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DAVID UND FABIO

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„Fabio, wir müssen los“, rief David Malone, ein amerikanischer Verleger. Die beiden Freunde waren mit dem Schriftsteller Adrian Verhoeven verabredet. David war an einer Übersetzung des ersten Romans Verhoevens und einer eventuellen Fortsetzung interessiert.

„Nun mach schon, Fabio. Du siehst gut genug aus“, drängte David. Der Verleger war schlank, dabei jedoch durchtrainiert und fast zwei Meter groß, es fehlten nur knapp zehn Zentimeter. Ein Messerhaarschnitt hielt seine dunkelblonden Haare in Form. Die elegante Brille mit den getönten Gläsern rundete sein attraktives Äußeres geschmackvoll ab.

„Von mir aus kann’s losgehen“, sagte Fabio lässig und machte die Badezimmertür hinter sich zu. Der schlanke, schwarzhaarige Puerto Ricaner mit den dunklen Augen war einen Kopf kleiner als David und dessen bester und treuester Freund.

„Auf geht’s“, sagte David. „Mal sehen, ob unsere Vermutung stimmt. Obwohl ich nicht wirklich daran zweifle.“ Sie verließen ihre Suite im Hotel Atlantik und stiegen in ein vor dem Hotel wartendes Taxi.

Eine halbe Stunde später drückte David auf den Klingelknopf unter dem goldfarbenen Namensschild.

Adrian Verhoeven öffnete die Tür und bat die Herren herein. Nachdem sie sich vorgestellt hatten, Fabio aus gutem Grund unter einem anderen Familiennamen, führte sie der Schriftsteller zum Wohnzimmer.

Fabio nahm auf dem breiten Ledersofa Platz. David setzte sich in einen Sessel dem Schriftsteller gegenüber. Die beiden Männer sahen sich an und waren sich auf Anhieb unsympathisch. Sie wussten sich nichts zu sagen, obwohl sie zu einem geschäftlichen Gespräch zusammengekommen waren. Wie ein schwerer Schleier legte sich die drückende Stille über die drei Menschen.

„Sie beabsichtigen also, meinen Roman in den Vereinigten Staaten herausbringen“, brach Adrian Verhoeven nach einer Weile das drückende Schweigen.

„Es ist eine wundervolle Geschichte. Zusammen mit einer Fortsetzung wäre ich eventuell interessiert“, erwiderte David vorsichtig.

„Eine Fortsetzung, sagen Sie. Das kommt überhaupt nicht infrage“, erwiderte Adrian arrogant.

Der Verleger sah ihn nachdenklich an, zu einer Erwiderung kam er jedoch nicht, denn die Hausherrin, Elena Verhoeven, mischte sich ein.

„Aber vielleicht ist Mister Malone ja an deinem neuen Roman interessiert, an dem du gerade schreibst“, wandte Elena ein, die gerade ins Zimmer trat und der Adrians schroffe Ablehnung nicht entgangen war. Sie hieß ihre Gäste willkommen. Und nachdem alle mit Getränken versorgt waren, nahm sie neben Fabio auf dem Ledersofa Platz.

Adrian warf ihr einen giftigen Blick zu, der mehr von seinem Gefühlsleben verriet, als Worte. Wie so oft in letzter Zeit, stimmten sie wieder einmal nicht überein. Wie er dieses unerwünschte Einmischen hasste!

In unserer Ehe stimmt es einfach nicht mehr, dachte er. Wir haben uns auseinandergelebt, haben uns kaum noch etwas zu sagen. Aber was soll‘s, ewig hätte diese Ehe sowieso nicht gehalten. Wäre Elenas Mutter nicht so vermögend gewesen, wäre ich heute noch überzeugter Junggeselle.

Allerdings hat mich damals auch das Einheiraten in eine höhere Gesellschaftsschicht gereizt, gestand er sich ein. Obwohl diese Heirat ganz und gar nicht so verlaufen ist, wie ich es mir damals vorstellte und besonders nicht in finanzieller Hinsicht. Einen Moment lang verweilte er in der Vergangenheit und war so darin versunken, dass er seine Besucher vergaß.

Das Klappen der Wohnzimmertür riss ihn abrupt aus seinen Gedanken. Ein wenig verwirrt musterte er seine beiden Besucher.

„Es würde mich interessieren, Herr Verhoeven, wie Sie auf diese wunderbare Geschichte gekommen sind?“, fragte Fabio gerade, der ebenso wie sein Freund David ausgezeichnet Deutsch sprach.

Adrian starrte ihn an. „Bitte, was meinen Sie?“, fragte er irritiert.

