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Kriegerhalle, das Fort, Tara, Northwind
Chaos-Marken
2. Mai 3058
Die Versammlungshalle der Clan-Ältesten war das wichtigste Regierungsgebäude in Tara, Herz und Seele der planetaren Regierung Northwinds. Obwohl die Highlanders nur einen Bruchteil der planetaren Bevölkerung darstellten, bedeuteten sie die einzige wirkliche Macht und Autorität auf dieser Welt. Umso mehr, seit sie den Planeten Prinz Victor Davion und dem Vereinigten Commonwealth abgerungen hatten.
Im Herzen Taras gelegen, war die Versammlungshalle Teil eines ganzen Gebäudekomplexes, der seit der Rückkehr der Highlanders nach Northwind 3028 als das Fort bekannt war. Die zurückgekehrten Ältesten hatten verkündet, ihre geliebte Heimatwelt von dieser Festung aus gegen alle und jeden zu verteidigen, der sie bedrohte.
Einmal im Jahr kamen die Ältesten von Tara und die Lairds aller äußeren Provinzen zur Hohen Versammlung zusammen, um Angelegenheiten von planetarer Bedeutung zu behandeln, die alltäglichen Entscheidungen aber trafen verschiedene Unterparlamente. Das größte und angesehenste in dieser Reihe war die Versammlung der Krieger, die das Highlander-Militär verwaltete. Die aus genau einhundert bewährten Highlander-Kriegern zusammengesetzte Versammlung war der Eckstein Northwinds.
Im Gegensatz zum Rest des Forts war die hufeisenförmige Kriegerhalle aus Holz gefertigt. An einem Ende befand sich eine Empore mit einem Tisch für die vier Obersten der vier Regimenter der Einheit. Der Empore gegenüber saßen die einhundert Krieger an soliden Eichenholztischen mit Computerterminals und anderer moderner Ausrüstung. Die meisten trugen die traditionellen Kilts und schweren Stiefel der MechKrieger und Luft/Raumpiloten. Ausgehuniformen galten als unangemessen für die Versammlung der Krieger.
Die in die Wände eingebaute Beleuchtung war nicht sonderlich stark, aber sie reichte aus. Loren ging die wenigen Stufen hinunter zu dem aus festgestampfter Erde bestehenden Boden der Kammer. Ringsum strömten andere Mitglieder der Versammlung herein und suchten ihre Plätze auf den Holzbänken hinter den Tischen. Neben einem Monitor hatte jeder Platz Verbindung zu einer Hochgeschwindigkeitskomphalanx für den Zugriff auf Vortragsdaten und die Abstimmung über die der Versammlung vorgelegten Anträge. Im Augenblick waren die Schirme noch leer.
Loren setzte sich und legte den wollenen Kilt zurecht. Dieses Kleidungsstück hatte ihm nach seinem Eintritt in die Highlanders die größten Probleme bereitet. Die dicke Wolle des Kilts verschaffte ihm bei formellen Gelegenheiten wie längeren Versammlungen regelmäßig einen heftigen Juckreiz an den Beinen, was noch dadurch verschlimmert wurde, dass zur traditionellen Uniform keine Unterwäsche gehörte. Das schwarze Hemd war lang genug, um es für einen gewissen ›Halt‹ zwischen den Beinen zusammenzubinden, aber trotzdem empfand er es als zugig und unangenehm.
Er sah Chastity Mulvaney, die sich nach einem Platz umsah. »Major Mulvaney«, rief er lächelnd, und deutete auf den freien Platz neben sich.
