Читать книгу Nalanthia - Bianca Maria Panny - Страница 10

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Die Kutsche landete mitten im Wald, wo sich Cornelius und seine Begleiter beim Verlassen des Gefährts von unzähligen Bäumen und Sträuchern umgeben vorfanden.

Der Rubinenwald übertraf den Feenwald nicht nur in seinem Ausmaß, sondern, wie die Ankömmlinge feststellten, auch an der Vielfalt der Pflanzen, die hier uneingeschränkt wuchsen. Nari ließ ihren Blick begeistert hin- und herschweifen, um alles genau in Augenschein zu nehmen. Als Cornelius es bemerkte, musste er lächeln.

Er wusste, dass seine Freundin sich hier wohlfühlen musste, und auch er konnte nicht leugnen, dass diesem Ort an Schönheit nichts fehlte.

„ Da wären wir“, sagte Grin, um der Stille ein Ende zu bereiten. „ Mein ehemaliges zu Hause. Hat sich kein bisschen verändert. Aber lassen wir das alberne Geschwätz über meine Vergangenheit. Bringen wir es lieber schnell hinter uns.“

„ Zuerst will ich aber was essen“, beschwerte sich Nesso und flatterte zu einem großen

Strauch, an dem saftige rote Beeren hingen.

„ Nesso! Komm sofort zurück!“, befahl die schwarzhaarige Frau der kleinen Eidechse.

Sie seufzte, da sie wusste, es würde nichts bringen, und gesellte sich mit Cornelius und Grin zu ihrem fliegenden Freund, der sich bereits ein ganzes Dutzend Beeren in den Mund gestopft hatte.

„Grin, kann man diese Früchte überhaupt gefahrlos essen?“, wollte Nari von dem Kobold wissen. Dieser zuckte nur mit den Schultern.

„Diese Beeren habe ich noch nie leiden können. Für meinen Cousin waren sie komischerweise eine wahre Gaumenfreude. Zumindest, bis er mit der täglichen Portion

etwas übertrieben hat. Die Beeren sind danach genauso schnell hinten rausgekommen wie rein.“ Grin lachte vergnügt, als er daran zurückdachte.

„ Kasimir war ja so ein Trottel!“

Nesso spuckte bei den Worten des Kobolds die Beeren sofort wieder aus.

„ Klingt ja sehr appetitlich“, sagte er und schaute Nari verlegen an.

„ Deine Kuchen sind sowieso viel besser.“

„ Schluss jetzt mit dem Unsinn“, sagte Cornelius und warf einen Blick in alle Richtungen. „ Also Grin, wo müssen wir hin?“

Grin kratzte sich nachdenklich am Kopf und zeigte schließlich nach links.

„Die Stadt liegt noch ein ganzes Stück im Westen“, klärte er sie auf. „ Wir sollten uns auf den Weg machen.“ Nesso wartete, bis seine Freunde sich in Bewegung gesetzt hatten, ehe er unbemerkt eine weitere rote Beere in den Mund stopfte. Dann flatterte er ihnen schmatzend hinterher.


Sie waren noch nicht lange gegangen, als sie in der Ferne das laute Wiehern ihrer fliegenden Pferde vernahmen, die mehr als aufgebracht zu sein schienen. Bevor auch nur einer der vier etwas unternehmen konnte, erhoben sich die Tiere mitsamt der Kutsche in die Lüfte und suchten mit schnellen Flügelschlägen das Weite.

„ Was zum Kuckuck ist denn mit denen los?“, fragte Nesso verständnislos.

„ Wieso lassen die uns hier so einfach sitzen?“

„ Vielleicht hat sie ein Insekt in den Hintern gebissen“, vermutete Grin und lachte.

„ Jedenfalls hatten sie’s ziemlich eilig.“

„ Ich glaube nicht, dass das ein Insekt gewesen ist“, sagte der Mann mit der Narbe und legte eine Hand auf sein am Gürtel befestigtes Schwert. „ Irgendetwas stimmt hier nicht.“ Da ihr Freund sich bei solchen Vermutungen noch nie geirrt hatte, nahm auch Nari ihre Umgebung genauer unter die Lupe, nur um festzustellen, dass sich bereits eine unheimlich aussehende Nebeldecke über den Bäumen ausbreitet hatte. Als gedämpfte Klagelaute vom Nebel her zu ihnen drangen, lief es der schwarzhaarigen Frau eiskalt den Rücken hinunter.

„ Habt ihr das auch gehört?“, wollte sie von ihren Begleitern wissen.

„Mein Magen war es jedenfalls nicht“, sagte Nesso und verkroch sich in Cornelius Manteltasche. „ Und das ist kein gutes Zeichen“, hörten sie ihn darin sagen.

„Komm schon, Grin, lass uns von hier verschwinden“, beschwor Cornelius den Kobold, der jedoch mit weit aufgerissenen Augen auf etwas starrte, das sich hinter dem Mann befinden musste. Sein Gesicht war von blankem Entsetzen gekennzeichnet.

