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Wie Schönefeld zu seinem Namen kam

Als Schönefeld noch keinen Namen hatte, waren fast alle glücklich. Auf die Frage „Wo wohnst du denn?“ kam meist eine Antwort wie: „Hinter dem Feld, nahe der Kirche, neben dem Friedhof oder weit ab vom Schuss.“

Das konnte natürlich auch auf jeden anderen Dorfanger des Schwemmsandlandes zutreffen. Wer das damals noch namenlose Schönefeld bereisen wollte, kam irgendwann oder niemals an. Den Gemüsehändlern verdarb unterwegs ihre Ware. Und traf die gerufene Hebamme endlich ein, war das Kind mitunter schon ein Jahr. Es fand niemand diesen Ort.

Also musste ein Name für das Fleckchen her. Die Dörfler wurden zur Zusammenkunft in die Schenke eingeladen und alle kamen.

Ein Dorf – nein, das klingt altmodisch!

Eine Siedlung – nein, das klingt langweilig!

Eine Gemeinde – nein, das klingt nach Ortsvorsteherwahl!

Eine Stadt – nein, das klingt nach mehr Trubel!

Es wurde heftig diskutiert. Keiner der Vorschläge war allen recht. Völlig unzufrieden gingen die Dörfler wieder heim, und jeder grübelte für sich alleine weiter.

Ein Name musste aber unbedingt her. Meistens lebte es sich sehr beschaulich und gut in dem kleinen Ort, dessen lebenslustige Bewohner weit über seine Grenzen des noch namenlosen Schönefelds hinaus bekannt waren, aber wer fand das romantische Fleckchen?

Die Kinder hätten gern ihre Freunde eingeladen, wenn sie im Herbst auf den umliegenden Stoppelfeldern ihre Drachen steigen ließen. Bunt und lustig ging es dabei zu. Aber wohin einladen, in einen Ort ohne Namen? Die Felder lagen nahe am Ort, daher waren sie für das Ährenlesen und das Kartoffelstoppeln sehr begehrt. Diejenigen Dörfler und ihre Kinder, die nicht viel Geld hatten und den Kartoffelvorrat für den Winter so billig wie möglich erwerben wollten, trafen bereits morgens gegen sieben Uhr auf dem Feld ein. Das Aufsammeln und Heimbringen über den weichen Sturzacker war keine leichte Aufgabe. Jeder war froh, wenn er die Kartoffeln gut nach Hause brachte, ohne dass dabei der Karren gar zu Bruch ging.

In dem einen Jahr, dem letzten Jahr, als Schönefeld noch keinen Namen hatte, gab es besonders viele Kartoffeln zu stoppeln. Mit den großen Zehen wurden sie aus der Erde gepult und die Körbe waren im Nu brechend voll. Übervoll waren sie und sehr schwer. Bevor es mit der letzten Fuhre heimwärts ging, gab es am Abend eine gemeinsame Verschnaufpause am Wegesrand. Das Kartoffelkraut war trocken genug, um ein Feuerchen anzuzünden. Für die Kinder gab es geröstete Kartoffeln. Meistens waren die Knollen etwas verbrannt und mit den Händen landete der Ruß im Gesicht der kleinen Leute. Es wurde herzhaft gelacht. Alle, egal ob jung, ob alt, ob Katz oder Maus, alle waren über den Sammelertrag hoch erfreut.

Voller Glückseligkeit und schon etwas schlaftrunken bemerkte in diesem Moment ein betagtes Mütterlein: „Ist das e schönes Feld gewesen!“ Allesamt stimmten sie ihr freudig zu und seitdem heißt nun Schönefeld Schönefeld!


Geschichten aus dem Schwemmsandland

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