Читать книгу Albrecht Dürer's Kupferstiche, Radirungen, Holzschnitte und Zeichnungen - Bernhard Hausmann - Страница 5
Einleitung.
ОглавлениеDie Dürer’schen Kupferstiche und Radirungen lassen sich nach Drei Haupt-Perioden eintheilen, nämlich:
1) Diejenigen, welche bis zu seiner Reise nach Venedig gearbeitet wurden, also bis gegen Ende des Jahres 1505.
2) Diejenigen aus der Zeit nach der Italienischen Reise bis zu der Reise nach den Niederlanden, vom Jahre 1507 bis 1520, und
3) Diejenigen, welche nach der Rückkunft aus den Niederlanden entstanden, vom Jahre 1521 bis 1527.
Wie sich im Allgemeinen eine Verschiedenheit der Behandlung in diesen drei Perioden wahrnehmen lässt, so tritt auch eine Verschiedenheit der in denselben zu den Abdrücken verwandten Papier-Sorten und ihrer Wasserzeichen hervor, wohlverstanden der Papier-Sorten, welche sich bei den früheren Abdrücken vorfinden, denn der Fall ist häufig: daß man von derselben Platte gute, zuweilen selbst schöne, wenn gleich später genommene Abdrücke auf Papier-Sorten einer der folgenden Perioden antrifft.
Die Haupt-Papier-Sorte der Ersten Periode hat das Wasserzeichen des Ochsenkopfes, doch kömmt auch Papier mit dem Wasserzeichen des gothischen P vor.
Papier mit dem Wasserzeichen des Ochsenkopfes findet man, in großer Verschiedenheit der Form und der Beiwerke, schon bei den ältesten Bücher-Drucken, und auch Martin Schön bediente sich desselben vorzugsweise zu seinen Kupferstichen.
Nach neueren Ermittelungen des Herrn Commissairs Gütermann in Ravensburg war der Ochsenkopf das Fabrikzeichen des von der Familie Holbain und deren Nachfolgern verfertigten Leinen-Papiers[3].
Das von Dürer zu seinen Kupferstichen benutzte Papier, mit jenem Wasserzeichen, wie solches auf den angefügten Tafeln unter Nr. 1 abgebildet ist, hat über dem Ochsenkopf einen einfachen Drathstrich mit einer 5-blättrigen Blume, unter demselben einen gleichen Strich, der mit einer dreieckigen Spitze und zwei Queerstrichen darüber endigt.
Die Masse dieses Papiers ist überaus weich und fein, es ist mit einem sehr dichten Drathsieb geschöpft und so dünn: daß man das Wasserzeichen zuweilen schon auf der Stirnseite sehen kann. Die durchlaufenden Drathstriche sind nicht stark, oft schwer wahrzunehmen; ihre Entfernung beträgt gewöhnlich 13¾ bis 14¼ Pariser Linien, doch ist solche auch etwas geringer bis 13¼, oder etwas größer bis 15 Linien.
Dieses Papier ist, seiner Feinheit wegen, sehr dem Einreißen ausgesetzt, sonst für die Schönheit der Abdrücke besonders günstig.
Bei einzelnen Stichen Dürers — jedoch nicht häufig — kommt ein Papier mit dem Ochsenkopfe vor, über welchem sich auf doppelten Drathstrichen ein Kreuz mit einer Blume darüber befindet, Nr. 2. Dieses ist bedeutend dicker als das vorher bezeichnete, pergamentartig, und die Drathstriche sind kaum bemerkbar.
Das Papier mit dem gothischen P, Nr. 3, ist ebenfalls stärker als das feine Ochsenkopf-Papier und zeigt im Gewebe eine weit weniger dichte Schöpfform, die Drathstriche sind oft nicht zu erkennen.
