Читать книгу Als die Kosaken kamen - Brigitte Jäger-Dabek - Страница 3

Vorwort

Оглавление

Fragt man einmal herum, was heute den Deutschen zum Thema Erster Weltkrieg so einfällt, wird man wie aus der Pistole geschossen hören: Verdun. Danach aber folgt schon bald das große Schweigen. Natürlich, Verdun ist längst zum Synonym geworden für die Blutmühle des Stellungskriegs an der Westfront, in der auf beiden Seiten ganze Generationen dahingemetzelt wurden.

Darüber hinaus aber ist einmal abgesehen vom Auslöser des Krieges, dem Attentat von Sarajewo oder dem Gaskrieg bei Ypern, das Wissen über das übrige Geschehen verblasst und fast ausschließlich auf die Kenntnisse über die Westfront in Nordfrankreich und Belgien beschränkt, Schon die kaum weniger Opfer fordernden Fronten in den Dolomiten und am Isonzo sind aus dem Blickfeld gerückt.

Fast ganz aus der Erinnerung gerutscht ist die Ostfront, an der schon zu Kriegsbeginn 1914 die österreichisch-ungarischen Truppen an der Front in Galizien Verluste erlitten, von denen sie sich nie mehr erholten. Ostfront – das ist allenfalls noch durch den Frieden von Brest-Litowsk bekannt.

Dann ist da noch Tannenberg. „Ach ja, Tanneberg, das war doch der Sieg von Hindenburg, ja, doch ..“ hört man dann. Das steht im seltsamen Kontrast zu den Behauptungen, die man immer wieder hört: „Der Erste Weltkrieg fand ja nicht auf deutschem Boden statt.“ Das aber ist schlicht falsch.

Es ist völlig in Vergessenheit geraten, dass die Generation meiner Großmütter bereits im Ersten Weltkrieg einmal geflüchtet ist, sofern sie denn in Ostpreußen lebte. Und der Erste Weltkrieg in Ostpreußen war nicht nur die eine Schlacht bei Tannenberg, sondern eine im August 1914 beginnende, Monate währende Besetzung des größten Teils der damals östlichsten Provinz Deutschlands. Erst im Frühjahr 1915 war Ostpreußen wieder ganz befreit. Mit der Schlacht bei Tannenberg war es nicht getan, zwei weitere große Schlachten, eine an den Masurischen Seen und die Masurische Winterschlacht waren dazu nötig. Dazwischen lagen Monate russischer Besetzung.

Die Gründe dafür, dass dieser Teil des Ersten Weltkriegs in Deutschland fast in Vergessenheit geriet, sind zum einen darin zu sehen, dass Ostpreußen nicht mehr zu Deutschland gehört, zum anderen, dass die seinerzeitige Lichtgestalt Hindenburg sowie sein Stabschef Ludendorff heute kritischer gesehen werden und auch die Mythenbildung um Tannenberg differenzierter beurteilt werden.

Wogen des Nationalismus und den Beginn der Unversöhnlichkeit brachte die Volksabstimmung nach Ostpreußen. War es bis zur Reichsgründung relativ egal, welcher Sprache sich ein Bürger Preußens im Alltag bediente, wurde die eigene Muttersprache vieler Ostpreußen, also das masurische oder ermländische Polnisch plötzlich zum Ausschluss- und Entscheidungsfaktor. Nur wer deutsch sprach und die Zugehörigkeit zur deutschen Kultur betonte, war ein guter Ostpreuße, alle anderen standen unter dem Generalverdacht, so etwas wie Vaterlandsverräter zu sein. Auch ohne diesen Druck und die Agitationswellen hätten sich die meisten Masuren und Ermländer vermutlich für einen Verbleib beim Ostpreußen entschieden, denn es wurde auf den Stimmzetteln nach Ostpreußen und nicht nach Deutschland gefragt. Auch auf polnischer Seite wurden alle Register des aufbrandenden Nationalismus gezogen, die zwangsgermanisierten masurischen und ermländischen Brüder sollten mit in einem freien Polen leben. Es bedurfte also nicht erst des Dritten Reichs und des Nazirassismus, um Schluss zu machen mit dem eigentlichen Reichtum der Provinz: der kulturellen Vielfalt eines der ersten Einwanderungsländern der Geschichte.

Als die Kosaken kamen

Подняться наверх