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Von der Sauna direkt ins Paradies
ОглавлениеEs war ein ganz gewöhnlicher Tag, ein ganz gewöhnlicher Montag. Das Wochenende war hart für ihn gewesen. Er war auf Achse und hatte ausgiebig recherchiert. Und genug gefunden. Jetzt wollte er sich etwas gönnen. Seinem Körper Erholung spenden. Und an einem so gewöhnlichen Tag wie heute, wäre es seiner Meinung nach eine gute Idee, den Dreck und den Staub und vor allem die schlechte Energie der vergangenen zwei Tage heraus zu schwitzen. Er packte in eine Tasche zwei Badetücher, einen Bademantel, ein Paar Plastikschlappen, eine Flasche Duschgel und etwas zum Lesen und machte sich auf den Weg. Er war so in Gedanken, dass er nicht bemerkte, wie ihm ein Wagen folgte. Nach einer Viertelstunde Fahrt parkte er im Parkhaus des Sauna-Paradieses, schulterte seine Tasche und schritt Richtung Kasse.
Dass der Wagen, der ihm von zu Hause gefolgt war, eine Reihe hinter ihm stand, hatte er nicht mitbekommen. Warum hätte er auch auf die Idee kommen sollen, dass ihn jemand observierte? Nachdem er für einen ganzen Tag im Saunaparadies bezahlt hatte, zog er sich im Umkleidebereich aus, schlüpfte nackt in seinen Bademantel und marschierte Richtung Wellnessbecken, um eine Liege möglichst direkt neben am Wasser unter Palmen zu bekommen. Er war einer der Ersten und so hatte er noch freie Auswahl. Eine Stunde später würden hier alle Liegen besetzt sein. Obwohl es ein Montag war, keine Schulferien und auch kein nachfolgender Feiertag, würde es im Laufe des Vormittags richtig voll werden.
Woher nehmen sich die ganzen Leute nur immer die Zeit, fragte er sich, während er sein Badetuch auf eine Liege legte und sich im Sauna-Paradies umschaute. Es waren nicht nur ältere Herrschaften, die jetzt kontinuierlich hier hinein drängten und sich bald um die letzten freien Liegeplätze prügeln würden, nein, es waren auch junge Leute dabei, die eigentlich jetzt irgendwo in der Arbeit sein müssten, vielmehr gutgelaunt in den Thermenbereich strömten. Vielleicht ging es ihnen ja so wie ihm, dass sie nach einem durchgefeierten Wochenende ihrem Körper mit Sauna, Dampfbad und Aufguss, eine Erholungsphase schenken wollten.
Aus einem Prospektständer zog er eine Broschüre mit den heutigen Angeboten: Salzaufguss im Salzstollen, Klangschalenaufguss in der Meditationssauna, Honigpeeling in der Villa Toskana und Massagen im separaten Beautybereich.
Er legte sich nackt auf die Liege, setzte seine Lesebrille auf und fing an die Tageszeitung zu lesen. Nach wenigen Minuten fielen ihm unweigerlich vor Müdigkeit die Augen zu. Die Wärme und die hohe Luftfeuchtigkeit im Thermalbereich hatten ihn schläfrig gemacht. Die Zeitung glitt ihm aus der Hand und er schlief ein. Und er träumte. Er träumte von seinen eigenen Büchern, seinen Geschichten, die er erfand und mit denen er sein Geld verdiente.
Und das nicht schlecht.
Doch bei seinen Recherchen für sein neues Buch, war er auf etwas gestoßen, das so unglaublich war, dass er es unbedingt verwenden wollte und so war er das ganze Wochenende unterwegs gewesen, vor allem in der Nacht.
Ausgestattet mit einem Nachtfernglas, das die Lichtverhältnisse der Umgebung verstärken und ihm ein klareres Bild zeigen konnte als es normalerweise für die Augen sichtbar war. So ausgerüstet erlaubte es ihm, in die Dunkelheit zu spähen, und Dinge zu entdecken, die für ihn vorher nicht einmal denkbar gewesen wären. Es sei denn in seinen eigenen Grusel- und Horrorgeschichten oder in entsprechender Schundliteratur. Und er hatte Bilder gemacht. Viele.
Jetzt handelte sein Traum von einem Friedhof. Er lag im Gebüsch auf der Lauer und suchte die Dunkelheit ab. Und er starrte auf die Grabsteine und auf schwarz gekleidete Personen, die sich dazwischen bewegten. Er hatte sie entdeckt. Es war also tatsächlich wahr. Es gab sie wirklich.
Plötzlich berührte jemand seinen Arm und er wachte aus seinem Traum auf.