In der zweiten Periode findet man im Anfange, namentlich bei den kleineren Blättern, noch häufig das Papier mit dem Ochsenkopf, auch trifft man es, jedoch selten, bei einzelnen der größeren Blätter aus dieser Zeit. Bald aber, und besonders nach 1510, wird dieses durch das Papier mit dem Wasserzeichen der hohen Krone verdrängt, und verschwindet ganz bei den größeren Blättern mit dem Jahre 1513. An dieses Papier mit der hohen Krone reihen sich, wiewohl nicht so häufig, Papiere mit den Wasserzeichen des Reichsapfels, eines Ankers im Kreise, und zweier mit Zinnen gekrönter Thürme, welche durch eine Mauer verbunden sind.
Das Papier mit dem Wasserzeichen der hohen Krone (auch wohl Kaiser-Krone genannt), Nr. 4, welches, zwar selten, doch namentlich bei alten Zeichnungen schon in den letzten Jahren des 15. Jahrhunderts vorkömmt, und von unserm Meister in den zu der Verwendung geeigneten Sorten besonders viel gebraucht ist, hat im Stirnreif der Krone fünf Perlen und auf dem hohen verzierten Bügel ein Kreuz. Die Masse des Papiers ist nicht so milchweiss wie bei demjenigen mit dem Ochsenkopf, sie fällt etwas ins gelbliche und ist mit einer weniger dichten Drathform geschöpft. — Das Papier ist griffiger und bei den erhaltenen Rändern gegen die Platte vorstehend.
Die Drathstriche sind sichtbar, aber in ihrem Abstände oft auf demselben Bogen verschieden. Gewöhnlich findet man sie 13½ bis 14 Pariser Linien von einander entfernt, zuweilen nur 12½ und 13, dagegen auch 15¼ Linien, letzteres jedoch selten.
Das Papier mit dem Reichsapfel und einem fünfstrahligen Stern darüber als Wasserzeichen, Nr. 5, ist fest und hat 13¾, zuweilen auch 15 Linien entfernte Drathstriche.
Dasjenige mit dem Wasserzeichen des Reichsapfels, mit einem Kreuz darüber, Nr. 6, ist besonders fest und in innerer Güte dem Kronen-Papier ähnlich, es unterscheidet sich indeß von diesem dadurch, daß der Abstand der Drathstriche nur 11½ Linien beträgt.
Das Papier mit dem Wasserzeichen des Ankers im Kreise, Nr. 7, ist nicht sehr fein von Masse, aber kernigt; die Drathstriche sind 13½ bis 14 Linien von einander entfernt.
Bei den Papieren, deren Wasserzeichen in zwei mit Zinnen versehenen Thürmen besteht, welche ein durchbrochenes Stück Mauer, mit ein oder zwei Spitzen darunter, verbindet, Nr. 8 und 9, findet man die Masse fein, wenngleich nicht immer so rein, wie bei manchen der früheren Sorten; die Entfernung der Drathstriche ist verschieden und beträgt 12, 13¼ auch 14 Linien.
Das in der dritten Periode fast ausschliesslich vorherrschende Papier hat das Wasserzeichen eines kleinen Kruges mit einem Henkel.
In den allerletzten Lebensjahren Dürers kömmt noch das Wasserzeichen eines Wappens mit zwei Lilien und einer großen Krone darüber, so wie das ebenfalls mit einer Krone bedeckte Wappen von Nürnberg vor.
Das Papier mit dem Henkelkruge, Nr. 10 oder 10a, ist von einer feinen weißen Masse, nicht sehr dick, doch in sich fest. Seine Drathstriche haben eine Entfernung von 12¾ bis 13¼ Pariser Linien.
Bei den ersten Abdrücken Dürer’scher Blätter findet man dasselbe vor dem Jahre 1520 nicht, dagegen kömmt es bei den späteren Abdrücken mehrerer Platten aus früheren Perioden vor, welche, wenngleich weniger kräftig als früher, der auf den Druck verwandten Sorgfalt nach, von unsrem Meister selbst veranstaltet zu sein scheinen, vielleicht um den auf der Niederländischen Reise abgesetzten Vorrath zu ergänzen. — Vorzüglich trifft man es aber bei solchen Platten, deren Abdrücke früher weniger in den Handel gekommen und in dem Reise-Tagebuche unter denen auf derselben verkauften nicht verzeichnet sind.