Sie kam herüber. Dann blieb sie einen Augenblick lang stehen, die Arme über der Brust verschränkt, und kniff die Augen leicht zusammen. »Bilde dir ja nichts ein, Loren. Ich habe die Regimentsgefechtsbeurteilung gesehen. Du hast gewonnen, ich habe verloren. Lass es gut sein, wenn du weißt, was gut für dich ist.«
Ihre Beziehung war von Beginn an eine Hassliebe gewesen, und daran hatte sich im Laufe der Zeit nichts geändert. Sie war Lorens perfektes Gegenstück, auf dem Schlachtfeld ebenso wie außerhalb. Bei den jüngsten Manövern zwischen den Kilsyth Guards und MacLeods Regiment hatte sein Befehlsbataillon das ihre geschlagen, aber das hieß keineswegs, dass sie den Spieß bei der nächsten Begegnung nicht umdrehen konnte. Manches lässt sich in Worten einfach nicht ausdrücken. Ich brauche ihr nicht zu sagen, was ich fühle, sie weiß es. So wie ich ihre Gefühle kenne.
Loren zuckte die Achseln, aber bevor er etwas antworten konnte, nahm die Ankunft der befehlshabenden Offiziere der Northwind Highlanders alle Aufmerksamkeit in Beschlag. Als die vier Obersten den Saal betraten, stellte Loren fest, wie unähnlich sie einander waren. Während MacLeods Highlanders für ihre Wildheit und ihr Draufgängertum bekannt waren, hatten Oberst Edward Senns 1. Kearny Highlanders den Ruf konservativer Hartnäckigkeit. Loren musste grinsen, als er sich an seine Zeit als einer von MacLeods ›Draufgängern‹ im Kampf um Tara erinnerte. Das 2. Kearny unter Oberst James O. Cochraine, in dessen Miene sich kaum jemals ein Muskel verzog, galt als das leidenschaftlichste aller vier Regimenter, das sich häufig mehr vom Gefühl als vom Verstand gelenkt, in die Schlacht warf. Oberst Andrea Stirling war unter Cochraine groß geworden, bevor sie die Führung der Fusiliers von Henrietta McCormack übernommen hatte. Es waren Stirlings Gewitztheit und Erfindungsreichtum auf dem Schlachtfeld gewesen, die ihrem Regiment einen entsprechenden Ruf eingetragen hatten.
Die vier traten im Gänsemarsch an den Kommandeurstisch. Dann drehten sie sich zu den versammelten Kriegern um, die sofort aufsprangen und Haltung annahmen. Loren verspürte eine Art Rausch, ein leichtes Hämmern in den Ohren, die Art wärmenden Stolzes, die er früher in der Gegenwart des Kanzlers gefühlt hatte.
»Weitermachen«, sagte Oberst Senn. Als Kommandeur des ältesten Regiments der Northwind Highlanders hatte Senn den Vorsitz über die Versammlung der Krieger, sofern er anwesend war.
Die Krieger nahmen wieder Platz, und Senn wartete, bis sich die dadurch entstehende Unruhe gelegt hatte, bevor er weitersprach. »Ich erinnere Sie alle daran, dass die Protokolle dieser Versammlung vertraulich zu behandeln sind, und wenn wir heute in formelle Vertragsverhandlungen eintreten, sind Sie zudem durch die Sicherheitsvorschriften der Söldnerprüfungs- und Vertragskommission gebunden.«
Derzeit befanden sich alle vier Highlander-Regimenter auf Northwind, weil die Einheit keine Aufträge angenommen hatte, während sie versuchte, die Verluste in Höhe beinahe eines kompletten Regiments bei den Kämpfen gegen Davion auszugleichen. Oberst James D. Cochraine hatte am äußersten linken Ende des Tisches Platz genommen. Neben ihm saß Oberst William MacLeod. Dann kam Oberst Senn, und auf dem Platz am rechten Ende saß schließlich Lorens Oberst Stirling.
»Lance Sergeant at Arms«, forderte Senn den Unteroffizier an der Tür des Saales auf. Der Mann öffnete die Tür, und drei Frauen in höchst formellem Gewand traten ein.
»Willkommen verehrte Gäste«, begrüßte Senn die Neuankömmlinge, und winkte sie vorwärts.
