Читать книгу Take Me Home - Carrie Elks - Страница 4

2. Kapitel

Оглавление

Im Frühling und Sommer waren Freitagabende gleichbedeutend mit Chairs. Das war der seltsame Name, den die guten Leute von Hartson’s Creek ihren wöchentlichen Zusammenkünften gegeben hatten. Sie versammelten sich alle in ihren Gärten entlang des Bachs und brachten Krüge voll selbstgemachtem Eistee mit. Die ein oder andere Mischung enthielt auch mal etwas Stärkeres. Dazu kamen noch die Stühle, die der Versammlung ihren Namen gegeben hatten.

So lange sie sich erinnern konnte, war Chairs ein Teil von Maddie Clarks Leben in Hartson’s Creek gewesen. Als Kind war sie herumgerannt und hatte gespielt, während sich die Erwachsenen unterhielten. Sie hatte in der Freiheit geschwelgt, herumalbern zu können, bis es draußen dunkel war, ohne ins Bett geschickt zu werden. Dann als Teenager hatte sie alles getan, um nicht zu Chairs gehen und den Erwachsenen bei ihren langweiligen Gesprächen zuhören zu müssen. Es war die Art von engstirnigem Klatsch, der sie unendlich dankbar für das Stipendium machte, das sie an der Ansell School of Performing Arts in New York bekommen hatte, wo sie sich ihren Bachelor in Musik verdienen wollte.

Und ja, sie hatte keinen Zweifel daran, dass sie das Thema des kleinlichen Tratschs war, als sie nicht mal ein Jahr später wieder nach Hause zurückkehrte, nicht gewillt, jemandem zu erzählen, weshalb. Nicht, dass irgendjemand etwas zu ihr gesagt hätte – weder als sie im Diner kellnerte noch als sie den jüngeren Kindern in der Stadt das Klavierspielen beibrachte.

Ihre Mom hingegen genoss es, von ihren Freunden und Nachbarn auf den neuesten Stand gebracht zu werden. Herauszufinden, was in der Stadt so vor sich ging. Nur ihr zuliebe grinste Maddie und bereitete sich mental auf den Abend vor, während sie ihre Mom in ihrem Rollstuhl über die Straße schob. Für sich selbst hatte sie einen alten Klappstuhl dabei. Die Beine des Stuhls lagen beim Tragen über ihrer Schulter. Eine kleine Kühltasche gefüllt mit selbstgemachtem Eistee und Zuckerkeksen ruhte auf dem Schoß ihrer Mutter.

»Heute sind eine Menge Leute hier«, bemerkte Maddie, als sie am Bach ankamen. »Muss am Wetter liegen.«

Es war ihre Lieblingsjahreszeit. Frühling und Sommer kämpften um die Oberhand und das Resultat war bereits eine ausgemachte Sache. Die Kälte und der Schnee des Winters waren eine bloße Erinnerung, die in der Wärme der Luft und dem Geruch nach Mais immer weiter verschwamm.

Sie rollte ihre Mom rüber zu ihren Freunden neben dem Getränketisch. Dort packten sie das Essen aus, das sie mitgebracht hatten, bevor Maddie ihrer Mom ein Glas einschenkte. Dann trug sie ihren eigenen Stuhl rüber zu dem Platz, wo sich die jüngeren Leute zusammengefunden hatten. Frauen, die sie aus Schultagen kannte, tratschten über ihre Ehemänner und riefen ihren Kindern zu, sie sollten sich beruhigen, wann immer ihre Stimmen zu laut wurden. Die Ehemänner standen neben dem Bach und tranken lachend aus braunen Bierflaschen. Dabei ignorierten sie alles um sich herum, während sie das Footballspiel der Woche zerpflückten.

»Hast du schon die Neuigkeiten gehört?«, platzte Jessica Martin heraus, bevor Maddie ihren Stuhl aufklappen und aufs Gras stellen konnte.

»Nein.« Maddie lächelte höflich. Jessica hatte denselben Jahrgang wie Maddies Schwester Ashleigh besucht. Seit sich Maddie erinnern konnte, waren die beiden Cheerleader im selben Team.

»Willst du raten?«, bot Jessica ihr händereibend an. »Oh, da kommst du nie drauf.«

»Sind bei den über Fünfzigjährigen Chlamydien ausgebrochen?«

Maddie verbiss sich beim Klang von Laura Bayleys tiefer Stimme ein Grinsen.

»Nein. Igitt. Natürlich nicht.« Jessica rümpfte die Nase. Dann warf sie Laura einen Blick zu. »Das stimmt doch nicht, oder?«

Laura zuckte die Achseln. »In dieser Gegend würde mich nichts mehr überraschen.«

Kopfschüttelnd wandte sich Jessica wieder an Maddie. »Hast du in letzter Zeit was von Ashleigh gehört?«

»Sie lebt in der Nachbarstadt«, zeigte Laura auf. »Das ist nicht gerade die Antarktis.«

Maddie warf Laura einen dankbaren Blick zu.

Obwohl Laura ein paar Jahre älter war als Maddie, waren die beiden befreundet, seit Laura ihren Kleiderladen neben dem Diner aufgemacht hatte, in dem Maddie arbeitete. Der schönste Teil des Tages war für sie, wenn sich Laura ihren morgendlichen Kaffee holte.

