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4 Die Beseitigung von Anachronismen

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Kaum hatte Jane Marks Bett frisch bezogen, als auch schon, mit vielen Paketen beladen, Mrs. Dimble eintraf. »Sie sind ein Engel, dass Sie mich für die Nacht aufnehmen«, sagte sie. »Ich glaube, wir haben es bei jedem Hotel in Edgestow versucht. Dieser Ort wird schier unerträglich. Überall die gleiche Antwort! Alles voll bis unters Dach mit der Gefolgschaft dieses abscheulichen N.I.C.E. Sekretärinnen hier, Stenotypistinnen dort, Bauingenieure, Vermessungsleute – es ist schrecklich. Hätte Cecil nicht ein Zimmer im College, so müsste er wohl tatsächlich im Wartesaal des Bahnhofs schlafen. Ich hoffe nur, dass dieser Hausdiener im College das Bett gelüftet hat.«

»Aber was in aller Welt ist geschehen?«, fragte Jane.

»Man hat uns an die Luft gesetzt, meine Liebe!«

»Aber das ist doch nicht möglich, Mrs. Dimble. Ich meine, das kann unmöglich legal sein.«

»Das hat Cecil auch gesagt … Stellen Sie sich bloß vor, Jane, als wir heute Morgen aus dem Fenster schauten, sahen wir als Erstes einen Lastwagen in unserer Einfahrt; er stand mit den Hinterrädern mitten im Rosenbeet und lud einen Haufen Leute mit Äxten und Sägen ab, Leute, die wie Kriminelle aussahen. Direkt in unserem Garten! Ein abscheulicher kleiner Mann mit Schirmmütze war dabei, der die Zigarette im Mund behielt, während er mit Cecil sprach – das heißt nicht im Mund, sie klebte an seiner Oberlippe. Und wissen Sie, was er gesagt hat? Er sagte, sie hätten nichts dagegen, wenn wir bis morgen früh um acht im Haus blieben – wohlgemerkt im Haus, nicht im Garten. Nichts dagegen!«

»Aber das muss doch – muss doch ein Irrtum sein!«

»Cecil hat natürlich gleich den Schatzmeister des Bracton Colleges angerufen. Und natürlich war ihr Schatzmeister nicht im Haus. Den ganzen Vormittag lang haben wir immer wieder versucht zu telefonieren, und während der Zeit sind alle Pflaumenbäume und die große Buche, die Sie so gern hatten, gefällt worden. Wenn ich nicht so wütend gewesen wäre, hätte ich mich hingesetzt und mir die Augen ausgeweint. So war mir zu Mute. Schließlich hat Cecil diesen Mr. Busby erreicht, der sich als völlig unbrauchbar erwies und sagte, es müsse irgendein Missverständnis vorliegen, aber er habe jetzt nichts mehr mit der Sache zu tun und wir sollten uns an das N.I.C.E. in Belbury wenden. Selbstverständlich war es völlig unmöglich, eine Verbindung mit denen zu bekommen. Und zur Mittagszeit war klar, dass wir die Nacht einfach nicht mehr zu Hause verbringen konnten, was immer auch geschehen würde.«

»Warum nicht?«

»Meine Liebe, Sie können sich keine Vorstellung davon machen. Die ganze Zeit sind riesige Lastwagen und Zugmaschinen vorbeigedonnert, und dann ein Kran auf einer Art Tieflader. Die Lieferanten kamen nicht mehr durch. Die Milch kam erst um elf. Das Fleisch kam überhaupt nicht, und am Nachmittag rief die Metzgerei an und sagte, ihr Fahrer sei nicht zu uns durchgekommen. Wir hatten selbst die größten Schwierigkeiten, in die Stadt zu kommen. Von unserem Haus bis zur Brücke haben wir eine halbe Stunde gebraucht. Es war wie ein Albtraum. Überall Lichter und Lärm, die Straße praktisch zerstört, und auf der Gemeindewiese errichten sie bereits ein riesiges Barackenlager. Und die Leute! Derart grässliche Männer. Ich wusste nicht, dass wir in England solche Arbeiter haben. Ach, grässlich, grässlich!« Mrs. Dimble fächelte sich mit dem Hut, den sie gerade abgenommen hatte, Luft zu.

»Und was wollen Sie nun tun?«, fragte Jane.