Die offenkundige Anführerin der drei Gesandten war von mittlerer Größe und trug einen blaugrünen Seidenkimono. Sie bewegte sich mit einer Aura königlicher Eleganz, und ihr glänzend schwarzes Haar war über der bleichen Haut in einem strengen und doch eleganten Stil in den Nacken gezogen.
Loren erkannte sie sofort. Omi Kurita. Die Tochter des draconischen Koordinators Theodore Kurita. Ihre Anwesenheit auf Northwind bedeutete eine inoffizielle Anerkennung der neugewonnenen Unabhängigkeit dieser Welt. Als sie graziös die Stufen zur Empore der Obersten hinaufstieg, sah sich Loren die beiden anderen Würdenträgerinnen genauer an. Eine trug die weiße Uniform einer MechKriegerin des Kombinats, und kam Omi in Größe und würdevollem Auftreten fast gleich. Die Rangabzeichen am Kragen ihrer Uniform kennzeichneten sie als Sho-sa, das VSDK-Gegenstück zu Lorens Rang eines Majors. Die leuchtendblau-schwarzen Insignien auf ihrer Schulter waren aussagekräftiger - es war die tosende Flutwelle des Genyosha-Regiments.
Loren benötigte die Ankündigung des Unteroffiziers nicht, um auch die zweite Frau zu erkennen, wenn auch aus anderen Gründen. Jeder, der die Schlacht um Luthien studiert hatte, in der das Kombinatsmilitär und einige der besten Söldner der Freien Inneren Sphäre einen Clanangriff auf die Zentralwelt des Kombinats zurückgeschlagen hatten, kannte Ruth Homer.
Loren hatte ihre Schriften über Clan-Taktiken als höchst aufschlussreich empfunden, und seiner Ansicht nach hatten ihr Buch und ihre Aufsätze das Zeug zu einer Bibel für Feldoffiziere. Vor sechs Jahren auf Luthien war sie eine Tai-i der Genyosha gewesen und hatte einen äußerst erfolgreichen Angriff auf die Nebelparder in den Wasedabergen außerhalb Imperial Citys angeführt. Loren konnte nur hoffen, sich ebenso gut zu schlagen, wenn seine Zeit kam.
Die dritte Frau trug einen grauen Overall mit dem Sternsymbol ComStars auf der linken Brust, über dem Herzen. Die Abzeichen auf dem runden Kragen waren die einer ComGuard im Präzentorenrang. Der Unteroffizier stellte sie als Präzentorin Mercedes Laurent vom Explorerkorps vor, während sie auf die Empore trat.
Loren lehnte sich zu Chastity hinüber und flüsterte: »Omi Kurita hier auf Northwind. Es muss um etwas Wichtiges gehen, etwas wirklich Großes.« Noch vor wenigen Jahren, vor der Ankunft der Clans, wäre es undenkbar gewesen, dass ein Mitglied des draconischen Herrscherhauses sich auf Northwind zeigte, einer Welt, die das Kombinat im 4. Nachfolgekrieg angegriffen und zu erobern versucht hatte. Die Zeiten hatten sich wahrlich geändert, und die Highlanders ebenfalls.
Chastity nickte. »Sie haben ausdrücklich um ein Treffen hier statt auf Outreach gebeten.« Outreach war eine Welt, auf der Söldner von nah und fern unter der Aufsicht der Söldnerprüfungs- und Vertragskommission neue Auftraggeber suchten. Gleichzeitig war der Planet die Heimatbasis von Wolfs Dragonern, jener berühmten Söldnereinheit, die ursprünglich aus dem Clan-Raum stammte, und den Militärs der Inneren Sphäre zu vermitteln versucht hatte, wie sie gegen die scheinbar unbesiegbaren Invasoren bestehen konnten. Dass Theodore Kurita die üblichen Anwerbekanäle und -verfahren umgangen hatte, war in der Tat bemerkenswert.
