Читать книгу Albrecht Dürer's Kupferstiche, Radirungen, Holzschnitte und Zeichnungen - Bernhard Hausmann - Страница 3
Vorwort.
ОглавлениеBei dem Studio der Incunabeln und alten Drucke des fünfzehnten Jahrhunderts ist — namentlich in neuerer Zeit — eine besondere Aufmerksamkeit auf die dazu gebrauchten Papiersorten und deren Fabrikzeichen (Wasserzeichen) gerichtet, über welche die vortrefflichen Werke von Sotheby[1] und anderen, sowie manche Aufsätze im Serapeum, die belehrendste Auskunft geben. Nicht gleiche Berücksichtigung hat indeß dieser Gegenstand bisher in Beziehung auf die Kupferstiche und Holzschnitte der alten Meister gefunden, und doch bieten gerade bei diesen die Papiere und deren Wasserzeichen die interessantesten Aufschlüsse dar, in Beziehung auf die für jeden Kunstfreund, besonders aber für den Sammler, wichtige Frage über die Priorität der Abdrücke.
Bekanntlich haben sich manche Kupferplatten der alten Meister, vorzüglich aber viele ihrer Holzstöcke, noch nach ihrem Tode, zum Theil durch mehrere Jahrhunderte bis auf die Neuzeit erhalten, und sind in den verschiedensten Zeiträumen abgedruckt.
Von entschiedenem Interesse muß es daher für den Kunstliebhaber sein, wenn er auch ohne die nicht immer mögliche Vergleichung mit anderen Abdrücken, schon aus den Papieren des vorliegenden Blattes beurtheilen kann, ob der Druck älter oder neuer ist.
Es kann freilich selbstredend, aus den Papieren allein, ein stets zutreffender Schluß auf die Güte des Abdrucks nicht gezogen werden, denn es kommen zuweilen, auf den ersten Papieren, in Folge häufigerer Benutzung der Platte stumpf gewordene, bei dem Druck mißrathene, oder durch spätere Behandlung verdorbene Abdrücke vor; doch wird es dem Sammler, welcher, die Papiere beachtend, Vergleiche anstellt, nicht entgehen, wie in der Regel die Güte der Abdrücke zu gewissen Papiersorten in genauer Beziehung steht.
Bei keinem der alten Meister ist aber das Studium der Papiere und deren Wasserzeichen wichtiger und belohnender, als bei Albrecht Dürer, da seine zahlreichen, von Anfang an bewunderten und beliebten Arbeiten in Abdrücken von der allerverschiedensten Güte vorhanden sind, welche in sehr von einander entfernten Zeitabschnitten, sowohl während seines Lebens, als nach seinem Tode genommen wurden, und diese Zeitabschnitte sich, zum Theil mit Entschiedenheit, nach den zu den Abdrücken gebrauchten Papiersorten bestimmen oder doch unterscheiden lassen.
Namentlich glaube ich: daß bei den von Dürer mit gedrucktem Text herausgegebenen Holzschnittfolgen, die so lange streitige Frage wegen der Priorität der Abdrücke, mit oder ohne Text, sich durch die Papiere und deren Merkmale mit Bestimmtheit lösen lässt.
Ich selbst, einer der ältesten Dürer-Sammler, denn die ersten Erwerbungen für mein gegenwärtig sehr vollständiges Werk geschahen schon im September 1806 in Paris, bin erst seit etwa sechs Jahren auf die Wichtigkeit des Studiums der Papiere aufmerksam geworden, habe aber dasselbe seitdem mit regem Eifer verfolgt und für diesen Zweck, auf wiederholten Reisen, den größten Theil der öffentlichen Sammlungen Dürer’scher Werke, in und ausserhalb Deutschlands, sowie zahlreiche Privat-Sammlungen sorgfältig durchgesehen, und gestrebt, durch Zusammenstellung der gemachten Beobachtungen zu bestimmten Resultaten zu gelangen.
Bei der Prüfung der Privat-Sammlungen, bin ich von mehreren der eifrigen und unterrichteten Besitzer derselben auf das wirksamste unterstützt, und bei den Vorständen der öffentlichen Sammlungen habe ich, fast ohne alle Ausnahme, eine so bereitwillige Zuvorkommenheit gefunden, daß ich solches nicht dankbar genug erkennen kann.
Leider hat bei einem großen Theile der öffentlichen Sammlungen, das Einkleben der Blätter in Bücher, oder das sorgfältige Befestigen derselben auf die Untersatzbogen, an allen vier Ecken, meine Bemühungen, die Wasserzeichen zu erkennen, sehr erschwert, häufig ganz unmöglich gemacht, und meine Erfolge sind daher, ungeachtet der ausserordentlich großen Zahl von mir geprüfter Abdrücke, durchaus nicht als erschöpfend zu betrachten.
Diese Ueberzeugung hätte mich vielleicht abhalten sollen, mit den Resultaten der von mir gemachten Bemerkungen jetzt schon vor die Oeffentlichkeit zu treten; doch darf man im 78sten Lebensjahre, Nichts auf kommende Zeiten verschieben, und ich hoffe, daß diese, wenn auch mangelhafte Arbeit, jüngere Kräfte veranlassen wird, sie zu vervollständigen und den interessanten Gegenstand weiter zu verfolgen.
Bei Erwähnung der einzelnen Blätter unsers Meisters habe ich indeß geglaubt, mich nicht allein auf das Papier derselben beschränken zu dürfen, da mein langjähriges Sammeln, und die Untersuchung einer so großen Menge von Abdrücken, mir Gelegenheit gegeben hat, auch andere bisher nicht beachtete Notizen zu nehmen, deren Mittheilung nicht ohne Werth sein, namentlich auch zur Berichtigung mancher durch Heller und seine Nachschreiber verbreiteten Irthümer beitragen dürfte.
Ich habe dabei auch die interessanten Nachrichten des Vasari[2] über die Kupferstiche und Holzschnitte Dürer’s berücksichtigt, welche bisher in unsern Werken über dieselben fast gar keine Würdigung gefunden haben.
In dem dritten Abschnitt sind von mir einige Nachweisungen über die große Zahl der vorhandenen Zeichnungen und Skizzen unsers Meisters hinzugefügt, da dieselben bis jetzt weder bekannt noch beachtet genug, und doch so sehr geeignet sind, über die Entwickelung und die vielseitige Thätigkeit dieses großen Künstlers, die wichtigsten Aufschlüsse zu geben.
Auch bei diesen habe ich auf die gebrauchten Papiere und ihre Kennzeichen besondere Aufmerksamkeit verwendet, da eine Beachtung derselben es nicht selten dem Liebhaber erleichtern wird, die Originale von den zahlreichen späteren oft sehr geschickten Nachahmungen zu unterscheiden.
Um die Vergleichung zu erleichtern, habe ich von den wichtigsten Wasserzeichen Durchzeichnungen nehmen lassen und sind solche auf den angefügten Tafeln in der wirklichen Größe abgebildet. Ich muß indeß dabei bemerken, daß mehr oder mindere Abweichungen in den Formen dieser Fabrikzeichen nicht selten vorkommen. Von manchen Wasserzeichen ist es mir nicht möglich gewesen, eine genaue Durchzeichnung zu erhalten, und habe ich mich bei diesen daher, auf eine Angabe der Form derselben und die Entfernung der Drathlinien des Papiers beschränken müssen.
Bei allen vorkommenden Maßen ist der altfranzösische Zoll mit der Eintheilung in 12 Linien zur Anwendung gebracht.
Hannover, den 15. Mai 1861.
B. Hausmann.