Читать книгу Blutiges Freibier - Axel Birkmann - Страница 4
Der Tote im Bierlager
ОглавлениеMelanie war die Erste, die sich sofort wieder unter Kontrolle hatte. Sie lief auf die Frau zu und stoppte sie in ihrer Bewegung.
»Warten Sie, kommen Sie zur Ruhe! Was haben Sie da gerade geschrien?«, fragte sie die Frau und hielt sie mit beiden Armen fest.
»Ein Toter, im Bierlager liegt ein Toter. Es ist der Chef. Er ist tot. Erschlagen.«
»Wie heißen Sie?«, fragte Melanie ruhig und hielt sie immer noch fest.
»Resi. Ich bin die Resi.«
»Und weiter?«
»Resi Kasbauer. Warum wollen Sie das wissen?« Die Frau sah Melanie mit roten weit aufgerissenen Augen an. Der Schock des grauslichen Fundes stand ihr im Gesicht geschrieben. Sie zitterte am ganzen Körper.
»Mein Name ist Melanie Schütz. Ich bin von der Polizei. Und das sind meine Kollegen, Kreithmeier, Schurig und Zeidler.«
»Polizei? Polizei?«, rief Sie erstaunt, »Sie wissen es also schon?« Die Frau blickte die vier Personen in Dirndl und kracherter Lederhose skeptisch an.
»Wir waren heute nur in unserer Freizeit hier, deshalb der Aufzug. Keine Angst, wir sind wirklich von der Polizei.«
Melanie kramte aus ihrer Filzhandtasche, die die Form eines kleinen Herzens hatte, ihren Dienstausweis hervor und hielt ihn Frau Kasbauer vor die Nase.
»Sehen Sie, es hat alles seine Richtigkeit. So das hätten wir. Nun zeigen Sie uns bitte, was Sie entdeckt haben.«
Das hysterische Schreien der Frau, und die Aktion Melanies, sie zu stoppen und zu beruhigen, war nicht unentdeckt im Zelt vorüber gegangen. Es war still geworden. Alle hatten mit ihren Tätigkeiten aufgehört und rutschten langsam aber sicher immer näher an die vier Personen heran, die inzwischen an der Küchentheke standen und einfühlsam und mit Bedacht versuchten, die aufgebrachte Frau zu beruhigen. Neugierig wollten sie wissen, was hier vorging. Auch wenn der eine oder andere nicht alles mitbekommen hatte, was die Frau in ihrem Schrecken laut ins Zelt gebrüllt hatte, ein paar der Worte waren hängen geblieben. Vor allem die Worte: „Tot, Toter und erschlagen“. Dass es sich dabei anscheinend auch noch um den Festzeltwirt höchstpersönlich handeln sollte, so weit war deren Vorstellungskraft doch nicht fort geschritten.
Alois hatte sich nun neben Melanie gestellt. Seine Müdigkeit war wie weggeflogen. Sein Kopf brummte zwar etwas, aber er hatte jedes Wort mitbekommen.
»Was haben Sie gefunden, Frau Kasbauer, zeigen Sie es uns. Bitte!« Er sprach leise und sanft zu ihr. Einerseits um ihr Vertrauen zu gewinnen und sie zu besänftigen, andererseits, damit die um sie herumstehenden Neugierigen nicht mitbekamen, um was es eigentlich ging.
»Sie sind auch von der Polizei?«, stotterte die Kasbauer.
»Ja, das bin ich. Kriminalpolizei Freising.«
»Auch noch an Kriminaler. Dann kommen Sie. Ich zeig es Ihnen.« Sie schritt voran hinter die Theke und lief durch den Küchentrakt raus Richtung Kühl- und Abfallcontainer.
Vor dem Zelt standen mehrere weiße Container mit den Türen Richtung Zelt zeigend. Alle waren mit einem Vorhängeschloss gesichert, bis auf einen. Seine Tür stand einen Spalt offen und es brannte drinnen Licht, denn ein dünner Lichtschein fiel zwischen den beiden schweren Türen durch den Spalt auf den Festplatz.
Frau Kasbauer blieb vor dem Kühllager stehen und deutete nur auf die Tür.
»Da drinnen. Da liegt er. Der Helmut. Man hat ihm den Schädel eingeschlagen. Schrecklich. Melanie wollte sich gerade durch den Spalt zwängen, da hielt sie Alois sanft zurück.
»Warte Melanie, nicht so schnell. Falls Frau Kasbauer Recht hat, dann liegt da drinnen wirklich ein Toter. Und höchstwahrscheinlich sogar noch Opfer eines Kapitalverbrechens. Wir müssen vorsichtig sein.«
»Wir haben doch den Rainer und den Schurig dabei.« Sie drehte sich um und blickte die beiden Männer von der Spurensicherung an.
»Wir sind in Feierbandstimmung hier, haben einiges getrunken und unsere Ausrüstung nicht dabei«, empörte sich Rainer Zeidler.
