Читать книгу Nalanthia - Bianca Maria Panny - Страница 9

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„ Mili…was?“

„ Miliposkis“, wiederholte Isabelle für Mira. „ So nennen sich die Wesen, die du vorhin

gesehen hast. Deine Beschreibung trifft übrigens haargenau zu. Sie sind etwas größer

als Kobolde, haben in ihrer Gestalt jedoch viel mehr Ähnlichkeit mit uns als mit ihnen.

Man sagt, ihre Haut sei von einer glänzenden Silberschicht umgeben, was vermutlich

ihren magischen Fähigkeiten zuzuschreiben ist.“

„Und die wären?“, erkundigte sich Mira.

„Durch bloße Berührung können sie alles in reinstes Gold oder Silber verwandeln, wobei ihnen letzteres wesentlich mehr Freude bereitet. Für die Miliposkis ist das Überziehen von Gegenständen mit einer Goldschicht kraftaufwendiger. Außerdem steht ihnen Silber viel besser.“

„Und diese Miliposkis leben wirklich in einer Stadt, mitten im Labyrinth?“, fragte Mira ungläubig. „ Warum sollten sie ausgerechnet dort ihr zu Hause haben wollen?“

Diese Frage beantwortete Philipp.

„Die Miliposkis leben schon seit Ewigkeiten zurückgezogen. Offenbar wollen sie mit den anderen Bewohnern Nalanthias so wenig wie möglich zu tun haben. Ein derartiges Felsenlabyrinth ist daher ideal, um unerwünschte Besucher von ihrer Stadt fernzuhalten. Im Allgemeinen gelten sie als äußerst friedliche Wesen, wenn auch ein wenig verrückt.“

„ Und vergiss nicht ihre unübertreffliche Vorliebe für alles, was funkelt und glänzt“,

rief Blin dem Feuerwächter in Erinnerung. „Ganz ehrlich, man braucht nur eine silberne Socke vor ihre Nasen zu werfen, und schon schlagen sich die Miliposkis gegenseitig die Köpfe ein. Da kann wohl kaum mehr von friedlich die Rede sein.“

„ Ich verstehe trotzdem nicht ganz, was die Miliposkis mit den Drachen zu tun haben sollten“, warf Mira ein.

„ Der Schlüssel, den du erwähnt hast“, klärte Leric seine Tochter auf.

„Er ist ein eindeutiges Zeichen für ihr gewaltiges Bergwerk auf der anderen Seite des Labyrinths. Früher haben die Miliposkis dort Unmengen an Schätzen aus dem Inneren des Berges geschlagen, den sie bis heute aus irgendeinem Grund den großen Wolkenturm nennen. Vermutlich, weil er so weit in den Himmel emporragt. Das Bergwerk scheint schon sehr lange leer zu stehen, doch die Miliposkis haben den Eingang höchst wahrscheinlich gut verschlossen, um die große Bedeutung dieses Ortes, die er für sie hat, zu wahren. Oder vielleicht, um etwas zu verbergen.“

Mira machte große Augen, als sie verstand, worauf ihr Vater hinauswollte.

„ Du glaubst also, dass in dem Berg, in diesem Wolkenturm, ein geheimes Reich verborgen liegt, in dem die Drachen sich bis heute aufhalten?“

„Ich bin mir sogar ziemlich sicher“, sagte Leric überzeugt.

„Groß genug wäre er jedenfalls.“

„Und die Miliposkis?“, warf Amara ungläubig ein. „Denkst du, sie wissen davon?“

„Das muss nicht unbedingt sein. Ich halte es eher für unwahrscheinlich. Der einzige Grund, weshalb sie keine Besucher in ihrem alten Bergwerk dulden, ist die Angst davor, dass irgendjemand doch noch Schätze findet.“ Die vier Wächter ließen sich Lerics Vermutungen eine Weile durch den Kopf gehen, bis Philipp schließlich das Schweigen brach.

„Nach dem, was Mira uns vorhin geschildert hat, klingt alles ziemlich einleuchtend.

