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Die Ranch

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Das Taxi fuhr und fuhr, immer weiter quer Feld ein bis wie aus dem Nichts ein Tor erschien. Man konnte es nicht wirklich Tor nennen. Es war eigentlich nur ein Torbogen, auf dem in großen Buchstaben „Collins“ stand. Die Buchstaben und der Bogen im Allgemeinen hatten auch schon bessere Tage gesehen.

„Wir sind bald da. Was Sie hier sehen gehört alles zur Ranch. Das Tor war der Anfang“.

Wow,- dachte sich Charlie. Ihre Großmutter hatte ganz schön viel Land besessen. Und nun würde dieses Land bald ihr gehören. Charlie lehnte sich genüsslich zurück und ließ die Landschaft an sich vorbei ziehen. Die Rinder auf den Weiden, die Schafe und die Pferde. Es war wie in einem Film.

„Wir sind gleich da. Da vorne steht schon das Haus“, gab der Taxifahrer zur Kenntnis und Charlie lehnte sich sogleich nach vorn. Tatsache! Da stand ein Haus – mitten im Nirgendwo! Sie hatte es also geschafft. Sie war in Wyoming, auf der Ranch ihrer geliebten Oma. Charlie bedankte sich und gab dem Taxifahrer das Geld für die Fahrt. Nachdem er ihr Gepäck aus dem Wagen zur Veranda getragen hatte, drückte sie ihm noch ein wenig Trinkgeld in die Hand. In ihrem besten Englisch verabschiedete sie sich und verschwand dann mit ihrem Koffer im Haus. Mittlerweile war es auch schon dunkel geworden und Charlie musste Licht im Haus gemacht. Sie stand da wie vom Donner gerührt. So hatte sie sich das Haus wirklich nicht vorgestellt. Es war ein Holzhaus, das einen gemauerten Sockel hatte. Der Eingangsbereich war riesig. Zur Linken fand man eine offene Küche, die durch einen Tresen vom Essbereich abgrenzte. Im Esszimmer stand ein großer langer Holztisch, an dem zwei Bänke und zwei Stühle standen. Charlie begab sich ins Wohnzimmer. Vor dem gemauerten Kamin standen zwei gemütliche Sofas mit vielen Kissen. Am Kamin selbst hing ein Fell. Charlie sah es sich an, traute sich aber nicht es anzufassen. Aber so wie es aussah, war es bestimmt ein Wolf gewesen. In der Ecke standen zwei Sessel vor einem Fernseher. Na prima, - dachte sich Charlie. Wenigstens gab es hier Fernsehen! Charlie drehte sich ein paarmal um ihre eigene Achse. Sie konnte es noch immer nicht glauben. Wenn man es nicht besser wusste, könnte man denken man sei in einem Western gelandet. Sie setzte ihre Erkundungstour fort und sah sich jedes Zimmer einzeln an. Es war ein sehr sauberes Haus. Was Charlie allerdings auffiel, war, dass es in jedem Zimmer eine Patchworkdecke gab. Musste wohl so Sitte sein, - dachte sie sich, als sie sich wieder auf den Weg zur Küche machte. Charlie hatte sich gerade etwas aus dem Kühlschrank genommen, als die Eingangstür weit aufgerissen wurde und ein Mann … groß wie ein Bär in der Tür erschien.. Er hatte eine Flinte in der Hand und zielte damit auf Charlie.

„So und jetzt ganz langsam die Hände hoch oder ich schieße“.

Charlie hob ganz langsam ihre Hände und trat näher ans Licht.

„Scheiße“, murmelte er. „Sie sind ja … eine Frau?“, brummte der Mann und nahm die Flinte runter.

„Ja, also bis gestern war ich das noch! Und wer sind Sie?“

„Das könnte ich dich auch fragen Mädel“.

„Oh. Mein Name ist Charlie! Charlie Fahle“

Der Mann machte den Mund auf und gleich wieder zu.

„Fahle?“, setzte er an. - „Oh mein Gott“, murmelte er und blickte immer wieder zu Charlie. - „Was machen Sie hier?“

„Darf ich meine Hände wieder runter nehmen?“

„Was? Oh Verzeihung. Natürlich“.