»Das weiß der Himmel!«, sagte Mrs. Dimble. »Einstweilen haben wir das Haus zugesperrt, und Cecil ist bei unserem Anwalt, Mr. Rumbold, gewesen, um zu sehen, ob wir das Haus wenigstens versiegeln lassen können, sodass niemand es betritt, bis wir unsere Sachen herausgeholt haben. Rumbold scheint nicht zu wissen, woran er ist. Er sagt ständig, das N.I.C.E. sei juristisch in einer ganz besonderen Position. Was das heißt, kann ich beim besten Willen nicht sagen. Soweit ich sehe, wird es in Edgestow überhaupt keine Privathäuser mehr geben. Zum anderen Flussufer hinüberzuziehen hat überhaupt keinen Zweck, selbst wenn sie uns ließen. Was meinen Sie? Oh, unbeschreiblich. Alle Pappeln werden gefällt. Und all diese hübschen kleinen Häuser bei der Kirche werden abgerissen. Ich habe die arme Ivy – Ihre Mrs. Maggs, wissen Sie – getroffen, und sie war in Tränen aufgelöst. Die armen Dinger! Sie sehen wirklich furchtbar aus, wenn die Tränen über das Make-up laufen. Sie ist auch auf die Straße gesetzt worden; arme Frau, als ob sie es nicht ohnedies schon schwer genug hätte. Ich war froh wegzukommen. Die Männer waren so schrecklich. Drei große Kerle sind an die Hintertür gekommen, sie wollten heißes Wasser und haben sich so aufgeführt, dass Martha vor Angst völlig den Kopf verlor und Cecil hinausgehen und mit ihnen sprechen musste. Ich dachte schon, sie würden Cecil schlagen, wirklich. Es war schrecklich unerfreulich. Irgendein besonderer Polizist schickte sie dann weg. Wie? Ach ja, überall sind dutzende von Uniformierten, die wie Polizisten aussehen, aber die haben mir auch nicht gefallen. Sie wippen ständig mit so einer Art Gummiknüppel, wie in den amerikanischen Filmen. Wissen Sie, Jane, Cecil und ich dachten beide das Gleiche: Wir dachten, es ist beinahe, als hätten wir den Krieg verloren. Oh, wunderbar, Tee! Das ist genau, was ich brauche.«

»Sie müssen hier bleiben, Mrs. Dimble, solange Sie wollen«, sagte Jane. »Mark wird einfach im College schlafen müssen.«

»Also wirklich«, sagte Mutter Dimble, »wenn es im Augenblick nach mir ginge, dann dürfte kein Mitglied des Bracton Colleges überhaupt irgendwo schlafen! Aber bei Ihrem Mann würde ich eine Ausnahme machen. Wie die Dinge liegen, werde ich ohnehin nicht Siegfrieds Schwert spielen müssen – und was wäre das auch für ein hässliches, fettes und unbeholfenes Schwert! Übrigens wissen wir bereits, wo wir unterkommen. Cecil und ich werden nach St. Anne’s in das Landhaus ziehen. Dort haben wir zurzeit sowieso oft zu tun, wissen Sie.«

»Oh«, sagte Jane beinahe erschrocken, als ihr die Erlebnisse des Tages wieder einfielen.

»Aber, wie egoistisch von mir!«, sagte Mutter Dimble. »Da plappere ich über meine eigenen Schwierigkeiten und vergesse ganz, dass Sie dort gewesen sind und sicherlich viel zu erzählen haben. Haben Sie mit Grace gesprochen? Und hat sie Ihnen gefallen?«

»›Grace‹ ist Miss Ironwood?« fragte Jane.

»Ja.«

»Ich habe mit ihr gesprochen. Ich weiß nicht, ob sie mir gefallen hat oder nicht. Aber ich möchte jetzt nicht darüber sprechen. Ich kann an nichts anderes denken als an diese empörenden Ereignisse bei Ihnen. Sie sind die Märtyrerin, nicht ich.«

»Nein, meine Liebe«, sagte Mrs. Dimble, »ich bin keine Märtyrerin. Ich bin nur eine zornige alte Frau mit schmerzenden Füßen und Kopfweh – aber das wird schon weniger –, die versucht, sich in eine bessere Stimmung hineinzureden. Schließlich haben Cecil und ich nicht wie die arme Ivy Maggs unsere Lebensgrundlage verloren. So wichtig ist uns das alte Haus nun auch wieder nicht. Wissen Sie, das Vergnügen, dort zu leben, war in mancher Hinsicht ein melancholisches Vergnügen. Ich frage mich überhaupt, ob die Menschen eigentlich gerne glücklich sind? Ein wenig melancholisch, ja. All diese großen Zimmer im Obergeschoss, die wir wollten, weil wir dachten, dass wir viele Kinder haben würden, und dann bekamen wir nicht eines. Vielleicht habe ich zu viel Gefallen daran gefunden, ihnen an den langen Nachmittagen, wenn Cecil nicht da war, nachzutrauern. Mich selbst zu bemitleiden. Es wird besser für mich sein, von dort wegzukommen, glaube ich. Am Ende wäre ich noch wie diese fürchterliche Frau bei Ibsen geworden, die immer über Puppen redet. Für Cecil ist es wirklich viel schlimmer. Er hatte so gern alle seine Studenten um sich. Jane, jetzt haben Sie schon zum dritten Mal gegähnt. Sie sind todmüde, und ich rede Ihnen ein Loch in den Bauch. Das kommt davon, wenn man dreißig Jahre verheiratet ist. Ehemänner sind dazu da, dass man auf sie einredet. Es hilft ihnen, sich auf das zu konzentrieren, was sie gerade lesen – wie das Geräusch eines Wasserfalls. Da! Nun gähnen Sie schon wieder.«

Jane empfand Mutter Dimble als eine etwas unbequeme Zimmergenossin, weil sie betete. »Sonderbar«, dachte Jane, »wie einen das verwirren kann.« Man wusste nicht, wo man hinschauen sollte, und nachdem Mrs. Dimble sich von den Knien erhoben hatte, war es mehrere Minuten lang schwierig, den natürlichen Gesprächston wieder zu finden.

Die böse Macht

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