Omis Haltung war aufrecht, aber entspannt. Sie ließ ihren Blick durch den Saal schweifen, dann richtete sie ihn wieder auf den Tisch der Obersten. »Mitglieder der Northwind Highlanders und geehrte Kommandeure der Einheit, ich überbringe Ihnen herzliche Grüße aus dem Draconis-Kombinat, von Koordinator Theodore Kurita.«
»Domo arigato, Kurita Omi-sama«, bedankte sich Oberst Cochraine. »Dies ist das erste Mal in der Geschichte, dass die Versammlung der Krieger eine Repräsentantin des Kombinats empfängt, und Ihre Anwesenheit hier markiert ohne Zweifel den Beginn einer neuen Ära in den Beziehungen unserer Völker. Wir sind geehrt, hier auf Northwind eine Besucherin von solcher Bedeutung als Gast willkommen zu heißen.«
Loren war sich bewusst, wie korrekt die Worte des Obersten waren. Northwind hatte erst vor Kurzem seine endgültige Unabhängigkeit vom Vereinigten Commonwealth erreicht, wenn auch noch unklar war, ob Victor Davion diesen neuen Status anerkannte. Omi Kuritas Besuch bekräftigte die Selbständigkeit, auch wenn es sich nicht um einen offiziellen Staatsbesuch handelte.
Das Vereinigte Commonwealth - was noch davon übrig war - und das Kombinat hatten das Kriegsbeil begraben, seit sie sich von einem gemeinsamen Feind bedroht sahen. Nur ein Narr konnte glauben, Theodore Kurita hätte seine Tochter hierher nach Northwind geschickt, ohne Prinz Victor Davion vorher rechtzeitig von seiner Absicht zu unterrichten. Möglicherweise war Victor bereit, diesen Bruch diplomatischer Gepflogenheiten vor seiner Nase zu übersehen, weil er wusste, dass es um eine Mission gegen die Clans ging.
»Oberst Senn, ich selbst ebenso wie der Koordinator begrüßen Ihre Worte. Ich versichere Ihnen, dass wir Ihre neugewonnene Unabhängigkeit nicht als Bedrohung empfinden, sondern als Gelegenheit, einander besser kennenzulernen.« Omi sprach beherrscht und bedächtig. »Der Koordinator übersendet den Northwind Highlanders ein Gastgeschenk, als eine Geste guten Willens.«
Sie schnürte ein Tuchbündel auf, das Sho-sa Horner ihr reichte. Das Tuch war rot und gelb, mit einem grünen Außenrand. Im oberen Teil des Banners war ein auf der Spitze stehendes Dreieck zu sehen, über dem die grün gefärbte Silhouette eines Dudelsackspielers lag - das Einheitssymbol des 1. Kearny-Regiments. Als Omi Kurita die Fahne in die Höhe hielt, so dass alle Anwesenden sie sehen konnten, wurde deutlich, dass es sich um ein Heerzeichen handelte, eines der Banner, die im Feld über einem Befehlsstand wehten. Dieses war alt, verblichen und in einer Ecke eingerissen.
»Dieses Heerzeichen gehörte einst Ihren 1. Kearny Highlanders. Unsere Streitkräfte konnten es in der Schlacht um Lincoln 2802 erbeuten. Der Sieg in einem Kampf gegen die Northwind Highlanders hat unsere Truppen mit großem Stolz erfüllt. Der Koordinator hat mich gebeten, es als Geste des guten Willens von ihm persönlich und der Bevölkerung des Draconis-Kombinats seinen rechtmäßigen Besitzern zurückzugeben. Und er hat mich gebeten, Ihnen darüber hinaus diese Botschaft zu übermitteln: Mögen wir uns nie wieder auf verfeindeten Seiten gegenübertreten, sondern zusammen gegen unseren gemeinsam Feind marschieren. Wir beide sind Völker, die Ehre unter Kriegern zu schätzen wissen. Bitte nehmen Sie dies im Namen dieser Ehre an.«
›Unser gemeinsamer Feind ...‹ Die Clans.