„Danke“, antwortete sie und bat den Mann die Tür zu schließen.

„Also, wer zum Teufel sind Sie?“

„Ähm ... ich bin wohl die neue Besitzerin von dieser Ranch“, ließ Charlie ihn wissen als er eingetreten war. - „ Sie sind ganz blass! Wollen sie was trinken? Vielleicht ein Schluck Wasser oder Schnaps? Wenn es hier so was gibt?“

„Einen Whiskey, wäre nicht schlecht“, sagte er und setzte sich auf einen freien Stuhl, während er immer wieder zu Charlie schaute. Eine Frau? Das fehlte gerade noch auf dieser Ranch. Hier war noch nie eine Frau und nun sollten sich die Männer von einer Frau sagen lassen, was sie tun oder lassen hätten? Geschweige denn wenn sie so reizend aussah wie Charlie Fahle.

„Whiskey? Ok, und wo finde ich diesen?“

„Er steht im Schrank oben links“, sagte er zu ihr. Charlie drehte sich um und sah, wie er zusammen gekauert auf seinem Stuhl saß, wandte sich wieder zum Schrank und schließlich fand sie ihn auch.

„So bitte schön“. Charlie stellte die Flasche und ein Glas auf den Tisch. Der Mann nahm es und trank es in einem Zug aus.

„Dürfte ich jetzt vielleicht erfahren, wer sie sind?“ fragte Charlie.

„Ähm, ja Entschuldigung. Mein Name ist Jack Collins und ich bin …“

Was war das? in Charlies Kopf klingelte es!

„Moment! Sagten Sie ihr Name wäre Collins? Jack Collins?“

„Ähm ... Ja. So heiße ich“.

Charlie sprang auf und rannte in den anderen Raum, wo ihr Koffer stand und holte den Brief ihrer Großmutter heraus. Sorgfältig las sie den Brief noch mal und noch mal. Sein Name war Jack Collins stand darin. Oh mein Gott, - dachte sie. Wenn das wirklich stimmte, dann säße sie hier ihrem Großvater gegenüber und er wusste nichts davon. Ok ganz ruhig bleiben! - ging es ihr durch den Kopf, als sie zu Jack zurückkehrte.

„Alles in Ordnung?“

„Ähm ja, alles bestens. Jack, ich darf Sie doch so nennen? Ähm, darf ich Sie fragen, wie alt Sie sind?“

„Natürlich. Ich bin achtundsiebzig Jahre alt“.

Charlie rechnete nach und es passte. Er musste es sein. Dieser Jack Collins musste ihr Großvater sein. Tränen traten ihr in die Augen und Jack sah sie besorgt an.

„Oh mein Gott, was ist denn los?“

„Kannten Sie Trude Fahle?“

„Ich kannte eine Trude vor langer Zeit, aber sie hieß nicht Fahle“.

Charlie überlege, - Wie hieß deine Oma vor der Hochzeit mit deinem Opa mit Albert?

„Trude Bischof!“

Jacks Kopf fuhr in die Höhe und er sah Charlie an.

„Ja die kenne ich“, sagte er leise. „Aber es ist schon lange her. Es sind schon …“

„Fünfundfünfzig Jahre.“

„Woher wissen Sie das? Kennen Sie Trude? Wer sind Sie?“

„Sie ist … war meine Großmutter“, sagte sie schließlich und sah Jack an, der es nicht fassen konnte Trudes Enkelin gegenübersitzen. Immer wieder schaute er in ihr Gesicht, als ob er auf der Suche nach irgendeiner Ähnlichkeit mit ihr finden würde.

„Sie war Ihre Großmutter? Trude ist tot?“, fragte er schließlich.

„Ja! Sie starb vor ein paar Wochen plötzlich. Sie hat mir die Ranch vermacht. Allerdings muss ich erst fünfundzwanzig sein, bevor ich was zu sagen habe. Und das dauert noch ein paar Wochen. Neun, um es genau zu sein. Aber mein Vater hat mir zugesagt, dass ich trotzdem mal laut werden darf. So in seinem Sinne“.

„Trude … tot? Jetzt weiß ich auch, warum der Brief kam den sie mir vor Monaten schrieb. Der Erste seit Jahren und auch der Letzte“.