Allgemeine Verwendung scheint dieses Papier aber nach Dürers Tode bei dem Abziehen seiner Kupferplatten aus allen Perioden gefunden zu haben, denn man findet dasselbe häufig bei Abdrücken, deren breite Papierränder erhalten sind, welche aber den früheren Abdrücken, namentlich denen auf Ochsenkopf- oder Kronen-Papier an Wärme und Frische der Farbe wesentlich nachstehen. So hatte unter anderen ein großer Theil, der durch breite Papierränder mehr, als durch die Schönheit des Drucks ausgezeichneten Blätter der im Jahre 1853 in Leipzig verkauften Ackermannschen Sammlung, Papier mit dem Wasserzeichen des Henkelkruges.
Das Wasserzeichen des mit einer Krone bedeckten Wappenschildes mit zwei Lilien und einem gothischen b darunter, Nr. 11, ist auch in Hellers Leben und Werke Albrecht Dürers, 2. Theil, pag. 46, abgebildet. Die Drathstriche haben eine Entfernung von 11 Linien.
Das Papier mit dem Wappen von Nürnberg und einer Krone darüber, Nr. 12, welches am frühesten auf einzelnen Bogen Dürer’scher Manuscripte auf der Nürnberger Stadt-Bibliothek vorkommt, hat eine Entfernung der Drathstriche von 13¾ Linien.
Die Papiere mit dem vorbemerkten Wasserzeichen 1 bis 12 glaube ich, meinen Wahrnehmungen nach, als diejenigen bezeichnen zu dürfen, welche Albrecht Dürer in der Regel zu den von ihm selbst gemachten oder besorgten Abdrücken seiner Kupferstiche und Radirungen verwendet hat, welches indeß nicht ausschliesst: daß einzelne andere Papiere, ohne oder mit abweichenden Wasserzeichen von ihm — jedoch nur in einzelnen Fällen — gebraucht sein mögen.
Von einer Anzahl anderer Wasserzeichen, welche man in Abdrücken Dürer’scher Platten antrifft, glaube ich dagegen bestimmt behaupten zu können: daß solche Papieren angehören, welche erst nach Dürer’s Tode, theilweise erst in späteren Zeiten, zu seinen Kupferstichen und Radirungen verwendet wurden.
Die vorzüglichsten davon sind:
Der stehende Hund mit gestutzten Ohren, Nr. 13. Entfernung der Drathstriche 13¼ Linien.
Zwei Thürme mit einem Mauerstück dazwischen, Nr. 14. Entfernung der Drathstriche 11½ Linien.
Das Wappen der Stadt Schrobenhausen in Ober-Bayern, Nr. 15. Abstand der Drathstriche 13 bis 13¾ Linien.
Das, dem der Stadt Nürnberg ähnelnde Wappen mit einem Mohrenkopfe darunter, Nr. 16. Entfernung der Drathstriche 12¾ Linien.
Der doppelte Reichsadler mit einem Thurm, Nr. 17. Entfernung der Drathstriche 12 Linien.
Das Wahrzeichen von Augsburg, der Kelch mit dem Tannzapfen (Zirbel-Nuss), Nr. 18. Abstand der Drathstriche 16 Linien.
Auch auf diesen Papieren findet man ab und an einen guten Abdruck, doch nur von einzelnen bis dahin weniger abgenutzten Platten. Einen Vergleich mit früheren frischen Abdrücken halten sie indeß nicht aus.
Die Bestimmung der Papier-Sorte des einzelnen Abdrucks bietet übrigens oft große Schwierigkeiten dar, denn in der bei weitem größeren Zahl der in den Sammlungen vorhandenen Dürer’schen Blätter ist das Wasserzeichen nicht zu sehen.
Ungeachtet der eifrigst darauf verwendeten Sorgfalt ist es mir bis jetzt bei 23 Dürer’schen Blättern nicht gelungen, ein Wasserzeichen aufzufinden, und in den vollständigsten der mir zugänglich gewesenen Sammlungen beträgt die Zahl der Abdrücke mit sichtbarem Wasserzeichen, die kleine Passion ausgenommen, nicht über Siebenunddreissig.
