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2.

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Licht! Die Decke öffnet sich abrupt, eine Hand greift hinein, arbeitet sich zu mir und den anderen vor. Eine schöne Hand, fein, elegant, mit markanten Knöcheln. Kein Ring. Gepflegte Fingernägel, jedoch leider etwas zu lang. Sie kratzen leicht beim Aufprall auf meine Hülle. Keine große Verletzung, dennoch ein unangenehmes Gefühl von Unachtsamkeit und Willkür. Der Handballen bleibt an meiner Kante hängen, nimmt sie mit nach unten, mein Rücken beugt sich, immer weiter. Hör auf! Halt! Natürlich hört mich keiner. Dann zieht sich die Hand zurück, den schwarzen Kugelschreiber von ganz unten fest umschlossen. Meine Ecke bewegt sich wieder etwas in die Ausgangsposition zurück, doch eine kleine Narbe bleibt, ein Makel, nicht mehr so glatt und rein wie zuvor. Eine kleine Delle. Es schmerzt.

Die Stille umschließt mich erneut. Die anderen sind längst verstummt, haben festgestellt, dass keine anständige Unterhaltung möglich ist. Wir sprechen andere Sprachen, ein babylonischer Wirrwarr verhindert eine Kommunikation. Kein Miteinander, ein Nebeneinander. Äußerlich sind wir alle ähnlich. Lyons unten in der Ecke zum Beispiel ist weiß mit einem blauen Streifen, doch ist er auch eckig wie ich. Er spricht jedoch vollkommen unverständliche Laute. Anfangs meinte ich zu verstehen, einzelne Wörter kamen mir bekannt vor. Doch wir gaben es schließlich auf, zu anstrengend waren die aussichtslosen Versuche einer Verständigung.

Sagte ich, es sei immer vollkommen still um mich? Nun ja, ich war ja nicht ständig in dieser Tasche gefangen, hilflos und ausgeliefert. Ich lag auch lange Zeit herum, hoch oben auf einem Regal, eingezwängt und in meiner Wahrnehmung beschränkt. Wie lange ich schließlich wo war – wer kann das schon sagen. Ja, es gibt Phasen grenzenloser Einsamkeit. Und ja, vielleicht habe ich in einer solchen Phase etwas übertrieben und mich hineingesteigert in meine Traurigkeit. Das Leid ist immer relativ zu sehen, denke ich, relativ zu dem woher. „Unter den Blinden ist der Einäugige ein König“, heißt es nicht so irgendwo? Auf den Betrachter kommt es an, auf die Perspektive. Es bereitet mir zuweilen Schwierigkeiten, die Verhältnismäßigkeit einzuhalten. Doch dann wiederum: Wer bestimmt eigentlich, was wann richtig ist und was nicht? Ich will mich nicht entschuldigen für meine Aussage, nur etwas erklären. Denn ganz alleine bin ich eigentlich nicht, jedenfalls nicht immer.

Ab und zu stößt ein großer brummiger Wälzer zu mir und den anderen – auch er nur gelegentlich berührt und seiner Bestimmung gemäß benutzt. Ein klein wenig verständlicher als andere ist der Wälzer, doch sind seine ständigen Klagen fast unerträglich. Er ist uralt, voller Farbe und Teeflecken, mit den Kräften am Ende. „Zerfleddert“, so nennt man das wohl. Auch er, obwohl alt und mit einem muffigen Geruch, sieht mir einigermaßen ähnlich, nur ist er etwas größer. Er erzählte einmal mit kraftloser Stimme und mit allerlei Hilfsmitteln von schier endlosen Versionen unserer Spezies: In allen Farben und Dekorationen gebe es uns, mit harter Schale oder weich, einige, die exklusiveren, sogar mit einem zusätzlichen Mantel zum Schutz, dick, dünn, alt, jung, verbraucht, vor Kraft strotzend, verständlich, langweilig, unaussprechlich, wunderbar bebildert, mit Goldrand oder auch voller Fehler. Ob ich ihm glaube? Ja, natürlich. Er ist viel zu trocken in seiner Sprache, um sich so etwas auszudenken. Außerdem habe ich auch schon ein bisschen gesehen von der Welt, kann mir meine eigenen Gedanken machen auf die Bedeutung der Vielfalt von uns. Vielleicht bin ich deshalb so enttäuscht, dass ich mich kaum austauschen kann hier, in meinem Ledergefängnis oder hoch oben auf dem staubigen Turm.

Von Menschen und der Liebe

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