Читать книгу Haut an Haut - verhängnisvolle Leidenschaft | Erotischer Roman - Cassie Hill - Страница 7

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Kapitel 5

Ich streifte die Pumps ab und genoss die kühlen Fliesen unter meinen nackten Füßen, schlenderte zum Kühlschrank und schraubte die Flasche mit dem Pfirsichtee auf. Ein paar klirrendkalte Eiswürfel dazu … ah, das tat gut. Mit meinem Laptop unter dem Arm ging ich auf den Balkon.

Meine Vierzimmerwohnung befand sich in einem renovierten Altbau mitten in der Kölner Südstadt, der erst in den Neunzigerjahren mit Balkonen aufgerüstet worden war. Deshalb bot er ausreichend Platz für einen mittelgroßen Tisch, an dem es sich bequem essen ließ, zwei Stühle und eine Liege, auf der ich mich im Sommer von mittags bis abends sonnen konnte. Na ja, zumindest an den Wochenenden. Die Größe meines Balkons reichte sogar für eine zweite Liege, die in der kleinen Abstellkammer in meinem Flur wartete, falls sich jemand fand, der sich gemeinsam mit mir in der Sonne aalen wollte.

Der Balkon war überdacht, sodass ich ihn auch bei Regen nutzte. Mit zahlreichen grünen und blühenden Pflanzen in Töpfen auf dem Boden und an der Balkonbrüstung sowie in einigen Blumenampeln, die von der Decke herabbaumelten, hatte ich mir eine kleine, gemütliche Frischluftoase eingerichtet.

Ich fuhr meinen Laptop hoch, loggte mich in meinen Account ein und rief meine Mails ab – ein paar Werbemails, die ich schnell löschte, dann folgte eine Nachricht von Sandra.

Hey Katja,

unsere Maxime ist nun endlich in passende Worte gegossen:

Starke Frauen geben nicht auf. Sie heulen kurz und ziehen dann in den Krieg.

Fühl Dich gedrückt,

Sandra – und Timm lässt dich herzlich grüßen

Der Spruch ist cool und absolut passend, schrieb ich zurück. Zwei weitere Werbemails, eine Information über den Liefertermin für drei Paar schicke Schuhe, die ich kürzlich im Internet bestellt hatte, und eine Mail von Erik Dellmann.

Erik Dellmann?!

Etwa unser Erik Dellmann?!

Überrascht riss ich die Augen auf.

Erik war der Schwarm aller kleinen und großen Mädchen auf dem Gymnasium gewesen. Und ich gebe zu – auch Connies und meiner. Von der siebten bis zum Ende der zehnten Klasse hatten er und sein bester Freund Oliver mit Connie und mir im Französischkurs an einem Vierertisch gesessen. Nach dem Französischunterricht waren wir wie alle Schülerinnen und wahrscheinlich auch ein Paar Schüler wie auf Droge gewesen. Eine Doppelstunde mit Erik sorgte für einen ordentlichen Adrenalinkick, einen stürmischen Puls und einen verträumten Gesichtsausdruck. Wie er einen ansah – mit seinen dunkelblauen, ausdrucksstarken Augen unter dem langen Pony, den er mindestens alle zehn Sekunden mit seinen schönen Fingern aus seiner Stirn schob. Und wenn er sprach, langsam und bedächtig, mit diesen schönen Lippen über strahlendweißen Zähnen …

Aber Erik hatte weder an Connie noch an mir das leiseste Interesse gezeigt und wir hatten uns andere männliche Objekte fürs Schwärmen, Knutschen und später mehr gesucht.

Bei den regelmäßigen Stufentreffen nach dem Abitur, die Erik nie besuchte, erfuhren wir irgendwann einmal, dass er Innenarchitektur studiert hatte und im Anschluss an sein Diplom nach Sydney ausgewandert war.

Der schöne, kreative Mann bestimmte nun die Einrichtung von australischen Einfamilienhäusern, Luxuswohnungen und schicken Büros mit. Ich war mir sicher, dass er allein aufgrund seines guten Aussehens über einen riesigen, vornehmlich weiblichen Kundenstamm verfügte.

Ich öffnete die Mail von Erik.