„Ich fragte, wie sie auf diese wunderbaren Charaktere in ihrem Roman gekommen sind“, wiederholte Fabio geduldig seine Frage. „Man fühlt sich beim Lesen geradezu nach Puerto Rico versetzt. Waren Sie schon einmal dort? Sie scheinen sich dort gut auszukennen. Sie schütteln den Kopf? Das ist seltsam, bei diesem Einfühlungsvermögen in die Mentalität meines Volkes“, sagte Fabio verwundert. „Ich glaubte, Sie hätten dort eine Zeit lang gelebt.“

„Nein, das meiste entsprang meiner Fantasy, aber erforderlich waren natürlich auch diverse Recherchen“, erwiderte Adrian reserviert. „Sie sind Puerto Ricaner?“

Fabio nickte. „Aber wie gelangten Sie dann an diese erstaunlichen internen Informationen?“, ließ er nicht locker.

Adrian sah ihn nur schweigend an. Eine Antwort erhielt Fabio nicht. Erleichtert über die Ablenkung richtete Adrian stattdessen seinen Blick auf seine Frau, die gerade wieder hereinkam und sich neben Fabio setzte.

„Wovon handelt Ihr neuer Roman?“, fragte David. „Wenn er so gut wird wie Ihr erster Roman, wäre ich an einer kleinen Kostprobe sehr interessiert. Was halten Sie davon?“

„Nichts, Herr Malone. Ich halte nichts davon, denn es ist dafür noch zu früh. Zurzeit möchte ich weder darüber reden, noch daraus vorlesen“, erwiderte der Schriftsteller mit steinernem Gesicht.

„Aber wieso denn nicht, Adrian?“, mischte sich Elena ein. „Du arbeitest doch schon seit Monaten daran. Mich würde auch interessieren, worum es in deinem Roman geht.“

Adrian starrte seine Frau so wütend an, dass sie zusammenzuckte. Er sieht aus, als würde er mich am liebsten schlagen, dachte sie erschrocken.

„Tja, dann kommen wir wohl leider nicht ins Geschäft, Herr Verhoeven“, sagte der Verleger kühl und stand auf.

„Es wundert mich, wie Sie bei Ihrer Kälte und Wortlosigkeit einen so zu Herzen gehenden Roman zustande bringen konnten. Nach meiner langjährigen Erfahrung in diesem Metier ist so etwas eigentlich eher unwahrscheinlich.

Ich glaube nicht, dass Sie so etwas wiederholen können. Doch sei es drum. Ich darf mich dann verabschieden. Denn sich mit einem Schriftsteller auszutauschen der keine Ideen, Fragen oder Antworten hat, ist wahrlich nicht besonders ergiebig.“

Er nickte Adrian kurz zu. Die Hand gab er ihm nicht. Und nachdem die beiden Besucher sich höflich von Elena verabschiedet hatten, verließen sie eilig die Villa.

Adrian Verhoeven sah ihnen vom Fenster aus wutschäumend hinterher. Er konnte diesen reichen, überheblichen Amerikaner nicht ausstehen, verabscheute ihn ebenso wie seinen neugierigen Freund, der ihn an jemanden erinnerte, den er schon fast vergessen hatte.

Und ihn beunruhigten die letzten Worte des Verlegers, denn sie machten ihm klar, dass er sich unklug verhalten hatte. Aber bestimmt hat dieser Malone nur auf den Busch geklopft, denn wissen können die beiden Männer nichts, beruhigte er sich.

„Wir sind hier richtig, David. Dieser Verhoeven hat Dreck am Stecken“, knurrte Fabio, nachdem sie außer Sichtweite waren. „Es war eine gute Idee, dass ich nicht meinen richtigen Namen nannte.“

David nickte. „Da er Alejandro kennengelernt haben muss, hätte er dich sonst als dessen Bruder erkannt. Dieser kalte, berechnende Mann hätte niemals diesen anrührenden Roman schreiben können, durch den er berühmt wurde“, erwiderte er.

„Dieser Mann hat noch niemals ein Buch geschrieben und nur wenige gelesen, wenn überhaupt. Er ist ein Scharlatan. Seine Ausdrucksweise klingt aufgesetzt und ist mit dünnem Halbwissen verbrämt.

Nein, dieser Mann hat den Erfolgsroman niemals verfasst. Ich bin davon überzeugt, er hat ihn gestohlen“, sagte David leise. „Und wir wissen ja auch von wem!“

„Und was hat er danach mit meinem Bruder gemacht?“, flüsterte Fabio. „Alejandro hätte sich niemals freiwillig von dem Manuskript getrennt. Der Roman war doch schon damals fast fertig.“

„Wir kamen hierher, weil wir wissen, dass Adrian Verhoeven in das spurlose Verschwinden deines Bruders Alejandro verwickelt sein muss. Nach dieser Begegnung bin ich fest davon überzeugt“, erwiderte David. „Jetzt müssen wir es ihm nur noch beweisen, damit die Gerechtigkeit ihren Lauf nimmt.“

„Ja, und wir müssen wohl mit dem Schlimmsten rechnen“, erwiderte Fabio leise.

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