Die Frage ist nur, wie wir die Miliposkis dazu bringen sollen, uns den Weg in den Berg zu zeigen, ohne dass sie gleich über uns herfallen.“

„Oh, da wird sich schon etwas ergeben, mein Freund“, meinte Blin gelassen.

„Da bin ich mir sicher.“


*


Als Mira ihren Freunden später von der Unterhaltung mit den Wächtern berichtete, krümmte sich Nari regelrecht vor Lachen.

„Die Miliposkis! Ich fasse es einfach nicht! Ausgerechnet die haben den Schlüssel zu den Drachen in ihren Händen! Die haben doch nur ihr Silber im Kopf! Cornelius, kannst du dir das vorstellen?“ Auch der Mann mit der Narbe war sichtlich amüsiert.

„ Die sind noch verrückter als Nesso, und das will schon was heißen.“

Zu Miras Überraschung fing die kleine Eidechse lauthals zu lachen an und hörte erst damit auf, als ihr klar wurde, was Cornelius gerade gesagt hatte.

„Tja, es liegt uns allen wohl eine anstrengende Mission bevor“, folgerte Cornelius schließlich daraus. Mira und Nari nickten zustimmend.

„Was ist eigentlich mit Grin?“, erkundigte sich Mira bei ihren Freunden.

„Wird er euch nun zu den Kobolden führen?“

„ Es hat uns zwar einige Mühe gekostet, ihm gut zuzureden“, beantwortete Nari ihre Frage, „ doch er war einverstanden.“

„Wenn Nari nicht so unglaublich gut backen könnte, wären wir bestimmt nicht so weit gekommen“, fügte Cornelius hinzu. „ Nessos Gesichtsausdruck werde ich jedenfalls nie vergessen.“ Der Mann lachte und klopfte der Eidechse leicht auf die Flügel. „ Schlimmer als zwölf Tage Regenwetter.“ Mira sah, dass Nesso beleidigt die Zunge herausstreckte.

„ Ach Nesso“, munterte Nari ihn auf.

„ Ich verspreche dir, dass das nächste Apfelcremetörtchen, das ich backe, nur dir gehört.“

Aus der bösen Grimasse wurde ein breites Grinsen.

„ Nun wird es aber wirklich Zeit, dass wir die letzten Vorbereitungen treffen“, meinte Cornelius mit ernster Stimme. „Sonst hat Melron den Krieg gewonnen, bevor wir das Schloss überhaupt verlassen haben.“

Die zwei Kutschen warteten im großen Schlosshof darauf, die Zauberer in weit voneinander entfernte Reiche Nalanthias zu bringen, damit diese die für sie vorgesehenen Aufträge ausführen konnten. Mira würde mit ihrem Vater und den vier Wächtern nach Osten aufbrechen, während Cornelius mit Nari, Nesso und Grin den Rubinenwald im Westen aufsuchen musste. Es hieß Abschied zu nehmen, doch dieses Mal fiel es Mira schwerer denn je, da niemand von ihnen sagen konnte, wann und ob sie sich wiedersehen würden. Nari umarmte das Mädchen herzlich, ehe sie Mira mit traurigen Augen betrachtete. „ Du wirst uns unheimlich fehlen.“

„ Ihr mir auch“, erwiderte Mira und warf jedem der vier einen letzten Blick zu.

„Viel Glück“, sagte Cornelius an Mira und ihre Begleiter gewandt. „ Ihr werdet es brauchen.“ Grin schnaubte bei diesen Worten.

„Du wirst schon bald feststellen, dass wir diejenigen sind, die Glück brauchen werden, mein Freund. Jede Menge Glück.“ Die Pferde setzten sich mit dem Schließen der Kutschentüren in Bewegung und entfernten sich in entgegengesetzte Richtungen vom Schloss, bis Mira dessen hohe Türme nicht mehr erkennen konnte und die Bäume des Feenwaldes vor ihren feuchten Augen verschwammen.

Nalanthia

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