»Ist das Ihre Lesebrille? Sie lag hier neben der Liege. Nicht dass jemand auf sie drauf tritt. Wäre schade um das schöne Teil.«
Er öffnete die Augen und blickte einer älteren Dame ins Gesicht, die um ihre Hüfte, ein Handtuch geschlungen hatte. Ihr wabbeliger Busen hing bedrohlich nahe vor seinem Gesicht.
»Wie bitte?«, fragte er nach, da er nichts von alledem verstanden hatte.
»Ihre Brille!« Die Dame hielt sie ihm direkt vor das Gesicht.
»Ja! Danke, vielmals. Wo lag die denn?«
»Hier neben Ihrer Liege. Ich wäre beinahe darauf getreten.«
»Vielen Dank. Sie ist muss mir wohl herunter gefallen sein. Ich war ein wenig eingenickt. Danke.«
Er streckte der Frau die Hand entgegen und nahm ihr die Brille mit einem verlegenen Lächeln ab.
Er setzte sie auf und tat so als ob er in der Zeitung lese. Ihm war nicht nach Konversation. Die Dame war sehr gesprächig und erhoffte sich noch ein paar weitere Worte. Doch als er die Tageszeitung abwehrend vor sein Gesicht hielt, war ihr recht schnell klar geworden, dieser Mann wollte seine Ruhe haben. Sie lief ohne ein weiteres Wort zu sagen zwischen den Liegen hindurch zu ihrem Platz.
Als sie weg war, schob er die Zeitung ein wenig herunter und spähte über den oberen Rand. Sie drehte sich noch einmal nach ihm um, bevor sie sich auf ihre Liege fallen ließ und winkte ihm freundlich zu. Er zog sofort die Zeitung wieder über sein Gesicht und tat so, als ob er sich konzentriert auf die Artikel stürze. Was war das denn, fragte er sich. Hatte er es dieser Frau angetan? Meinte sie, sie könne mit ihm flirten?
Es war ja bekannt, dass das Saunaparadies an bestimmten Tagen eine richtige Baggerbude war. Junge Pärchen vergnügten sich im Pool und das Personal war darauf bedacht, die Turteltäubchen höflich aber bestimmt auseinander zu bringen. Der gute Ruf des Thermalbades war gefährdet.
Er hatte auch gelesen, dass sich an einem bestimmten Tag in der Woche, wie auf SMS-Zuruf oder Interneteinladung, die Gepiercten und Tätowierten in der Therme trafen und stolz ihre Tattoos, Piercings oder Brandings zur Schau trugen. Gerade an diesen Tagen war das Personal besonders aufmerksam, um sexuelle Handlungen im Wasser, in den Solarien oder in entlegenen Doppelliegen zu unterbinden. Doch gerade das Verbotene schien die Libidojünger anzulocken und sie zu motivieren, es hier drinnen zu tun.
Dass ältere Frauen sich hier gezielt jüngere Liebhaber suchten, davon hatte er noch nicht gehört. Und dieser Dame musste er es wirklich angetan haben. Vielleicht hatte sie ihm sogar seine Brille während er schlief von der Nase gezogen und ihn dann mit dieser Ausrede angesprochen?
Er hatte nackt auf der Liege auf seinem Handtuch gelegen. Sein Körper war nicht unästhetisch und seine Männlichkeit konnte sich sehen lassen. Aber mit einer Frau über Sechzig hatte er sich bis jetzt noch nicht eingelassen und es auch noch nicht vermisst.
Es wurde jetzt Zeit für seinen ersten Saunagang. Er griff nach dem Flyer mit der Aufstellung der einzelnen Aufgüsse in den jeweiligen Themensaunen. Salzaufguss im Solestollen klang gut. Und er sollte in wenigen Minuten beginnen. Der Bademeister würde dann Salz, mit ätherischen Ölen vermischt, an die Saunagänger verteilen, dass sie sich dann auf den Körper rieben. In der Hitze und dem Dampf des darauf folgenden Aufgusses, verflüssigte sich das Salz und drang mit dem Öl in die durch die Wärme weit geöffneten Poren der Haut. Durch das Einreiben wirkte das Salz wie ein Peeling. Alte Hautschuppen wurden weggerubbelt und danach hatte man eine weiche Haut wie ein Kinderpopo.
