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Holy Shit Sommermärchen und Schädelbrummen

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Endlich war ich ein richtiger Footballspieler. Nationalspieler sogar. Das Spiel gegen Frankreich Anfang August war für mich wie ein vorgezogenes Geburtstagsgeschenk gewesen, und am vorletzten Tag jenes Monats, an dem ich schließlich 15 Jahre alt wurde und den Spielerpass bekam, war ich mir sicher, dass 2006, das Jahr, das als deutsches Fußball-Sommermärchen mit Epizentrum Berlin in die Geschichte eingegangen ist, für mich ein Football-Sommermärchen werden würde. Der City Boy wollte einfach nur spielen.

Meine Zeit als echter Adler begann mit einem großen Knall – wortwörtlich. Die Saison 2005 in der GFL Juniors, der Jugend-Bundesliga, hatte ich zwar altersbedingt verpasst, aber die Spielzeit war glücklicherweise noch nicht vorbei, denn sie endet in Deutschland traditionell im Oktober mit dem großen Jugend-Länder-Turnier, kurz JLT, bei dem die Auswahlteams der Bundesländer gegeneinander antreten. Und in diesen Auswahlen spielen dann die Kids, die auch in den Vereinen der Jugend-Bundesliga aktiv sind. Das Turnier ist immer auch eine Art Football-Familientreffen und zugleich eine große Talentschau, denn es sind jede Menge Coaches aus ganz Deutschland vor Ort, von denen viele selbst in der GFL, der German Football League, also der Männer-Bundesliga, spielen. Und natürlich sind auch die Trainer der Nationalteams da, weshalb es auf dem Spielfeld ordentlich zur Sache geht, weil jeder zeigen will, was er draufhat. Auch wenn ich zu diesem Zeitpunkt noch gar keine richtige Saison für die Adler gespielt hatte, war ich dennoch für die Landesauswahl Berlin-Brandenburg nominiert worden, die sich Big East nannte, ein cooler Name, wie ich fand.

Die Anreise zum Turnier gestaltete sich für mich und die meisten meiner Mitspieler, die auch aus Berlin kamen, recht einfach, denn in diesem Jahr fand das JLT in der Hauptstadt statt. Wir schafften es immerhin ins Spiel um Platz drei, wo wir auf die Auswahl aus Baden-Württemberg (kurz BaWü) trafen, die sich Tigerducks nannte, was eher im unteren Bereich der Coolness-Skala rangierte und wohl auch der Grund war, warum die Süddeutschen sich später in Lions umbenannten – ein Name, der zwar nicht gerade Kreativpreis-verdächtig ist, aber auf jeden Fall besser als Tigerenten.

Ich war bis in die Haarspitzen motiviert, da ich wusste, dass bei den Platzierungsspielen besonders viele Coaches und auch Spieler der anderen Auswahlteams zuschauten. In diesem Spiel um Platz drei, das wir letztlich auch gewannen, hatten wir einen Kickoff, und das war ja mein Job als Defensive-End-Kicker-Punter-Hybrid. Ich ballerte das Ei in Richtung der gegnerischen Endzone. Der Returner der Tigerducks fing das Ding, rannte los, tanzte einige unserer Spieler aus und hatte an der Sideline plötzlich freie Bahn. Zwischen ihm und unserer Endzone gab es nur noch ein Hindernis. Mich.

Im Football kann einem Returner eigentlich nichts Besseres passieren, als auf dem Weg zum Touchdown nur noch den Kicker überwinden zu müssen, denn die sind in der Regel eher schmächtig und nicht als sonderlich gute oder mutige Tackler bekannt. Eigentlich gibt es an jedem NFL-Spieltag mindestens einmal eine Szene zu sehen, in der sich ein Kicker (damit der Coach nicht schimpft) einem Returner mit einem halbherzigen Tackle-Versuch vor die Füße wirft, in der Hoffnung, dieser möge über ihn stolpern.

Damit wir uns nicht falsch verstehen: Ich habe ein Herz für Kicker, denn ich war ja selber einer, und für diesen Job braucht es eben nicht nur einen guten Fuß und zwei gesunde Augen, sondern vor allem Nerven wie Drahtseile.

