Читать книгу Kurschattenwalzer - Birgid Windisch - Страница 9

S I E B E N

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Aufmerksam las das Geschöpf noch einmal seinen Brief durch, wobei es mit dem Finger die Zeilen entlangfuhr. Ja, so konnte es gehen, befand es. Auf jeden Fall würde der Brief den Empfänger neugierig machen und mit ein wenig Glück, würde die Neugier siegen und bald ein weiterer Todesfall zu beklagen sein. Es kicherte leise vor sich hin, faltete das Blatt Papier und steckte es in ein Kuvert, das es sorgfältig zuklebte, ohne es ablecken zu müssen, weil es über eine selbstklebende Klappe verfügte.


Dann drückte es vorsichtig seine sorgfältig bemalten, knallroten Lippen auf die Kuvert-Rückseite und malte ein rotes Filzstiftherz drumherum. Na, wenn das nicht verlockend war, wusste es auch nicht.

Es würde den Brief nachher, mit noch einigen anderen in die Post geben und der Dinge harren, die daraufhin geschehen würden. Liebevoll nahm es den kleinen Briefstoß in die Hand und blätterte ihn lächelnd durch.

Dann wanderte sein Blick nach links, auf einen kleineren Stoß. Es mochten etwa vier Briefe sein und es nahm sie voller Vorfreude in die Hand. Immerhin hatten sie fast alle geantwortet, was allein schon als gutes Zeichen zu werten war. Es öffnete das erste Kuvert und begann langsam und genüsslich zu lesen. Unwillkürlich entfuhr ihm ein unkontrolliertes Kichern und es legte den Brief sorgfältig wieder zurück ins Kuvert. Dann stand es auf und trat vor eine große Tafel, die von oben bis unten mit Bildern in Postkartengröße bedeckt war. Fast wie bei der Polizei, nur andersrum!

Irrsinnig klingendes Gelächter füllte den Raum und erschrocken sah es sich um. Das fehlte noch, dass es jemand vorzeitig hier entdeckte. Es wollte diesmal zum ersten Mal im Leben alles ohne Hilfe, oder gar Bevormundung machen und die Anerkennung für seine so hervorragende Arbeit alleine erhalten. Ungehalten schüttelte es über seine Unbeherrschtheit den Kopf. Als alles ruhig blieb, steckte es die vier Briefe, die es in der Hand hielt, mit Stecknadeln an die Tafel und drehte sich um. Es löschte das Licht, ließ alles liegen, wie es war und verließ, mit einem letzten liebevollen Blick zurück, den Raum. Es schloss die Tür zweimal zu, schaltete den Alarmknopf ein und ging leise die Kellertreppe hoch, wobei es darauf achtete, geräuschvoll aufzutreten. Zur Tarnung hatte es eine Flasche Wein in der Hand, die es aus einem anderen Kellerraum geholt hatte und pfeifend betrat es das Wohnzimmer.

„Hallo meine Liebe“, grüßte es die zusammengesunkene Gestalt im Rollstuhl am Fenster, „ich bin´s!“ Es lächelte die stille Gestalt an, doch sie zeigte keine Regung.




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