Читать книгу Wohin mein Herz uns führt - Bianka Kitzke - Страница 3

Das Testament

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„Kann mir mal einer verraten, was das ganze Theater hier soll? Wir wissen doch ganz genau, wer hier was bekommt!“

„Meine liebe Clara, das hier ist eine Testamentseröffnung und kein Basar. Kannst du dich vielleicht ein wenig zusammennehmen? Auch wenn wir wissen, wie es ausgeht. Immerhin geht es hier um deine Großmutter.“

„Aber Mutter …“

„Ruhe habe ich gesagt. Und wo zum Teufel steckt den Charlie schon wieder?“

Charlotte Fahle stand draußen auf dem Hof, direkt vor dem Büro des Notars und rauchte schon ihre dritte Zigarette. Sie wollte warten, bis die Eröffnung des Testaments ihrer geliebten Großmutter vorbei war. Zu tief saß der Schmerz über ihren Verlust, dass sie sich nun mit den „Aasgeiern“, wie ihre Oma die Familie immer genannt hatte, in einen Raum setzen konnte. Allen voran ihre Schwester Clara, sie war von allen die schlimmste, fand Charlie.

„Charlie?“ Ihre Gedanken wurden unterbrochen, als ihr Vater plötzlich hinter ihr stand.- „Komm, wir warten auf dich“.

Charlie drehte sich um und drückte die Zigarette auf dem Boden aus.

„Ja, ich bin schon da“.

„Hattest du nichts anders zum Anziehen?“, fragte ihr Vater und Charlie blickte an sich hinunter. Sie war gekleidet wie immer. Jeans, Pulli und Turnschuhe.

„Wieso?“

„Na du weißt doch wie die anderen sind. Mir kann es ja egal sein. Du bist alt genug, aber wenn deine Mutter …“

„Papa, bitte! Bitte nicht heute. Du weißt, dass ich nicht gern hier bin. Und falls jemand etwas, über mein Outfit sagen sollte, dann weiß ich, was ich sagen werde und Clara, der fahr ich auch über ihre blöde Klappe. Oma hätte nicht gewollt, dass ich mich verstelle, wie diese Aasgeier da drinnen“, sagte sie zu ihrem Vater und lief an ihm vorbei in das Büro des Notars. Gregory Fahle behielt recht. Als Charlie den Raum betrat, ruhten alle Blicke auf ihr und ihre Mutter ließ es sich nicht nehmen ihre Kommentare, wie „Konntest du nicht …“ oder „Eine Schande hier so reinzukommen“ einzubringen. Und auch Clara musste sofort ihren Senf dazugeben, doch Charlie ignorierte sie einfach und setzte sich auf den freien Stuhl neben dem ihres Vaters.

„So, dann sind wir ja vollzählig und können anfangen“, sagte der Notar als Charlie Platz genommen hatte und begann mit der Vorlesung des Testaments. Charlie verzog immer stärker das Gesicht zu einem Grinsen, als sie hörte, was ihre Großmutter der Familie vermacht hatte. Ihren Schmuck, bestehend aus ein paar Ohrringen, Halsketten und Armbändern. Im Grunde alles nicht viel von Wert, da ihre Oma teuren Schmuck nicht ausstehen konnte. Clara wusste das aber nicht und wollte diesen unbedingt haben, doch den vermachte ihre Großmutter ihrer Tante, der Frau von Charlies Onkel Eugen. Die Schulden, die ihre Großmutter all die Jahre mit sich rum trug, die sie ihrem verstorbenen Mann Albert Fahle zu verdanken hatte, bekam ihr Onkel Eugen. Immerhin war er sein Sohn, solle er doch damit rum ärgern. Das Service aus feinstem Porzellan, - für Ihre Großmutter ihr heiligstes gewesen zu Lebzeiten, - und das ihre Mutter schon immer haben wollte, bekam die beste Freundin ihrer Oma. Und der Rest, was ihre Oma besessen hatte, wurde an eine Einrichtung gespendet. Charlie grinste in sich hinein und auch ihr Vater hatte ein Leuchten in den Augen, über das Ergebnis das seine Familie leer ausgegangen war. Denn er hatte seine Mutter wegen ihres Wesens geliebt und nicht dafür, dass sie ihm vielleicht irgendwann was vererben würde.

„So das war dann alles, bis …“, machte der Notar weiter und die Familie hielt bereits die Luft an. - „Auf die Ranch“.

„Welche Ranch denn?“ fragte Clara.

„Die Ranch in Wyoming!“

„In Wyoming? Mutter! Großmutter hatte eine Ranch in Wyoming. Wusstest du davon?“

„Ähm, nein. Wo hat sie die nur her? Gregory?“, fragte sie ihren Mann doch der zuckte nur mit den Schultern.

„Tja, wir werden es bald wissen“, murmelte Charlie und erntete damit von ihrem Vater, einen sehr schmerzhaften Hieb in ihre Seite und einen der Blicke ihrer Mutter, die so viel hießen wie: „Halt den Mund, du hast eh nichts zu melden“.

„Ok, was ist mit dieser Ranch?“, fragte schließlich ihre Mutter.

„Wenn ich vielleicht weitermachen dürfte, dann sage ich es ihnen“, antwortete der Notar blickte in die Runde. Und fuhr dann fort.