In meinem Fall war es nun aber so, dass ich nicht der klassische Kicker war, sondern auch ein Defensive End mit entsprechenden Maßen, ausgestattet mit der Schnelligkeit und Beweglichkeit eines Safetys. Der Returner der Tigerducks kam also im Vollsprint an der Sideline auf mich zu, und ich war unsere „Last Line of Defense“. Ich lief ihm entgegen, brachte mich in Position, neigte den Oberkörper nach vorne, nahm im letzten Moment auch noch den Kopf runter und schnellte mit zwei explosiven Schritten und voller Kraft nach vorne. Kamikaze-Style. Helm gegen Helm. Es hat unfassbar gescheppert. Ich sah noch, wie mein Gegenspieler in hohem Bogen mehrere Meter über die Sideline und in die Auswechselbank von BaWü flog. Das Letzte, was ich hörte, war, wie irgendjemand „Holy Shit!“ brüllte, dann wurde mir schwarz vor Augen. Nach einem kurzen Moment wurde es wieder taghell. Dennoch leuchteten die Sterne. Ich rappelte mich reflexartig auf und trottete zu unserer Bank. Ich war nicht in der Lage, geradeaus zu schauen. Es fühlte sich an, als seien meine Augen überall, nur nicht dort, wo sie sein sollten, und meine Beine aus Gummi. Mein Kopf war erfüllt von einem lauten Rauschen, und das Stimmengewirr und Gejohle meiner Teamkollegen an der Sideline, die mich ordentlich für diesen Monster-Hit abfeierten, schien von ganz weit weg zu kommen.

Das war mit ziemlicher Sicherheit die erste Gehirnerschütterung meiner Footballkarriere. Zum damaligen Zeitpunkt wusste ich nicht, was eine Gehirnerschütterung überhaupt ist, und im Football war man längst noch nicht so sensibilisiert wie heute, was die Risiken für das Gehirn und mögliche Spätfolgen angeht. Da wurde einfach gefragt, ob alles okay sei, und wenn man nickte, dann war die Untersuchung abgeschlossen, und es ging weiter. Ohnehin galt damals: Je mehr Kratzer du am Helm hattest, desto cooler warst du. Die Zeiten ändern sich, und das ist auch gut so, denn die Kids sollen ihr Gehirn beim Football anstrengen und es nicht ruinieren. Ich bin froh, dass diese Szene, auf die ich selbst heute noch von Leuten angesprochen werde, die damals dabei waren, bei mir nur bleibende Erinnerungen hinterlassen hat und keine bleibenden Schäden.

In der folgenden Off-Season legte ich mich noch mehr ins Zeug als im Jahr zuvor, denn die Aussicht, endlich meine erste Saison mit den Adlern in der GFL Juniors zu spielen und dabei auch eine wichtige Rolle in meiner Mannschaft einzunehmen, war eine ebenso große Motivation für mich wie der Fakt, dass wir eine richtig gute Truppe beisammen hatten, der einiges zuzutrauen war – und wir lieferten ab.

Mit einer starken Regular Season, in der wir von Sieg zu Sieg eilten, qualifizierten wir uns für das Halbfinale, das wir im heimischen Stade Napoleon austrugen. Unsere Gegner kannten wir nur allzu gut, denn wir hatten im Saisonverlauf bereits zweimal gegeneinander gespielt, und sie kamen sogar aus derselben Stadt: die Berlin Kobras. Ich erinnere mich noch, dass es an diesem Tag im Juni verdammt heiß war und beide Teams nicht nur mit den Temperaturen, sondern auch mit ihren Nerven zu kämpfen hatten, schließlich war es ein Derby, und es ging ums Finale. Im Stadion waren so 200 bis 300 Leute. Wir waren eigentlich der Favorit, lagen aber lange mit 0:6 zurück und kamen Sekunden vor der Halbzeit in Fieldgoal-Position. Eine Aufgabe für mich, denn ich war bei uns Defensive End, Kicker und Punter in einer Person. Ich drosch das Ei zwischen den Stangen durch und brachte endlich die ersten Punkte für uns aufs Board, was meiner Mannschaft Auftrieb für die zweite Halbzeit gab, in der wir am Ende souverän mit 31:6 triumphierten und die Adler erstmals nach zehn Jahren wieder in den Junior Bowl um die Deutsche Meisterschaft einzogen.

