Читать книгу Kurschattenwalzer - Birgid Windisch - Страница 8
S E C H S
ОглавлениеAls Magda ihr Büro betrat, das sie sich mit den anderen teilte, stand Fränzchen sofort auf. Ein Blick auf ihre angespannte Gestalt hatte genügt. Er spürte sofort, wenn es ihr nicht gut ging und wusste aus Erfahrung, dass ein Spaziergang mit ihm, Wunder bei ihr wirkte. Er stellte sich vor sie hin und sah sie treuherzig an, woraufhin sie ihn liebevoll streichelte und ihm das Geschirr anlegte. Zum Glück war Herbert noch da und konnte mit von der Partie sein. „Kommst du mit Herbert“? erkundigte sie sich bei ihm und als er nickte, schob sie dankbar ihre Hand in seine und verließ mit ihren beiden Männern das Polizeirevier. „Wollen wir heute mal in die Obrunnschlucht?“ Fragend sah Magda auf und Herbert beeilte sich, zu antworten. „Aber ja, mein Schatz. Du hast mir schon so viel erzählt, von dieser romantischen Schlucht, mit den Miniaturgebäuden, die teilweise genau so, in groß vorhanden sind, oder Märchenschlössern nachempfunden sein sollen.“ Magda lächelte glücklich. „Ja, zum Beispiel ist das Kloster Höchst genau zu erkennen, ebenso wie das Hotel zur Post, oder die alte Bergkirche von Mümling Grumbach!“ Herbert nahm ihre Hand und zog sie durch seinen Arm. „Dann komm mein Schatz, lass uns die kurze Pause nutzen und eine kleine Auszeit nehmen. Fränzchen freut sich ganz sicher, stimmts, alter Knabe?“, worauf der Hund mit eifrigem Schwanzwedeln antwortete. Mein gescheiter Hund, dachte Magda zufrieden und drückte den Schlüsselkontakt, um das Auto aufzuschließen. Sie wuchtete das Fränzchen in seinen Käfig im Kofferraum und setzte sich auf die Beifahrerseite. Wie immer, genoss sie es, nicht selbst fahren zu müssen und überließ Herbert gern das Steuer. „So, jetzt fahr erst einmal nach rechts, an die Ampel, wo du dich links einordnest. Links Herbert, links!“ Herbert der eine Links-rechts-Schwäche hatte, fädelte sich schleunigst links ein und nach kurzer Zeit waren sie durch die Erbacher Straße gefahren und am Kreisel angelangt, der nach Rimhorn, oder Mümling-Grumbach führte. „Jetzt die zweite Ausfahrt! Und dann ein kleines Stück in den Wald, bis links das Parkplatzschild kommt – ups, da ist es schon!“ Herbert tat wie geheißen und ungeduldig stiegen sie aus. „Erst mal über die Straße, Moment Fränzchen! Hier bleibst du besser angebunden.“ Fränzchen, der den Weg gut kannte, lief schwanzwedelnd an der langen Leine voraus. Am nächsten Busch hob er das Bein und kaum waren sie drei Schritte weiter, am nächsten. „Das war aber nötig“, was mein Kleiner“, brummte Magda leise und Herbert stimmte ihr lächelnd zu: „Viel länger hätte er wohl nicht aushalten können, so wie es aussieht!“ „Oder aber es ist eine tolle Hündin vor uns hier entlanggelaufen“, folgerte Magda auf die eifrige Schnüffelei ihres Fränzchens. „Hoffentlich finden wir bald das Motiv dieses brutalen Mörders,“ murmelte Magda besorgt vor sich hin und trat einen Stein beiseite, der auf dem Weg vor ihnen lag. „Ihr seid doch noch ganz am Anfang“, gab Herbert ruhig zu bedenken. Seine Magda wollte immer alles am liebsten sofort aufgeklärt und eingetütet haben. „Du wirst sehen, es wird bald einen Durchbruch geben!“ „Dein Wort in Gottes Ohr“, brummte Magda und zog die Augenbrauen zusammen. „Ich möchte nicht unbedingt, dass wir für den Durchbruch weitere Morde benötigen. Irgendwie habe ich ein ganz blödes Gefühl – so in etwa, wie bei den anderen Fällen, die wir zuvor hatten.“ „Das könnte natürlich sein“, räumte Herbert ein, legte den Arm um sie und zog sie zärtlich an sich. „Aber jetzt sind wir draußen, in der Natur und du kannst abschalten – du musst es sogar. Wie sollst du sonst deine Batterien aufladen?“ Magda sah dankbar zu ihm auf und betrachtete das schön gestaltete Holzschild mit der Bezeichnung >Obrunnschlucht< mit einem Reh darauf, das vor einem roten Mauerhintergrund unter Tannenbäumen aus einem Bach trank.
„Die ganze Schlucht schaffen wir sicher nicht jetzt, aber vielleicht können wir ja das Stück rechts hinunter wenigstens laufen!“ Magda sah Herbert fragend an, der zustimmend nickte. Sie liefen an einigen Informationsschildern vorbei und blieben kurz an einem Wegweiser stehen, mit den Bezeichnungen der Wanderwege und der Streckenlänge. Rechts hatten sie ein Holzauto mit Sitzen für Kinder aufgebaut, dem Auto von Fred Feuerstein nachempfunden, dann ging es schon an den recht steilen Abstieg, ein Weglein hinab, direkt an dem Obrunnbach gelegen. Entlang des Baches befanden sich zahlreiche Miniaturgebäude, liebevoll und detailreich gestaltet von engagierten Höchster Bürgern, wie Magda ihrem Herbert beim Laufen erzählte. Sie bewunderten das Dornröschenschloss, die Schwanenburg, das Haus Waldesruh, das Hotel zur Post, die Windmühle, eine funktionierende Wassermühle und den Mäuseturm, da klingelte Magdas Telefon. Nervös fummelte sie es aus ihrer Jackentasche und rief hektisch: „Magda Wild!“ Annes Stimme klang so laut aus dem Hörer, dass Herbert problemlos mithören konnte. „Was ist los? Ein Zeuge hat sich gemeldet?“ Sie lauschte angestrengt. „Ja, wir kommen!“ Sie bedeutete Herbert und Fränzchen, die sie beide erwartungsvoll ansahen, dass sie leider umkehren mussten und leise seufzend begaben sie sich auf den Rückweg.