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Dr. Sewards Diarium
ОглавлениеPhonographische Aufzeichnung
25. Mai. – Appetit auf Tiefstand. Kann nicht essen, kann nicht schlafen; daher: Diarium. Seit der Abweisung gestern fühle ich mich ganz leer; nichts in der Welt scheint mir wichtig genug, dass es eine Beschäftigung lohnte. Da ich weiß, dass die einzige Medizin gegen solche Zustände Arbeit ist, ging ich hinunter zu den Patienten. Ich wählte einen, der für mich ein besonders interessantes Studienobjekt darstellt. Er ist so wunderlich in seinen Ideen und dabei so anders als die gewöhnlichen Irren, dass ich fest entschlossen bin, genauestens zu verstehen, was ihn Geheimes umtreibt. Heute bin ich, glaube ich, auf dem Weg dorthin ein entscheidendes Stück vorangekommen.
Ich befragte ihn, entgegen meinen Gepflogenheiten, extrem hartnäckig und schonungslos über seine Halluzinationen. Diese will ich so exakt erkunden, dass ich sie irgendwann kontrollieren, ja steuern kann. In dem Vorgehen liegt, wie ich jetzt einsehe, eine gewisse Grausamkeit. Ich habe ihn, scheint mir, gezielt auf die Spitze seines Wahnsinns getrieben und dann eine Weile da festgehalten – ein Verfahren, das ich sonst meide wie den Schlund der Hölle. (NB: Könnte es Umstände geben, unter denen ich ihn nicht meiden würde, den Schlund der Hölle? Omnia Romae venalia sunt. Auch die Hölle ist käuflich. Alles eine Frage des Preises! Verbum sapienti sat.) Wenn hinter meinen instinktiven Ahnungen irgendetwas Wahres steckt, empfiehlt es sich, alles sofort akkurat zu protokollieren. Also dann –
R. M. Renfield, Alter 59. Sanguinisches Temperament. Körperlich sehr stark. Oft Zustände wahnhafter Erregung. Dazwischen depressive Perioden; münden in irgendeine fixe Idee, die ich freilich noch nicht klar erfasse. Vermute, das sanguinische Temperament und die destruktiven Impulse liefern sich, einander potenzierend, immer wieder innere Kämpfe um die Oberherrschaft. Mann potentiell gefährlich, wahrscheinlich besonders dann, wenn selbstlos agierend. Bei egoistischen Menschen dominiert Vorsicht, was sowohl ihnen selbst als auch ihren Feinden eine gewisse Sicherheit gewährt. Ich glaube, wenn das Selbst der innere Fixpunkt ist, besteht Gleichgewicht zwischen den zentripetalen und den zentrifugalen Kräften. Wird jedoch eine Pflicht, ein äußeres Ziel o.ä. der Fixpunkt, gewinnen die letztgenannten Kräfte die Oberhand, und nur eine gewaltsame Entladung oder mehrere gewaltsame Entladungen, verursacht durch puren Zufall, können den Ausgleich wiederbringen.