Unser Gegner im Endspiel waren die Düsseldorf Panther, zum damaligen Zeitpunkt das Maß aller Dinge im deutschen Jugendfootball, amtierender Titelverteidiger und viermal hintereinander Champion. Die Panther hatten sich im Halbfinale gegen die Berlin Rebels durchgesetzt, den dritten Halbfinalisten aus meiner Stadt, was eindrucksvoll zeigt, wie stark die Hauptstadt damals im Nachwuchs-Football war. Anders als in Berlin, wo sich die besten Spieler auf mehrere Vereine verteilten, war Düsseldorf eine Art All-Star-Team, bei dem die besten Nachwuchs-Footballer aus ganz Nordrhein-Westfalen spielten, dem bekanntlich bevölkerungsreichsten Bundesland, und auch in der Nationalmannschaft bestand fast die halbe Mannschaft aus Panther-Spielern. Düsseldorf war wie Bayern München – nahezu unschlagbar und ebenso beliebt bei der Konkurrenz und ihren Fans. Dass der German Bowl XXV in Düsseldorf ausgetragen wurde, auf der kleinen Kampfbahn neben dem großen Fußballstadion der Fortuna, verbesserte unsere Ausgangslage nicht gerade.

Spoiler: Die Panther blieben auch in dieser Saison das Maß aller Dinge. Drei Viertel lang lieferten wir dem Favoriten vor 1500 Zuschauern einen heißen Fight und machten ihm vor allem mit unserer Defense das Leben schwer. Mehrfach waren wir ganz nah dran, das Spiel zu kippen, aber im letzten Quarter zogen die Panther mit einem 12:0-Lauf davon. Der Endstand von 7:26 spiegelt den Spielverlauf und auch die Kräfteverhältnisse nicht wider, aber Niederlage ist Niederlage. Ich habe an diesem Tag einiges über mich und meinen Umgang damit gelernt.

Auf einem Foto, das unmittelbar nach dem Finale aufgenommen wurde, stehe ich, die Nummer 4, auf der Laufbahn des Stadions und blicke mit versteinerter Miene in die Kamera, während sich im Hintergrund die Panther drängeln, die endlich feiern wollen. Dabei hätte ich bei aller Enttäuschung durchaus auch Grund zur Freude gehabt, denn mein erster German Bowl war für mich persönlich ziemlich gut gelaufen. Ich hatte gegen Spieler, von denen manche drei oder sogar vier Jahre älter waren als ich, nicht nur mitgehalten, sondern richtig abgeliefert. Ich hatte die einzigen Punkte meiner Mannschaft erzielt, als Defense-Spieler. Mir war ein Pick Six gelungen, ein Touchdown nach einer Interception, bei dem der große schwere Junge den Ball über 40 Yards in die Endzone trug, anschließend höchstselbst auch noch den Extrapunkt zum Zwischenstand von 7:14 verwandelte, natürlich auch noch den darauffolgenden Kickoff trat und danach gleich auf dem Feld blieb, um als Defensive End an der Line of Scrimmage in Position zu gehen. Langweilig war mir jedenfalls nicht an diesem Nachmittag. Nach Spielschluss wurde ich von einer Jury zum Defense-MVP, dem wertvollsten Verteidiger, gekürt. Es war die erste individuelle Auszeichnung in meiner Footballkarriere, aber auf dem Foto sehe ich mit meinem finsteren Blick so aus, als hätte mich jemand mit gezückter Knarre zu der Aufnahme gezwungen.

Einige meiner Mitspieler weinten nach dem verlorenen Endspiel, aber ich reagierte zu meiner eigenen Überraschung ganz anders auf diese erste große sportliche Niederlage in meinem Leben. Ich war enttäuscht, aber ich war nicht traurig. Ich war wütend. Richtig wütend. Es brodelte in mir, und die Spieler in Rot, die mit dem Selbstverständnis von Seriensiegern direkt vor unserer Nase feierten, machten es nur noch schlimmer. Ich fluchte nicht, zeigte keine Emotionen, zog mich komplett in mich zurück, sagte keinen Ton mehr, schluckte die immer wieder aufwallenden Wellen der Wut herunter und schwor Rache, sportliche, versteht sich.