»Sie kam letzte Woche mit ihren Kindern vorbei«, erzählte Maddie den anderen Frauen.

»Und hat sie irgendwas gesagt?«, wollte Jessica nach vorne gebeugt wissen. Ihr blondes Haar fiel ihr dabei ins Gesicht.

Maddie blinzelte. »Was zum Beispiel?« Sie spürte, wie sich etwas in ihr zusammenzog. Stimmte mit Ashleigh irgendetwas nicht? Oder schlimmer noch, mit Grace oder Carter? Maddie liebte ihre Nichte und ihren Neffen, als wären sie ihre eigenen Kinder.

Jessica lehnte sich in ihrem Stuhl zurück. »Dann schätze ich, sie weiß es wohl nicht.«

»Was weiß sie nicht?«, hakte Maddie nach und versuchte, nicht aufgebracht zu klingen.

»Dass Jessica der Auslöser für den Chlamydienausbruch ist«, flüsterte Laura aus ihrem Mundwinkel heraus.

Maddie musste lachen.

»Dass Gray Hartson zurück ist.« Jessica schickte Laura ein selbstzufriedenes Grinsen. »Ich schätze, ich bin die Einzige in der Gegend, die davon weiß.«

Trotz der warmen Luft um sie herum, gefror Maddie das Herz in der Brust. »Gray Hartson?«, wiederholte sie, das seltsame Trommeln in ihren Ohren ignorierend.

»Jepp. Carrie Daws hat mir davon erzählt. Sie arbeitet im Supermarkt. Laut ihrem Bericht ist er in einem schwarzen Rolls Royce angekommen.« Jessica verschränkte die Arme vor der Brust. »Ich schätze, so reisen reiche Stars, wenn sie ihre Heimatstadt besuchen.«

»Ist Becca deshalb heute nicht hier?«, wollte die Frau wissen, die neben Jessica saß. »Ich habe mich schon gewundert.«

Gemeinsam mit Laura war Becca Hartson eine von Maddies engsten Freundinnen. Sie genoss Chairs ebenso sehr wie Maddie, also war ihre Abwesenheit keine Überraschung. Maddie hätte allerdings nie gedacht, dass Grays Rückkehr der Grund sein könnte.

Der Gedanke, dass er nach all den Jahren wieder hier war, brachte ihren Körper dazu, sich beinahe schwerelos anzufühlen. Sie legte die Hände fest um die Metallstangen ihres Stuhls, um nicht davonzuschweben.

»Was wird Ashleigh wohl sagen?«, sinnierte Jessica in einer Lautstärke, die hoch genug war, um Maddies Gedanken zu durchdringen. »Glaubst du, Michael wird eifersüchtig sein?«

»Warum sollte Michael eifersüchtig sein?«, fragte Laura. »Ashleigh war während der Highschool ein paar Jahre lang mit Gray zusammen. Na und? Seither sind mehr als zehn Jahre vergangen.« Sie grinste Jessica an. »Manch einer von uns ist im letzten Jahrzehnt erwachsen geworden.«

Maddie stützte das Kinn auf ihre Handfläche und starrte auf den Bach hinaus. Das Wasser war dunkel und sie konnte seine Bewegungen eher hören als sehen. Auf der anderen Seite des Ufers erleuchteten Glühwürmchen die Bäume wie tausend kleine Lampen.

Gray Hartson war zurück. Es fühlte sich seltsam an. Zu wissen, dass sie in derselben Stadt war und denselben Sonnenuntergang beobachtete wie er. Früher einmal war sie in ihn verknallt gewesen. Auf eine dieser herzzerbrechenden, intensiven Arten, die nur ein junger Teenager verstehen konnte. Sie hatte an ihrem Fenster gesessen und ihn beobachtet, wann immer er Ashleigh von einem Date nach Hause brachte. Die Luft hatte ihr in der Brust gestockt, sobald er eine Haarsträhne aus dem Gesicht ihrer Schwester strich und sich nach vorne beugte, um sie zu küssen.

Sie hatte damals stets eine seltsame Mischung aus Eifersucht und Wehmut verspürt. Doch sogar mit dreizehn war sie reif genug gewesen, um zu wissen, dass er nicht in ihrer Liga spielte. Zu alt, zu talentiert, zu gutaussehend. Ashleigh jedoch, mit ihrer eisblonden Schönheit und ihrer Beliebtheit in der Schule, hatte perfekt zu ihm gepasst. Zusammen waren sie der König und die Königin ihrer Abschlussklasse gewesen.

»Du solltest es Ashleigh vermutlich sagen, bevor Jessica dazu kommt«, flüsterte Laura an Maddie gewandt, als sie an ihr vorbeiging. »Ich weiß, es ist Jahre her, aber niemand freut sich darüber, seinem Ex unverhofft über den Weg zu laufen. Gib ihr die Chance, in den Schönheitssalon zu gehen und auszusehen, als wäre sie eine Million Dollar wert.« Laura richtete sich auf und zwinkerte ihr zu. »Ich hole mir noch etwas zu trinken. Will noch jemand was?«, fragte sie jetzt lauter in die Runde.

Nach Jessicas Offenbarung verspürte Maddie den Drang nach etwas Stärkerem als Eistee.

Und das war ganz und gar Gray Hartsons Schuld.

Take Me Home

Подняться наверх