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NORDSEE WESTLICH VON DÄNEMARK - 4. JULI 2013

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Anders Knudsen fuhr seit achtundzwanzig Jahren zur See. Aber so einen Nebel hatte er selten erlebt. Die Sicht reichte kaum bis zum Bug seines gut dreißig Meter langen Fischerbootes, der RI 49 Britta, die langsam mit der Küstenströmung nach Norden driftete. Der Motor war zum zweiten Mal in dieser Woche verreckt. Er nahm den Bordfunk zur Hand. »Martin, wie sieht es aus? Bekommst du es hin? Wie lange brauchst du noch? Ich würde gern wieder Fahrt aufnehmen bei dieser Suppe da draußen. Wir treiben auf die Schifffahrtsrouten zu.«

»Ich muss die Spritzuleitung ersetzen. Dann habe ich es.

Warum hast du auch keine bestellt?«

»Du machst das schon. Aber beeil dich!«

Diese Nacht meinte es Neptun gut mit ihnen. Bis auf einen sanften Wellengang bei einer leichten Brise war das Wasser spiegelglatt. Trotzdem, die Stille rings um das Boot hatte heute etwas Unheimliches. Er erschrak, als durch die Lautsprecher das Rufsignal des Funksprechgerätes quäkte.

»Britta, hier spricht die Emile Robin. Bitte kommen.«

»Hier ist die Britta, Peter, bist du das?«

»Ja. Einen schönen guten Morgen.«

Knudsen sah auf die Uhr. Es war vier.

»Was gibt es? So früh schon auf den Beinen?«

»Ja, das Küstenradar in Aalborg ist ausgefallen. Wir schippern die Küste auf und ab und überwachen den Bereich zwischen Hanstholm und Esbjerg. Schau auf dein Radar. Da kommt was mit hoher Geschwindigkeit auf euch zu.«

»Ich hab nichts auf dem Radar außer der Baltic Star. Warte!« Er tippte auf den Monitor und rief die Schiffsdaten des Frachters ab. »… auf dem Weg nach Irland.«

»Ich sehe, du kannst endlich mit dem Gerät umgehen.«

»Die Verbindung reißt ab. Peter?«

»Ja, ja, schau auf dein Radar. Was immer … kommt verdammt schnell auf euch zu … auf direktem Kollisionskurs.«

»Hier ist nichts. Was ist mit deinem Funkgerät?«

»… gerade noch eine halbe Meile entfernt. Du musst es … Hau ab da!«

»Ich hau hier gleich ab. Wir holen die letzten Krabbenkörbe ein, und dann sind wir verschwunden.«

»Krabbenkörbe? … verarscht doch. … Kahn wieder liegen geblieben?«

»Alles gut. Hier ist nichts.«

»Sieh raus. Das Nichts nähert sich mit fast hundert Knoten.«

Einen Moment lang herrschte Funkstille.

»Hundert Knoten, ist das ein Torpedo oder was?«

»… weiß nicht, was es ist. … kein AIS-Signal. Hau ab da jetzt!«

»Kann ich nicht.«

Ein dumpfes Grollen erhob sich aus dem Nebel achtern. Als Knudsen nach hinten aus dem Steuerhaus blickte, sah er den Rumpf eines mattschwarzen Power-Bootes nur wenige Meter vom Heck aus dem Nebel auftauchen.

»Alles klar, Peter. Sind wahrscheinlich ein paar reiche Araber aus London, die sich verfahren haben. Ich melde mich wieder. Over and Out. Peter?«

Nichts. Nur statisches Rauschen.

Der Motor des Rennbootes lief im Standgas und produzierte dennoch so viel Lärm, dass man damit die halbe Nordsee hätte aufwecken können, dachte Knudsen. Er wollte das Boot gerade anfunken, als er ein Ploppen hörte, gefolgt vom Scheppern einer Metallhülse, die auf das Achterdeck aufschlug. Mit einem dumpfen Knall begannen Funken und Rauch aus dem Metallkörper zu sprühen.

»Verflucht, was soll das?«

Kaum hatte er das ausgesprochen, hörte er zwei weitere Donnerschläge über sich.

»Jetzt reicht es aber, die werde ich …«

Ehe er den Satz beenden konnte, schnürten sich seine Atemwege zu. Weißer Schaum trat aus Mund und Nase, Krämpfe durchzuckten seinen Brustkorb. Ihm war schwindelig. Er versuchte Halt zu finden, doch seine Hand verfehlte die Wand, und er stürzte den Niedergang hinunter.

Matson steckte mit dem ganzen Oberkörper in der Bilge,

um den Schlauch einer der Lenzpumpen abzuziehen. Daraus konnte er einen Ersatz für die völlig zugesetzte Kraftstoffleitung basteln. »Scheißkahn!«

Über sich hörte er das Getrampel schwerer Stiefel, die über das Deck liefen. Dann flog das Schott zum Maschinenraum auf.

So schnell? Das kann nicht Knudsen sein. Ehe er den Gedanken zu Ende führen konnte, spürte er mehrere Einschläge in seinen Rücken. Es fühlte sich an, als hätte ihm jemand stumpfe Metallrohre hineingestoßen. Mit dem Eindringen der Geschosse verließ seinen Körper jegliche Kraft. Als stünde er neben sich und wäre nur Beobachter der grausigen Szene, sah er Blut aus seinen Lungen in die Bilge fließen. Dann wurde alles schwarz um ihn herum, und er rutschte durch die Öffnung in das schmuddelige, von Blut und Öl purpurrot gefärbte Wasser im Kielraum des Bootes.

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