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Zur Zeitgeschichte – was uns prägte

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Um die jetzige Großelterngeneration zu verstehen, ist der geschichtliche Kontext wichtig, der sie geprägt hat. Die heutigen Großeltern sind überwiegend in der Nachkriegszeit geboren, einige vielleicht auch noch während des 2. Weltkriegs. Sie haben als Kinder die Kriegs- oder Nachkriegszeit erlebt, eine Zeit, in der das ganze Land und die Gesellschaft im Umbruch waren. Viele Familien haben Not und Flucht oder den Tod von Angehörigen erlebt. Alle heutigen Großeltern hatten Eltern, die vom Krieg gezeichnet waren. Die Jahre bis 1949 waren geprägt von Mangel und Chaos, und die folgenden 50er-Jahre durch Verschleierung und Restauration. In den 60er-Jahren folgte der Versuch eines Neuanfangs, der mit großen gesellschaftlichen Umbrüchen einherging. Um die Ereignisse während des Nationalsozialismus besser verstehen zu können und gleichzeitig auch, um die Verdrängung der Geschehnisse zu verhindern, stellten viele Söhne und Töchter Fragen an ihre Eltern: »Was ist geschehen und was habt ihr während der NS-Zeit getan?« Eine direkte Aufarbeitung der Kriegsgeschehnisse hatte damals noch nicht begonnen. Aus der heutigen Trauma-Forschung wissen wir, dass die Folgen von Traumata regelrecht vererbt werden können, sodass sie auch die nachfolgenden Generationen noch beeinflussen. Viele der heutigen Großeltern hatten Väter und Mütter, die durch ihre Erlebnisse im Krieg traumatisiert wurden (etwa Gefangenschaft, Flucht, Vergewaltigung, Entbehrung und Hunger).

Solche Erfahrungen wirkten in den Familienalltag und führten oft zu elterlichem Verhalten, dass den Kindern unverständlich war. So bestanden zum Beispiel viele Eltern vehement darauf, dass die Kinder ihren Teller leer essen mussten, dabei fehlten Erklärungen und Einfühlungsvermögen gegenüber den Kindern. Wir wissen heute, dass viele von unseren Eltern im Krieg Hunger litten. Doch in der Nachkriegszeit kam es nur selten zu offenen Gespräche über solche Erfahrungen, über die Vergangenheit wurde der Mantel des Schweigens gelegt.

Doch die Generation der heutigen Großeltern sind nicht nur die »Erben« der Kriegsfolgen, sondern auch die Erben des Wirtschaftswunders und des folgenden Wohlstands der Nachkriegszeit. Die junge Generation damals versuchte sich aus der Enge der autoritären Strukturen zu befreien. Sie suchten intensiv nach positiven Veränderungen und erstrebenswerten Zielen, nach Freiheit und Selbstbestimmung. Die Jugend rebellierte, sie wollte Neues wagen und ihr Leben umgestalten. Ein Ziel war es, möglichst schnell aus dem Elternhaus auszuziehen, am liebsten in Wohngemeinschaften oder Kommunen. Die Normen und strengen Vorgaben der Elterngeneration wurde hinterfragt und oft abgelehnt. Die Kinder der Nachkriegskinder wuchsen in einer besonderen, quasi doppelten Realität auf. Sie erkannten und erlebten einen Teil ihres Daseins in der sichtbaren Welt und erspüren den tabuisierten Teil aus der unsichtbaren Welt, mit allen Nöten und Ängsten der Erwachsenen. Dies beschreibt mit vielen Beispielen die Autorin Sabine Bode in ihren Büchern über die Nachkriegszeit.2

Trotz vieler ähnlicher Erfahrungen einer ganzen Altersgruppe, die bestimmend für diese Generation waren, sind die individuellen Schicksale und die Verarbeitung bei den einzelnen Menschen ganz unterschiedlich. Die einen versuchten sich in freier und wechselnder Wahl der Partnerinnen oder Partner, andere gründeten ganz traditionell eine Familie. Von den Erziehungsvorstellungen der Eltern distanzierten sich damals die meisten jungen Eltern und probierten stattdessen für ihre Kinder die antiautoritäre Erziehungshaltung und alternative Kinderläden aus. Ein neues Lebensgefühl entwickelte sich, es war die Zeit der Studentenbewegungen, der Entstehung einer Popkultur und vor allem die Zeit der Revolte gegen alle Konfessionen und generell Althergebrachtes.

Die vielen Freiheiten führten jedoch auch zu vielen Unsicherheiten: Wie gestalten wir dies? Wie machen wir das? Was ist gut? Was nicht? Was bisher galt, was klar war und feststand, galt nicht mehr oder wurde infrage gestellt. »Wir wollen es anders machen als unsere Eltern« oder »Unsere Kinder sollen es besser haben als wir« waren damals Leitsprüche, und zum Teil gelten sie noch heute. So entstand ein Bedarf nach Orientierung und Ratschlägen für alle Lebenslagen – der Anfang der Ratgeberliteratur, die seither mit unzähligen Titeln zu allen Paar- und Familienfragen, zur allgemeinen Lebensgestaltung und zu sämtlichen Erziehungsfragen auf den Markt gekommen ist.

Die heutigen Großeltern sind diese jungen Erwachsenen von damals. Nun sind sie »in die Jahre gekommen« und Angehörige jener Generation, die überlegt, welche ihrer Traditionen und Wertvorstellungen, die sie aktiv mitgestaltet haben, sie weitergeben wollen. Es stellt sich die Frage, wie wir es schaffen, unsere Familien zu »befrieden«. Wie wir die Kriegsund Nachkriegserfahrungen in unseren Familien oder auch andere »Altlasten« besprechen, wie wir ihnen und anderen Themen, die uns aufgrund unserer Biographien beschäftigen, offen Raum geben und Dialoge möglich machen. Viele Enkelkinder wollen noch mal mit den »Alten« ins Gespräch kommen, um vergessene Familienbiografien zu erschließen und damit Wege zum versöhnlichen Befrieden zu finden!

Es zeigt sich heute, dass sich die Beziehungen zwischen den Generationen sehr verändert haben. Eltern, die jetzt Großeltern werden oder es schon sind, haben zu ihren erwachsenen Kindern meist ein nahes und eher ausgeglichenes Verhältnis. Insgesamt kommt man relativ gut miteinander aus (Ausnahmen bestätigen die Regel!). So wohnen die erwachsenen Kinder lange bei den Eltern und sind finanziell auch von diesen abhängig. Nach Ausbildung und Karrierebeginn, wenn unsere Kinder Nachwuchs bekommen, rücken wir erneut als wichtige Bezugspersonen, nämlich als Großeltern, in den Fokus. Darüber hinaus sind viele junge und berufstätige Eltern oder alleinerziehende Männer und Frauen auf die Hilfe und Unterstützung bei der Betreuung der kleinen Kinder angewiesen. Und damit kommen wir zu einem sehr zentralen Thema, denn ganz viele Großeltern übernehmen die Aufgabe, ihre kleinen Enkel zeitweise zu betreuen.

Dass sich die Großelternzeit über einen Zeitraum von 20 Jahren und mehr hinziehen kann, eröffnet uns die Chance auf eine lange gemeinsame Lebenszeit mit den Enkelkindern. Diese Zeit können Sie als Großeltern mit den Enkeln gestalten und diese Beziehungen genießen. Viele Erfahrungen, die Sie gemacht haben, können als »Schatz« an die Enkelgeneration weitergegeben werden.

Zum Glück gibt's Oma und Opa!: Wie Großeltern Familien stärken und fördern können

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