„Grin?“ Cornelius drehte sich langsam um, konnte allerdings nichts erkennen, worauf der Kobold mit zittrigen Fingern hätte zeigen sollen.

„Die…die Ne … Nebel …“, stotterte Grin angsterfüllt. Dann machte er einen plötzlichen Schritt zurück und sprintete los, so schnell seine kurzen Beine es zuließen.

„ Lauft!“, schrie er. „ Lauft um euer Leben!“

Cornelius und Nari warteten nicht lange damit, seiner Aufforderung Folge zu leisten, wussten aber immer noch nicht, wovor sie eigentlich flüchteten. In wenigen Sekunden hatten sie Grin eingeholt und ein Blick über die Schulter verriet Nari, dass der Nebel tatsächlich die Verfolgung aufgenommen hatte. Was sie dann sah, ließ ihr Herz nur noch schneller schlagen. Zuerst waren es zwei, dann sogar drei, vier Paar leuchtend grüne Augen, die mitten in den grauen Nebelschwaden auftauchten und die Flüchtigen ins Visier nahmen.

„Oh mein Gott! Das sind Nebelreiter! Was sollen wir nur tun, Cornelius?“ Der Mann wagte ebenfalls einen Blick zurück, verlangsamte seine Schritte allerdings nicht.

„Wir müssen uns aufteilen und versuchen, sie abzuhängen. Zusammen entkommen wir ihnen jedenfalls nicht.“

Die Bäume und Sträucher rasten unaufhörlich an ihnen vorbei, und immer noch waren ihnen die Nebelreiter auf den Fersen.

„ Aufteilen!“, schrie Cornelius seinen Freunden zu. „ Jetzt!“

Augenblicklich schlugen alle drei eine andere Richtung ein. Naris Beine trugen sie nach links, mitten hinein in ein Meer aus Sträuchern, gefolgt von einem der Nebelreiter,

während Grin einen Haken nach rechts schlug und mit dem zweiten Nebelreiter im Dickicht verschwand. Cornelius lief geradeaus weiter, zwei Nebelreiter waren direkt hinter ihm und versuchten, ihn einzuholen. Der Mann mit der Narbe zückte schließlich

ein Messer und schleuderte es den unsichtbaren Angreifern entgegen. Ein entsetzlicher

Schmerzensschrei ließ Cornelius wissen, dass seine Waffe getroffen hatte.

Der andere stieß ein wütendes Fauchen aus und schien seine Schritte zu beschleunigen.

Wieder warf der Mann ein Messer nach hinten, dieses Mal hatte er jedoch weniger Glück. Es prallte scheinbar an einem Schild ab, sodass die abgebrochene Klinge im

Gebüsch landete. Was das Messer tatsächlich abgefangen hatte, wusste Cornelius nicht, da er von seinem Verfolger bis auf die glühenden Augen lediglich leichte Umrisse erkennen konnte.

„Du willst Verstecken spielen?“, rief Cornelius. „ Bitte, kannst du haben!“

Von einer Sekunde zur nächsten war der Mann mit der Narbe verschwunden. Der überraschte Nebelreiter gab erneut einen wutentbrannten Laut von sich, bevor er ungebremst in einen großen Baum krachte und daran hinunter glitt. Als sein schemenhafter Körper von einem langen Schwert durchstoßen wurde, konnte er dessen

Besitzer nicht einmal mehr in die Augen sehen. Cornelius hatte seine Unsichtbarkeit

bereits wieder abgelegt und wischte mit einem Tuch das Blut von seiner Waffe.

Nachdem er wieder einigermaßen zu Atem gekommen war, schüttelte er beim Anblick des nun sichtbaren Angreifers den Kopf.

„Ich weiß, es schickt sich nicht, einen Gegner von hinten zu pieksen. Aber du bist schließlich auch nicht ganz fair gewesen.“

Das nächste, was Cornelius in den Sinn kam, war Nari zu suchen. Er hoffte von Herzen, dass sie ebenso viel Glück gehabt hatte wie er.


Grin lief so schnell er konnte, musste allerdings schon bald feststellen, dass sein Verfolger wesentlich mehr Tempo an den Tag legte. Nicht mehr lange, kam es dem verzweifelten Kobold in den Sinn, und er würde es bitter bereuen, den Auftrag des Königs angenommen zu haben. Wie hatte er sich nur dazu überreden lassen können? Was er jetzt brauchte, war ein Wunder. In dem Moment sprang ein weiteres Wesen aus den Sträuchern, das sich sofort auf Grins Angreifer stürzte und erst von diesem abließ, als die grauenhaften Schreie des Nebelreiters verstummt waren. Grin war überrascht stehen geblieben und hatte, sein Glück kaum fassend, das Geschehen beobachtet. Sein breites Grinsen verflog allerdings sofort wieder, als das wolfartige

Geschöpf zähnefletschend auf ihn zuschlich. Grin wich schlagartig zurück, stolperte jedoch über eine dicke Wurzel, sodass er mehrere Purzelbäume schlug. Kaum war er wieder auf den Beinen, zog sich plötzlich etwas unter seinen Füßen zusammen und im nächsten Moment baumelte der Kobold in einem Netz in der Luft. Während das Wesen die Falle umringte und auf den Hinterbeinen versuchte, den Kobold zu fassen, saß jener mit verschränkten Armen gefangen über dem Boden und fragte sich, womit er diesen ganzen Schlamassel nur verdient hatte.