Wo aber das Wasserzeichen nicht sichtbar ist, entstehen große Ungewißheiten dadurch: daß die sonstigen Kennzeichen des Papiers, die Entfernung der Drathstriche und das innere Gewebe theils nicht gleich sind, theils nicht immer wahrgenommen werden können.
Bei diesen alten Papieren kömmt es vor: daß auf einzelnen Bogen die Drathstriche um 1 bis 3 Linien im Abstande verschieden, auch durch die stärkere oder geringere Anfeuchtung behuf des Drucks verändert sind; das Gewebe des Papiers aber ist durch das nur zu häufige Waschen und Bleichen der Abdrücke, oder durch scharfes Pressen, oft bis zur Unkenntlichkeit entstellt.
Daß aber in den Abdrücken so häufig kein Wasserzeichen vorhanden ist, erklärt sich daraus: daß von manchen Platten zwei, von den meisten vier auf einen Bogen gedruckt wurden. Dürer selbst unterscheidet in seinem Tagebuche der Niederländischen Reise die »Ganz Pögen,« »Halb Pögen« und »Viertels Pögen«. — Von ersteren war ein ganzer Bogen zu einem Abdruck erforderlich, und auf den großen Blättern findet man daher, besonders wenn sie auf Ochsenkopf-Papier gedruckt sind, in der Regel das ganze Wasserzeichen.
Bei den »Halb Pögen« konnte nur ein Abdruck von zweien das Wasserzeichen erhalten, bei den »Viertels Pögen« blieben aber jedesmal zwei Abdrücke ohne Zeichen, und zwei erhielten nur einen Theil davon, wobei das Meiste auf die Papierränder von ansehnlicher Breite fiel und mit diesen fast allgemein verloren gegangen ist.
Man sieht daher bei den kleineren Blättern, wenn sie keinen breiten Papierrand haben, vom Ochsenkopf höchstens die obere Blume oder die untere dreieckige Spitze, von der hohen Krone den Stirnreif oder das Kreuz.
Das Kronen-Papier scheint dabei von doppelter Größe gewesen zu sein, denn man trifft die großen Blätter, welche meist auf diesem Papier gedruckt sind, nicht selten ohne Wasserzeichen, jedoch auf Papier, welches den übrigen Kennzeichen nach jenem ganz gleicht. Besonders ist dieses bei den größeren Blättern aus der Periode von 1513 bis 1520 der Fall, wo das Ochsenkopf-Papier von kleinerem Format nicht mehr verwendet wurde. Man könnte veranlaßt werden zu vermuthen: daß Dürer in dieser Periode Papier-Sorten ohne Wasserzeichen gebraucht hätte, wenn man nicht bei den Holzschnitten sowohl, als bei den Handzeichnungen aus dieser Zeit fast immer Wasserzeichen fände.
Bei dem Papiere mit dem Henkelkruge kommt noch der Umstand hinzu: daß das sehr kleine Wasserzeichen sich nicht in der Mitte des Bogens, sondern an der Seite befindet, und daher häufig mit dem Papierrande verschwunden ist.
Da, wo ich auf den Abdrücken einzelner Blätter kein Wasserzeichen habe wahrnehmen können, sind von mir die Entfernungen der Drathstriche, in sofern sie sichtbar waren, angegeben, da solche immer einige Anhaltspunkte gewähren.
Im Allgemeinen kann man bei Beurtheilung der Papier-Sorten als Regel annehmen: daß die ältesten die festesten, oder doch von besonders sorgfältig gewählter Masse sind. Ihre Drathstriche haben dabei eine größere Entfernung von einander. Mit dem allmählichen Geringerwerden der Güte der Masse schwindet auch in der Regel der Abstand dieser Drathstriche, welcher von 16 Linien und darüber bis unter 11 Linien herabsinkt.