Das wäre jetzt genau das Richtige für ihn. Sich den Dreck und Staub und vor allem die schlechte Energie des letzten Wochenendes vom Körper zu reiben. Genau das bräuchte er jetzt. Er zog seinen Bademantel an, stellte sich so, dass die Dame ihn nicht mehr zu Gesicht bekam, schnappte sein Saunatuch und schlürfte in seinen Badeschlappen Richtung Solestollen. Nachdem er seinen Bademantel an einem Haken gehängt hatte, betrat er nackt den wie eine Bergwerksgrube angelegten Saunabereich. Obwohl die Therme am heutigen Montag nicht so voll besucht wie sonst am Wochenende oder in den Ferien war, saßen schon genug Leute auf den Holzbänken und warteten andächtig auf den Aufgussmeister. Er fand eine freie Stelle neben zwei jungen Frauen, die beide ohne ein Wort zu sagen, etwas beiseite rutschten, um Platz für ihn zu machen.
Er setzte sich und blickte aus dem Augenwinkel die beiden Mädchen an. Sie waren beide um die 25 Jahre alt, schlank, kräftige feste Brüste und im Schambereich rasiert. Es war selten, dass er eine junge Frau in der Sauna entdeckte, die nicht rasiert war. Er musste an seine Jugend zurück denken, als er studiert hatte. Keine seiner Freundinnen hatte sich rasiert. Die Intimbehaarung gehörte ganz einfach dazu. Und heute liefen alle rum, als ob sie eine Schussverletzung hätten.
Er musste lächeln. Er schaute auf seinen Schritt. Auch er war rasiert. Auch er hatte diesen Wahn mitgemacht. Und das Schlimme war, dass er es immer wieder tun musste: das Rasieren. Er hatte damit einmal angefangen und jetzt musste er mehrmals in der Woche seinen Intimbereich, seinen Bauch und seine Brust, nass abschaben. Denn ohne die scharfe Nassrasur kämen die Stacheln und die piekten und juckten und seine Freundin merkte sofort, wenn er es vergessen oder schlampig gemacht hatte.
»Du stichst« kam dann aus ihrer Ecke, wenn er sich im Bett an sie herankuscheln wollte. Die Strafe für seine Schludrigkeit: die Bettdecke zwischen ihnen. Er fuhr mit seinen Fingern vorsichtig über seinen Bauch. Wenn er heute noch Spaß mit ihr haben wollte, sollte er sich noch rasieren.
Die Tür öffnete sich und ein gut gebauter junger Mann mit knapper Badehose und eng anliegendem T-Shirt betrat den Solestollen. Hinter ihm huschte noch eine Frau als letzte hinein und setzte sich ihm gegenüber neben den Saunaofen, den in den nächsten zehn Minuten heißesten Platz im engen Salzbergwerk. Sie trug schwarze lange Haare, ein etwas blasses Gesicht, die Lippen bemalt mit einen schwarzen Lippenstift und schaute ihn direkt an. Und sie lächelte dabei keck.
Ihre Figur war vollkommen. Die Figur einer Frau um die fünfundzwanzig. Schlank. Kleiner fester Busen. Dunkle Brustwarzen und im Intimbereich rasiert.
Wie alt sie tatsächlich war, konnte er nicht abschätzen, dazu war es zu dunkel. Er starrte sie an. Und sie wich seinem Blick nicht aus. Normalerweise fixierte er nackte Frauen in der Sauna nicht so brüsk. Doch in diesem Fall konnte er nicht von dieser Frau lassen. Ihre dunklen vollen Lippen und ihre schwarzen langen Fingernägel zogen ihn magisch an. Sie musste es bemerkt haben, dass er sie ansah, auch wenn es im Stollen recht duster war.
Sie wich seinem Blick immer noch nicht aus.
Diese Frau hatte eine sexuelle Ausstrahlung, wie er sie schon lange nicht mehr bei einer Frau in einer Sauna gesehen hatte. Sie hatte den Körper einer jungen Frau, aber die erotische Ausstrahlung einer reifen Lady.
Alle waren hier drinnen nackt. Natürlich auch er.
Normalerweise erregte ihn die weibliche Nacktheit ganz und gar nicht. Für ihn war eine angezogene Frau meist attraktiver und erotischer wie eine Nackte. Doch in diesem Fall war es die reine Wollust, die ihn anstrahlte, die Sünde in Person. Er spürte, wie sich sein Penis regte. Jetzt hieß es aber aufgepasst. In den nächsten Minuten mussten sie alle die Sauna verlassen und sich im Vorraum mit Salz einreiben. Er konnte nicht mit einem Ständer hinausgehen. Das ging ganz und gar nicht. Er blickte auf den Boden und fing an zu zählen. Es hieß, Mathematik ließ einen sofort auf andere Gedanken kommen. Wie schwere mathematische Rechnungen eine vorzeitige Ejakulation beim Geschlechtsverkehr hinauszögern konnten, so sollten sie auch dafür sorgen, dass einem Mann der Penis nicht anschwillt. Vor allem nicht in Situationen wo es völlig unpassend war, zum einen in der Sauna und zum anderen in einer knappen Badehose im Schwimmbad oder am Strand.
