Читать книгу Wenn Wolken Wandern - Carsten Freytag - Страница 5

Warten

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Ich verfluche die Zeit des Wartens, die mich dazu führt, in meine Vergangenheit zu blicken. Das, was ich glaubte verdrängt zu haben, kommt immer dann zum Vorschein, wenn ich warte oder einsam in meiner kleinen Wohnung bin und nicht weiß, was ich tun soll. Wann kommt er denn endlich? Hoffentlich kommt er auch. Wenn er mich jetzt in dieser Situation im Stich lässt, bin ich für immer und ewig verloren. Dann wird es keinen Ausweg mehr geben. Ich liebe ihn. Ich glaube, so etwas wie Liebe zu verspüren. Und er liebt mich. Das sagt er zumindest. Mahal kita. Doch manchmal fühle ich eine beklemmende Angst in mir. Mahal kita. Zu oft habe ich diesen Satz gehört, während die Männer in mir eindrangen. Nicht selten baten Freier mich, den Satz der Liebe und des Lebens in meine Heimatsprache zu übersetzen, als glaubten sie wirklich, mit dieser Lüge, während sie sich in mir wollüstig ergossen, eine tiefere seelische Verbindung mit mir eingehen zu können. Ein Satz, der für mich stets nur Enttäuschung und grenzenlose Ernüchterung mit sich führte. Ein Satz ohne Verheißung und Hoffnung. Ein Satz, der nicht einmal über die Lippen meiner Mutter kam.

Ich versuche, meine Nerven zu beruhigen, indem ich mich versichere, dass Werner es wirklich ernst meint und mich hier herausholt. Und so zwinge ich mich zur Ruhe und schaue trotzdem auf die Uhr, die mir mitteilt, dass Werner schon seit fünf Minuten bei mir sein müsste. Mein Koffer ist gepackt. Die Flucht in der Mitternacht müsste in Sekundenschnelle vonstattengehen. Leise die Tür schließen, wortlos schnell das Treppenhaus mit leichten, leisen Schritten heruntereilen und in den vor dem Haus geparkten Wagen hineinspringen, die Wagentür vorsichtig schließen und unauffällig davonfahren. In eine neue Stadt, wo mich keiner kennt, in ein neues Leben ohne Gewalt und Angst.

Wenn Wolken Wandern

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