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Sprache

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Fähigkeit Nummer drei gibt es in dieser differenzierten Form nur beim Menschen als hoch differenzierte Lautmodulation: die Sprache. Auch wenn ich mir nicht sicher bin, ob das Wort „hoch differenziert“ wirklich auf alle Zeitgenossen zutreffen mag, so ist die menschliche Sprache im Vergleich zu unseren nächsten Verwandten ungleich komplexer. Erst im alkoholisierten Zustand feucht-fröhlicher Erregung, also kurz vor dem Verlust der Muttersprache, nähern wir uns dem Niveau der Schimpansen und Bonobos. Durch unsere komplexe Sprache sind wir Menschen schneller und differenzierter, weil wir nicht nur vom zeitintensiven Vorleben und Beobachtetwerden abhängig sind. Ich kann es aussprechen und werde auch verstanden: „Geh nicht zur Waldlichtung XY, da wohnt eine Luchsfamilie; ich wäre dort fast gefressen worden!“

Die Ausbildung der menschlichen Sprache bedeutet nicht, dass wir die „Spitzmauskommunikation“ verloren hätten. Auch wenn wir sie nicht immer bewusst wahrnehmen können, ist sie nach wie vor vorhanden. Das hat bekannte Konsequenzen: Unsere Worte entsprechen nicht unbedingt immer unserem Verhalten. Psychologen haben in diesem Zusammenhang festgestellt, dass Menschen dazu neigen, besonders häufig Verhaltensweisen zu besprechen und bei anderen einzufordern, die sie von sich selbst erwarten, gerade dann, wenn sie diese selbst nicht umsetzen. Eine Führungskraft oder ein Elternteil, der häufig Fleiß, Konsequenz und Genauigkeit einfordert und selbst durch gegenteiliges Verhalten auffällt, wird als unglaubwürdig erlebt. Das verleitet mich zu einer weiteren Formel:

Taten: Worte = Glaubwürdigkeit

Das bedeutet, je mehr Worte wir verlieren, desto schwieriger wird es, durch entsprechendes Verhalten ein hohes Maß an Glaubwürdigkeit zu erzeugen. Umgekehrt bedeutet es aber auch, dass wir mit vielen sichtbaren Taten deutlich weniger Worte für unsere Glaubwürdigkeit benötigen. Die Konsequenzen sind naheliegend: Fordern Sie nur die Dinge von anderen ein und sprechen Sie nur über jene Dinge, bei denen Sie sicher sind, dass Sie sie auch selbst seit geraumer Zeit tun. In diesem Zusammenhang möchte ich zwei „Klassiker“ schildern:

Beispiel 1: Der Chef kommt hoch motiviert aus einem Führungskräfteseminar, mit neuem Wissen, Tipps und Tools bewaffnet, und versucht am nächsten Tag, sofort einiges davon umzusetzen. Seine Mitarbeiter kennen aber die Situation aus der Vergangenheit und denken: „Der Chef kommt wieder von einem Seminar, redet schon wieder so verdächtig motiviert, hat aber bestimmt nach zwei Wochen alles vergessen.“ Und genauso ist es meistens auch. Viele Worte und Erklärungen können nur dann als glaubwürdig empfunden werden, wenn der Sender selbst auch gleichzeitig das entsprechende Verhalten in der nahen Vergangenheit gezeigt hat.

Beispiel 2: Der Chef kommt regelmäßig zu spät und schlecht vorbereitet zu Besprechungen. Er liefert immer gute Erklärungen dafür, verlangt aber von den Mitarbeitern Pünktlichkeit und genaue Vorbereitung. Glaubwürdigkeit wird so nicht entstehen. Wenn wir uns noch vergegenwärtigen, dass wir durch die „Spitzmauslogik“ des unterbewussten Beobachtens dazu neigen, häufige Verhaltensweisen wichtiger Bezugspersonen unreflektiert zu kopieren, wird klar, warum wir es heute signifikant oft mit einer Besprechungskultur dieser Prägung zu tun haben.

Besser fix als fertig

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