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2.1 Kurzer Überblick über die Geschichte des Bankwesens

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Sprichwort: Geld borgen, bringt Kummer und Sorgen.

Es wäre viel zu kurz gegriffen, die Ursprünge des Bankwesens nur auf die Funktion des Geldwechselns - banca als Wechseltisch - zu reduzieren. Vielmehr lässt sich z.B. an der Entwicklung des Bankwesens im Altertum die enge Verflechtung zwischen Religion, staatlicher Herrschaft und Finanzwesen aufzeigen: " Mit allen bedeutenden Heiligtümern war eine umfangreiche Finanzverwaltung verbunden, indem es die Aufgabe der Priester war, durch kluge Verwaltung, durch vorteilhafte Verpachtungen, durch Darlehn usw. die jährlichen Einkünfte zu steigern und einen Schatz zu bilden, der nicht nur zur Aufrechterhaltung der Würde des Gottesdienstes ausreichte, sondern auch für die nationale Macht des Heiligtums eine wesentliche Forderung war" (Ernst Curtius, griechische Geschichte ). Der Tempel war damit Geldinstitut mit den Funktionen der sicheren Geldaufbewahrung, der Darlehnsgewährung gegen Zinsen (12-14%) und des Umtausches fremder Münzen. Im alten Rom wurden diese Funktionen von den argentarii ausgeübt, die ihre Läden am Forum, also in unmittelbarer Nähe der politischen Herrschaft, hatten. Machten sie Pleite, so mussten sie vom Forum weichen - foro cedere, daher stammt das Wort fallieren im Sinne von zusammenbrechen.

Bis ins frühe Mittelalter waren die Banken Geldwechsler, später dann kam das Münzwechselgeschäft, die Umprägung von Geldstücken in leichtere, vom Wert her schlechtere Münzen hinzu - das schlechtere, weniger Gold oder Silber enthaltende Geld verdrängt das gehaltvollere. Aus diesem Geschäft entwickelte sich das Depositengeschäft, wobei man zwischen dem depositum regulare - genau die gleichen Münzen mussten nach der vereinbarten Aufbewahrungszeit wieder herausgegeben werden - und dem depositum irregulare - die Bank kann das Geld verleihen und muss nur die gleiche Summe wieder zurückgeben - unterscheiden muss. Der Bankier lebte von dem Vertrauen, dass er jederzeit seine Rückzahlungsverpflichtungen einhalten konnte. Enttäuschte er dies Vertrauen, wurde seine banca zerschlagen - banca rotta, woher das Wort Bankrott kommt. Das Depositengeschäft wurde im Laufe der Zeit auch von Banken als juristische Personen weiterentwickelt. Einlagen werden hereingenommen gegen eine mäßige Aufbewahrungsgebühr. Nächster Schritt in der Entwicklung des Bankwesens war die Verwaltung eingezahlter Gelder durch die Bank: sie organisierte den Kreislauf (Giro) der Zahlungen zwischen verschiedenen Gläubigern und Schuldnern z. B. bei Handelsgeschäften. So entstanden Girobanken, zuerst in Venedig im 12. Jahrhundert. Große Bedeutung erlangten Banken, die mit den römisch-katholischen Kurien (depositares papae) zusammenarbeiteten, die mächtigsten waren die Bankiers der Medici in Florenz. 1508 gelang es den Augsburger Fuggern, ihre Niederlassung in Rom zur Bank des Papstes Julius II. zu machen. Wie die Fugger waren auch andere deutsche Banken des Mittelalters aus internationalen Handelshäusern hervorgegangen oder wie die Welser aus Handwerksbetrieben, die sie zu großen Manufakturen entwickelt hatten. Die Fugger finanzierten kaiserliche Unternehmungen durch die Gewährung von Staatsanleihen für die Habsburger und so machten sie sich diese zu Abhängigen.

Nachdem eine große Zahl von Girobanken in Venedig zusammengebrochen waren, wurde 1587 die Staatsgirobank " Banca de Rialto" gegründet. Sämtliche Wechsel sollten nur bei ihr eingereicht werden dürfen. Wechselkredite spielten früher eine besondere Rolle, dienten sie doch dazu, für Hersteller von Gütern die Zeit bis zum Verkauf durch Händler zu überbrücken. Wechsel waren dem Geld gleichgestellt. Die Zentralbank konnte durch Festsetzung des Zinsabschlages, zu dem sie Wechsel hereinnahm, das Volumen der Wechselkredite steuern.

