Читать книгу Isidor, der Menschenflüsterer - Birte Pröttel - Страница 7
DER KLEINE HUNDEERZIEHUNGSBERATER oder BEI DIESEM HUND WIRD ALLES ANDERS
ОглавлениеIch hatte, wie ich aus zahllosen endlos oft wiederholten Anekdoten erhören und ertragen musste, noch zwei Vorgänger: Raudi und Ludwig.
Raudi muss ein ziemlicher Individualist gewesen sein. Raudi hat z.B. vierzehn Lendenstücke, die zum Grillen bereit lagen, auf einen Schlag gefressen. Damals hat allerdings keiner gelacht, weder die hungrigen Partygäste noch Raudi, dem kotzübel gewesen sein muss. Man stelle sich vor: Raudi war ein Rauhaardackel! Und dann 14 Steaks! Wie ein Pfälzer Saumagen mit Beinchen und Kopf soll er unter dem Tisch gelegen und nach Luft geschnappt haben. Der Raudi hat auch Opas Nymphen Sittich gekillt und dann einfach liegengelassen, eine Story die zu Heiterkeitsausbrüchen meiner Family führt. Denn schließlich weiß doch außer Opa jeder, dass ein Dackel ein Jagdhund ist. Und auch wenn er den Opa noch so sehr liebt, ein Dackel findet nun mal eine Nymphensittichjagd spannender, als Opas heimlich zugesteckte Knackwürstchen.Ludwig war ein Riesenschnauzer. Groß, kräftig, sehr lieb, bildschön, aber wie das bei bildschönen Wesen oft der Fall ist, er war ein bisschen dumm, sagen sie. Ludwig ist heute auch noch gut für „Weißt du noch?“ Storys. Ludwig legte sich heimlich in die Betten seiner Leute, wenn keiner zu Hause war. Ich frage mich: was spricht dagegen, dass ein einsamer Hund, und das war er ja, wenn Herrchen und Frauchen zum Golfen unterwegs waren, was spricht also dagegen, dass so ein einsamer Kerl sich die Zeit im kuschligen Bett von vertreibt?
Wenn Ihr Eure Hunde liebt, lasst sie in Eure Schlafhöhle. Ein Rudel gehört nun mal zusammen!
Ludwig konnte alle Türen öffnen (ich denke, dass er ja wohl doch nicht so doof gewesen sein kann). Jetzt sind an allen Türen rutschige Drehknöpfe und die kann selbst ein so schlauer Picard wie ich, nicht öffnen. Denn der Ludwig war ein Ausbrecherkönig. Und wenn Ludwig verliebt war, hielt ihn nichts mehr zu Hause.
Auf jeden Fall hatte meine neue Familie so viel Erfahrung mit Hunden wie der Direktor eines Flohzirkus‘ mit seinen Artisten. Und sie haben sich die Entscheidung für einen neuen Hausgenossen nach Ludwigs Dahinscheiden nicht leichtgemacht. Alle Argumente, die gegen Hundehaltung sprechen, haben sie durchdiskutiert, um dann doch auf der Straße jedem räudigen Köter hinterher zu träumen.
Eines Tages waren beide auf getrennten Wegen zum Einkaufen unterwegs. Als sie zu Hause ihre Sachen auspackten, hatte Frauchen die Zeitschrift „Der Hund“ und Herrchen den „Tierfreund“ gekauft! Sie lachten sich halb schief darüber und beschlossen wider besseres Wissen sich doch wieder einen der vierbeinigen Gesellen ins Haus zu holen, der pupst, haart und jede Menge Arbeit macht.
Vorher aber versprachen sie sich mit fester Stimme, blickten sich dabei tief in die Augen und hielten sich dabei an den Händen:
„Beim nächsten Hund wird alles anders!“
Und dann stellten Sie Vorschriften auf, nach denen ich zu leben habe. Natürlich versuche ich sie zu umgehen, so wie die Menschen auch am liebsten das Gegenteil von dem tun, was sie eigentlich sollen.
Und das haben sie sich für mich ausgedacht und beschlossen konsequent auf die Einhaltung zu achten. (Aber ein cleverer Hund weiß, dass solche menschlichen Vorhaben nie funktionieren).
Sie sahen sich tapfer an und stellten dann gemeinsam die Regeln auf:
Der Hund muss aufs Wort folgen
Der Hund darf nicht ins Schlafzimmer, nicht auf Sofa oder Sessel
Der Hund muss „fuß“ gehen, „platz“ und „sitz“ machen, wenn ihm das befohlen wird.
Der Hund darf nicht betteln und kriegt nichts vom Tisch.
Der Hund darf an Menschen nicht hochspringen
Der Hund muss Einbrecher oder Eindringlinge vertreiben.
Der Hund muss in die Hundeschule
Der Hund darf nicht streunen und nicht raufen.
Der Hund kommt im Urlaub in eine Hundepension
Der Hund muss lernen, allein zu sein
Die Liste der guten Erziehungsvorsätze lässt sich beliebig fortsetzen. Menschen sind herzige, weltfremde Utopisten. Aber jeder vernünftige Hund wird alles daransetzen, seinen Menschen wieder auf den Boden der Verhaltensforschung und der damit verbundenen hündischen Lebensweisen zurückzuholen.
Wir müssen nur den Kopf schräg halten und „drollig“ gucken, schon schmelzen alle guten Vorsätze unserer „Erzieher“ dahin. Die meisten Menschen haben ein weiches Herz und eine sensible Seele und können treuen Hundeaugen kaum standhalten und werden zu den aus der Politik sattsam bekannten Umfallern. Und wir lachen uns ins Pfötchen.