Alois Kreithmeier sah die beiden an, dann bemerkte er erst, dass ihnen ein paar Mitarbeiter des Festzeltbetriebes gefolgt waren. Sie standen zwar in ausreichend Abstand aber neugierig vor dem Zelt und beobachteten ganz genau, was da vor sich ging.
»Hat jemand von Ihnen Einmalhandschuhe dabei?«, fragte Kreithmeier in die Gruppe.
»Ja, habe ich«, meldete sich ein Farbiger.
»Dann holen Sie die bitte.«
»Sofort!« Und schon rannte der Mann davon und kam nach wenigen Sekunden mit einem kleinen Karton mit Plastikwegwerfhandschuhen zurück.
»Da! Schenke ich Ihnen«, sagte er stolz.
»Danke!«
»Was ist denn passiert?«, wollte er wissen.
»Das wissen wir nicht. Wie heißen Sie?«, fragte Alois.
»Shamal, Abdul Shamal!«, antwortete der Afrikaner und schaute den Kommissar selbstbewusst an.
»Und was machen Sie hier so?«, wollte Kreithmeier wissen.
»I bin die Hendlstation. I grill die Hendl«, sagte er in breitem Bayrisch.
Alois schüttelte den Kopf. Ein Afrikaner, der Bayrisch sprach. Ja wo samma denn, dachte er nur.
»Und die anderen, was machen die so?« Alois sah vor sich eine bunte Truppe von Migranten aus Asien, Afrika und Südamerika.
»Putzen, Abräumen und Geschirr spülen.«
Der Afrikaner zeigte mit beiden Armen selbstbewusst auf seine Kollegen.
»Gut, dann bleiben Sie bitte dort, wo Sie gerade stehen und lassen Sie niemanden in die Küche. Und jemand soll die Leute im Zelt beruhigen. Es wird sowieso nicht lange dauern, da haben sich die ersten Gerüchte verselbstständigt. So und jetzt lassen Sie uns bitte unsere Arbeit machen.«
»Freili, Herr Kommissar. Des moch ma.«
Alois ließ die Truppe stehen und reichte den Karton mit den Handschuhen weiter. Nachdem jeder der Beamten die weichen Überzieher angezogen hatte, öffnete der Kommissar vorsichtig die Containertür. Mit einem leichten Quietschen machte sie den Blick frei ins Innere. Der Kühlraum war etwa sechs Meter lang, zwei Meter fünfzig breit und genauso hoch. Im Innenraum waren mehrere silberne Bierfässer gestapelt. Im hinteren Teil bis an die Decke hoch. Zum Eingang hin wie eine Pyramide abnehmend.
Vor den Fässern lag ein Mensch. Er rührte sich nicht mehr. Sein Oberkörper war in ein blauweiß kariertes Hemd gekleidet. Seine Beine steckten in einer Lederhose. Und eine Jacke hatte der Mann an. Einen grauen Wolljanker. Er lag mit dem Gesicht am Boden. Seine grauen Haare waren am Hinterkopf mit Blut verschmiert. So weit Kreithmeier auf den ersten Blick erkennen konnte, hatte man dem Mann den Schädel ein geschlagen. Die Tatwaffe, ein dicker hölzerner Hammer lag direkt daneben. Ein Hammer mit dem man in Bierfässer den Zapfhahn einschlägt. Hier hatte jemand das Werkzeug voraussichtlich dazu benutzt, dem Festwirt den Schädel einzuschlagen. Am Holz klebten Blut und Haare.
Kreithmeier bückte sich über den Toten und fühlte am Hals nach dem Puls. Nichts. Der Mann war wirklich tot.
»Melanie, ruf bitte in der Haydstraße an. Wir brauchen Verstärkung. Und jemand soll die Ausrüstung für die Spurensicherung mitbringen. Der Mann ist tot. Das ist einmal klar. Und erschlagen ist er auch. Die Tatwaffe liegt ja noch daneben. Wahrscheinlich von hinten. Und rufe bitte auch Frau Dr. Nagel an. Wir brauchen Sie. Einen Notarzt benötigen wir definitiv nicht mehr. Aber einen Leichenwagen. Der Tote muss in die Pathologie ins Krankenhaus. Mehr kann ich im Moment nicht sagen. It’s Your turn, Rainer.«
Alois ließ den beiden von der Spusi den Vortritt und schlich aus dem Container.
»Sie kennen den Toten?«, wandte er sich an Frau Kasbauer.
»Ja!«, zitterte sie. »Das ist der Helmut. Der Helmut Wirth. Unser Wirt.«
Alois schaute sie etwas verwirrt an. »Der Wirt? Der Festzeltwirt?«
»Ja«, sagte sie, »unser Helmut. Unser Wirt.«
»Hat er denn auch einen Nachnamen?«
»Ja, natürlich. Wirth«, antwortete die Kasbauer schluchzend
»Ich weiß ja jetzt, dass es ihr Wirt ist. Ich möchte aber seinen Nachnamen haben«, betonte Kreithmeier.
»Den sagte ich Ihnen doch schon: Wirth.«
Alois schüttelte den Kopf, er kam bei der Frau nicht weiter.