Auch heute spielt der internationale Zahlungsverkehr, ausgeweitet durch globalisierten Handel, abgewickelt von Banken, eine wesentliche Rolle: es geht um den Wechsel zwischen verschiedenen Währungen bis hin zu Währungsspekulationen. Aber auch der private Zahlungsverkehr wird über Banken abgewickelt.

Geld hat in diesen Zusammenhängen also zunächst die Funktion des universellen Zahlungsmittels. Darüber hinaus ist es ein Wertaufbewahrungsmittel und es ist eine Recheneinheit, die Preise, Löhne und alternative Investments vergleichbar macht. Geld und Währungen sind damit die Schmiermittel, ohne die Privatwirtschaft und Steuerstaat nicht funktionsfähig wären. Verfügung über Geldmittel bedeutet aber auch wirtschaftliche und politische Macht, so wie sie die Fugger im Mittelalter ausgeübt haben oder so wie sie heute von international agierenden Großbanken und Hedge Fonds ausgeübt wird.

Die historischen Wurzeln lassen damit das heutige Bankwesen besser verstehen.

1907 hatte eine Finanzkrise in den USA eine schwere Rezession zur Folge, wodurch zahlreiche Banken Bankrott gingen. Um eine derartige Entwicklung in Zukunft zu verhindern, trafen sich im November 1910 US Senator Nelson W. Aldrich und Repräsentanten der großen Wallstreet Banken wie J.P.Morgan und National City Bank of New York (heute Citibank), um auf einer zu dieser Jahreszeit verlassenen Ferieninsel ein Konzept für eine zentrale Notenbank der USA zu erstellen. Die so 1913 entstandene Federal Reserve Bank (FED) ruht auf 12 privatwirtschaftlich geführten regionalen Zentralbanken, die rund 3000 Mitgliedsbanken gehören. Der US-Präsident ernennt den Chef der FED und die 7 Mitglieder des Board of Governors. Die FED ist dafür verantwortlich, durch ihre Geldpolitik die Inflation in den USA im Zaum zu halten und konjunkturelle Schwankungen der Wirtschaft zu glätten (boerse.ARD.de 26.12.2013 Notenbank Jubiläum, FED: Wie die Entenjagd zur Blaupause wurde).

In Europa gibt es als oberste Bank jeweils die staatliche Notenbank wie z.B. die Bank of England oder die Deutsche Bundesbank, in der EU die Europäische Zentralbank (EZB). Sie ist für die Ausgabe von Geldscheinen und Münzen zur Sicherung des Bargeldumlaufs zuständig. Darüber hinaus ist sie jeweils für die Stabilität der Währung verantwortlich, indem sie das Recht hat, den Banken z. B. durch ihre Zinspolitik Liquidität zuzuführen bzw. zu entziehen. Die EZB ist offiziell ausschließlich auf die Verhinderung der Geldentwertung verpflichtet - die Inflationsrate im Euroraum soll nicht höher als 2% betragen aber auch nicht wesentlich unter diesem Satz liegen, um deflationäre Entwicklungen zu verhindern.

Bei der Liquiditätsversorgung spielt neben dem Bargeld aber auch das Giral- oder Buchgeld eine entscheidende Rolle. Auf Grund des immer weiter verbreiteten bargeldlosen Zahlungsverkehrs sind die Banken in der Lage, Geld zu "schöpfen", das sog. Buchgeld: Sie wissen, dass sie für jede 100 Euro Verbindlichkeiten, - z. B. Spareinlagen, Festgelder und gewährte Kredite -, nur etwa 20 Euro Bargeld vorhalten müssen. Die restlichen 80 Euro werden in "normalen" Zeiten bargeldlos von einem Konto zu anderen Konten unterschiedlicher Gläubiger und Schuldner überwiesen. Im genannten Fall ist der Faktor der Giralgeld - Schöpfung also vier. Dies bedeutet, dass Banken ein vielfaches ihrer in Bargeld vorhandenen Einlagen zinsbringend ausleihen können und damit in der Lage sind, die Geldmenge, die zu einem bestimmten Zeitpunkt im Umlauf befindliche Menge aus Bar- und Buchgeld, zu vermehren. Umso schwieriger ist daher die Steuerung der Geldmenge durch die jeweilige Notenbank. Sie kann von den Banken in diesem Zusammenhang das Halten von Mindestreserven bei ihr verlangen und so versuchen, die Schöpfung von Buchgeld zu begrenzen.

