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VORWORT VON JOCHEN RIEKER

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Es scheint, als verbinde die besten Segler Deutschlands eine Wahlverwandtschaft: Ihre Namen enden alle auf »-mann«. Da ist Wilfried Erdmann, der Extremsegler, einer von nicht einmal einem Dutzend Menschen, die je die Erde gegen die vorherrschenden Windrichtungen umrundet haben, ohne auch nur ein einziges Mal anzuhalten. Da ist Jochen Schümann, dreifacher Olympiasieger, erster und bisher einziger deutscher America’s-Cup-Gewinner. Und da ist Boris Herrmann, Hochseeprofi, Rekordjäger, Solo-Skipper.

Er, der Jüngste der ganz Großen, macht aus dem, was man vor ihm als bloßen Zufall hätte abtun können, eine kleine Serie, eine Art ungeschriebenes Gesetz. Nicht nur dem Wortstamm nach passt er mittenmang zwischen die anderen Granden. Den einen hat er schon als Kind für seine Fahrten bewundert. Mit dem anderen hat er als Navigator namhafte Hochseeregatten gewonnen, von denen später noch die Rede sein wird. Und auch wenn Boris – als Mensch wie als Leistungssportler – ganz anders ist, agiert er doch längst auf ähnlich herausgehobenem Niveau wie diese Ausnahme-Seemänner.

EINE NEUE ÄRA?

»Vielleicht«, schrieb 2008 das Nachrichtenmagazin Der Spiegel, »beginnt mit Boris Herrmann eine neue Ära.« Damals hatte er bei seinem Debüt in der Class40 sensationell Platz zwei im Artemis Transat belegt, einem für seine Härte berüchtigten Einhandrennen über den Nordatlantik. Und das war erst der Anfang.

Tatsächlich hat der gebürtige Oldenburger in den vergangenen zehn Jahren Erst- und Bestleistungen im Dutzend aufgestellt. Er ist der erste Deutsche, der eine Regatta um die Welt gewonnen hat. Der Erste, der es in der Klasse der Imoca60 zu internationaler Anerkennung gebracht hat. Der Einzige, der es dreimal nonstop um die Welt schaffte, das erste Mal in gerade 100, das zweite Mal in schier unvorstellbaren 47 Tagen, und jetzt in 80.

Er hätte sogar der erste Deutsche werden können, der die Jules Verne Trophy gewinnt, mit der schnellsten Runde um die Erde, nur unter Segeln, in fabelhaften 40 Tagen. Doch kurz vor der Triumphfahrt von Francis Joyons Idec Sport, für die er fest eingeplant war, hat er abgemustert. Nicht einfach so, das wäre nicht sein Stil, es ging nicht anders. Denn für Boris Herrmann begann zeitgleich das erste Vendée-Globe-Projekt – sein großer Traum, sein ultimatives Ziel, seine wahre Bestimmung.

Unter anderem davon handelt dieses Buch. Von der härtesten Herausforderung, der er sich je gestellt hat: allein nonstop um die großen Kaps, durch Flauten und Stürme, hin- und hergerissen zwischen ohnmächtiger Erschöpfung und unbeschreiblicher Euphorie, auf einer rasend schnellen, aberwitzig komplexen, unmenschlich kargen Kohlefaseryacht auf Tragflügeln.

Wie muss einer gestrickt sein, der danach trachtet? Was braucht es, um eine solche Prüfung zu bestehen? Besser noch: dabei zu glänzen? Woher kommt so ein Antrieb? Auch darum geht es im Folgenden.

Es ist Boris’ eigene Geschichte, in seinen eigenen Worten, ergänzt um Einschätzungen und Anekdoten seiner wichtigsten Wegbegleiter. Ein sehr persönliches, ungemein offenes und vielschichtiges Segelbuch, das dem öffentlichen und veröffentlichten Bild des 39-jährigen Seehelden einige Facetten hinzufügt.

WENIGER LINEAR, ALS ES SCHEINT

Es verschweigt nicht, welche Beklemmung der Start in eine Solo-Wettfahrt auslösen kann, welch enormen Stressfaktoren der Skipper ausgesetzt ist, warum auch einer wie er bisweilen mit Seekrankheit zu kämpfen hat. Eine Biografie, die bei aller vermeintlichen Linearität durchscheinen lässt, wie erratisch sich manche Stationen im Leben von Boris Herrmann aneinander reihten.

Im Rückblick wirkt alles logisch, fast wie nach einem Masterplan: Junger Fahrten- und Jollensegler liest in der Yacht vom MiniTransat-Race auf nur 6,50 Meter kurzen Hochseerennern, verbeißt sich in die Idee, findet Sponsoren, schafft es nach dem Abi irgendwie an die Startlinie, kommt auch sehr passabel über den Atlantik. Segelt danach wieder Jolle, während er für sein Betriebswirtschaftsstudium paukt. Hat schon Pläne. Steigt nach dem Examen auf in die Class40. Findet Anschluss an die Weltspitze, vor allem aber den Einstieg in die von Franzosen dominierte Hochseeszene. Springt in die Imoca-Klasse, überzeugt auch im Barcelona World Race. Holt mit Giovanni Soldini Rekorde auf Maserati, einem modifizierten VOR70. Wird Crewmitglied auf Idec Sport, einem der schnellsten Maxi-Trimarane. Und nun, der Höhepunkt, eine Vendée-Kampagne auf Malizia2 – Yacht Club de Monaco, einem der modernsten und besten Imocas, die je gebaut wurden.

Es sieht aus wie ein einziger Lauf. Und in vieler Hinsicht ist es das. Doch es gab dazwischen auch Brüche, lose Enden, ungeahnte Weggabelungen. Sie sind typisch für einen Extremsport, der ebenso sehr von Sponsoring wie von Mäzenatentum getragen wird, der nicht bloß ein Business Case ist, ein ziemlich guter sogar, sondern auch Herzblut und Leidenschaft von seinen Förderern erfordert. Hochleistungssegeln ist ein Sport, zwischen dessen Erfolgen mitunter prekäre Durststrecken warten.

WARTEZEIT

Recht eigentlich hätte dieses Buch längst erscheinen sollen. Boris Herrmann wollte es schon 2011 schreiben, nach dem Erfolg beim Barcelona World Race, das er auf einem alten Boot als Fünfter beendete, seinem »Praktikum für die Vendée Globe«, wie er selbst einmal sagte. Damals peilte er den Mount Everest der Solosegler für 2012 an. Doch daraus wurde erst einmal nichts. Nicht 2012, auch nicht 2016.

Und vielleicht hat er es als Erster geahnt. Als er mit Neutrogena auf halber Strecke um die Erde ist, in Gedanken schon fast zurück in Barcelona, schreibt er in einer E-Mail von Bord: »Jetzt noch an Kap Hoorn links abbiegen, und dann über den Atlantik nach Hause. Der Abstieg vom Gipfel. Doch das wird auch eine emotionale Serpentinenfahrt. Was kommt danach, wenn ich mit meiner Tasche am Steg stehe?«

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