Читать книгу Der Besuch der alten Dame von Friedrich Dürrenmatt: Reclam Lektüreschlüssel XL - Bernd Völkl - Страница 5

2. Inhaltsangabe Erster Akt

Оглавление

Mit der Regieanweisung vor dem Beginn des ersten Aktes und dem Dialog der namenlosen Bürger auf dem Bahnhof zeigt der Autor, dass die Stadt Güllen völlig Güllen – eine verarmte Stadtverarmt ist. Die Verbindung zur großen Welt ist praktisch abgebrochen, denn die meisten Züge rasen nur noch durch den Ort, ohne anzuhalten. Früher war Güllen ein wirtschaftlich florierender Ort und eine bedeutende Kulturstadt gewesen. Deswegen haben damals sogar die Expresszüge im Güllener Bahnhof haltgemacht.


Abb. 1: Überblick über die Handlung des ersten Akts

Die Güllener bereiten sich auf den Besuch der Milliardärin Claire Zachanassian vor, die als Klara (Kläri) Wäscher in dem Ort aufgewachsen ist. Sie hoffen, dass sie Güllen zu neuer Blüte verhilft. Sie glauben, dass sie noch zwei Stunden Zeit zur Vorbereitung haben, doch zum Erstaunen aller Einwohner hält ein D-Zug am Güllener Bahnhof. Die Milliardärin hat die Notbremse gezogen, weil sie wegen ihrer Beinprothese nicht mehr im Auto fahren kann und nicht im Bummelzug fahren will. Wegen der verfrühten Verfrühte AnkunftAnkunft können die Planungen für den Empfang nicht mehr abgeschlossen werden, und alles wirkt halbfertig und improvisiert. In den Gesprächen mit den Bewohnern deutet Claire einen möglichen Todesfall an.

Die Milliardärin lässt sich in der Sänfte vom Bahnhof in die Stadt zum »Goldenen Apostel« (S. 14) tragen. Zuvor besucht sie mit Alfred Ill die alten Besuch der alten LiebesorteLiebesorte, die Petersche Scheune und den Konradsweilerwald. Ill heuchelt ihr Liebe vor, doch Claire stellt immer wieder trocken fest, dass die heutige Wirklichkeit mit der Liebe von einst nichts mehr zu tun hat. Im Gespräch macht sie dunkle Andeutungen. Zu diesen Andeutungen passt es, dass sie neben vielen Koffern, die auf einen längeren Aufenthalt hindeuten, auch einen kostbaren schwarzen Sarg mitgebracht hat, der von zwei Dienstmännern ebenfalls zum Gasthof in der Stadt transportiert wird.

Im »Goldenen Apostel« wird die Milliardärin anschließend offiziell in ihrer alten Heimat begrüßt. Nach der verlogenen Rede des Empfang im GasthofBürgermeisters, die nur das Ziel hat, an das Geld der Zachanassian zu kommen, ist die Zeit der Andeutungen vorbei. Ganz offen klärt sie die Güllener über den Zweck ihres Besuches auf. Sie will der Stadt und ihren Bewohnern unter einer Voraussetzung eine Milliarde schenken: Nach fünfundvierzig Jahren will sie sich Gerechtigkeit kaufen. Ill soll für sein früheres Verhalten ihr gegenüber getötet werden, er wird sozusagen zum Tod verurteilt.

Ihre Begleiter stellen sich vor, zugleich erfährt man, was ihr von Ill angetan wurde. Ihr Butler war früher im Ort Oberrichter und ist später für ein immenses Gehalt in den Dienst der Zachanassian getreten. Er rollt nun den Fall wie in einem Gerichtsverfahren noch einmal auf: Vor 45 Jahren hat Grund ihres BesuchsKlara Alfred Ill angeklagt, der Vater ihres Kindes zu sein. Dies wurde von Ill bestritten, der auch noch zwei Zeugen bestochen hat, die vor Gericht beschworen haben, mit Klara geschlafen zu haben. Aufgrund dieses Meineids wurde Ill freigesprochen.

Claire hat die beiden falschen Zeugen später weltweit suchen lassen. Sie wurden gefunden und im Auftrag Claires kastriert und geblendet. Seitdem gehören sie zum Gefolge der Zachanassian. Ihre heutige Situation steht in einem skurrilen Gegensatz zu ihrem Auftreten, denn die beiden Blinden halten sich »fröhlich an der Hand« (S. 47).

Klaras Ein Fehlurteil und seine FolgenKind starb nach einem Jahr, und sie wurde zu einer Dirne. Ihre Heirat mit Zachanassian, den sie im Bordell kennengelernt hatte, machte sie zur reichsten Frau der Welt. Nun will sie also Ill für das einstige Unrecht zur Rechenschaft ziehen und setzt ein hohes Kopfgeld für den Tod ihres einstigen Liebhabers aus, was vom Bürgermeister »im Namen der Menschlichkeit« (S. 50) abgelehnt wird. Damit ist die Exposition beendet. Der Zuschauer kennt nun wesentliche Teile der Vorgeschichte und ist gespannt, ob sich die Güllener von dem Angebot doch noch verführen lassen. Für Ill sind das alte Geschichten, die längst verjährt sind.

Der Besuch der alten Dame von Friedrich Dürrenmatt: Reclam Lektüreschlüssel XL

Подняться наверх