Liebe Katja,

erinnerst du dich noch an mich? Immerhin ist es fast zwanzig Jahre her, dass wir unser Abitur bestanden haben, ich nach meinem Studium nach Australien ausgewandert bin und den Kontakt zu fast allen Schulkollegen verloren habe … nun, aufgegeben habe trifft es wohl besser. Aber wenn man auf der anderen Seite der Welt lebt, ist es schwierig, die alten Kontakte zu halten und gleichzeitig neue Freundschaften vor Ort zu knüpfen.

Wie dem auch sei … wir saßen lange Jahre zusammen im Französischkurs. Vielleicht erinnerst du dich noch an meinen damals besten Freund Oliver.

Ich habe von Bernd Rickert alle E-Mail-Adressen der Abiturienten unseres Jahrgangs erhalten, darunter auch die von Connie und dir. Ich schreibe gerade alle an, mit denen ich in der Schule etwas zu tun hatte.

Denn ich bin zurück aus Australien. Es war eine interessante und spannende Zeit auf der anderen Seite der Erde. Aber Köln ist meine Heimat. Das habe ich nie vergessen und die Stadt hat mir immer gefehlt. Ich würde mich freuen, wenn meine alten Schulfreunde sich an mich erinnern und mir antworten.

Es folgten eine Telefonnummer und ein lieber Gruß.

Das war bereits der zweite Köln-Rückkehrer, von dem ich in den letzten zwei Tagen erfahren hatte. Nick Larsson war in seine Heimat zurückgekommen und jetzt auch Erik Dellmann.

Fehlte ihnen der Karneval? Dat Trömmelsche? Die rheinische Lebensart? Die zahllosen Locations, in denen man sich zwanglos traf? Der Rhein? Der Dom?

Was auch immer die beiden wieder zurück nach Köln geführt hatte, ich verstand sie sehr, sehr gut.

Viva Colonia!

Doch möglicherweise war es bei beiden auch nur der Job? Zumindest bei meinem zukünftigen Chef schien die Arbeit das Hauptmotiv zu sein, wieder in Köln zu leben.

Ich nahm einen großen Schluck Pfirsichtee und strich gedankenverloren eine Haarsträhne hinter das Ohr.

Sollte ich Erik antworten? Sollte ich mich durch seine Worte geschmeichelt fühlen? Connie und ich hatten am selben Tisch mit Erik gesessen, das Nötigste miteinander geredet, aber nie hatten wir so richtig etwas miteinander zu tun gehabt.

Vielleicht war er Single und sah immer noch so fantastisch wie zu unseren Schulzeiten aus?

Vielleicht konnten wir beide etwas aneinander finden?

Oder einfach nur Freunde werden?

Was täte Connie an meiner Stelle? Und wie reagierte sie selbst? Laut Erik hatte er ihr ja auch eine Mail geschickt.

Ich eilte ins Wohnzimmer und wählte die Nummer meiner Freundin. Es klingelte lange und ich wollte gerade wieder auflegen, als Connie endlich ans Telefon ging.

»Hey, Katja, schön, dass du anrufst. Alles okay bei Dir?«, wollte sie wissen.

»Alles im tiefgrünen Bereich. Und bei dir?«

»Ebenfalls alles paletti. Gibt es einen Grund für deinen Anruf? Etwa Eriks Mail?« Meine Freundin kannte mich in- und auswendig.

»Du hast also auch schon seine Mail gelesen?«

»Verwundert, erstaunt und mit einer Prise Nostalgie«, entgegnete Connie und ich wusste genau, dass sie jetzt zuckersüß lächelte und die Augen Richtung Decke verdrehte.

»Das ging mir nicht anders. Und? Schreibst du zurück?«

»Auf keinen Fall!«

Überrascht hob ich die Brauen, auch wenn mir bewusst war, dass Connie das nicht sah.

»Mein Interesse an Erik war nie ein anderes als ein amouröses. Und da kommt seine Mail inzwischen etwas zu spät. Ich bin aber nicht traurig darüber.«

»Na ja«, erwiderte ich, »bei mir schlägt er aktuell nicht wirklich zu einer ungünstigen Zeit auf.«

»Wenn er heute noch die gleiche Wirkung auf dich hat wie damals, dann schreib ihm, aber … «

»Ich weiß schon, was jetzt kommt«, unterbrach ich sie schmunzelnd.

