Читать книгу Die unerträgliche Leichtigkeit der Schulden - Axel Stommel - Страница 8
III
ОглавлениеIn den vorangegangenen Schilderungen ist eine nähere Bestimmung des Verhältnisses von Wirtschafts- und Klimapolitik enthalten, nämlich dass das eine, die Wirtschafts- und Sozialpolitik, die Basis des anderen, der Klimapolitik, ist. Insofern gilt: Die Ökonomie ist der Ökologie vorgelagert.
Dementsprechend ist festzuhalten, dass es die ökonomische Entwicklung einschließlich ihrer wissenschaftlich-technischen Implikationen ist, welche die gegenwärtige, bedrohliche ökologische Entwicklung mit all ihren Auswirkungen auf Klima und Umwelt hervorgebracht hat, nicht umgekehrt. In diesem Sinne ist festzuhalten, dass die bisher einzig signifikanten, vorübergehenden ökologischen Erfolge Folgen einschneidender, vorübergehender ökonomischer Krisen sind: Die Ölkrise in den 1970er Jahren, der Zusammenbruch der Ostblockstaaten und ihrer Wirtschaften in den 1990ern und die Finanzkrise von 2008 ff. hatten den ansonsten unablässig wachsenden Ressourcenverbrauch und die daraus resultierenden, das Klima bedrohlich verändernden Emissionen jeweils vorübergehend gesenkt. Die Corona-Krise wird mit Wucht dazukommen.
Die Erkenntnis, dass Ökonomie und Ökologie nur gemeinsam erfolgreich sein können, wird zwar, von notorischen Leugnern eines menschengemachten Klimawandels abgesehen, mittlerweile erfreulicherweise kaum noch bestritten. Aber diese Erkenntnis erfasst nicht die Spezifik im Verhältnis der beiden zueinander: Der Klimawandel ist kein Problem neben anderen, insbesondere ist er kein Problem neben der Ökonomie. Vielmehr ist die Klimakrise ein Ausfluss der Ökonomie; in ihr bündeln sich problematische sozioökonomische Entwicklungen und Wirkungen auf einzigartige Weise sowie in bisher unbekanntem Ausmaß.
Diese Lage der Dinge erklärt, warum das Klima, aber auch Corona auf den kommenden Seiten durchgängig im Focus der Aufmerksamkeit stehen, obwohl von ihnen eher selten ausdrücklich die Rede sein wird. Ökonomie und Ökologie können nicht von Anfang an sowie durchgängig in Eins gesetzt werden. Das müssen sie aber auch nicht. Sie dürfen nur nicht als jeweils einzige, voneinander Unabhängige betrachtet und bedacht werden.
Dass das Klima und seine Veränderungen als konzentrierter, natürlicher Ausfluss sozioökonomischer Probleme selbst wieder zurückwirkt und die wirtschaftliche Basis nichts weniger als zu zerstören vermag, stellt die dargelegte Beziehung zwischen Ökonomie und Ökologie nicht infrage. Vielmehr erhöht die zerstörerische Rückwirkung die Bedeutung des Dargelegten auf dramatische Weise. Letztlich zeigt sie, dass menschliches Handeln auf der erreichten Entwicklungsstufe von Produktion, Wissenschaft und Technik im Stande ist, nicht nur gesellschaftliche, sondern auch selbstläufige, übergreifende Naturprozesse mit weltweiten Wirkungen hervorzubringen und auszulösen: Die übermächtige Natur schlägt zurück.
Teltow, im April des Corona-Jahres 2020
A. S.
1Reuters, 24.3.20, https://de.reuters.com/article/virus-deutschland-finanzen-idDEKBN21B0WF.