Читать книгу Die Abenteuer von Liebliesel & Liebdusel - Bernd-Arno Kortstock - Страница 7
ОглавлениеDie Entenwanderung - Teil II
Liebdusel war mittlerweile schon auf seinen müden Watschelbeinen weiter gewatschelt. Er hatte Mühe, den vielen kleinen Steinen, die ihm im Weg lagen, auszuweichen um nicht drauf zu watscheln, weil sie immer kleine Stiche in seine noch jungen Erpelfüße stachen. Und so trottete er vor sich hin, in Gedanken verloren, ohne zu merken, wie er vom Weg abkam.
Langsam spürte Liebdusel, wie es immer kühler wurde, weil die warmen Sonnenstrahlen nicht mehr so tief in den Wald strahlten, in den er sich geradewegs hinein verlief.
„Mir wird immer kälter, wann sind wir denn endlich da?
Und mein Hunger ist auch nicht kleiner geworden.
Ich habe Hunger wie zwei ausgewachsene Dschunga Dschunga Entenerpel.“
Natürlich wusste er nicht, wie groß der Hunger eines Dschunga Dschunga Entenerpels sein konnte, weil er ja auch noch nie einen gesehen hatte. Aber er dachte sich, dass Liebliesel auch noch nie einen gesehen hatte und es ihr mächtig imponieren würde, dass so ein kleiner Erpel wie er solch einen Hunger haben könnte.
„Liebliesel, Liebliesel, nun sag doch mal was dazu, hast du gar keinen Hunger?“
Der kleine Erpel blickte hoch und sah weit und breit nur Bäume.
„Liebliesel, hör jetzt auf mit dem Versteckspiel. Ich habe Hunger, hörst du, das ist eine ernsthafte Angelegenheit. Wenn kleine Erpel Hunger haben, müssen sich sogar große Schwäne vor ihnen fürchten.“
Doch von Liebliesel kam keine Antwort.
Der kleine Erpel spürte, dass hier etwas nicht ganz in Ordnung war. Liebliesel hatte ihm nicht davon erzählt, dass sie durch einen Wald gehen müssten. Er hätte sich gleich geweigert, das mochte er natürlich nicht zugeben, denn im Wald, das hatte er gehört, soll es ganz große, dunkle Wesen geben, die alles essen, was ihnen über den Weg läuft.
Und der kleine Erpel hatte für sich beschlossen, nicht auf den Speiseplan der Riesen zu geraten. Da stand er nun, ganz allein auf dem steinigen Pfad, der immer tiefer und tiefer in den Wald hineinführte.
Er drehte sich im Kreis, in der Hoffnung, dass Liebliesel hinter ihm stehen würde, aber je mehr er sich drehte, desto mehr verlor er die Orientierung und am Ende wusste er nicht einmal mehr, aus welcher Richtung er gekommen war.
Liebdusel setzte sich auf einen Stein und erinnerte sich daran, was seine Mutter ihm früher, als er noch ein Mini-Erpel war, gesagt hatte, wenn er sich auf dem Teich, wo er aufgewachsen war, verschwommen hatte.
Sie hatte immer zu ihm und seinen Geschwistern gesagt:
„Liebdusel, was dir auch immer passiert, wenn du etwas verändern möchtest, dann setze dich auf einen Stein, schließe die kleinen Entleinaugen und denke ganz fest an das, was du dir wünschst.
Und ehe du dich versiehst, wirst du es erleben, dass sich etwas verändert.“
So tat es Liebdusel dann auch. Er setzte sich auf einen Stein, schloss die Augen und dachte ganz fest an Liebliesel und dass sie doch bald wieder bei ihm sein sollte. Er kniff die Augen fester und fester zusammen, aber so richtig tat sich nichts. Plötzlich verspürte er ein leichtes Kribbeln an seinen Platschfüßen und er konnte es sich nicht erklären, wieso dem so war. Vielleicht hatte er zu fest seine Augen zusammengedrückt oder er hatte zu doll an Liebliesel gedacht und sie stand schon längst vor ihm und killerte an seinen Platschfüßen.
So öffnete er vorsichtig eins seiner kleinen Erpelaugen und blickte nach unten auf seine kleinen Füße. Erschrocken riss er gleich sein zweites Auge auch auf und dachte sich, dass das, was sich dort unten zu seinen Füßen abspielte, nicht wahr sein konnte.
Eine Ameisenstraße hatte sich einen Weg über seine Füße gebahnt. Selbst von oben konnte man erkennen, wie sie in die eine Richtung Blätter, Äste und allerlei Essbares trugen und aus der anderen Richtung kamen neue Ameisen, um sich den anderen anzuschließen.
Liebdusel rief nach unten: „Hey, hallo, ihr da unten, ihr kitzelt mich, könnt ihr nicht woanders langlaufen?“
Die Ameisen waren aber viel zu sehr mit sich und ihren Transporten beschäftigt, sodass keine von ihnen den kleinen Erpel hörte.
Liebdusel beschloss daher, den kleinen Transportverkehr dadurch zu unterbrechen, dass er einfach einen seiner beiden Füße anhob.
Mit einem Mal war ein Tohuwabohu ausgebrochen, weil der kleine Erpel den Ameisen ihren Hin- und Rückweg unterbrochen hatte.
Das Kribbeln in den Füßen hatte zwar aufgehört, aber Liebdusel verspürte mehr und mehr ein Zwicken in seinem Allerwertesten.
Die Ameisen waren nicht nur über seine Füße gelaufen, nein, sie zwickten ihn nun, überall wo sie nur konnten.
Der Erpel sprang auf und blickte sich um.
Der vermeintliche Stein, auf dem er sich ausgeruht hatte, entpuppte sich als Ameisenhügel, auf den er sich schlaftrunken gesetzt hatte.
Liebdusel watschelte weiter und weiter und erst, als er den Ameisenhügel nicht mehr sah, ließ er sich niedersinken auf einem Baumstumpf, der, wie er glaubte, unbewohnt war.
„Na, das war ja was“, sagte er zu sich und schnaufte ein wenig aus.
„Was war was was?“, fragte eine Stimme aus dem Baumstumpf heraus.
Liebdusel blickte sich um und sah eine kleine, spitze Nase hervorlugen.
Ein Biber hatte es sich in dem Baumstumpf bequem gemacht und schaute unseren kleinen Erpel aus kleinen Knopfaugen lustig an.
„Hallo, ich bin Ibo, und wie heißt du du und was machst du hier hier?“
Liebdusel schaute ihn verdutzt an und sagte ihm, wie er hieß und dass er auf der Suche nach seiner Freundin Liebliesel sei.
„Da kann ich dir helfen helfen.“
Der kleine Erpel war froh, jemanden getroffen zu haben, der ihm hilft, aus dem finsteren Wald heraus zu kommen.
„Sag mal, Ibo, warum wiederholst du immer die letzten Worte, wenn du etwas sagst?“
„Och, das mache ich nur, damit ich genau weiß, dass mir die anderen auch zuhören, wenn ich etwas sage, verstehst du du?“
Liebdusel verstand nur zu gut, denn er kannte das Gefühl, wenn andere einem nicht richtig zuhören. Und so gingen die beiden neuen Freunde gemeinsam einen Weg, der an einem schmalen Bach entlangführte.
Liebdusel war froh, jemanden getroffen zu haben, der sich in diesem Wald auskannte.
„Schon bald werde ich Liebliesel wieder sehen sehen“, sagte er zu sich selbst. Und er war froh, dass er sich selbst richtig zugehört hatte.