»Vielleicht ist er richtig fett geworden oder hat zumindest einen Bierbauch … oder vielleicht sind seine Haare bis auf ein paar Strähnen ausgefallen und er hat eine absolut hässliche Kopfform oder gar einen buschigen Haarkranz um seine glänzende Glatze. Oder seine Augen sind wässrig und trübe …«, zählte Connie auf. Ich hörte, wie sie dabei verschmitzt lächelte.

»Mal den Teufel nicht an die Wand! Erik ist doch genauso alt wie wir«, warf ich ein.

»Das heißt nicht, dass er sich gut gehalten hat. Denk mal an unser letztes Stufentreffen. Da gab es einige ehemals ziemlich attraktive männliche Exemplare, die aussahen, als hätten sie locker zehn bis fünfzehn Jahre mehr auf dem Buckel als wir«, gab meine beste Freundin zu bedenken.

»Schade, dass im Anhang der Mail kein Foto von ihm war«, sinnierte ich.

»Das sollte dir zu denken gaben. Das könnte pure Absicht gewesen sein, weil Eriks Schönheit so arg gelitten hat.«

»Du machst ihn mir ja richtig schmackhaft«, grummelte ich.

»Entschuldige, das wollte ich nicht«, antwortete Connie. »Du bist ja auf der Suche nach deinem Mister Right – und das wäre eine Gelegenheit.«

»Du sagst es! Das heißt, ich soll auf seine Mail antworten.«

»Ja, das sollst du auf jeden Fall! Was hast du zu verlieren? Wenn er dir gefällt, wer weiß, was sich jetzt, fast zwanzig Jahre später, zwischen euch entwickelt?«

»Oder wir gefallen uns einfach nur als Freunde«, ergänzte ich.

»Auch möglich«, stimmte Connie mir zu. »Wenn ihr euch trefft und er ist weder Mister Right noch als Freund oder Affäre interessant, dann löschst du einfach seine Kontaktdaten und machst weiter wie bisher«, riet Connie.

»Soll ich ihn anrufen oder besser eine Mail schreiben?«, wollte ich wissen.

»Du schreibst eine Mail! Er soll dich anrufen. Ach, was ich dich noch fragen wollte: Hast du Zeit und Lust, mal wieder auszugehen? Nur wir drei – du, Sandra und ich?«

Ich war begeistert. »Mädelsabend?«, fragte ich. »Aber sicher! Was schwebt dir vor?«

»Mal wieder richtig tanzen gehen. Ausgelassen und stundenlang zappeln. Mark und Timm können ja später noch dazukommen und wir nehmen irgendwo einen Mitternachtsimbiss.«

»Wenn du das schon so genau durchgeplant hast, dann findet doch bestimmt irgendwo eine Ü-30-Party statt«, vermutete ich laut.

»Bin ich so einfach zu durchschauen?«, schmollte Connie.

»Nur für mich«, lachte ich.

»Dann bin ich ja beruhigt. Es findet eine Ü-30-Party in der Halle Tor zwei statt, Freitag in einer Woche. Magst du? Dann rufe ich Sandra an und frage, ob sie auch mitkommt. Und falls sie schon etwas vorhat, gehen wir beide eben allein.«

Während Connie sprach, konsultierte ich den Kalender meines Smartphones und trug den Termin ein. »Ist notiert«, gab ich durch. »Ich freu mich.«

»Geht mir ebenso. Und halt mich auf dem Laufenden, was deine Beziehung mit oder zu Erik angeht.«

»Pah«, prustete ich los. »Ich nehme erst mal Kontakt auf, vielleicht telefonieren wir miteinander und vielleicht, aber nur vielleicht, treffen wir uns. Wenn wir uns treffen, checke ich ab, wie er sich charakterlich und optisch entwickelt hat. Vielleicht haben die Jahre in Australien ihm ja wirklich nicht gutgetan?«

»Hab’ ich dich jetzt mit meiner Skepsis angesteckt?«, fragte Connie ein wenig schuldbewusst.

»Eher auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt«, antwortete ich mit einem Grinsen.

Wir verabschiedeten uns und ich kehrte zurück an mein Laptop.