Außerdem stehen die Banken vor dem Problem der Fristenkongruenz: Haben sie täglich fällige Spareinlagen, so ist zu klären, wie weit auf diesen aufbauend, langfristige Kredite, z. B. Hypothekarkredite, ausgegeben werden können. Selbst bei konservativer Kalkulation in Bezug auf "aus kurz mach lang" für normale Zeiten ist klar, dass bei einem Run auf die Bank sie nicht in der Lage sein wird, alle kurzfristig fälligen Einlagen in bar auszuzahlen. Die Bank wird in diesem Fall ihre Schalter schließen, der Staat wird Bankfeiertage verkünden und ansonsten werden die Banken auf Hilfe aus dem Einlagensicherungsfonds und/oder staatliche Hilfe warten. Kommt keine rechtzeitige Hilfe, so muss die Bank Bankrott anmelden. Um derartige Entwicklungen zu verhindern, gibt es Vorschriften für das notwendige Eigenkapital einer Bank, das im Notfall den Bankrott abwenden soll.

Eigenkapital ist bei einer Aktiengesellschaft das gezeichnete Aktienkapital und es sind thesaurierte, nicht ausgeschüttete Gewinne. Je höher das Eigenkapital umso größer die Chance der Aktiengesellschaft beim Eintritt von Verlusten - bei einer Bank z. B. bei der Zahlungsunfähigkeit von mehreren Kreditschuldnern - den Konkurs zu vermeiden. In diesem Zusammenhang ist von extremer Bedeutung, das Banken im Schnitt nur Eigenkapital im einstelligen Bereich als Prozentsatz- zwischen 5 und 10% - zu den Verbindlichkeiten aufweisen, während Industrieunternehmen in der Regel mindestens 30% ausweisen (Vgl. hierzu Amati et al., aaO. S. 61). Dies heißt einerseits, dass Banken ihre Aktivitäten am liebsten mit Fremdkapital - Ausleihungen von anderen Banken, von der EZB bzw. der FED oder auf Grund von Bankanleihen -unterlegen und andererseits, dass sie im Vergleich zur Industrie viel krisenanfälliger sind. Um es klar auszusprechen: Banken arbeiten vorrangig mit fremden Geldern und gehen dabei oft hohe Risiken ein.

Hieran wird deutlich, dass das heutige Bankgeschäft hohe Anforderungen an die Liquiditätsvorsorge und an das Risiko Management stellt. Das gesamte Geschäftsbankensystem beruht auf dem Vertrauen der Gläubiger, dass jederzeitige Zahlungsfähigkeit in Bezug auf kurzfristige Fälligkeiten gegeben ist, denn die Einlagen bei Banken sind nicht mehr durch Gold abgesichert. Ist Vertrauen in den Finanzsektor erschüttert, bricht der Kreislauf des Geldes zusammen, weil Panik ausbricht.

Für das Verständnis des heutigen Finanzsektors ist noch von Bedeutung, dass Banken ganz unterschiedlich organisiert sind. Da sind zunächst die Aktiengesellschaften, z. B. Deutsche Bank und Commerzbank. Da sind sodann die Sparkassen, meist in kommunaler Trägerschaft und damit mit kommunaler Gewährsträgerhaftung, d. h., dass im Notfall die Kommune für Verluste gerade stehen muss. Dann ist auf die Genossenschaftsbanken hinzuweisen, hier bes. die Raiffeisenbanken. Schließlich gibt es Landesbanken wie die WestLB, die NordLB oder die Bayrische Landesbank, die mehrheitlich einzelnen Bundesländern gehören und die damit von den jeweiligen Landesregierungen beherrscht werden. Außerdem gibt es Privatbanken und Spezialbanken wie z. B. Bausparkassen, hier wiederum in öffentlich-rechtlicher oder privater Trägerschaft.

Auffällig ist, dass praktisch alle Großbanken durch Fusionen extern gewachsen sind. Diesem Prozess des besonders externen Wachstums liegt die Kostendegression zu Grunde, d. h. dass es besonders rentabel erscheint, wenn Geldströme möglichst lange im eigenen Bankenimperium gehalten werden.