Das war also meine Art, mit Niederlagen umzugehen. Darüber hinaus spürte ich auch, dass mir individuelle Auszeichnungen nichts bedeuteten, solange nicht auch meine Mannschaft gewonnen hatte, weil sie den bitteren Geschmack der Niederlage in meinem Mund nicht versüßen konnten. Der Zweite ist der erste Verlierer – so sah ich die Sache damals.

Wie es das Schicksal wollte, waren die Jungs in Rot, die meinen Adlern und mir den Traum vom Gewinn des Junior Bowls versaut hatten, schon einen Monat später meine Teamkollegen. Die European Junior Championships in Stockholm machten es möglich. Oder nötig, wenn man so will. Schon bei der Veröffentlichung des Kaders hatte ich gesehen, dass 13 Spieler des 45er-Kaders für die Europameisterschaft Panther waren. Meine Vorfreude auf das Wiedersehen hielt sich ehrlich gesagt in Grenzen. Ich hatte ja nichts gegen die Jungs persönlich, aber schon allein das Lesen ihrer Namen weckte dunkle Erinnerungen, und ich ahnte, dass es der eine oder andere von ihnen raushängen lassen würde, dass er ein frischgebackener Champion war. Wieder einmal. Wie gesagt: das Bayern München des Junioren-Footballs.

Die Vorfreude auf die Europameisterschaft, mein erstes großes Turnier mit dem Nationalteam, war dagegen grenzenlos. Diesmal gab es keine Diskussionen um meine Nominierung, und niemand stellte mehr meine Eignung in Frage, auch wenn ich nach wie vor der mit Abstand jüngste Spieler war. Ich hatte mittlerweile nicht nur die 1,90-Meter-Marke erreicht, sondern auch die 100-Kilo-Marke überschritten.

Es war meine bislang weiteste Reise und das erste Mal, dass ich in einem Flugzeug flog, was sich meine Familie ja nie hatte leisten können. Ein echtes Abenteuer. Unsere Mannschaft war in einer Kaserne untergebracht, in spartanischen 14-Mann-Zimmern, die wir mit reichlich Leben füllten. Es hatte etwas von einer Klassenfahrt – nur ohne Mädchen. Im ersten Spiel der EM wurden wir unserer Favoritenrolle gerecht und fertigten Tschechien vor sage und schreibe 139 Zuschauern mit 56:0 ab. Im Spiel danach besiegten wir Dänemark mit 47:12, wobei ich neben einem Field Goal und vier Extrapunkten auch zwei Quarterback-Sacks verbuchen konnte, was mich besonders freute.

Lebendigere Erinnerungen habe ich aber an eine schicksalhafte Begegnung bei einer abendlichen Tischtennis-Battle in unserer Kaserne mit meinen Berliner Jungs. Wir waren eine große Gruppe, denn neben mir und vier weiteren Adlern gehörten auch Spieler von den Rebels und Kobras zum EM-Kader, die sich untereinander kannten. Natürlich gab es Grüppchenbildung im Nationalteam. So wie die Panther oftmals unter sich waren, hingen auch die Berliner Jungs miteinander ab. Tischtennis ist bis heute eine heimliche Liebe von mir. Ich hatte kurzzeitig sogar mal im Verein gespielt – als mein Sprunggelenk noch nicht ausreichend belastbar war, um wieder Fußball zu spielen, und bevor ich dann den Football entdeckte. Ich möchte behaupten, dass ich ganz gut im Tischtennis bin, was viele Jahre später auch ein gewisser Pat McAfee zu spüren bekommen sollte, aber das ist eine andere Geschichte. Es ging jedenfalls hoch her an der Platte der Hauptstadt-Kids, als ein einzelner Typ hereinschlenderte, der ganz offensichtlich Anschluss suchte und mit einem breiten Grinsen fragte, ob er mitspielen könne. Der Junge war Tight End und spielte bei den Hamburg Young Huskies. Wir waren in der zurückliegenden GFL-Juniors-Saison Gegner gewesen, bis zu diesem Abend hatte ich jedoch noch kein vernünftiges Wort mit ihm gewechselt und kannte lediglich seinen Namen: Kasim Edebali. Der Typ war die gute Laune auf zwei Beinen und auch nicht auf den Mund gefallen, womit er wunderbar in unsere Gang von Berliner Schnauzen passte. Von da an hing er immer mit uns herum, und wir beide waren für den Rest der EM fast unzertrennlich. Zwischen Kasim, der ein Jahr älter war als ich, und mir hat es auf Anhieb geklickt.