Oberst Senn verließ seinen Platz und trat langsamen, gemessenen Schritts hinüber zur Tochter des Koordinators. Es war sein Regiment, das die Standarte Jahrhunderte vor seiner Geburt bei den Kämpfen auf Lincoln verloren hatte. Er nahm das antike Banner und legte es ehrfürchtig über einen Arm. Dann stand er eine lange Zeit reglos vor Omi Kurita und sagte kein Wort. Als er sich schließlich verbeugte und die Hand der jungen Frau küsste, erhob sich von den Reihen der versammelten Krieger spontaner Beifall. Auch Loren stimmte darin ein, ebenso wie Mulvaney.
Der Applaus verklang, als Oberst Senn auf seinen Platz zurückkehrte und das Banner wie eine heilige Reliquie vorsichtig vor sich ausbreitete. »Bitte übermitteln Sie dem Koordinator im Namen der Northwind Highlanders unsere tiefste Dankbarkeit für dieses Geschenk. Wir nehmen es im Namen derer an, die uns vorausgingen, als Ehrung nicht nur der Krieger vom Highlanderblut, sondern auch der ehrenvollen Samurai des Draconis-Kombinats.«
Es war Oberst Stirling, die den formellen Ton durchbrach. Sie war bekannt für ihre Rolle der wilden, unberechenbaren Rebellin. »Alle Ehrre dem Geschenk, da‘ Sie uns gebracht haben«, stellte sie mit einem stärkeren schottischen Schnarren in der Stimme fest, als bei ihr sonst üblich war. »Aber Sie haben noch etwas anderes mitgebracht, was fürr die Versammlung von Interesse ist. Sie sind gekommen, um einen Kontrakt auszuhandeln, hab ich nae recht?«
Loren grinste. Sie ist wirklich eine Katze. Sie setzt ihren Akzent bewusst dort ein, wo es ihr in den Kram passt, um ihre Opfer im Ungewissen zu lassen, mit wem sie es zu tun haben.
Auch auf Omis Gesicht war ein schwaches Lächeln zu erkennen, wie eine Bestätigung dessen, was sie von Stirling erwartet hatte. »So ist es, Oberst Stirling. Ich bin gekommen, um den Northwind Highlanders einen Kontrakt anzubieten. Sho-sa Horner von der Genyosha wird Ihnen die Einzelheiten der Mission erläutern.« Sie reichte Oberst Stirling eine kleine Laserdisk, die diese in die Lehne ihres Sessels steckte. Dann trat Omi Kurita beiseite, und Horner kam nach vorne. Auf den Tischbildschirmen vor den Offizieren erschienen Karten und Anzeigen zur Durchsicht.
»Wie Sie wahrscheinlich wissen, arbeitet der Koordinator seit einiger Zeit bei dem Versuch mit ComStars Explorerkorps zusammen, die Heimatwelten der Clans zu finden.« Ruth Horner sah hinüber zu der ComStar-Präzentorin, die bestätigend nickte. Es war nicht gerade ein Geheimnis, dass es Theodore Kurita einzig und allein darum ging, die Clans zu besiegen.
»Dadurch ist es uns gelungen, die Welt zu identifizieren, über die ich heute mit Ihnen reden möchte. Ihr Name ist Wayside V. Die topografischen Daten des Planeten finden Sie jetzt auf Ihren Monitoren.«
Zahlreichen Gesichtern im Rund des Saals war Verwirrung abzulesen, als Horner den Weltnamen nannte. Wayside? Loren hatte bisher immer gedacht, praktisch alle bewohnten Planeten der Inneren Sphäre zu kennen, aber von diesem hatte er noch nie auch nur gehört. Und nach den Mienen der Krieger ringsum zu schließen, stand er damit auch nicht allein.