„Die Ranch in Wyoming vermache ich als Alleinerbin meiner Enkelin …“, Claras Augen weiteten sich und fingen an zu leuchten. „Ja, ja …“, stammelte sie doch der Notar blickte nicht sie, sondern Charlie an. Bevor er verkündete, wer die Ranch geerbt hatte. „… Charlotte Fahle.“

„WAAS? Aber ich bin die ältere. Das ist nicht fair. Mutter, sag doch auch mal was dazu“. Doch ihre Mutter saß nur mit offenem Mund da und konnte nichts mehr sagen. Der Notar blickte wieder von seinem Blatt auf und fuhr dann fort. - „Allerdings kann sie bis zu ihrem 25. Geburtstag nichts damit anfangen. Bis dahin wird ihr Vater Gregory Fahle seine Hände über dem Erbe haben“:

„Ja wie? Mehr steht da nicht?“, fragte Clara. „Das war alles?“

„Das war alles. Frau Fahle nehmen Sie das Erbe denn an?“, fragte der Notar und sah Charlie an.

„Ich sag es Ihnen … morgen“, antworte sie und stand auf. - „Ich muss an die frische Luft“.

„Ach Moment“, hielt der Notar Charlie auf. - „Ich habe da auch noch einen Brief für sie“, und reichte ihr den Brief von ihrer Großmutter. Sie bedankte sich und ging an der weinenden und enttäuschten Familie vorbei nach draußen, um erst mal eine zu rauchen auf den Schreck. Sie hatte eine Erbschaft gemacht! Nicht zu fassen! Und dann noch als Alleinerbin. Charlie hatte zwei Züge ihrer Zigarette genommen, als Ihr Vater neben ihr erschien. Hinter ihm kamen seine Frau und seine Tochter aus dem Gebäude, die noch immer diskutierten, wie ihre Oma es nur wagen konnte den Rest ihres Vermögen einfach einer gemein nützlichen Einrichtung zu spenden. Vermögen! So was hatte Oma nie gehabt, aber egal. Charlie machte es Freude, dass ihre habgierige Familie nichts davon bekam.

„Na, mein Kind. Das war ja mal ein Ding“.

„Ja das war es. Eine Ranch in Wyoming. Amerika? Wie kommt Oma denn dahin?“

„Ich habe keine Ahnung. Weißt du, deine Großmutter hat uns auch nicht immer alles erzählt, auch wenn wir ihre Kinder waren. Aber vielleicht hat sie es ja dir geschrieben“, sagte ihr Vater und zeigte auf den Brief in ihrer Hand. -„Ich bring deine Mutter und deine Schwester nach Hause. Kommst du mit, oder …“

„Nein Paps. Ich geh noch ein wenig in die Stadt oder in den Park. Ich muss meine Gedanken ein wenig ordnen“.

Ihr Vater nahm sie kurz in den Arm. - „Ich bin stolz auf dich“, sagte er zu ihr, bevor er mit seiner Frau und seiner anderen Tochter zum Auto ging. Charlie hörte noch immer Clara schimpfen, - warum denn sie diese „blöde“ Farm geerbt hatte, obwohl diese eigentlich ihr zugestanden hätte.

„Jetzt beruhige dich endlich Clara. Deine Großmutter wird schon ihr Gründe gehabt haben, dass Charlie sie bekommt und nicht du. Und außerdem was wolltest du mit einer Ranch? Du bist für die Stadt geboren und nicht für das Landleben“, erläuterte ihre Mutter.

„Aber … ach vergiss es“, schnauzte Clara und stieg in den Wagen. Charlie ging lächelnd in den naheliegenden Park und setzte sich auf eine Parkbank. Vorsichtig öffnete sie den Brief und las.

Liebe Charlie.

Meine Zeit ist gekommen. Und auch die Aasgeier sind schon bereit.

Du als meine liebste Enkelin sollst nun das größte aller meiner Schätze bekommen.

Meine Ranch in Wyoming.

Sicher wunderst du dich jetzt, wo ich diese Ranch her habe, und ich kann es dir auch sagen. Sie gehörte deinem Großvater.

Großvater?, - dachte sich Charlie. Aber der kam doch nicht aus Amerika!

Dein anderer Großvater, Gregorys leiblicher Vater war amerikanischer Soldat und hier in Stuttgart stationiert, als wir uns kennenlernten. Er hieß Jack Collins und hat seinen Sohn nie kennengelernt. Als er damals zurück in die Staaten gegangen war, wusste ich nicht, dass ich schwanger war. Wir haben uns nie wieder gesehen. Vor Jahren bekam ich einen Brief von ihm. Ich war schon mit Albert verheiratet und dein Vater war schon auf der Welt, als er mir mitteilte, dass er mich zu sich holen will auf seine Ranch. Als ich ablehnte und ihm sagte, dass ich verheiratet sei hat er mir diese Ranch als Andenken geschenkt. Ich habe Jack gesagt, er solle auf der Ranch bleiben, bis wir uns wiedersehen. Sicherlich wunderst du dich nun, warum ich sie nicht deinem Vater vermache. Aber er hat seinen Vater nie gekannt und so soll es auch bleiben. Für ihn war Albert sein Vater. Daher bekommst du sie, allerdings erst nach deinem 25. Geburtstag. Flieg nach Amerika und sieh sie dir an und dann entscheide, ob du sie behältst oder verkaufst. Der Name lautet Collins Ranch!

Ich liebe dich – Pass auf dich auf – deine Oma.

„Ich werde verrückt! Amerika“, stammelte sie und faltete den Brief zusammen um ihn einzustecken.- „Ich werde dich nicht enttäuschen Oma, das verspreche ich dir“, murmelte sie vor sich hin. Charlie sah in die Ferne, dann nahm sie ihr Handy aus der Tasche und wählte die Nummer der Auskunft.

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