»Ich brauche seinen vollständigen Namen. Bitte.«
»Wirth. Helmut Wirth. So heißt er. Und er ist auch unser Wirt.«
Jetzt funkte es allmählich bei Alois.
»Er heißt Wirt mit Nachnamen? Das ist aber ein Zufall.«
»Wirth mit th. Ja. Er hat einen Landgasthof. Der heißt: zu Gast beim Wirth. Helmut liebte diese Wortspielchen, die man mit seinem Namen machen konnte.«
Alois fingerte ein kleines Notizbuch aus seinem Janker. Er sah das schwarze Ding nachdenklich an. Wieso hatte er eigentlich immer so ein Notizbuch dabei, fragte er sich. War das schon eine Manie, immer bereit zu sein, für den Fall der Fälle? Immer bereit Notizen machen zu können. Er kam sich fast vor wie Colombo, der zückte auch immer sofort Bleistift und Blöckchen.
»Also Helmut Wirth mit th heißt unser Festzeltwirt.« Alois schrieb alles auf.
»Und Sie Frau Kasbauer, Resi, das steht doch für Theresa, oder?«
»Ja, aber alle nennen mich Resi.«
»Na gut, dann Resi. Was machen Sie denn hier so?«, fragte er.
»Ich bin hier sozusagen die gute Fee«, lachte sie verlegen.
Alois wollte gerade etwas sagen, da bemerkte er Unruhe in der Gruppe, die immer noch im Küchenbereich unschlüssig herum stand und die Beamten bei ihrer Arbeit beobachteten. Der Grund dafür waren mehrere Uniformierte, die hinter Polizeihauptwachtmeister Dallinger mit stechendem Schritt durchs Bierzelt schritten.
Bevor Resi Kasbauer antworten konnte, hatte sich Kreithmeier kurz von ihr abgewandt und schritt den Kollegen entgegen.
»Dallinger, und auch noch in Uniform. Das ging aber schnell. Du bist doch gar nicht im Dienst.«
»Das lasse ich mir doch nicht entgehen, einen Toten im Bierzelt. Das haben wir noch nie gehabt.«
Zwei seiner Kollegen preschten hervor und stellten mehrere Leichtmetallkoffer vor den Kühlcontainer, Rainer Zeidler und Kollege Schurig direkt vor die Füße.
»Hier ist eure Alchimistenausrüstung«, blökte Dallinger. »Und was sollen wir derweil tun?«
»Ihr riegelt vorerst das Zelt ab«, klärte ihn Kreithmeier auf. »Lasst niemanden hinein und niemanden heraus. Und vor allem die Presse. Obwohl es mitten in der Nacht ist, werden die Geier bald einfliegen. Solange wir nichts Genaues wissen, kein Wort zu den Medien. Und diesmal Dallinger, pass auf deine Männer auf. Sie verplappern sich gerne. Kein Wort. Und dann soll jemand mal die Personalien dieser reizenden Gesellschaft an Personen mit Migrationshintergrund aufnehmen.«
Alois Kreithmeier deutete auf die Gruppe internationaler Mitarbeiter, die sich immer noch neugierig an der Zeltwand herum drucksten.
»Und fragt sie, ob sie was gesehen haben. Die meisten sprechen Deutsch. Ansonsten holt euch einen Dolmetscher.«
»Für Vietnamesisch, Kisuaheli und Arabisch?«, fragte Dallinger den Kommissar sichtlich erstaunt.
»Wenn es denn sein muss. Ja! Und überprüft die Arbeitspapiere, Gesundheitszeugnis und so weiter.«
»Geht klar, Herr Kommissar«, salutierte Dallinger mit der Hand an der Hosennaht. »Wer ist eigentlich der Tote, sag?«
»Höchstwahrscheinlich der Wirt.«
»Der Wirth? Der Helmut?«
»Kennst du ihn denn?« Kreithmeier zog die Augenbrauen hoch.
»Ja, natürlich, der hat doch in der Hallertau so einen netten Landgasthof. Da waren wir schon des Öfteren am Sonntag zum Schweinsbraten. Zum Gast beim Wirth heißt er. Gute bayrische Küche. Davon gibt es nicht mehr so viel. Vernünftige Preise und einen wunderbaren Biergarten mit Kinderspielplatz.«
»Und wer bringt so einen rechtschaffenen Mann um?«, fragte Kreithmeier mechanisch.
»Der Helmut hatte auch Neider. Immer, wenn du ein gutes Geld machst, hast du auch Neider.«
»Da haben wir beide ja richtig Glück.«
»Wie kommst denn darauf?«, fragte Dallinger.
»Wegen dem guten Geld. Das haben wir ja wohl nicht.«
»Da hast auch wieder Recht«, lachte Dallinger kurz auf. »Also machen wir uns an die Arbeit.« Er drehte sich um, steckte Daumen und Zeigefinger in den Mund und pfiff kräftig. Alle seine Mannen standen sofort um ihn herum und hörten andächtig seinen Worten zu. Dallinger teilte ein und gab Anweisungen.