Nari spürte mit wachsendem Unbehagen, dass dem Nebelreiter keineswegs in den Sinn kam, die Verfolgung abzubrechen. Es war höchste Zeit für Plan B. Mit ausgestreckten Armen lief sie auf den am nächst gelegenen Baum zu. Eine kurze Berührung mit der Handfläche, und die Frau verschwand aus dem Blickfeld ihres Angreifers. Dieser konnte natürlich nicht wissen, dass sich Nari mit dem Baum hatte verschmelzen lassen, und Nari beschloss, ihrem Gegner mit diesem Trick jeglichen Vorteil zu rauben. Als sie fünf Meter höher wieder in ihrer menschlichen Gestalt aus dem Stamm heraustrat und an einem langen Ast entlang balancierte, stellte Nari zufrieden fest, dass sie im Nebel unter ihr zumindest die Umrisse ihres Gegners erkennen konnte.

„Hey! Du da unten mit der hässlichen Visage!“, rief sie hinab, nur um in zwei grüne, hasserfüllte Augen zu blicken.

„Ich bin heute noch mit meinem Freund zum Tee verabredet und hab nicht den ganzen Tag Zeit! Also mach entweder die Fliege oder beweg dich gefälligst schneller!“

Fauchend entschied sich das Wesen für letzteres und begann in beachtlichem Tempo, auf den Baum zu klettern. Es war, als würde er von den um ihn herum wabernden Schwaden selbst getragen werden.


Als der Nebelreiter den Ast erreicht hatte, auf dem sich Nari befand, und sich mit schnellen Schritten näherte, legte die schwarzhaarige Frau ihre Hände auf jenen Teil des Baums und verschwand erneut. Der Nebelreiter reagierte nicht schnell genug, als der Ast brach und ihn mit sich in die Tiefe zog. Nari trat am Boden aus dem Stamm heraus und näherte sich mit gezogenem Schwert dem sich krümmenden Nebelreiter. Dann setzte sie dessen Leben mit ihrer Waffe endgültig ein Ende und beobachtete, wie sein Körper gänzlich an Unsichtbarkeit verlor und der Nebel sich um sie herum allmählich in Luft auflöste.

„Das war’s dann wohl“, sagte Nari triumphierend, ehe sie erneut das Schwert schützend vor sich hielt und sich erschrocken umdrehte. Zuerst war sie erleichtert, da es Cornelius war, der aus den Sträuchern angelaufen kam, doch er schien es mehr als eilig zu haben.

„Nari!“, schrie er und packte sie bei der Hand. „ Wir müssen hier weg!“

Nari warf einen Blick über die Schulter und sah zwei wolfartige Wesen mit messerscharfen Zähnen, die ihnen dicht auf den Fersen waren.

„Hat es der ganze verdammte Wald auf uns abgesehen, oder was?“, wollte die Frau genervt wissen, als sie und Cornelius durch die Sträucher rannten. Auch Nesso streckte endlich den Kopf aus seinem Versteck und begann damit, die pechschwarzen Kreaturen mit Keksen zu bewerfen.

„Hier! Vegetarische Kost! Ihr seid nämlich viel zu fett!“, rief Nesso ihnen lachend zu, bevor eines der Wesen zum Sprung ansetzte und Cornelius mit einem Ruck zu Boden riss. Nari wollte stehen bleiben, um ihrem Freund zu Hilfe zu kommen, wurde aber von der zweiten Kreatur weiter und immer weiter an den Rand des Waldes gedrängt.

Der Mann mit der Narbe bewerkstelligte es mit all seiner Kraft, das Tier von sich wegzudrücken und auf die Beine zu kommen. Als das Wesen erneut angriff und ihm in den linken Arm biss, schrie Cornelius auf, da ihm ein stechender Schmerz durchfuhr und ihn auf die Knie sinken ließ. Mit letzter Anstrengung konnte er einen Schwerthieb ausführen und der Kreatur damit das Leben nehmen. Dann sah er seiner Freundin dabei zu, wie sie im Laufen ein Messer nach dem zweiten Tier warf, das dieses sofort tötete. Und plötzlich war da ein Abgrund. Wie aus dem Nichts schien er aufzutauchen, sodass die Frau keine Chance hatte, rechtzeitig stehen zu bleiben.

„ Nari!“, brüllte Cornelius aus Leibeskräften, als er mit schreckensverzerrtem Gesicht

dabei zusah, wie seine Freundin aus seinem Blickfeld verschwand und schreiend in die Tiefe stürzte.

Nalanthia

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