Er starrte auf den Boden und versuchte sich die Fibonacci Folge ins Bewusstsein zu hämmern. Eine unendliche Folge von Zahlen, bei der sich die jeweils folgende Zahl durch Addition ihrer beiden vorherigen Zahlen ergibt. Er fing an leise vor sich hin zu rechnen und murmelte leise: 0, 1, 1, 2, 3, 5, 8, 13, 21, 34, 55, 89, ...... Und dann war es soweit, seine Gedanken kursierten nicht mehr um Sex oder um den Sex mit jener Schwarzhaarigen, er konzentrierte sich auf die nächste Zahl: 144.
Dann kam der Aufruf nach draußen: Salzausgabe.
Gerade rechtzeitig hatte Fibonacci sein Glied wieder abschwellen lassen und er konnte ohne weiteres aufstehen und den anderen durch die Glastür folgen.
Direkt an der Tür stand der knackige Bademeister mit einem Holzeimer und verteilte handvollweise das Salz zum Auftragen.
Er folgte der Schwarzhaarigen. So konnte er ihren Rücken bewundern. Rechts oberhalb von ihrem Gesäß hatte sie eine kleine Tätowierung. Eine schwarze Lilie. Ganz in Gedanken an ihre weiblichen Rundungen formte er seine rechte Hand zu einer Schale und empfing an der Tür eine Kelle Salz. Etwas abseits vom Gedränge der anderen Gäste fing er an seine Beine, seine Oberarme und seine Brust einzureiben. Das Salz brannte auf seiner Haut. Er war froh, dass er sich nicht schon heute früh rasiert hatte. Das Salzölgemisch würde höllisch brennen, vor allem in den kleinen Wunden, die vom Nassrasierer herstammen würden, .
»Könnten Sie mir bitte den Rücken einreiben«, hörte er plötzlich eine weibliche Stimme neben sich.
Er drehte sich um und blickte in die blaugrünen Augen der Frau mit den schwarzen Haaren, die ihm ihre rechte Hand mit einem Rest der weißen Salzmasse hinhielt. Wie sie so nackt und ihn unschuldig anschauend vor ihm stand, versagten seine Stimmbänder für einen Augenblick den Dienst.
Er stotterte etwas Unverständliches, legte seine linke Hand unter ihre Rechte und schaufelte mit seiner Rechten die Salzkristalle aus ihrer Hand. Sie drehte sich ohne weitere Worte um und streckte ihm ihren Rücken und ihren festen Hintern entgegen. Sanft und vorsichtig verteilte er das Salz auf ihrer Haut und begann die Kristalle mit sanftem Druck in die Hautporen einzumassieren. Es war etwas ganz Besonderes, diese Frau zu berühren, ihre weiche zarte Haut, und vor allem, sie vor sich stehen zu sehen.
In seiner Fantasie spielten sich in den nächsten Sekunden diverse sexuelle Handlungen ab. Wie er sie mit seinen beiden Armen um die Hüfte packte, seine Hände den Weg weiter nach oben suchten und schließlich ihre Brüste fanden. Seine Finger ihre Knospen drückten, er sie immer fester griff und schließlich sein erigiertes Glied von hinten in sie eindrang. Ein kurzes Aufschreien ihrerseits, dann war er in ihr, und sie stöhnte nur noch gleichmäßig unter seinen Stößen.
»Soll ich Ihnen auch den Rücken einreiben?«, fragte sie plötzlich und drehte sich um.
Er wurde brutal aus seinem Traum gerissen und stand nun vor ihr, blickte kurz an sich herunter – Gott sei Dank, dachte er, es war alles im grünen Bereich – der Akt hatte nur in seinem Gehirn stattgefunden, und antwortete: »Ja sehr gern, wenn es Ihnen nichts ausmacht, ich hoffe, ich war nicht zu grob zu Ihnen.«
»Nein, Sie haben das ganz toll gemacht. Haben Sie noch Salz?«
»Nein, Sorry, ich habe alles auf Ihrem Rücken verbraucht.«
»Warten Sie kurz hier, ich lasse mir noch etwas geben.« Sie sprach es und schon war sie weg auf dem Weg zum Saunameister, um Salz für ihn zu holen.
So etwas war ihm noch nie passiert. Er hatte zwar schon öfter Damen hier unten vor dem Salzstollen den Rücken eingerieben, aber es hatte ihn noch nie sexuell erregt. Wenn er mit der Frau allein gewesen wäre, hätte er sie genommen, und zwar genau in dieser Stellung, von hinten. Und es schien ihm fast so, dass sie es höchstwahrscheinlich sogar zugelassen und es genossen hätte.