Alois sah ihm kopfschüttelnd zu, dann wandte er sich wieder Frau Kasbauer zu.
»Entschuldigung. Können wir uns irgendwo hinsetzen, wo wir beide nicht gestört werden«, fragte er sie höflich.
»Gehen wir in eine der Boxen. Da sind wir unter uns.«
»Gut, dann gehen Sie mal voraus, ich folge Ihnen«, und zu Melanie gewandt sagte er, »der Dallinger kümmert sich um die Leute hier im Zelt und um die Pressegeier. Bleibst du bitte hier und wartest auf Frau Dr. Nagel. Sie müsste auch bald erscheinen. Und dann befrage mal diesen Schwarzen. Der steht dort in der Gruppe. Der Große da.«
Kreithmeier zeigte mit dem Arm auf den Hendlbrater. Der Anvisierte bemerkte es und winkte der Kommissarin zu. Dabei öffnete er seinen Mund zu einem Lachen. Eine breite Reihe weißer Zähne blitzten im Lampenlicht. Weiß wie aus einer Zahnpasta Werbung. Nur dass es keine Werbung mit einem Schwarzen gibt.
»Und warum?«, wollte Melanie wissen.
»Weil ich glaube, dass der mehr weiß, als es zunächst den Anschein hat. Er spricht bestes Bayrisch.«
»Dann brauche ich wohl einen Dolmetscher«, lachte sie.
»Du wirst es verstehen. Ich bin sicher, der kann auch Hochdeutsch. Und ist der Tote tatsächlich der Festzeltwirt?«
»Ja, er ist es. Zu allem Überfluss heißt er auch noch mit Nachnamen Wirth. Wirt mit th. Was für ein Zufall.«
»Ich weiß. Die Kasbauer hat es mir erzählt«, sagte er. »Ich habe etwas länger gebraucht, es zu verstehen. Ob Zufall oder nicht. Sein Schädel ist auf jeden Fall nicht aus reinem Zufall gespalten worden. Das hat jemand mit Absicht gemacht.«
»Und unsere Aufgabe wird sein, das herauszufinden. Auf jeden Fall hat der Täter die Mordwaffe am Tatort zurück gelassen.«
»Du sprichst von einem Täter? Wie kommst du darauf? Könnte es nicht auch eine Täterin gewesen sein?«
»Ich glaube eher nicht«, sagte Melanie. »Der Hammer wiegt 1,5 Kilogramm und der Täter muss mindestens gleich groß gewesen sein. Rainer meint, der Wirth ist im Stehen erschlagen worden. Das zeigt ihm die Aufschlagstelle der Mordwaffe. Näheres werden wir erst wissen, wenn die Gerichtsmedizinerin ihre Arbeit getan hat. Ich denke, es war ein Mann. Und er muss ziemlich sauer auf den Toten gewesen sein, dass er mit aller Kraft so auf ihn eingeschlagen hat.«
»Wo hat er denn die Tatwaffe her?«, wollte Alois von ihr wissen.
»Im Biercontainer lag sie wohl nicht herum. Der Täter hat sie von der Schenke mitgenommen. Da liegen mehrere zum Anzapfen der Fässer. Das ist wohl noch Tradition in Bayern. Jedes Fass wird einzeln angezapft. Große Biertanks sind wohl uncool.«
»Doch, doch, diese Stahltanks gibt es. Auch auf der Wiesn. Auf der Wiesn schenken sie nur noch das Augustiner Bier aus Holzfässern aus. Und nicht aus den Edelstahlbomben wie hier. Ein hölzernes Oktoberfest-Anstichfass wiegt in etwa so viel wie ein ausgewachsener Hirsch. Deswegen nennt man es sich auch einen Hirschen. Jedes Fass wiegt über 300 Kilogramm und fasst 200 Liter Bier. Aber leider ist auch hier die Bierschenke mit einem Biersilo auf Rädern verbunden.«
»Und diese Edelstahlfässer. Für was sind dann die hier?«, fragte Melanie.
»Fürs Weißbier, als Reserve und für die Schenken vor dem Zelt und für die Holzhütten.«
»Und was wollte der Wirth dann hier?«, wollte sie weiter wissen.
»Das ist es, was wir herausfinden müssen. Und vor allem, wer mochte ihn nicht. Also ich kümmere mich um die Frau, die den Toten gefunden hat. Du kümmerst dich um die Spusi und dass der Dallinger mit seinen Jungs keinen Scheiß baut.«
Kreithmeier drehte auf dem Absatz um und geleitete Frau Kasbauer aus dem Küchenbereich zurück ins Festzelt in eine der Boxen, wo er ungestört seine Befragung fortsetzen konnte. Er setzte sich ihr gegenüber und sah sie eindringlich an. Eine Frau, die den Zenit ihres Lebens längst überschritten hatte. Ihre Tätigkeit in der Gastronomie hatte Spuren hinterlassen. Er schätzte sie zwischen 55 und sechzig ein. Ihr Gesicht war blass und hatte wenig Falten, das lag eher an ihrem Übergewicht, als an schlechter Luft und dem Ausschluss von Sonnenlicht. Ihre füllige Körpermasse hatte sie in ein Dirndl gezwängt und ihr Busen war für seinen Geschmack zu stark eingepresst, denn er versuchte bei jeder Bewegung oder jedem Atemzug gefährlich aus dem oberen Teil herauszuspringen.
