Читать книгу Zimmer 122 - Beatrice Schweingruber - Страница 5

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Maria Violetti lächelte. Das ältere Ehepaar von Zimmer 120 hatte ihr ein Fünffrankenstück in die Hand gedrückt und ihr sehr herzlich für ihre Dienste gedankt. Es waren einfache Leute, die es schätzten, sich eine Woche in einem Luxushotel am Vierwaldstättersee leisten zu können. Den zum Hotel gehörenden Golfplatz benötigten sie nicht.

Das Zimmer 121 war leer, als Maria eintrat. Wie immer liess sie ihren mit frischer Wäsche bestückten Servicewagen vor der Tür stehen und ging ins Badezimmer, um die Handtücher zu wechseln. Als sie fertig war, sah sie aus dem Fenster. Die Sonne versank wie ein glühender Ball hinter den Hügeln und tauchte den See in ein glitzerndes Rot. Das Licht war so stark, dass sie die Segelboote, die gemächlich den Hafen ansteuerten, nur schemenhaft ausmachen konnte. Sie liebte den Rundgang durch die Zimmer um diese Uhrzeit. Das Licht, die Ruhe. Die meisten Hotelgäste befanden sich auf der Terrasse.

Maria trat zum Fenster und beobachtete die Menschen auf der Terrasse. Schwarz gekleidete Kellner balancierten ihre silbernen Platten zwischen Küche und Garten hin und her, unter der Markise spielte eine junge Frau Klavier. Die Gäste sassen gemütlich beim Abendessen und betrachteten ebenfalls das faszinierende Schauspiel der Natur. Nur die Kinder kümmerten sich nicht um ihre Umgebung. Sie sprangen kreischend in den Pool, der direkt an die Terrasse grenzte. Niemand störte sich an ihrem lauten Treiben.

Maria stellte täglich fest, wie dankbar die Gäste waren, dass Hotels, Restaurants und Läden nach überstandener Coronakrise endlich wieder geöffnet waren. Längst nicht alle Restaurationsbetriebe hatten es geschafft, den Lockdown finanziell zu überstehen und mussten schliessen. Es war eine lange und anstrengende Zeit mit vielen Entbehrungen und Einschränkungen gewesen. Alle genossen die wiedergewonnenen Freiheiten, über die man früher nicht nachgedacht hatte. Die Dankbarkeit darüber schlug sich auch in den Trinkgeldern nieder, die noch in keinem Jahr so hoch ausgefallen waren wie in diesem.

Maria schob ihren Servicewagen weiter zu Zimmer Nummer 122 und trat ein, nachdem auf ihr Klopfen keine Reaktion erfolgte. Die untergehende Sonne blendete sie. Maria kniff die Augen zusammen und ging Richtung Badezimmer, um auch hier die Wäsche auszuwechseln. Der Vorhang wurde vom Durchzug leicht bewegt. In diesem Augenblick stolperte sie über etwas am Boden Liegendes und stürzte der Länge nach hin.

Mit eisigem Entsetzen registrierte sie, dass sie neben einen leblosen Körper zu liegen gekommen war. Sie blickte in die erstarrten Augen eines Mannes, dessen rechte Gesichtshälfte zerschmettert war, die Nase stand in einem bizarren Winkel ab. Sie stiess einen gellenden Schrei aus, richtete sich panisch auf und rannte aus dem Zimmer. Vor einem geöffneten Fenster auf dem Flur blieb sie kurz stehen, schnappte nach Luft und konnte den aufkommenden Würgereiz nur mit Mühe unterdrücken.

Zimmer 122

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