„Was stand denn drin, wenn ich fragen darf?“

„Sie schrieb dass sie die Ranch vergeben hat und sich in nächster Zeit der neue Besitzer hier einfinden würde. Sie wusste, dass sie sterben muss nicht wahr?“, fragte Jack, doch Charlie schwieg.

„Ich weiß es nicht. Sie sagte nichts zu uns. Darf ich … ich müsste da mal was wissen“.

„Fragen Sie ruhig“.

„Wenn ich dem Brief meiner Oma Glauben schenken darf und das kann ich, denn Oma log nie und Sie Jack Collins heißen, dann gehört doch Ihnen diese Ranch“.

Jack stand auf und trat ans Fenster, bevor er tief einatmete und sich wieder Charlie zuwandte. All die verdrängten Erinnerungen der letzten Jahre waren wieder da.

„Ja, diese Ranch gehörte mir. Bis ich sie Trude schenkte. Ich habe ihre Großmutter geliebt. Damals als ich als Soldat in Stuttgart war. Ich wollte sie heiraten, Kinder mit ihr haben und bis ans Ende meiner Tage mit ihr zusammen sein. Aber sie wollte mich nicht“.

„Oh doch Jack, ich glaube sie wollte. Ich glaube sie hatte einfach nur Angst. Und sie hatte … lesen Sie bitte diesen Brief“, sagte sie und reichte ihm den Brief von ihrer Großmutter. Jack nahm den Brief und las. Er las ihn immer wieder bis Charlie neben ihn getreten war und ihn sacht am Arm berührte.

„Sie? Du bist meine Enkelin? Und ich habe einen Sohn?“

„Ja, das bin ich“ antwortete sie und Jack riss sie in seine Arme. - „Oh du lieber Himmel. Dass ich das noch erleben darf. Ich habe eine Enkelin. Du bist meine Enkelin“.

„Ja das bin Jack. Großvater“.

Nachdem er sich von Charlie gelöst hatte, setzten sie sich in das Wohnzimmer und unterhielten sich. Jack wollte alles wissen von Trude, - wie es ihr ergangen ist, - von seinem Sohn, - der Familie und von Charlie. Sie erzählte ihm alles, was sie wusste und so wurde es Mitternacht bis Jack in die Unterkünfte zurück kehrte.

„Du schläfst nicht hier im Haus?“

„Nein, schon lange nicht mehr.“

„Naja, dann wird es ja Zeit das wir das ändern werden.“

„Charlie, das Haus gehört jetzt dir und …“

„Du bist mein Opa, also keine Widerrede.“

„Na schön, aber wir überlegen uns noch was anderes. Einverstanden? Du wirst dich hier wohl fühlen. Glaube mir. Wir sind hier nicht so schlimm wie man behauptet“, sagte er, stand auf und verabschiedete sich von ihr.

„Danke. Ach noch was! Ich möchte, dass alles so bleibt wie es war. Es soll sich nichts ändern. Du bleibst weiterhin der Boss auf dieser Ranch und … es ist schön, dass ich dich gefunden habe“.

Er lächelte und schloss die Tür hinter sich. Als Jack in die Unterkünfte erreichte, hatte er immer noch das Grinsen im Gesicht wie als er bei Charlie hinausging. Bevor er hinein ging drehte er sich noch mal um und blickte zum Haus.

„Du wirst meine Jungs ganz schön durcheinanderbringen. Vor allem einen, das verspreche ich dir“, murmelte er und ging hinein.

„Und? Wie ist er?“ Wurde sogleich auf ihn ein gequasselt als Jack die Tür hinter sich geschlossen hatte.

„Wer?“

„Na wer schon. Jack tue nicht so. Wir wissen wo du herkommst. Du warst bei Charlie Fahle“.

„Ach so. Naja ganz nett“.

Die fünf Männer die auf der Ranch arbeiteten schauten sich verwirrt an und blickten dann wieder zu Jack.

„Nett? Er ist wirklich nett?“

„Ja. Wartet nur bis ihr Charlie kennenlernt“, sagte er und wandte sich ab um sich für das Bett zurechtzumachen, während seine Jungs ihm hinterher schauten und die Köpfe schüttelten.

Wohin mein Herz uns führt

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