Zu den Haupttätigkeitsfeldern der Banken gehört die Abwicklung des Zahlungsverkehrs an Hand der Giro-Konten der Unternehmen und Privatpersonen, gehört das Kreditgeschäft - Dispo-Kredit, Konsumentenkredit, Hypothekarkredit, Investitionskredit für Unternehmen - , gehört der Handel mit Wertpapieren - Aktien und festverzinslichen Anleihen - und die Abwicklung von Währungstransaktionen. Diese Beschreibung der Aufgabenfelder der Banken unterstreicht die Dienstleistungsfunktion für Unternehmen und Bürger. Sie verweist nicht auf ein Handeln im eigenen Interesse und auf eine eigenständige Machtposition der Banken. Nach § 1 Kreditwesengesetz handelt es sich um Unternehmen, die Bankgeschäfte betreiben und die dabei einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb unterhalten. Diese Formulierung verweist auf den ehrbaren Kaufmann, dessen Handeln von Vorsicht und Vorsorge gegen Risiken gekennzeichnet ist bzw. sein soll. Das Aktivgeschäft besteht vorrangig aus der Gewährung von Krediten mit und ohne grundpfandrechtliche Sicherung. Das Passivgeschäft umfasst die Entgegennahme von Einlagen, die Ausgabe von Sparbriefen, Pfandbriefen und Kommunalobligationen. Grundsätzlich bestehen zu Lasten der Banken Aufklärungs- und Auskunftspflichten insbesondere bei dem Verkauf von Wertpapieren.

Neben diesen eher traditionellen Bankgeschäften ist jedoch in der jüngeren Zeit das Investmentbanking getreten. Hierbei handelt es sich z. B. um Wertpapiergeschäfte für fremde und eigene Rechnung. Hier beginnt der eigentliche risikoreiche Spekulationsbereich, in dem die Banken ihre der Realwirtschaft vorrangig dienende Funktion verlassen und zu eigenständigen Spielern im internationalen Rennen um höchst mögliche Renditen und um wirtschaftlichen Einfluss durch schnelles Größenwachstum werden. In diesen Feldern sind vor allem die Hedge Fonds als Schattenbanken zu nennen, die besonders stark versuchen, sich jeder Form von staatlicher Regulierung zu entziehen. Die Aktivitäten der Investmentbanken und der Hedge Fonds lassen sich kennzeichnen durch Wertpapierhandel, durch den Handel mit Derivaten, Wertpapieren zur Absicherung von Preis- und Kursschwankungen, aber auch durch weltweiten Handel mit Wetten auf Kurs- oder Preisentwicklungen z. B. bei Rohstoffen oder Nahrungsmitteln. Diese Märkte sind in ihren Volumina um ein Vielfaches größer als die zugrundeliegenden Märkte der Realwirtschaft. Wettgeschäfte durch Banken können aber auch völlig losgelöst von der Realwirtschaft abgeschlossen werden. Hier sind wir dann im Casino-Kapitalismus angelangt.

Wetten sind vertragliche Vereinbarungen über zukünftige ungewisse Ereignisse, wobei die beiden Wettpartner sich widersprechend auf den Eintritt oder das Nichteintreten des Ereignisses setzen. Wessen Behauptung sich als richtig erweist, erhält von dem unterlegenen Partner den ausgelobten Einsatz. Voraussetzung einer Wette ist damit, dass keiner den Eintritt/Nichteintritt des Ereignisses im Voraus kennt und ihn auch nicht beeinflussen kann. Ansonsten ist eine Wette nicht nur unfair sondern auch ungültig und der verlorene Wetteinsatz kann zurückgefordert werden. Wenn Banken gegen Privatpersonen wetten, gibt es meistens ein Informationsgefälle zu Gunsten der Banken z.B. auf Grund von Insiderwissen, bzw. die Banken gestalten die Wetten oft so aus, dass sie den Ausgang zu ihren Gunsten beeinflussen können. In diesen Fällen handelt es sich um mangelnde Aufklärung bzw. direkten Betrug.

Da Banken durch Unternehmensfinanzierungen spezielle Kenntnisse von Interna der betroffenen Unternehmen erhalten, besteht immer die Gefahr, dass sie dieses Insiderwissen zu ihrem eigenen Vorteil nutzen, z. B. Aktien dieses Unternehmens veräußern, bevor die Schieflage des Unternehmens öffentlich wird.

Außerdem betreiben sie oft Eigenhandel, also sie versuchen durch den Verkauf oder Ankauf von Aktien ihrer eigenen Bank "Kurspflege" zu betreiben oder aber durch den An- oder Verkauf von fremden Aktien für eigene Rechnung Extra - Gewinne zu erzielen auf Grund ihrer besonderen Marktkenntnisse.