Für Kreithmeier war sie das bildhafte Beispiel einer typischen Bierzeltbedienung, wie es nur noch wenige gab. Sie zogen mit den Bierzelten von Volksfest zu Volksfest, arbeiteten am Tag mehr als 12 Stunden und verdienten in einer der Woche so viel Geld, wie er in 6 Wochen. Dafür schleppten sie stundenlang schwere Bierkrüge und teures bayerisches Fastfood an die Biertische. Ein Berufszweig, der am aussterben war. Jetzt rückten jungen Frauen aus den neuen Bundesländern nach. Studenten und Studentinnen. Und hier in Freising, wie er selbst am Abend beobachten konnte, Gastarbeiter aus dem Rest der Welt: Südamerika, Asien und Afrika.
Wie sollte ein Urbayer bei einem farbigen Immigranten aus der Elfenbeinküste oder Somalia eine Maß Bier bestellen, dazu ein Hendl vom Grill mit Riesenbrezn. Eigentlich undenkbar. Das wäre ja genauso, als wenn er selbst in einem afrikanischen Traditionsrestaurant in einem Sari bedienen und den Gästen die einheimischen Getränke und Gerichte empfehlen müsste.
»Was wollen’s denn alles von mir wissen?«, wurde Kreithmeier aus seinen Gedanken gerissen. Er zuckte zusammen, dann sah er auf seinen Notizblock, auf dem noch nicht viel eingetragen war und schaute sein Gegenüber wieder forschend an.
»Sie sind also Frau Theresa Kasbauer?«
»Des wissens doch schon. Mich könnens aber gerne auch Resi nennen. So nennen mich alle hier.«
»Gut Frau Kasbauer. Jetzt erzählen Sie mir mal bissel was über sich. Sie haben den Toten gefunden. Wie war das denn? Und langsam bitte, ich möchte mir ein paar Notizen machen.«
Frau Kasbauer atmete tief ein. Ihr Brustkorb hob sich an und die obersten Knöpfe ihres Dirndls spannten sich unter der Bewegung. Doch sie hielten. Sie atmete aus und sagte langsam und deutlich und letztendlich auf hochdeutsch: »Ich mache immer am Ende meinen Rundgang. Wenn die Bierschänke und die Küche geschlossen sind, dann gehe ich alles noch einmal ab.«
»Warum?«, fragte der Kommissar.
»Weil ich mich auf die Mitarbeiter nicht verlassen kann. Wir arbeiten seit einiger Zeit mehr mit Aushilfen als wie mit Festangestellten. 400 Hundert Euro Kräfte. Mei, i sag Ihnen, die meisten können nicht mal richtig deutsch. Und wenn Feierabend ist, dann rennen sie alle sofort nach Hause. Und lassen alles stehen und liegen.«
»Und Ihr Chef, der Herr Wirth?«
»Der macht meistens die Buchhaltung, eine Kurzinventur, die Bestellung für den nächsten Tag und seine Lieblingsbeschäftigung, er zählt das Geld. Dann ordert er den Geldtransporter«, sie lachte auf, »es wäre a bisserl viel Geld, um damit einsam im Dunkeln durch die Luitpoldanlage zu laufen.«
»Von wie viel Geld reden wir denn?«
»Schon weit über zweihunderttausend Euro. An Tagen wie heute sogar bis zu dreihunderttausend.«
Kreithmeier pfiff durch die Zähne. Eine stolze Summe für einen Abend.
»Das Geld ist aber alles noch da, oder?«
»Das Geld ist im Safe im Büro und wartet auf die Protectas«, antwortete sie beflissen.
»Gut weiter. Sie haben also Ihren Rundgang gemacht und dann?«
»Ich habe gesehen, wie die Tür zum Bierlager offen stand. Und es brannte Licht. Das war mir verdächtig. Dann habe ich reingeschaut. Und da lag er.«
»Wieso verdächtig?«, hakte Kreithmeier nach und spitzte die Ohren.
»Weil seit Samstag, seit Eröffnung des Volksfestes, Fässer abhanden gekommen sind.«
»Ihr habt’s doch einen Biercontainer von der Brauerei?«
»Das stimmt«, sagte sie, »aber s’ Weißbier haben wir in den Edelstahlfässern.«
»Richtig, ihr schenkt ja beides aus. Auf der Wiesn in Minga gibt’s nur a Helles. Nur Oktoberfestbier.«
»Außer im Weinzelt, da schenken sie auch Weißbier aus, aber nur bis um 21 Uhr, dann wollen’s ihren Nymphenburg Sekt und ihren Wein verkaufen«, klärte Resi den Kommissar auf.
