein Wort! Binde die Geister mit keiner Fessel, welcher Art sie auch sei! Vergiß nicht den großen Pfingsttag, vergiß nicht das große Ziel: Geistiges Leben und geistige Freiheit. Gehorche nicht dem Rufe des Todes: »Siehe, alles ist sehr gut!« denn dann kommt nicht das tausendjährige Reich, das Reich der Freiheit, und das ist es gerade, was jetzt beginnt!
Olaf(schweigt).
Gert. Erzitterst du?
Olaf. Du gehst zu weit, Gert!
Gert. Der Tag wird kommen, da man mich Papist nennen wird! Ziele nach dem Himmel und du triffst den Waldessaum!
Olaf. Kehre um, Gert! Du bringst Unglück über dich selbst und das Reich! Siehst du nicht, wie das Land noch im Wundfieber seit den letzten Kriegen erbebt, und doch willst du Bruderkrieg säen – das ist gottlos!
Gert. Nein, das Messer steckt nun einmal im Fleische – schneide zu, dann kann der Körper gerettet werden.
Olaf. Ich gebe dich als Landesverräter an!
Gert. Es frommt dir nicht, solches zu tun, du, der heute für ewig mit der Kirche gebrochen hat! Und übrigens –
Olaf. Sprich aus, Gert! Du siehst in diesem Augenblicke wie der Satan aus.
Gert. Du sollst mein Geheimnis erfahren; gebrauche es, wie du willst! Siehst du, der König reist heute nach Malmö; übermorgen ist Stockholm in Aufruhr.
Olaf. Was sagst du?
Gert. Kennst du Rink und Knipperdollink?
Olaf(entsetzt). Die Wiedertäufer?
Gert. Ja! Warum so erschrocken? Das ist ja nichts weiter, als lumpiges Bürgerpack. Ein Kürschner und ein Krämer, die den Nutzen der Taufe an einem vernunftlosen Kinde leugnen und einfältig genug sind, sich einem vorsätzlichen Meineid zu widersetzen, der einem unvernünftigen Wesen abgezwungen wird.
Olaf. O, es handelt sich um noch mehr!
Gert. Was sollte das sein?
Olaf. Sie sind besessen.
Gert. Vom Geiste, ja! Es ist der Sturm, der durch sie ruft! Hüte dich, dazwischen zu treten!
Olaf. Das muß verhindert werden! Ich gehe zum König.
Gert. Olaf! Wir sollten Freunde sein! Deine Mutter wohnt doch in Stockholm?
Olaf. Das weißt du ja.
Gert. Weißt du, daß meine Tochter Christina bei deiner Mutter wohnt?
Olaf. Christina?
Gert. Ja, bis auf weiteres. Siegen wir, wird deine Mutter um meiner Tochter willen sicher sein, siegen die Katholischen, ja, dann ist meine Tochter um deiner Mutter willen sicher. Und du fürchtest ja für Christina?
Olaf. Gert! Gert! Wo bist du so klug geworden?
Gert. Im Irrenhause!
Olaf. Verlaß mich! Du stürzest mich ins Unglück!
Gert. Ja, wenn es ein Unglück ist, alles irdischen Glückes beraubt, ins Gefängnis geworfen zu werden, Armut zu erleiden, gehöhnt und verspottet zu werden – um der Wahrheit willen. Dann verdienst du ein so großes Unglück nicht. Ich glaubte, du würdest mich verstehen, ich baute auf deine Hilfe, denn du hast noch Feuer in dir, aber ich sehe, daß die Welt dich lockt; geh mit dem Strome und werde glücklich!
Olaf. Ein Mann kann nicht seine Zeit umschaffen!
Gert. Luther tat es doch!
Olaf. Man kann sich nicht dem Strom entgegenstellen!
Gert. Tor! Leite den Strom, denn der Strom – das sind wir; die Alten sind stillstehende Sumpflöcher, gegen sie brauchst du wahrlich nicht zu streiten; aber laß sie nicht in Fäulnis übergehen oder austrocknen; schaffe ihnen Abfluß, und auch sie werden mitströmen!
Olaf. O, ich verstehe dich; du hast einen Gedanken in meiner Seele erzeugt, aber ich muß ihn bei der Geburt erwürgen, sonst tötet er mich!
Gert. Glaube mir, du sollst ein Daniel werden, der den Fürsten die Wahrheit sagen soll, und sie werden dir nach dem Leben trachten, aber der Herr wird dich beschützen. Nun gehe ich ruhig von hinnen, denn ich sehe die Flamme in deinem Auge leuchten und die Feuerzunge über deinem Haupte sich regen. Frohe Pfingsten, Meister Olaf! (Im Abgehen.) Hier kommen die Fliegen des Königs; laß sie nicht deine reine Seele beschmutzen!
Olaf. Jesus hilf mir!
Bischof Hans Brask und Bischof Mogens Sommar(treten auf).