Wer war diese Frau? Und warum löste sie das in ihm aus? Und wie sie ihn vorher in der Sauna angesehen hatte. Fast als ob sie ihn kennen würde oder auf ihn gewartet hätte. Es kam ihm vor, als ob zwischen ihnen beiden eine Vertrautheit war, eine Vertrautheit ohne große Worte, eine Vertrautheit nur aus reiner Körpersprache.
»Da bin ich wieder. Es hat etwas gedauert. Der junge Mann musste noch etwas für uns holen. So, drehen Sie sich um. Bitte.«
Er drehte sich um und ging etwas in die Hocke, damit sie besser an seinen Rücken herankam, war er doch etwa zehn bis fünfzehn Zentimeter größer als sie. Er zuckte zusammen, als ihre Finger seine Haut berührten. Sie verteilte mit der flachen Hand das Salz zart auf seiner Schulter. Vorsichtig fuhr ihre Hand über seine Wirbelsäule bis zum Ansatz seines Gesäßes. Er spürte wie die Mineralien in seine Haut eindrangen. Das Salz war mit Kampfer oder Eukalyptusöl gemischt, seine Poren sogen alles in sich hinein. Mit kreisenden Bewegungen massierte sie ihn. Er hätte das stundenlang genießen können, doch der Bademeister unterbrach sie und bat die Gäste, wieder in den Saunastollen zurückzukehren.
Er richtete sich auf, bedankte sich bei der jungen Frau und lief voraus. Er musste vor ihr gehen, er konnte nicht noch einmal ihren makellosen Rücken vor sich sehen. Er setzte sich auf sein Handtuch und begann das Salz weiter in seine Haut zu massieren. An seinem Rücken brannte es. Sie hatte etwas zu viel Druck auf seine zarte Haut ausgeübt.
Er lächelte verlegen. Sie saß ihm wieder gegenüber und schaute ihn an. Doch diesmal war ihr Blick anders, sie sah ihn nicht an, sie sah ihm eher zu.
Der Saunameister goss Wasser auf die heißen Steine und wedelte mit seinem Handtuch die aufsteigende Wärme des verdampfenden Wassers in Richtung Gäste. Die heiße Luft traf ihn wie ein Schlag. Er bekam sie ins Gesicht und in die Lunge. Es brannte. Er bekam fast keine Luft mehr.
Er hielt sich die Hände vor das Gesicht, um seinen Mund, seine Nase und seine Augen in der zweiten Runde vor dem heißen Dampf zu schützen. Die zweite Runde war viel, viel schlimmer. Der Saunameister hielt das Handtuch zwischen beiden Händen gespannt und schwenkte dasselbe mit aller Kraft nach vorne. Der Mann schlug an, so hieß das, dachte er, als wie eine gewaltige Faust die heiße Luft direkt auf sein Gesicht prallte.
Der Schutz seiner Hände davor konnte leicht helfen, doch wieder versagte kurz seine Atmung. Er ließ die Hände vom Gesicht und blickte um sich. Der Saunastollen war voller Wasserdampf. Fast wie in einem Dampfbad. Er sah nichts mehr. Alles war verschwommen. Wo war die Frau? Sie musste ihm genau gegenüber sitzen. So weit konnte er nicht mehr sehen. Die beiden jungen Frauen neben ihm waren auch so weit weg.
Sein Atem wurde immer schwerer. Er sollte aufstehen und die Sauna verlassen. Kaltes Wasser würde ihm gut tun. Doch seine Beine reagierten nicht. Er wollte etwas sagen, doch sein Mund öffnete sich nicht, er blieb verschlossen. Eine schwere Müdigkeit ermächtigte sich seiner.
Was war nur mit ihm, zuckte es ihm durch den Kopf. Hatte er einen Kreislaufkollaps?
Sein Atem wurde immer schwerer. Er gab seinem rechten Arm den Befehl, sich zu heben und den Saunamann zu berühren. Doch dazu kam es nicht mehr. Seine Arme versagten ihm letztendlich den Dienst. Sein Hals war wie zugeschnürt. Nur noch mühsam bekam er Luft. Der Aufguss war zu Ende. Und das Letzte, was seine Augen noch sehen konnten, war, dass die Saunagäste sich wie durch eine Nebelwand nach draußen schoben, Richtung frische Luft und kaltem Wasser. Seine Augen schlossen sich für immer und sein Herz hörte langsam auf zu schlagen. Er war tot.