»Es heißt ja auch Weinzelt. Aber zurück zu eurem Bierlager. Wie können denn solche Fässer verschwinden? Die wiegen doch was. Die klemme ich mir doch nicht unter den Arm. Und zu Hause fange ich gar nichts damit an. Ich brauche eine richtige Zapfanlage. Das sind ja keine Partyfässchen. Wie viel Fässer fehlen denn laut ihren Aufzeichnungen?«
Frau Kasbauer dachte nach. »Wie mir der Helmut erzählt hat, zwei oder drei. Bis jetzt.«
Alois Kreithmeier machte sich Notizen.
»Aber wegen einem Fass Bier schlägt doch niemand jemandem einen Schädel ein«, dachte er laut.
»Was haben’s bittschön gerade gesagt?« Resi Kasbauer blickte den Kommissar fragend an.
»Die Tür zum Lager stand offen. Da waren wir. Und?«
Sie stutzte etwas, dann fuhr sie fort. »Ich bin halt rein, und da lag er. In seinem Blut. Der Hammer daneben. Den Rest kennen Sie. Ich habe einen Schreck bekommen und um Hilfe geschrien.«.
»Sie wussten sofort, dass das der Helmut war.«
»Ja, natürlich!«
»Aber wieso? Er lag doch mit dem Gesicht auf dem Boden.«
»Seine Lederhose und seinen Janker. Den erkannte ich sofort. Den gibt es nur einmal auf dem Festplatz.«
»Aha. Soso. Und was meinen Sie, wer könnte das getan haben, der Bierdieb?«
»Ich weiß es nicht. Der Helmut war kein angenehmer Zeitgenosse. Ich kam mit ihm ganz gut zurecht.«
»Sie wollen damit behaupten, der Herr Wirth hätte Feinde.«
»Ja! Es mochte ihn eben nicht jeder.«
»Aber Sie schon?«
»Mögen ist zu viel gesagt«, sagte die Kasbauer langsam und dacht nach. »Man arrangiert sich halt. Man passt sich an.«
»Wie lange kennen Sie ihn schon, oder besser kannten Sie ihn?«
Resi Kasbauer fing an zu überlegen. Und um dieses noch zu unterstützen, rechnete sie mit ihren Fingern nach. »Ich denke mal über zwanzig Jahre.«
»Zwanzig Jahre? Eine verdammt lange Zeit.«
Kreithmeier drehte sich beiläufig um und blickte Richtung Küche und Bierschenke. Dort war mittlerweile alles in helles Licht getaucht. Die Spurensicherung machte ihren Dienst. Frau Dr. Nagel war beim Toten und Polizeiwachtmeister Dallinger und seine Uniformierten nahmen die persönlichen Daten der Anwesenden auf. Er sah Dallinger im Gespräch mit einem kräftigen Afrikaner mit kurzen schwarz gekräuselten Haaren. Er unterhielt sich mit Abdul Shamal, dem Wortführer der Mitarbeiter, dem Hendlbrater. Den sollte er auch noch sprechen, dachte Alois. Dann drehte er sich wieder zur Kasbauer um und wiederholte seine letzten Worte: »Zwanzig Jahre! Ein halbes Leben. Gibt es eine Frau Wirth?«
»Es gab mal eine Frau Wirth. Die ist aber vor ein paar Jahren gestorben. Krebs so viel ich weiß. Jetzt hat er eine Freundin. Eine Olga. Eine Russin. Aus Kiew.«
»Kiew ist aber in der Ukraine«, korrigierte Kreithmeier die Frau.
»Jo mei, was weiß i denn. Die Olga aus Kiew. Und sie spricht russisch und sehr gut deutsch. Eine echte Madame. Lässt sich gern bedienen. Und Helmut machte immer alles für sie. Olga hier und Olga da. Und sie ist halb so alt wie der Helmut. Eine hübsche Frau. Aber ein Luder.«
»Wo wohnt sie?«
»In seinem Haus in Attenkirchen. Der hat sich dort eine Villa gebaut, Herr Kommissar, so etwas haben Sie noch nicht gesehen.«
»Mit so einem Bierzelt verdient man ja kein schlechtes Geld.«
»Und mit seinem Gasthof mit Biergarten auch nicht. Obwohl das Zelt in Freising, das hat er erst seit diesem Jahr.«
»Ach was. Und wieso?« Kreithmeier hob die Augenbrauen.
»Na, ja, vorher hatte die Familie Sandholzner das Zelt. Seit über 10 Jahren. Dieses Jahr das erste Mal der Helmut.«
»Und warum das?«
»Da fragen Sie mich zu viel Herr Kommissar. Jedes Jahr muss man sich in Freising wie auf der Wiesn in München neu bewerben. Und dieses Jahr hat die Ausschreibung eben der Wirth gewonnen. So ist das halt.«
Kreithmeier schrieb etwas in seinen Notizblock.
»Sie sagten, er wäre nicht so angenehm gewesen. Was meinen Sie damit Frau Kasbauer?«
»Wie ein Geschäftsmann halt. Knochentrocken, immer nur aufs Geld aus. Sparen, sparen, sparen und Beziehungen. Was glauben Sie, warum er jetzt sein Zelt auf dem Volksfest stehen hat?«
Kreithmeier schaute sie herausfordernd an.
