Читать книгу Auf den Spuren von Elfen und Trollen in Island. Sagen und Überlieferungen. Mit Reisetipps zu Islands Elfensiedlungen - Brigitte Bjarnason - Страница 7

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Elfen, Trolle und das huldufólk

In den isländischen Märchen und Volkssagen gibt es eine große Auswahl an übernatürlichen Wesen. Am häufigsten wird von Elfen (isl. álfar), dem verborgenen Volk (isl. huldufólk) und Trollen (isl. tröll) erzählt. Daneben gibt es noch Lichtelfen (isl. ljósálfar), Schwarzelfen (isl. dökkálfar), Lieblinge (isl. ljúflingar), Blumenelfen (isl. blómaálfar), Hauselfen (isl. búálfar), Feen (isl. dísir), Gnome (isl. gnómar), Zwerge (isl. dvergar), Berggeister (isl. tívar) und verschiedene Gespensterarten (isl. draugar, afturgöngur, uppvakningar u.v.m).

Wenn in den Volkssagen allgemein von Elfen gesprochen wird, sind gewöhnlich Wesen aus dem huldufólk gemeint. Über die Herkunft des huldufólkes gibt es mehrere Sagen. In der bekanntesten Sage wird erzählt, dass Eva bei einem unangemeldeten Besuch Gottes keine Zeit gehabt habe, alle ihre Kinder zu waschen. Die dreckigen Kinder versteckte sie vor ihm. Daraufhin soll Gott gesagt haben: „Das, was vor mir versteckt wird, soll auch den Menschen verborgen bleiben!“ Von diesen ungewaschenen Kindern stammt der Sage nach das huldufólk ab.

Auch soll Adam vor Eva eine andere Frau gehabt haben mit der er sich aber nicht gut verstand. Daraufhin schuf Gott für ihn Eva und für die andere Frau einen anderen Mann. Diese waren die Eltern der Elfen.

Eine andere Geschichte berichtet von Satan, der einen Aufstand im Himmel angezettelt hatte. Er und seine Anhänger wurden in die Dunkelheit getrieben. Diejenigen, die weder für noch gegen ihn waren wurden auf die Erde geschickt und sollten in Hügeln, Bergen und Steinen leben. Dies war das huldufólk.

Das huldufólk ist für die meisten Menschen unsichtbar, wenn es sich nicht selber für die Menschen sichtbar macht. Dennoch gibt es Ausnahmen. Margrét Thorlacius war eine „sehende“ Frau. In dem 1960 erschienenen Buch „Skyggna konan“ steht geschrieben, dass sie schon als Kind Kontakt mit dem huldufólk hatte, mit deren Kindern spielte und ihre Wohnungen sehen konnte. Sie erzählt: „Das huldufólk lebt in Felsen und Hügeln, die abends hell erleuchtet sind. Vom Aussehen her ähnelt es den Menschen, ist aber etwas kleiner und von zierlicher Gestalt.“

Des Öfteren habe Margrét ein feenhaftes bläuliches Licht in den Felsbehausungen gesehen. Sie sagt, das huldufólk betreibe Viehzucht, Fischfang und besuche sonntags ihre Kirchen. Es soll friedfertiger als die Menschen sein.

Laut Berichten tragen diese Wesen farbige Kleider, überwiegend in blau und rot, die mit goldenen oder silbernen Knöpfen, Broschen und anderem Schmuck verziert sind. Das huldufólk feiere, insbesondere in der Weihnachtszeit, gerne Feste, bei denen gegessen und getrunken wird und der Klang von Musik und Gesang erschallt. Bisweilen wird davon gesprochen, dass das huldufólk einen heidnischen Glauben hätte. Dennoch scheint die verbreitetste Meinung zu sein, dass das Elfenvolk katholischen Glaubens sei. Bizarre Felsen, die Elfenkirchen genannt werden, gibt es im ganzen Land. Obwohl die Isländer es gewohnt sind, gegen die Macht der Elemente anzukämpfen, scheint das huldufólk die Natur und das Wetter besser deuten zu können. Die verborgenen Wesen seien bei der Heuernte und dem Fischfang oft erfolgreicher als die Menschen. Wie schon erwähnt ähnelt das huldufólk von seiner Lebensweise und dem Aussehen her sehr den Menschen. Allerdings wird in einigen Erzählungen ein kleiner Unterschied angedeutet. So soll auf ihrer Oberlippe eine Erhöhung statt einer Vertiefung sein und es keine sichtbare Trennung zwischen den Nasenlöchern geben.