Um nun auf die einzelnen Kupferstiche und Radirungen überzugehen, so glaube ich, ohne die von Young Ottley[4] und Heller[5], auf eine meines Erachtens nicht glückliche Weise, versuchte Bestimmung der Priorität jedes einzelnen Blattes unternehmen zu wollen, doch — als der Ersten Periode angehörend — die folgenden 30 Blätter bezeichnen zu dürfen, bei deren Nummern ich, wie bei allen folgenden, diejenigen des Peintre Graveur von Bratsch angenommen habe, welches Handbuch in Beziehung auf Albrecht Dürer noch immer das sicherste bleibt. Dieses sind: B. Nr. 1, 2, 28, 29, 30, 34, 42, 44, 55, 56, 63, 68, 69, 75, 76, 78, 80, 81, 82, 83, 85, 86, 88, 92, 93, 94, 95, 96, 97, 101. —
Young Ottley nimmt bei seiner Ordnung der Dürer’schen Blätter für diesen ersten Zeitabschnitt eine weit größere Zahl (46 Blatt) an, da er ohne genügenden Grund alle diejenigen Stiche dahin rechnet, denen die Jahreszahl fehlt.
Dürer ist aber bei der Bezeichnung seiner Arbeiten in dieser Beziehung durchaus nicht gleichmäßig verfahren.
Wenn auch die Kupferstiche, welche er nach der Rückkunft aus den Niederlanden arbeitete, sämmtlich mit der Jahreszahl versehen sind, so geschah dieses vor der Reise dorthin keinesweges unbedingt; wie solches sich bei mehreren Kupferstichen, besonders auch durch die Bezeichnung zahlreicher Skizzen und Zeichnungen, nachweisen läßt, welche unverkennbar dieser zweiten Periode angehören. Auch der wiederholt gemachte Versuch, durch die Form des Monogramms die Zeit der Anfertigung bestimmen zu wollen, führt nur bei einigen der frühesten Blätter zu einem genügenden Resultate.
Kein Meister ist wohl so verschieden wie Dürer in der Zeichnung seiner Monogramme gewesen, welche — obwohl durch einen gewissen allgemeinen Character, bei einiger Uebung sehr wohl von den häufigen Nachbildungen derselben zu unterscheiden — besonders bei seinen Zeichnungen höchst abweichend von einander sind, und häufig in Beziehung zu der mehr oder minderen Ausführung der Arbeit stehen.
Auch Heller hat in seinen ersten beiden Abtheilungen, welche den von mir angenommenen Zeitraum begreifen, 7 Blätter mehr als ich aufgeführt. Ueber einige derselben kann die Ansicht zweifelhaft sein, doch werde ich es bei den einzelnen Blättern versuchen, die Verweisung in die zweite Periode zu rechtfertigen.
Zu dieser zweiten Periode zähle ich: B. Nr. 3 bis 18, 19 bis 26, 31 bis 33, 35 bis 41, 43, 48, 50, 53, 54, 57, 58 bis 62, 64 bis 67, 70 bis 74, 77, 79, 84, 87, 89, 90, 91, 98, 99, 100, 102.
Die dritte Periode enthält nur die Kupferstiche B. 46, 47, 49, 51, 52, 103, 104, 105, 106 und 107.
Das Jahr, in welchem Albrecht Dürer zuerst in Kupfer gestochen hat, ist bis jetzt nicht ermittelt; doch muß man annehmen: daß er — als Goldschmiedslehrling, mit der Kunst in Metall zu graben, bekannt geworden — durch die vortrefflichen Kupferstiche der Meister des fünfzehnten Jahrhunderts schon früh veranlaßt gewesen sein wird, sich selbst in der Kupferstecher-Kunst zu versuchen.
Da er bereits im Jahre 1498 das große Holzschnitt-Werk der Apokalypse vollendet hatte, so ist es höchst wahrscheinlich, daß einzelne Kupferstiche von ihm noch vor dieser Zeit gearbeitet sein werden, wenngleich ich auf den gewöhnlich dafür angeführten Beweis, die Jahreszahl 1497 auf dem Kupferstich der »Vier nackten Frauen«, B. 75, ein zu großes Gewicht nicht legen möchte; da die Bemerkungen des Herrn Dr. Nagler über dieses Blatt, im dritten Hefte seiner Monogrammisten, pag. 168, Nr. 33, wohl beachtet zu werden verdienen.