»Und warum?«
»Beziehungen, Beziehungen, Beziehungen! Amigos, wie wir in Bayern so sagen.«
»Amigos«, wiederholte Kreithmeier und schrieb das Wort in seinen Notizblock. »Wer könnte ihn so gehasst haben, dass er ihm den Schädel einschlagen könnte?«
»Das wird wohl Ihre Aufgabe sein, Herr Kommissar, das herauszufinden. Brauchen Sie mich noch? Ich bin müde und morgen Mittag geht es wieder los.«
»Sie wollen doch nicht sofort wieder an die Tagesordnung übergehen«, rief der Kommissar entsetzt.
»Mit wollen hat das nichts zu tun. Morgen ist Mittwoch. Das heißt Freisinger Landwirtetag. Das Zelt ist ausgebucht. Wollen Sie es schließen? Das können Sie nicht tun. Dann gäbe es einen Aufstand. Bis morgen früh müssen Sie mit Ihren Leuten verschwunden sein. Das Fest geht weiter, ob mit dem Helmut oder ohne ihn. The Show must go on«, sagte sie daraufhin in gebrochenem Englisch.
Alois musste über diesen Spruch schmunzeln. Der passte definit nicht zur Resi. Er fuhr fort: »Aber wer führt denn dann die Geschäfte?«
»Sein Sohn, wer denn sonst?«
»Helmut Wirth hat einen Sohn?«
»Ja, habe ich das nicht erzählt, Herr Kommissar?«
»Nein, das haben Sie nicht. Wo finde ich ihn?«
»Der wird schon zu Hause sein. Lukas, so heißt er, hat Dienst vom frühen Morgen an. Am Abend löst ihn sein Vater ab. Er wohnt in der Villa in Attenkirchen. Die Olga auch.«
»Ich bräuchte Sie auf jeden Fall noch einmal auf dem Revier. Ich lasse von unserem Gespräch ein Protokoll anfertigen. Sie müssten dann Ihre Aussage unterschreiben.«
»Morgen früh.«
»Da habe ich es noch nicht fertig. Nachmittags.«
Sie lachte auf. »Das könnens vergessen, da arbeite ich. Da ist Hochbetrieb. Im Zelt. Am besten kommen Sie. Ich unterschreibe dann hier im Zelt. Sie werden es schon richten. Da verlasse ich mich ganz auf Sie.«
»Gut, Frau Kasbauer, ich werde kommen. Eine letzte Frage noch. Kennen Sie diesen Afrikaner dort?« Er zeigte mit dem Finger auf Abdul Shamal, der beim Dallinger noch verlegen im Zelt stand.
»Kennen ist gelinde gesagt, zu viel des Guten. Seit einiger Zeit sparte der Helmut auch am Personal Kosten ein. Einerseits weil es die guten alten Bierzeltbedienungen nicht mehr gibt .....«
»So wie Sie selbst eine sind«, unterbrach Kreithmeier ihren Redefluss.
»Ja. Und der Helmut setzte immer mehr auf Billigkräfte. Die meisten bedienen auf Festgeld, nicht auf Provision. Denen ist der Service scheißegal. Die arbeiten sich nicht zu Tode. Aber sie sind billig. Und so hat er lieber mehr billige Kräfte eingestellt, als wie uns Selbstständige.«
»Sie kaufen immer noch das Bier quasi vom Wirt ab und verkaufen es mit Zuschlag an die Festzeltgäste.«
»Richtig, je mehr ich verkaufe, desto mehr verdiene ich. Obwohl mir der Helmut eine feste Provision für meine Nebentätigkeiten bezahlt hat.«
»Die da wären?«
»Einsatzplan und Kontrolle der Bedienungen. Ausbildung und Organisation im Zeltinneren.«
»Viel Verantwortung, Frau Kasbauer, sehr viel Verantwortung. Alle Achtung.«
Resi Kasbauer nickte ehrfürchtig.
»Eine Frage noch«, fuhr Kreithmeier fort. »Wenn euer Zelt dieses Jahr das erste Mal in Freising steht, wo war es dann sonst noch?«
»In Moosburg, Mainburg, Neustadt an der Donau, Regensburg, Landshut, und alles Richtung Deggendorf und Passau.«
»Also rund um die Uhr im Einsatz?«
»Im Sommer ja. Kann man wohl sagen.«
»Dann ist die Domstadt Freising ja sozusagen ein Heimspiel für euch?«
»Es hat ja auch lange gedauert, bis wir endlich eine Zusage für das Volksfest bekommen haben«, knurrte sie.