Trotz Connies Warnungen, wie Erik heute aussehen könnte, war ich angenehm aufgeregt. Zwar waren fast zwei Jahrzehnte vergangen, seit wir alle stolz unsere Abizeugnisse in der Hand gehalten hatten, aber ich fühlte mich wie damals, als wir glaubten, die Welt stehe uns offen. Als wir jung waren, frei und sprühend vor Neugier und Lebensfreude.

Ja, damals war den meisten von uns noch nichts Schlimmes widerfahren. Wir gingen zur Schule, machten unsere Hausaufgaben und schwammen in Freizeit. Wir hatten ein gemütliches Zuhause und brauchten uns um nichts zu sorgen. Miete, Essen und Kleidung, Urlaube, all die notwendigen Dinge des Lebens zahlten unsere Eltern.

Das erklärte wohl auch die Attraktivität von Stufentreffen. Anlässlich solcher Treffen fühlten wir uns alle wieder jung, frei und unbelastet.

Ich rief Eriks Mail auf und las sie noch einmal.

Ziemlich sympathisch, fand ich, und schrieb zurück:

Hey Erik,

nach der langen Zeit eine Mail von dir zu bekommen, hat mich ziemlich überrascht. Damit hatte ich überhaupt nicht gerechnet.

Aber ich freue mich und bin gespannt zu erfahren, wie dein Aufenthalt in Australien war, aus welchem Grund du wieder in Köln bist und was du so machst.

Es grüßt,

Katja

Liebe Grüße zu schreiben, hätte ich etwas übertrieben gefunden, auch wenn er mich mit liebe Katja angeschrieben und seine Mail mit einem lieben Gruß beendet hatte. Übertrieben, weil Erik ja inzwischen eigentlich ein absolut Fremder für mich war. Die gemeinsamen Schuljahre waren zahlenmäßig viel geringer als die Jahre, die wir uns nicht gesehen hatten. Außerdem waren wir damals noch halbe Kinder gewesen.

Im Abbinder meiner Mails standen normalerweise meine Anschrift und meine Telefonnummern. Anschrift und Festnetznummer löschte ich jetzt.

Man wusste ja nie! Wenn Erik sich zu einem arroganten Schnösel entwickelt hatte oder Katjas optischen Beschreibungen alle Ehre machte, sollte er keinesfalls wissen, wo ich wohnte.

Ich füllte mein Glas erneut mit Pfirsichtee und Eiswürfeln, als das Handy klingelte.

»Katja Krüger?«, meldete ich mich.

»Hallo Katja, hier ist Erik. Ich habe gerade deine Mail erhalten.«

Ich warf einen Blick auf die Uhr. Großartig Zeit hatte Erik nicht verschwendet. Er musste auf Antworten seiner ehemaligen Schulkollegen lauernd vor dem Rechner gesessen haben.

Wahrscheinlich hätte ich das an seiner Stelle auch getan. Schließlich musste er zurück ins Kölner Leben. Und das war mit Leuten, die man bereits kannte, um ein Vielfaches leichter, als mit völlig Fremden neue Bekanntschaften oder Freundschaften zu schließen. Der Kölner an und für sich war ein geselliger Typ. Aber mit den Zugezogenen, den sogenannten Immis, taten wir uns in der Regel schwer. Bei unserer aus Norddeutschland stammenden Freundin Sandra hatten wir allerdings eine Ausnahme gemacht. Erik war zwar ursprünglich Kölner, aber nach all den Jahren fern der Heimat fast schon ein Immi.

»Stör ich dich gerade oder hast du Zeit für mich?«, wollte Erik wissen.

Wie gern hätte ich diesen Satz vor etwas mehr als zwanzig Jahren gehört! Damals hatte ich geradezu danach gelechzt.

»Nein, du störst nicht«, antwortete ich. »Ich wäre sonst nicht ans Telefon gegangen.«

»Immer noch so offen und ehrlich wie früher.« Der Klang seiner Stimme, so fiel mir jetzt auf, war dunkel, warm und voll. Sie war irgendwie erotisch.

»Was das betrifft, habe ich mich nicht verändert«, gab ich selbstbewusst zurück.

