Читать книгу Skrupellos - Bärbel Junker - Страница 8
RÜCKBLICK
ОглавлениеNachdem der Verleger und sein Begleiter gegangen waren, hatten sich Adrian und Elena heftig gestritten. Jetzt schenkte sich Adrian einen doppelten Cognac ein und blickte zu Elena hinüber, die mit verbissenem Gesichtsausdruck in einem Sessel saß und auf den Teppich starrte, als erblicke sie ihn zum ersten Mal.
Er hatte es so satt, war nicht für die Ehe geschaffen. Er lebte am liebsten allein und holte sich Frauen nur dann, wenn ihm der Sinn danach stand. Er mochte Elena, konnte aber genauso gut auf sie verzichten. Allerdings ging das absolut nicht. Eine Scheidung kam nicht infrage, denn er hatte nicht vor, auf die Villa und den Wert den sie verkörperte, zu verzichten.
Nachdenklich sah er in sein Glas. Was sollte, nein, was konnte er tun?
„Weshalb willst du keine Fortsetzung des Romans schreiben?“, fragte Elena so unvermittelt, dass er erschrocken zusammenfuhr.
„Ich will es eben nicht, basta“, knurrte Adrian unfreundlich.
„Aber dann könnten wir …“
„Verdammt nochmal, Elena! Lass mich endlich mit diesem blödsinnigen Buch in Ruhe. Ich will nichts mehr davon hören. Hast du das jetzt endlich verstanden?“, fauchte Adrian wütend.
„Aber ich meinte ja nur …“
Was sie sonst noch sagte, hörte Adrian nicht mehr. Er stürmte aus dem Zimmer, bevor er gänzlich die Gewalt über sich verlor und schlug die Tür hinter sich zu.
Du blödes Stück, hätte er am liebsten geschrien. Ich schreibe nicht, weil ich es verdammt nochmal nicht kann! Ich habe noch nie ein Buch geschrieben und werde auch niemals eines schreiben!
Im Moment lief aber auch alles schief! Wütend stieg er die Treppe zu seinem Arbeitszimmer hinauf. Er musste nachdenken, musste sein weiteres Leben planen wie er es seit jeher in schwierigen Situationen tat.
Oben angekommen setzte er sich hinter seinen Schreibtisch. Nun gut, wie sollte es weitergehen? Er überlegte, vermochte sich jedoch nicht zu konzentrieren. Immer wieder schob sich das Bild eines jungen Mannes vor sein inneres Auge und lenkte ihn ab.
Also gab er nach einer Weile auf und stellte sich der Vergangenheit, versetzte sich zurück zu jenem Tag, an dem er den jungen Mann kennengelernt und dessen Vertrauen gewonnen hatte.
Alejandro Lopez Garcia war sein Name gewesen. Ein Puerto Ricaner, der vor einigen Monaten mit einem Freund nach Deutschland gekommen war, der sich als Dealer entpuppte und ihn mittellos sitzen ließ.
Er hatte Alejandro, der ausgezeichnet deutsch sprach, in einer Kneipe kennengelernt. In einem Anfall von Mitleid hatte er ihm beigestanden, als ein übler Typ den jungen Mann zusammenschlagen wollte.
Der junge Puerto Ricaner war ihm so dankbar gewesen, erinnerte sich Adrian. Und dann hatte er sich in seiner ungewohnten Mildtätigkeit selbst übertroffen. Er grinste, als er daran dachte, dass er Alejandro mit zu sich nach Hause genommen hatte, als dieser ihm beichtete, kein Geld und keine Bleibe zu haben.
Und dann hatte ihm sein neuer Freund eines schönen Tages von seinem Manuskript erzählt und dass ein Verlag es als Buch herauszubringen beabsichtigte.
Doch der Clou an der Sache war, dass er das Manuskript unter Adrians Namen eingereicht hatte, aus Angst Aufmerksamkeit zu erregen und ausgewiesen zu werden, denn Alejandro hielt sich illegal in Deutschland auf.
Allerdings hatte erst der vom Verlag in Aussicht gestellte Scheck Adrians Interesse geweckt. Aus Dankbarkeit wollte Alejandro das Geld mit Adrian teilen.
Von wegen teilen, hatte er gedacht.
Ich will ALLES!
Also hatte er eine Erkrankung vorgeschoben und einen befreundeten Anwalt bevollmächtigt, sämtliche Vereinbarungen zu unterschreiben und den Scheck entgegenzunehmen. Natürlich hatte er dieses Vorgehen vor Alejandro verheimlicht
Er hatte Alejandro erklärt, dass der Verlag erst dann den Scheck aushändigen würde, wenn die Vorarbeiten für die Veröffentlichung abgeschlossen seien. Und da ihm der junge Mann vertraute, hatte er ihm geglaubt und sich mit Feuereifer an die Überarbeitung gemacht.
Der vertrauensselige junge Mann war davon ausgegangen, dass Adrian ihn als den wahren Autor nach Einlösung des Schecks vorstellen würde, was er jedoch niemals in Betracht gezogen hatte. Er hatte Alejandro in dem Glauben gelassen und sich im Stillen über dessen Naivität amüsiert.
Es war eine schräge Geschichte mit vielen Wenn und Aber gewesen. Doch erstaunlicherweise hatte es geklappt. Er kassierte und schwor sich, keinen einzigen Euro davon abzugeben.
Und das hatte er auch nicht!
Ein illegaler Puerto Ricaner!
Niemand würde nach ihm suchen. Keiner ihn vermissen. Niemand würde diesen gutgläubigen Trottel jemals finden.
Er hatte sich eine Krankheit angedichtet, bei der er die Wohnung zwar nicht verlassen, jedoch zu Hause für eventuelle Fragen zur Verfügung stand.
Und nachdem er einen unbekannten Autor in seiner Stammkneipe kennengelernt hatte der ihn bei Bedarf unterstützte, war alles glatt gegangen. Allerdings hatte ihn der Riesenerfolg des Buches nach der Veröffentlichung vollkommen überrascht.
Adrian kehrte aus der Vergangenheit zurück. Er seufzte. „Und jetzt taucht dieser amerikanische Geldsack auf und verlangt eine Fortsetzung“, murmelte er genervt.
„Aber den hab ich elegant abgewimmelt. Allerdings eigenartig, wie schnell sich dieser Malone mit meiner Absage zufriedengegeben hat, wo er doch anfangs so interessiert tat“, wunderte er sich.