Читать книгу Totensee - Betty Hugo - Страница 13
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Оглавление11. Kapitel
In den frühen Morgenstunden verfiel Lisa in einen unruhigen Schlaf. Sie wachte davon auf, dass ein blaues Blinklicht durch das offene Fenster sein grelles, rotierendes Licht bis auf ihre Bettdecke schickte. Sie meinte, auch das schwache Geräusch eines Martinshorns in der Ferne zu vernehmen.
Wie von Furien gejagt sprang Lisa aus dem Bett und stolperte schlaftrunken ans Fenster. Die kühle Nachtluft belebte schlagartig ihre Sinne. Waghalsig beugte sie sich hinaus über die Brüstung und forschte in der Dämmerung nach der Ursache des Blaulichts.
Der bläuliche Schein kam aus der Richtung, in der sie den See vermutete. Seine riesige, schwarze Fläche wirkte im bleichen Mondlicht tatsächlich wie der Höllenschlund und strahlte etwas Unheilverkündendes aus. Es waren in der Tat mehrere Blaulichter, die eine gespenstische Szenerie beleuchteten.
Ganz schwach meinte sie in der langsam aufkommenden Morgendämmerung mehrere Fahrzeuge als kleine Punkte am Seeufer zu erkennen. Sie kniff angestrengt die Augen zusammen. Polizeifahrzeuge? Feuerwehr?
Unwillkürlich überkam Lisa ein nie gekannter Adrenalinschub. Jetzt gab es kein Halten mehr. Nichts und Niemand würde sie davon abhalten, den Dingen hier auf den Grund zu gehen.
Flüchtig tauchte in ihrem Kopf noch der Gedanke auf, ihren neuen Bekannten Jonas, dessen Zimmer sich nur einige Meter entfernt auf dem Flur befand, zu fragen, ob er mitkommen wollte. Lisa verwarf diesen Gedanken jedoch in der gleichen Sekunde, in der er sie streifte. Nein, das war allein ihre Angelegenheit. Sie würde keinen anderen Menschen da mit hineinziehen.
In Windeseile fuhr Lisa in ihre Jeans und streifte ein T-Shirt über. Dann raffte sie ihre Treckingschuhe zusammen und rannte mit fliegenden Haaren und bloßen Füßen, um kein lautes Getrampel zu verursachen, durch die menschenleere Hotelhalle in den Innenhof des Klosters.
Lisa drückte die Klinke des Haupttores.
„So ein Mist auch“, entfuhr es ihr. Es war verschlossen. Ihr Herzschlag beschleunigte sich erneut um einige Takte. „War das hier nachts etwa ein Gefängnis?“
Mit fliegenden Händen hangelte sie sich an der Mauer entlang. Nach einigen Metern ertastete sie eine kleine Seiteneingangstür, die mit einem altmodischen Türschloss gesichert war. Lisa rüttelte energisch daran, nichts tat sich, offensichtlich auch abgeschlossen. Sie ging einige Meter rückwärts, nahm ordentlich Anlauf und rannte gegen das Hindernis, wobei sie versuchte, das Holz mit ihrem soliden Wanderstiefel einzutreten. Erstaunlicherweise hielt das Schloss stand, aber die Bohlen des Türblatts waren vom Alter morsch und splitterten entzwei.
Lisa bückte sich, bog die entstandene Öffnung mit den Händen auseinander und kroch hindurch. Schon befand sie sich im Freien. Mit zerkratzten Armen und von Brennnesseln geschundenen Beinen rappelte sie sich auf und peilte die Lage.
Genau, das Blinklicht zeigte ihr den Weg. Erst rannte sie Querfeldein, bis sich ein kleiner Trampelpfad im Morgengrauen zeigte, der in Richtung des dunklen Wassers führte. Lisa beschleunigte ihre Schritte. Jetzt kam ihr ihre Fitness zugute. Tag für Tag legte sie unzählige Schritte bei ihrer Arbeit zurück. Längere Strecken im Laufschritt bewältigte sie, dank dieses Trainings, routiniert. Endlich öffnete sich das Gebüsch und gab den Blick auf den Uferstreifen frei. Sie schätzte, dass sie nur etwa einen Kilometer gerannt war.
Ihr Laufschritt wurde durch ein weiß-rotes Absperrband brutal abgebremst, als sie um eine enge Kurve rannte. Fast hätte sie das Band zerrissen.
Obwohl gerade erst die Morgendämmerung hereinbrach, hatte sich wie aus dem Nichts eine überschaubare Menschenmenge versammelt. Vermutlich kamen die Leute aus dem nahe gelegenen Dorf, überlegte Lisa. Nachdem sie einige Sekunden, wie alle anderen, mit offenem Mund wie versteinert auf die gespenstische Szenerie gestarrt hatte, gewann ihr Verstand wieder die Oberhand.
Sie war nicht hier um zu glotzen, sondern um herauszufinden, was passiert war und ob das für ihre eigenen Nachforschungen eine Bedeutung hatte.
Ein sehr unangenehmes Ziehen in der Magengegend, das Lisa immer als Bauchgefühl bezeichnete, meldete ihr bereits jetzt, dass irgendetwas schreckliches hier am See passiert sein musste. Auch wenn sie bislang noch keinerlei Beweise dafür beibringen konnte, bis auf das große Aufgebot an Hilfskräften zu nächtlicher Stunde.
Sie zählte die Einsatzfahrzeuge. Es waren drei Polizeiwagen vor Ort, zwei wuchtige, große Feuerwehrfahrzeuge und ein Notarztwagen dessen hintere Türen offen standen und den Blick auf eine leere Bahre freigaben. Zu guter Letzt bemerkte Lisa einen schwarzen, altmodischen Leichenwagen mit einem vornehm eingravierten Engel auf der mattierten Seitenscheibe, dessen hintere Türen ebenfalls geöffnet waren. Auf der Erde, neben dem Fahrzeug lag ein Leichensack auf einer Bahre.
Lisa kannte sich mit solchen Dingen aus, schließlich arbeitete sie im Pflegeheim und der Tod war durchaus Alltag an ihrem Arbeitsplatz. Das Bestattungsinstitut Lange, holte fast wöchentlich die Verstorbenen ab. Aber da war Lisa auch sicher, dass alle nach aufopferungsvoller Pflege eines natürlichen Todes gestorben waren.