Er lachte charmant, ganz wie damals, auch wenn es jetzt viel erwachsener, reifer und wissender klang. »Das habe ich gehofft«, erwiderte er mit einem fast lasziven Raunen in der Stimme. »Schön, dass du auf meine Mail geantwortet hast. Es ist gar nicht so einfach, wieder hier zu sein. Auch wenn ich unbedingt wieder zurück nach Köln wollte.«

»Warum hast du Australien verlassen?«

»Das ist eine lange Geschichte.«

»Dann mach sie kurz«, antwortete ich schmunzelnd.

Wieder lachte Erik. Dann sagte er: »Ich habe mich dort wirklich sehr wohl gefühlt. Das warme Klima, die aufgeschlossenen Menschen, das fantastische Outback – alles hat mir gefallen. Es war eine völlig andere Welt als die, die ich kannte. Beruflich kam ich gut voran, war sehr erfolgreich und auch privat lief es einige Jahre richtig gut. Ich habe sogar geheiratet. Aber dann ging die Beziehung auseinander. Meine glücklich liierte Schwester und mein verheirateter Bruder, die mit ihren Familien immer noch in Deutschland leben, haben mich mit insgesamt fünf Nichten und Neffen bedacht, die ich, als ich noch in Sydney lebte, viel zu selten gesehen habe. Und meine Eltern sind inzwischen in einem Alter, in dem sie uns alle drei brauchen. War die Geschichte kurz genug?«

»Das hast du prima gemacht«, lobte ich und grinste dabei. »Was du da beschreibst, sind gute Gründe, nach Hause zu kommen. Auch wenn die Entscheidung dafür vielleicht nicht einfach war.«

»Ach, das ist kaum der Rede wert. Ja, es war schön in Australien. Aber ich habe immer auch ein wenig Heimweh gehabt.«

Fast hätte ich »Oh, du armer, schwarzer Kater« gesagt. »Was hat das Heimweh ausgelöst … außer deiner Familie?«, fragte ich stattdessen.

»Der Rhein, der Dom, die rheinische Lebensart«, antwortete Erik.

»Ich verstehe«, sagte ich. »Alles, was Köln eben ausmacht. Du hast nur den Karneval vergessen.«

»Der zählt für mich zur rheinischen Lebensart. Der Karneval gehört zum Rheinland wie …«, er zögerte kurz, bevor er »wie Katja und Connie an den Vierertisch im Französischunterricht« sagte und mich damit zum Lachen brachte. »Ja, ja, die guten alten Zeiten«, fuhr Erik fort. »Ich würde mich freuen, wenn wir uns darüber bei einem Abendessen austauschen. Oder magst du lieber frühstücken gehen?«

Wow! Zwei Einladungen von zwei attraktiven Männern an einem Abend. Erst Nick Larsson und jetzt Erik Dellmann. Heute schien mein Glückstag zu sein!

Stopp, sagte ich mir. Nick Larsson war attraktiv. Aber er war mein Vorgesetzter. Erik Dellmann war früher sehr gut aussehend gewesen, aber Connies Gerede über unschöne Kopfformen, Bierbäuche und Glatzen war sofort präsent. Zwar war Erik vor zwanzig Jahren eine absolute Augenweide gewesen, keine Frage, aber ich musste Connie recht geben. Mit einigen unserer ehemaligen männlichen Schulfreunde hatte es die Zeit nicht wirklich gut gemeint. Und vielleicht auch nicht mit Erik Dellmann.

Bevor ich mich nicht persönlich vom Gegenteil überzeugt hatte, ging ich besser davon aus, dass er ein Opfer früher Alterung durch gutes Essen und Trinken und die unbarmherzige Sonne Australiens geworden war.

»Hallo, bist du noch da?«, fragte Erik.

»Aber sicher. Wieso nicht?«

»Was, wieso nicht? War das eine Antwort auf meine Frage, ob wir zusammen essen gehen, oder auf die Frage, ob du noch da bist?«

Humor schien er zu haben.

»Auf beides«, entgegnete ich. »Ich bin noch da. Und ja, wie können gerne mal zusammen essen gehen.«

»Schön«, jubelte Erik am anderen Ende der Leitung. »Südstadt? Zündorf? Was schwebt dir vor?«

»Lass uns in die Südstadt gehen. Da war ich schon lange nicht mehr.« Das Gegenteil war der Fall. Ich wohnte dort.