»Na gut, ich habe vorerst keine weiteren Fragen an Sie. Ich komme morgen Nachmittag. Bis dahin bräuchte ich eine Personalliste mit allen Mitarbeitern, die heute Dienst hatten. Und zum Thema unangenehmer Zeitgenosse. Vielleicht fällt Ihnen da noch etwas ein. Ich denke, ich werde mit meiner Kollegin nach Attenkirchen fahren und den Sohn und die Freundin vom tragischen Tod des Helmut Wirth verständigen.«
Alois Kreithmeier stand auf, gab der Resi Kasbauer zum Abschied die Hand und schlenderte zurück ins Parkett. Er hielt direkt auf den großen Afrikaner zu, der immer noch im Zelt stand und dem emsigen Treiben der Freisinger Polizei zuschaute.
»Alois!«, rief eine Stimme hinter ihm, als er zielstrebig auf den Farbigen zusteuerte.
Kreithmeier blieb abrupt stehen und drehte sich um. Seine Kollegin Melanie Schütz steuerte auf ihn zu. Immer noch im Dirndl lief sie mit wehender Schürze auf ihn zu.
»Frau Dr. Nagel war da. Sie hat die Leiche untersucht.«
»Und was sagt sie?«
»Du weißt ja, das Übliche, immer alles erst nach der Obduktion. Aber ich habe ihr trotzdem ein paar Dinge aus der Nase ziehen können. Trotz alledem nichts Neues, nicht was wir auch ohne sie schon vermutet haben. Der Tod muss gegen 23.30 eingetreten sein, plus minus eine halbe Stunde. Der Tote war noch warm und Leichenstarre hatte noch nicht eingesetzt. Er ist mit dem Holzhammer erschlagen worden. War wahrscheinlich sofort tot. Die Schädeldecke am Hinterkopf ist eingeschlagen. Das viele Blut stammt aus dieser Wunde. Sonst hat er keine Verletzungen, es sei denn durch seinen Sturz nach dem Schlag. Der Täter ist eher Mann wie Frau. Rechtshänder. Keine Fußspuren, keine Fingerabdrücke.«
»Warum eher ein Mann?«, wollte Kreithmeier es genau wissen.
»Weil der Schlag erstens von oben kam, zweitens sehr kräftig war und drittens ihrer Meinung nach geplant war.«
»Ihr meint also ein Holzhammer ist für eine Frau eine zu profane Tatwaffe. Frauen neigen eher zu Gift, einer Haarnadel oder zu einer Pistole?«
»Ich habe auf einem Seminar gehört, dass Frauen ihre Opfer überwiegend planvoll, heimtückisch und im häuslichen Milieu töten, Männer hingegen attackieren meistens unmittelbar, häufig im Affektsturm, oder wenn ein Streit eskaliert.«
»Du und deine Seminare. Warum gehe ich eigentlich nicht auf so etwas?« Kreithmeier sah seien Kollegin fragend an.
»Weil du dich immer drückst und mich schickst, wenn etwas ansteht.«
»Also gut, der Täter könnte ein kräftiger Mann sein, oder eine kräftige Frau mit über 1,80 Meter Körpergröße.«
»Richtig«, bestätigte ihn Melanie. »Eine Frau, die die Tat aussehen lässt, als ob es ein Mann gewesen wäre. Könnte doch sein.«
»Warten wir auf Frau Doktor Nagels Bericht.«
»Ach noch etwas, bevor ich es vergesse. Ich hatte vorhin ein sehr unterhaltsames Gespräch mit unserem neuen Bürgermeister.«
»Und?« Alois spitzte die Ohren.
»Er war entsetzt über den grausamen Tod unseres Festwirtes. Und er bat mich doch alles daran zusetzen, dass wir heute Nacht noch fertig werden. Morgen soll das Volksfest wie geplant weiter gehen. Trotz des unglücklichen Todesfalles, sei es das beste Fest aller Zeiten, Zahlen, wie man sie nur vereinzelt in den 80er-Jahren mal erreicht habe Das Volksfest 2012 knacke eine Bestmarke nach der anderen. Unser lieber Bürgermeister Tobias Eschenbacher hat sogar von einem Marathon der Highlight-Zahlen gesprochen: Mit knapp 123 Hektoliter war der Freitag der beste Start seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1978. Der Samstag mit 119 und der Sonntag mit 75 Hektoliter Bierumsatz wären das beste erste Wochenende seit zehn Jahren. Der Montag mit 78 Hektoliter war der beste Montag seit fünf Jahren. Und der heutige Abend, als fast 7.000 Menschen Dolce Vita feierten, brach mit über 132 Hektoliter den bisherigen Rekord aus dem Jahr 1982.«
»Wo der Herr Bürgermeister nur diese Zahlen her hat? Und woher weiß er nur so schnell vom Tode des Wirtes?«, sinnierte Kreithmeier.
»Das geht schon rum. Die ersten Pressefutzis kamen direkt nach dem Dallinger.«
»Ob der Dallinger sich damit ein zweites Einkommen sichert?«
»Die hören bestimmt den Polizeifunk, da könnte ich wetten«, sagte Melanie.
»Dann wollen wir dem Eschenbacher sein erstes Fest zu seinem Amtsantritt nicht vergällen.«
»Das wäre schön. Und er sagte nur, so solle es auch bleiben. Bei den guten Zahlen.«
»Der Wirt ist tot, lang lebe der Wirt.«