Das huldufólk nimmt in den meisten Fällen mit den Menschen im Traum Verbindung auf. Sucht das huldufólk von sich aus Menschen im Wachzustand auf, wird es auch für „Nichtsehende“ sichtbar. Betritt jemand aus der menschlichen Welt die Behausung des huldufólkes, sollte er daran denken, immer einen Schuh oder Handschuh draußen vor dem Stein liegenzulassen, damit seine Rückkehr in die Menschenwelt gesichert ist. Kontakte zwischen Menschen und Wesen aus dem huldufólk können sowohl gute wie schlechte Auswirkungen haben: Das huldufólk bedankt sich mit Geschenken für die Hilfe der Menschen oder es sorgt dafür, dass dem Betreffenden ein Unglück zustößt. Das kann z.B. passieren, wenn auf einem Elfenhügel Gras gemäht wird. Nicht selten kam es früher vor, dass Menschenfrauen gebeten wurden, Frauen aus dem huldufólk bei der Geburt zu helfen. Ein herzloser Brauch des huldufólkes war jedoch die Angewohnheit, Babys zu rauben. Insbesondere der Zeitraum zwischen Geburt und Taufe war kritisch. Statt des entführten Kindes lag dann plötzlich ein greisenhaftes Baby, ein sogenannter Wechselbalg (isl. umskiptingur) in der Wiege. Schützen konnte man sich gegen den Austausch durch das Anbringen eines Kreuzes am Kopf- und Fußende des Kinderbettes.

Auch sollen Liebesbeziehungen zwischen den Menschen und den Wesen des huldufólks vorgekommen sein. Junge Elfenmänner, aber auch Elfenfrauen, konnten sehr aufdringlich sein und lockten Männer und Frauen zu sich in die Elfenwelt.

Auch in den Tiefen des Meeres existiert eine fantastische Elfenwelt. Marbendlar (Wassermänner) betreiben im Meer ihre Viehzucht. Unter den Nasen ihrer Seekühe befinden sich Luftblasen. Gelingt es einem Bauern aus der Menschenwelt, diese zu zerplatzen, darf er die entsprechende Kuh behalten. Diese Kühe sind stets die besten Milchkühe in einem Stall.

Im Gegensatz zu den Geschichten über das huldufólk wird in den Elfensagen oft von Königen und Königinnen und ihrem Reich gesprochen. In der Snorra Edda werden ljósálfar (Lichtelfen) und dökkálfar (dunkle Elfen) erwähnt. Die Lichtelfen strahlen hell wie die Sonne und wohnen gerne an Seen und in unberührter Natur auf der Erdoberfläche. Die dunklen Elfen hingegen leben unter der Erde und sind so schwarz wie Pech. Diese Geschöpfe sind als eine Art Erdgeister zu betrachten. Der Fruchtbarkeitsgott Freyr herrschte, laut der nordischen Mythologie, über die Elfenwelt der Lichtelfen (Álfheimur).

Margrét Thorlacius sah außer dem huldufólk auch Elfen. „Ich habe oft Elfen in verschiedenen Größen gesehen“, berichtet sie. „Einmal entdeckte ich einige Elfen beim Spielen in einem Garten in Reykjavík. Sie waren etwa dreißig bis vierzig Zentimeter groß und trugen reich verzierte Kleider in leuchtenden Farben. Die Jungen waren in kurze Hosen und Jacken gekleidet, die Mädchen in weite Faltenröcke und Zipfelmützen.“

Einen Hauselfen (isl. búálf) beschreibt sie so: „Er war fünfzig bis sechzig Zentimeter groß, hatte einen großen Kopf und ein faltiges Gesicht. Meist hielt er sich hinter einer Zimmerpflanze versteckt in einer Ecke unseres Wohnzimmers auf. Doch manchmal kam er in die Küche geschlichen, zupfte leicht an meiner Schürze und blickte mir schelmisch in die Augen. Ich sah ihn aber nur, wenn ich mit ihm alleine war.“

Die Seherin, die heute Führungen im Elfengarten von Hafnarfjörður anbietet, sagt, dass die Elfen im Park Hellisgerði die Größe von acht- bis zehnjährigen Kindern haben. Sie sind freundlich, besitzen markante Gesichtszüge und ausgeprägte Lachfalten. Im Winter schläft ein Teil der Elfen oder sie arbeiten drinnen in ihren Häusern, weben und schnitzen. Im Sommer kommen sie heraus aus ihren Felsbehausungen und verrichten ihre Arbeiten draußen. Der Sommer ist auch die Zeit der Blumenelfen. Dann herrscht ein buntes Treiben in den Bäumen und Pflanzen, die zwischen dem dunklen Lavagestein von Hellisgerði wachsen.