Nach einer denkwürdigen Football-Schlacht gegen Österreich, bei der wir nach einem zwischenzeitlichen 10:21-Rückstand erst eine Minute vor Schluss mit dem vierten Versuch den siegbringenden Touchdown zum 25:21 erzielten, zogen wir ins Finale ein, wo wir auf Titelverteidiger Frankreich trafen, den wir ja im Jahr zuvor in meinem ersten Footballspiel überhaupt recht deutlich geschlagen hatten. Deshalb gingen wir auch optimistisch in die Partie.

Die Erinnerungen an dieses Finale waren lange Zeit ganz weit hinten in meinem Kopf, und als ich sie erst jetzt mühsam wieder hervorgekramt hatte, da wusste ich auch warum. In der ersten Halbzeit lief alles wie am Schnürchen, und wir gingen mit 21:7 in die Kabine, aber in der zweiten Halbzeit kackten wir total ab, unser Quarterback musste verletzt raus, und wir kassierten 21 unerwiderte Punkte. Bei uns ging gar nichts mehr, bei Frankreich auf einmal alles, wie so oft im Football, wenn in der Halbzeit die sogenannten Adjustments gemacht werden, die Anpassungen oder Veränderungen des Gameplans durch die Coaches. Vielleicht hatte der französische Trainer seinen Jungs aber auch einfach nur Feuer unterm Hintern gemacht. Jedenfalls brüllten sie auf dem Weg aus der Halbzeit zurück aufs Spielfeld „Allez les Bleus!“ und sahen dabei aus, als würden sie in den Krieg ziehen. Diese Art von Momentum Shift, wenn plötzlich das ganze Spiel kippt, manchmal nur durch eine einzige Aktion, macht unseren Sport bei aller Statistik und Mathematik, die dahintersteckt, so unberechenbar und aufregend.

Schon wieder hatte ich ein Finale verloren, was den schönen Schweden-Trip erst einmal trübte, aber ich hatte einen Freund gewonnen. Damals konnten weder Kasim noch ich ahnen, auf welch spektakuläre Weise sich unsere Wege noch kreuzen würden.

Die gemeinsame Woche mit den Spielern aus Düsseldorf änderte nichts daran, dass der Stachel der Niederlage im Junior Bowl nach wie vor tief saß. Die Gelegenheit zur Revanche bot sich schon im Oktober, beim Jugend-Länder-Turnier, das erneut in Berlin stattfand. Diesmal schafften wir es bis ins Finale, wo wir auf die Auswahl von NRW trafen, in der es vor Panthern nur so wimmelte. Wir gewannen mit 25:16, und ich wurde zum MVP des Turniers gekürt.

In diesen letzten Wochen meines ersten echten Football-Jahres nahm mich eines Abends nach einem Training mein Trainer beiseite und sagte: „Björn, wir müssen mal reden.“ Und dann eröffnete Jörg Hofmann mir, dass er mich für ein Ausnahmetalent hielt, und ob ich mir nicht vorstellen könne, über eines dieser Austauschprogramme nach Amerika zu gehen, weil mein Talent im Mutterland des Footballs besser gefördert werden könne und er mir wirklich zutraue, es im Football weit zu bringen. Ich hatte einen riesengroßen Respekt vor meinem Coach und wusste, dass Jörg es absolut ernst meinte, weil er kein Schnacker war. Und ich hatte auch nicht das Gefühl, dass er mir irgendetwas aufschwatzen oder mich zu etwas drängen wollte, was nicht in meinem Sinne war. Er erklärte mir in kurzer und knapper Form, wie so etwas ablaufen könne, und ich weiß noch, dass ich die meiste Zeit einfach nur genickt habe. „Überleg es dir“, gab er mir mit auf den Nachhauseweg.

Überlegen? Die Vorstellung, nach Amerika zu gehen, um dort Football zu spielen, elektrisierte mich; sie passte perfekt zu dem Traum, den ich seit Monaten träumte. Ich war aufgeregt, aber völlig klar im Kopf.

Als ich nach Hause kam, stellte ich meine Sporttasche im Flur ab, ging direkt ins Wohnzimmer und sagte aus dem Nichts: „Mama, Papa, ich will nach Amerika gehen und Football spielen.“

My American Football Dream

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