Wenn der in dem Königlichen Kupferstich-Cabinet in Dresden vorhandene Abdruck der Bekehrung Pauli wirklich, wie der verstorbene Director Frenzel es darzuthun unternommen hat[6], von einer Kupferplatte Albrecht Dürer’s herrührt, so möchte dieses allerdings wohl der erste Versuch gewesen sein.
Obgleich einige Verwandtschaft dieser Bekehrung Pauli mit einzelnen Figuren und Anordnungen der Apokalypse zugegeben werden muß, auch ähnliche Reutergestalten auf einer früheren Zeichnung Dürer’s vom Jahre 1489 in der Sammlung der Kunsthalle in Bremen vorkommen, so läßt doch eine gewiße widerwärtige, dem Dürer sonst nicht eigene Rohheit dieses Blattes und die Schwäche der Landschaft, namentlich der Architectur in derselben, gerechten Zweifeln Raum.
Besonders möchte auch schwer zu erklären sein: wie die Zartheit der Kupferstiche des Meisters vom Jahre 1466 und des Martin Schongauer gar keinen Einfluß auf den angehenden Künstler ausgeübt haben sollten.
Ist diese Platte wirklich von Dürer gestochen, so muß es in sehr jungen Jahren geschehen sein, denn im Jahre 1494 bewies er sich schon in der schönen Zeichnung, durch welche er seine Aufnahme als Meister bewirkte, jetzt in der kostbaren Sammlung des Herrn E. Harzen in Hamburg, als einen Künstler von so feinem Naturgefühl und so genauem Studio des Landschaftlichen, daß er einen Stich, wie den der Bekehrung Pauli, gewiß nicht mehr gearbeitet haben würde.
Der Abdruck in Dresden ist restaurirt und aufgezogen, daher ich über das dazu verwandte Papier keine Beobachtungen zu machen im Stande gewesen bin.
Zu den frühesten Dürer’schen Stichen gehört jedenfalls auch der große Courier, B. 81, wenn er überall von der Hand unseres Meisters herrührt, worüber — wohl nicht ohne Grund — bedeutende Zweifel obwalten.
Einige Uebereinstimmung mit diesem, besonders aber mit der vorhin erwähnten Zeichnung vom Jahre 1489 hat das von Bartsch unter Nr. 92 »le Violent« genannte Blatt, welches auch ohne Monogramm ist und jedenfalls zu den Erstlingen seiner Leistungen als Kupferstecher gehört.
Der nur in Contouren angelegte Hintergrund der Landschaft und die eckige Behandlung des Strauchwerks sind Eigenthümlichkeiten, welche auf der erwähnten Zeichnung ebenfalls vorhanden sind, auf späteren Stichen Dürer’s so aber nicht wieder vorkommen.
Diesem Stiche dürfte sich am nächsten, B. 44, »die heilige Familie mit dem Schmetterlinge« (richtiger der Heuschrecke) anschließen, welcher ebenfalls dem 15. Jahrhunderte angehören muß, da Israel von Meckem, welcher 1502 starb, davon eine Copie gestochen hat.
Der Form des Monogramms nach wird die »Liebes-Erbietung«, B. Nr. 93, etwa auf das vorstehende Blatt folgen; hier finden wir bei mancher Rohheit des Stiches doch schon eine größere Ausbildung der Landschaft und auch eine sorgfältigere Behandlung der Gesträuche.
Weiter die Priorität der einzelnen Stiche mit einiger Sicherheit zu verfolgen, halte ich für sehr schwierig, und ziehe es, besonders auch der bequemen Uebersichtlichkeit wegen, vor, meine Bemerkungen über die einzelnen Blätter nach den Nummern des Peintre graveur von Bartsch folgen zu lassen.