Sho-sa Horner sah den Ausdruck auf den Gesichtern und reagierte prompt. »Mir ist klar, dass niemand von Ihnen jemals von Wayside V gehört hat. Das liegt daran, dass diese Welt nicht in der Inneren Sphäre liegt. Die Mission, die ich Ihnen heute anbiete, ist eine Gelegenheit, den Kampf ins Gebiet der Clans zu tragen.«
Dieser Ankündigung folgte langes Schweigen, bis Oberst MacLeod es mit einer Frage an Mercedes Laurent brach. »Wo steht ComStar bei alledem, Präzentorin? Es war ComStar, der den Waffenstillstand ausgehandelt hat, der uns und die Clans fünfzehn Jahre daran hindern soll, uns gegenseitig anzugreifen. Die Highlanders wollen nicht Teil einer Operation werden, die einen neuen Krieg mit den Clans auslösen könnte.«
»Eine gute Frage, Oberst«, bestätigte die Präzentorin. »Aber Wayside V ist nicht Teil der Clan-Besatzungszone hier in der Inneren Sphäre. Es handelt sich um einen Clan-Stützpunkt in der Äußeren Peripherie. Ich bin autorisiert, Ihnen alle vom Explorerkorps über diese Welt gesammelten Daten sowie die Koordinaten der Sprungrouten in das Waysidesystem zu übergeben.«
In ihrer Antwort erklärte Loren weitgehend, warum all dies nicht auf Outreach stattfand. Weder Theodore Kurita noch seine ComStar-Verbündeten konnten ein Interesse daran haben, dass Außenstehende von einer Mission dieser Bedeutung erfuhren. Mit Hilfe der Monitorkontrollen seines Tischs lokalisierte er in kürzester Zeit eine Sternenkarte, auf der die Lage des Zielplaneten ein gezeichnet war. Er war Wochen vom äußersten Peripherievorposten des Kombinats entfernt.
Während er die Karte genauer analysierte, sprach Ruth Homer weiter. »Soweit wir wissen, handelt es sich bei Wayside V um ein Nachschubdepot der Nebelparder, und wir vermuten, dass er auf der Route zurück zu den Clan-Heimatwelten liegt. Ich biete Ihnen hiermit einen Kontrakt für eine Invasion von Wayside V durch ein Regiment der Highlanders an, sowie ein Entsatzbataillon als Garnison nach Erreichen des Missionsziels. Dieses Ziel besteht in der Vernichtung der auf dem Planeten befindlichen Clan-Einheiten und seiner Eroberung für das Draconis-Kombinat.«
Augenblicklich erhob sich ein lautes Murmeln in den Reihen der versammelten Krieger, aber Oberst Senns scharfe Stimme schnitt durch die Geräuschkulisse. »Sie verlangen von uns, eine unkolonialisierte Welt zu erobern, die noch kein bekannter Einwohner der Inneren Sphäre jemals auch nur besucht hat, korrekt?«
Jeder im Saal verstand nur zu gut, was er damit sagen wollte. In den letzten dreihundert Jahren hatten die Highlanders alle Schlachten auf Welten geschlagen, die schon Tausende Male kartografiert worden waren, deren Probleme und Gefahren bis hin zu den Wetterschemata genau bekannt waren.