Andere elfenähnliche Wesen sind Lieblinge (isl. ljúflingar). Das sind schlanke, schöne Geschöpfe von der Größe zehnjähriger Kinder. Sie tragen farbige Gewänder und leben an Orten mit dichtem Pflanzenwuchs. Gnome (isl. gnómar) sind zehn bis zwölf cm große Wesen. Zwerge (isl. dvergar) haben in etwa die Größe von Kleinkindern.

Laut der nordischen Mythologie sollen die Zwerge als Maden aus dem in der Erde verwesenden Leichnam des Urriesens Ýmir gekrochen sein. Die Götter gaben ihnen Namen, Körper und menschlichen Verstand. Die Zwerge, die aus Ýmirs Fleisch kamen, lebten in der Erde. Die, die aus Ýmirs Knochen entstanden sind, suchten sich ihre Wohnstätten in Steinen. Besonders gerühmt wurden die Zwerge für ihr handwerkliches Geschick, besonders die Snorra Edda erwähnt dies. Sie schmiedeten den Göttern wertvolle Gegenstände, wie zum Beispiel Haar aus Gold für die Göttin Sif und das Schiff Skíðblaðnir, welches zusammengefaltet in die Hosentasche gesteckt werden konnte. Viele isländische Flurnamen deuten auf Zwerge hin, wie Dvergasteinn, Dverghamrar, Dverghóll oder Dvergsstaðir. Eine der bekanntesten Zwergensagen ist die Sage vom Zwergenstein (Dvergasteinn) aus Seyðisfjörður, der, nachdem der Standort der Kirche auf die Nordseite des Fjordes verlegt wurde, über dem Fjord schwamm. In den Sagen werden die namenlosen Zwerge als dicklich, mit großen Köpfen und bartlos beschrieben. Im 17. Jahrhundert soll es nur noch drei lebende Zwerge auf Island gegeben haben.

Von den Trollen heißt es, sie seien ausgestorben, die männlichen im 16. Jahrhundert und die weiblichen im 19. Jahrhundert. Sie stammten aus dem Reich der Riesen (Jötunheimur). Männliche Trolle werden auch jötunn, risi oder þurs genannt, während die weiblichen Trolle gewöhnlich als skessa bezeichnet werden. Der Erzählung nach sollen Trolle Heiden gewesen sein. Aus diesem Grund ergriffen sie angeblich vor Glockengeläut und Kirchengesang die Flucht.

In alten Zeiten benutzten die Isländer das Wort tröll als Schimpfwort und meinten damit eine Art Ungeheuer. Später wurden Riesen und Hexen als Trolle bezeichnet. In den Bergregionen beheimatet, wohnten sie in Höhlen oder Felsen und lebten vom Tier- und Fischfang. Nachttrolle (isl. nátttröll) kamen nur nachts aus ihren Höhlen heraus. Diese Trollart vertrug kein Tageslicht und verwandelte sich zu Stein, wenn sie die Strahlen der Sonne erblickte.

Einige der isländischen Trolle waren grausame Menschenfresser, während andere freundlich gegenüber den Menschen gewesen sein sollen. Nicht selten kam es jedoch vor, dass Trollfrauen und Trollmänner Menschenkinder geraubt oder zu sich gelockt haben. Einigen Kindern gelang die Flucht, andere wuchsen bei den Trollen auf. Die Nachkommen dieser Beziehungen wurden hálftröll (Halbtrolle) genannt. Obwohl Trolle meist als dumm bezeichnet wurden, gab es auch einige Weise unter ihnen.

Neben den Hauptgattungen Elfen, huldufólk und Trolle kommen in den Volkssagen noch viele andere Wesen vor, zum Beispiel mit übernatürlichen Kräften ausgestattete Fabeltiere. Zusätzlich gibt es zahlreiche Geschichten über Gespenster und Geächtete, deren Mut und Tapferkeit oft ins Übermenschliche gesteigert wird.

Geschichten über Begegnungen von Menschen und Elfen gibt es aus allen Landesteilen Islands. Alle Orte und Sagen aufzuzählen, würde den Umfang dieses Buches sprengen. Deshalb beschränkt sich das Buch auf die größten Elfensiedlungen Islands im Osten der Insel und macht noch einen Abstecher an die Südwestküste nach Hafnarfjörður, einen Vorort von Reykjavík.

Die hier in diesem Buch aufgeführten, zum Teil gekürzten Erzählungen und Berichte erzählen in erster Linie vom huldufólk und stammen zum größten Teil aus den Geschichtssammlungen von Jón Árnason und Sigfús Sigfússon.

Auf den Spuren von Elfen und Trollen in Island. Sagen und Überlieferungen. Mit Reisetipps zu Islands Elfensiedlungen

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