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Ende Mai 1992

Unsere Urlaube sind eingereicht. Da ich mich noch in der Ausbildung befinde, muss ich die Berufsschulpause in den Sommerferien nutzen. Wir setzen als Termin Mitte Juli fest und verabreden uns für eine erste, ernsthafte Vorbesprechung im Partykeller von Heikos Eltern. Heiko gehört ebenfalls zum Jugendklub-Dunstkreis und ist ein Sandkastenkumpel von Pudding. Auch ihm haben die Erzählungen gefallen und er will unbedingt mit nach Lloret.

An einem Samstagabend sitzen wir zu sechst auf einer rustikalen Partykeller-Eckbank. Auf dem Tisch liegen Kataloge aus den umliegenden Reisebüros, außerdem stehen zwei Kisten Römerpils bereit. Wir blättern ohne Plan die Kataloge durch und schon nach kurzer Zeit sucht niemand mehr ernsthaft nach einem Hotel. Wir tauschen nur noch unsere wirren Phantasien aus, die meist davon handeln, was sich in den abgebildeten Hotelbetten alles abspielen könnte.

Nach einer Stunde ist die erste Kiste leer, aber wir haben immer noch kein vernünftiges Wort gewechselt. Jochen versucht dem Gespräch eine sinnvolle Richtung zu geben:

»Wollen wir überhaupt ins Hotel oder sollen wir mal nach Apartments schauen? Die Hotels gibt es immer nur mit Übernachtung und Frühstück. Frühstück können wir uns schenken. Verpassen wir sowieso jedes Mal.«

»Außerdem darf man in viele Hotels keinen Besuch mitbringen!«, meint Himo, wobei er natürlich auf Damenbesuch anspielt. Theoretisch haben wir in diesem Punkt natürlich ehrgeizige Pläne. Ich bin aber nicht besonders zuversichtlich, was die praktische Umsetzung angeht und weise deshalb auf ein ganz anderes Problem hin:

»Ein vernünftiger Kühlschrank wäre auch nicht schlecht! Nicht nur so ein Minibar-Teil. Ich will meine Schoppen nicht wieder ins Bidet oder eine versiffte Dusche legen!«

Vor einigen Jahren haben Jochen und ich auf einer Jugendfreizeit die Getränke so gekühlt. Bedenken hinsichtlich der Hygiene hatten wir nach ein paar Drinks zwar nicht mehr, aber rückblickend war die Aktion ziemlich eklig.

Nach diesem kurzen Dialog schnappen wir uns noch einmal sämtliche Kataloge und durchsuchen sie nach Apartments. Neckermann und TUI scheiden schnell aus, weil uns die angebotenen Wohnungen entweder durch den Preis oder die große Entfernung zum Strand abschrecken. Wir brauchen unser Geld zum Feiern und haben keine Lust weite Strecken zu laufen.

Schlussendlich bleibt nur ein Katalog übrig und schon der Name auf der Titelseite klingt nicht unbedingt nach Hochpreissegment: Massa Touristik. Der Anbieter hat ausschließlich Busreisen im Programm und gleich auf den ersten Seiten finden sich tatsächlich einige Angebote mit Wohnungen für Selbstversorger. Unter anderem ist dort die Wohnanlage Terrazaz al Mar in direkter Strandlage aufgeführt. Der zugehörigen Beschreibung entnehmen wir, dass es dort kein Frühstück gibt und vernünftige Kühlschränke vorhanden sind. Die Apartments sind jeweils für drei Personen ausgelegt und mit einer kleinen Küche ausgestattet. Passt perfekt!

Das Bildmaterial gibt nicht viel her, aber weiter unten auf der Seite ist ein Foto der Strandpromenade von Lloret de Mar abgedruckt. Ein schönes Bild mit Sonne, Palmen, Meer und einem alten Burgturm im Hintergrund. Weitere Überzeugungsarbeit ist nicht nötig. Wir sehen uns schon zwischen den gutgelaunten Menschen auf dem Bild über die Promenade laufen. Die Sonne auf der Haut und eine Dose Bier in der Hand.

Genau da wollen wir hin!

»Also,«, setzt Pudding an und führt seinen Zeigefinger die Preisliste entlang. »7 Tage kosten 380 Mark. 10 Tage kosten 470 und ...«, seine Stimme wird schrill »... 14 Tage kosten nur 60 mehr!« Ungläubig stecken wir die Köpfe über dem Katalog zusammen.

»Geil! Je länger desto günstiger!«, meint Heiko und öffnet sich gut gelaunt ein weiteres Bier.

»Auf Männer!«, sagt Olli und reckt seine Flasche zum Prosten über den Tisch. »Das ist es doch! Auf die Terrazaz!«

Nach anderthalb Kisten Römerpils erscheint uns dieses Angebot unschlagbar, und die Idee einer vierzehn Tage andauernden Kneipentour finden alle klasse. Wir beschließen, die Terrazaz für zwei Wochen zu buchen und ergehen uns den Rest des Abends wieder in ausschweifenden Spekulationen rund um die bevorstehenden Abenteuer.

Einige Tage später buchen wir unseren Urlaub im Reisebüro des Massa Marktes in Mainz Bretzenheim.

Als wir wieder im Auto sitzen schießt mir durch den Kopf, dass keiner von uns eine Ahnung hat, wie lange die Fahrt mit dem Bus dauern wird. Auch die mürrische Dame im Reisebüro hat dazu keine Angaben gemacht. Ich denke zurück an die Jugendfreizeit in Südfrankreich. Die Anreise erfolgte ebenfalls per Bus. Ich erinnere mich zwar, dass wir auf der langen Fahrt viel Spaß hatten, aber ich erinnere mich auch an die schlaflose Nacht auf dem unbequemen Sitz. Außerdem an das Nutzungsverbot der Toilette und die unzureichende Getränkeversorgung. Ich hoffe jetzt schon auf eine zügige Ankunft, eine nutzbare Toilette und einen Schlafplatz auf dem Boden des Mittelganges. Um die nötige Bettschwere zu erreichen werde ich mir ein paar Dosen Karlskrone besorgen. Außerdem muss ich unbedingt daran denken, ein Kissen einzupacken.

German Tourist

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