Die Märkte, auf denen Banken tätig sind, unterscheiden sich sowohl regional als auch von der Art des Geschäfts. Während Spareinlagen eher im regionalen Umfeld der Privatpersonen, also bei örtlichen Spar- oder Raiffeisenbanken und evtl. den örtlichen Filialen der Großbanken getätigt werden, sind Investmentbanken vorrangig auf internationalen Märkten tätig. Gibt es um Spareinlagen einen relativ intensiven Wettbewerb, so befinden sich Investmentbanken eher in enger oligopolistischer Konkurrenz, was die Tendenz zu kartellähnlichen Absprachen begünstigt.

Um zu kennzeichnen, wie sich die Bankgeschäfte im Laufe der Zeit verändert haben, sei darauf verwiesen, dass früher Aktien im Schnitt etwa 4 Jahre gehalten wurden, heute sind es auf Grund des automatisierten Computerhandels 22 Sekunden - Aktien sind damit nicht mehr primär Beteiligungen an Unternehmen sondern reine Spekulationsobjekte auf volatilen, stark schwankenden Märkten.

Aus diesem Überblick wird deutlich, dass an die Tätigkeit von Bankern besondere Anforderungen in Bezug auf Zuverlässigkeit, Ehrlichkeit und Vertrauenswürdigkeit zu stellen sind. Dabei befinden sie sich in verschiedenen Dilemmata: Zum einen sollen sie ihre Kunden richtig beraten und ihnen nur die Produkte verkaufen, die zu deren zuverlässig erhobenen Risikoprofilen passen. Zum anderen sind sie verpflichtet zu helfen, die Gewinne der Bank - bei Aktiengesellschaften im Quartals Rhythmus - nach Kräften zu mehren. Zum einen haben sie höchste Normen im persönlichen Umgang mit Geld einzuhalten, zum anderen sind die Verlockungen, Geld im täglichen Geschäft für die eigene Tasche "abzuzweigen" sehr groß. Zum einen ist das traditionelle Bankgeschäft eher konservativ und "langweilig", zum anderen beflügelt bes. das Investment Banking die kreative Fantasie, neue Produkte wie z. B. Derivate so intransparent zu schaffen, dass die Marktgegenseite leicht über den Tisch gezogen werden kann.

Die Macht der Banken beruht daher auf ihrem Kreditpotential, also der Entscheidung darüber, ob sie einen Kredit gewährt oder nicht, auf ihren Industriebeteiligungen, auf der Vertretung der Stimmrechte ihrer Kunden, auf den Mandaten in Aufsichtsräten anderer Gesellschaften und auf den in all diesen Funktionen gewonnenen Informationen (Vgl. Arndt, Helmut, Wirtschaftliche Macht, S. 14ff).

Das Besondere des Finanzsektors gegenüber einem beliebigen Gütermarkt ergibt sich aus der Verflechtung der Banken untereinander: Wird das Vertrauen in ein Unternehmen, das Kühlschränke herstellt, erschüttert, so werden trotzdem weiter Kühlschränke bei anderen Unternehmen gekauft. Wird aber das Vertrauen in die Zahlungsfähigkeit einer Bank erschüttert, so versuchen die Kunden nicht nur dieser Bank, ihre Einlagen abzuziehen, sondern es gibt auch einen Run auf andere Banken. Außerdem ist mit systemischer Bedeutung der Banken gemeint, dass eine Finanzkrise sich auf die Realwirtschaft auswirkt, weil dann die Vergabe von Krediten verknappt wird und dadurch die Unternehmen der Realwirtschaft in Finanzierungsschwierigkeiten geraten. Derartige Effekte treten bei der Schieflage eines Kühlschrankproduzenten nicht auf (Vgl. Amati, Hellwig 1997).

Banken sind damit Zwitter: Einerseits sind sie privatwirtschaftliche Unternehmen im Wettbewerb, andererseits unterliegen sie wegen ihrer volkswirtschaftlichen Bedeutung besonderer Aufsicht und Kontrolle. Zum Dritten sind sie wegen ihrer Geld- und Kreditschöpfungsmöglichkeiten eingebunden in die Geldpolitik, im Euroraum in die der EZB, in den USA in die der FED. Grundsätzlich gilt, dass angesichts der unübersichtlichen Globalisierung der Wirtschaftsbeziehungen Vertrauen zu den Banken seitens der Bürger, seitens der Unternehmer, seitens der Politik noch viel notwendiger ist als früher.

Krisenspirale oder Neustart?

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