Sho-sa Horner lächelte. »So ist es. Durch eigene und Explorerkorps-Beobachtungssatelliten wissen wir, dass die Parder auf der Oberfläche Gebäude errichtet haben, ohne Zweifel Lagerhallen für ihren Nachschub. Für das Kombinat ist es wichtig, diese Welt anzugreifen und den Clannern abzunehmen. Zum einen würde es die Parder zwingen, Mittel zum Aufbau einer anderen Nachschubbasis umzuleiten. Zum anderen bedeutet jede Clan-Einheit, die mit solchen Aktivitäten beschäftigt ist, eine Einheit weniger, die unsere Grenzen bedroht.« Horner trat einen Schritt nach vorne, wohl, um ihren Zuhörern die Dringlichkeit ihrer Worte klarzumachen. »Das Kombinat hat durch die Clan-Invasion zahlreiche Systeme verloren. Bisher haben wir ständig auf unseren eigenen Welten darum kämpfen müssen, sie zurückzugewinnen. Diesmal wäre es anders. Wir würden den Krieg ins Territorium der Clans tragen, eine ihrer Welten einnehmen. Wayside V mag für die Pläne der Nebelparder wichtig sein oder nicht, für unser Volk wäre es ein bedeutender Erfolg, ein System zu erobern, auf das die Clans Anspruch erheben.«
Sie hatte recht. Wayside V hatte das Potential, als Hoffnungsschimmer zu dienen, als Sammelpunkt. Symbolische Siege dieser Art waren häufig ebenso wichtig wie bedeutende militärische Erfolge.
»Aus den vom Explorerkorps gesammelten Daten lässt sich vermuten, dass der Planet von einem einzelnen Einstweiligen Garnisonssternhaufen verteidigt wird. Wie Sie sehen können, haben unsere Computer die dort anwesenden Mechs als Clan-Modelle der Garnisonsklasse identifiziert. Es wurden weder OmniMechs noch Luft/Raumelemente gesichtet.«
»Sie schlagen also vor, eine kleine Armee gegen einen einzelnen Clan-Sternhaufen der Garnisonsklasse zu entsenden?« fragte Oberst Stirling.
Horner nickte entschieden. »Der Angriff mit einem kompletten Kampfregiment und die spätere Verstärkung mit einem ganzen Bataillon ist angesichts des Alters unserer Daten die einzige Hoffnung, die wir haben, die Welt einzunehmen. Wenn der erste Versuch misslingt, werden die Parder einfach die Garnison verstärken, und wir bekommen nie wieder eine derartige Gelegenheit.«
Loren betrachtete die Daten. Die Mechs waren ältere Clan-Modelle. Das machte sie nicht weniger tödlich, aber es waren zumindest nicht die hochmodernen OmniMechs, mit denen die Fronteinheiten der Invasoren ausgerüstet waren. Als er sich die Geländekarten von Wayside V ansah, weiteten sich seine Augen ungläubig. Diese Daten müssen falsch sein. So sieht keine Welt aus.
Ruth Horner sprach weiter. »Wie Sie inzwischen sicher bemerkt haben, stellt die Oberfläche von Wayside V eine Herausforderung ganz eigener Art dar. Irgendwann in der planetaren Geschichte muss es zu einem Meteor- oder Kometeneinschlag gekommen sein, der die oberen Atmosphärenschichten praktisch völlig vernichtet hat. Die Kontinente wurden sterilisiert und sind bis heute äußerst kalte, luftleere Felsebenen. Die ehemaligen Meere wurden zu den einzigen Gebieten, in denen es noch Leben gab. Als der Wasserspiegel sank, wurde ein Leben auf den Kontinenten unmöglich. Nur die tiefsten Senken der ehemaligen Meeresböden enthalten noch Wasser; der Rest der ehemaligen Ozeane stellt die einzigen bewohnbaren Regionen des Planeten. Die Parder haben ihre Installationen in einem dieser ausgetrockneten Meeresgebiete aufgebaut, am Ufer einer der wenigen noch existierenden Wasserflächen.«
Mulvaney beugte sich vor und flüsterte in Lorens Ohr, während dieser auf den Monitor starrte. »Die ganze verdammte Welt ist auf den Kopf gestellt. Mechs könnten zwar auf den luftleeren Kontinenten operieren, aber es brauchte nur einen Cockpittreffer, und du wärst innerhalb von Minuten Geschichte.«
»Ein einzigartiges Gefechtserlebnis«, flüsterte Loren zurück.
»Und das ist ein Meisterstück der Untertreibung«, erwiderte Chastity Mulvaney.