»Alteburger Straße?«

»Erik, die Alteburger Straße ist unendlich lang! Der Treffpunkt muss schon genauer definiert sein.«

»Ich meine das kleine Stück, das vom Chlodwigplatz abgeht. Das Stück, auf dem sich der Weinladen befindet, der auch diese besonderen Pralinen und Schokoladen verkauft. Da ist ein nettes Restaurant, das leckere Fisch- und Fleischgerichte anbietet …«

Bereits nach dem ersten Satz hatte ich gewusst, welches Restaurant Erik meinte. Aber es machte Spaß, meinen ehemaligen Schulschwarm ein bisschen erklären und zappeln zu lassen.

»… und die haben dort auch ausgesprochen tolle Salate«, fuhr Erik fort.

»Und da alle Frauen auf ihre Figur achten, muss es ein Restaurant sein, in dem die Salate einfach großartig sind«, schmunzelte ich.

»Na ja, viele Frauen bestellen am liebsten Salat mit Hühnchenbrust und einem leichten Dressing«, verteidigte sich Erik.

»Ich muss gerade lachen.«

»Das ist schön«, raunte Erik heiser.

Mmh … seine Stimme … Ich atmete tief durch, bevor ich antwortete: »Ich liebe frische Salate und gesundes Essen. Aber ich kann Gott sei Dank essen, wozu ich Lust habe. Meine Figur nimmt mir das nicht übel.«

»Dann bist du zu beneiden.«

»Ich weiß. Übrigens – das Restaurant kenne ich. Falls ich Lust auf eine ordentliche Portion Salat habe, kann ich die bestellen. Aber wenn es mich nach etwas Deftigem gelüstet, bekomme ich das dort auch. Also treffen wir uns da.«

»Ich hole dich selbstverständlich ab.« Dann wüsste Erik, wo ich wohnte … Oh, nein! Worauf ich definitiv keine Lust hatte, war ein potenzieller Stalker. Also musste ich Erik zumindest vorerst verschweigen, wo ich lebte.

»Ich arbeite ganz in der Nähe. Wir treffen uns dort«, antwortete ich.

Eine Lüge! Ich? Oh, Mann! Ich hasste es, nicht die Wahrheit zu sagen! Aber noch wollte ich nicht, dass Erik meine Adresse erfuhr.

»In Ordnung«, erwiderte Erik. »Wann darf ich dich einladen?«

Jetzt bloß keinen Schnellschuss abgeben. Willst du was gelten, mach dich selten. Immerhin hatte ich schon zügig auf seine Mail geantwortet.

Klar, Erik hatte mich nur Bruchteile von Sekunden, nachdem meine Antwort bei ihm im Postfach aufgeschlagen war, angerufen, aber auf keinen Fall sollte er glauben, ich würde seinem Charme von damals noch heute erliegen. Das musste Erik sich erst wieder erarbeiten. Zwar hatte er ein paar Bonuspunkte, aber ich wollte doch zunächst ein, zwei Blicke auf den um inzwischen fast zwanzig Jahre gealterten Sonnyboy werfen.

»Warte, ich schaue in meinen Kalender im Smartphone. Wenn du gleich weg bist, war das keine Absicht«, erklärte ich und drückte den Ausknopf. Dann scrollte ich gemütlich durch den Kalender und wählte den Sonntag nach dem geplanten Tanzabend mit Connie und Sandra für das Treffen mit Erik aus.

Schon klingelte mein Handy.

»Oh, sorry«, säuselte ich. »Da ist wohl etwas schief gegangen.« Schon wieder log ich, aber ich erlaubte mir, ein bisschen mit Erik zu spielen. Schließlich hatte er mir als Sechzehnjährige fast das Herz gebrochen. Und meiner besten Freundin Connie auch.

»Was hältst du von Sonntag in einer Woche?«, schlug ich vor.

»Ja, das passt gut. Soll ich dich dann nicht doch abholen? Oder musst du sonntags auch arbeiten?«

Oh, Mann! Jetzt musste ich improvisieren. »Nein, natürlich arbeite ich am Wochenende normalerweise nicht. Aber ich bin nachmittags bei einer Freundin in der Südstadt. Und es ist nur ein Katzensprung von ihr zu dem Restaurant, in dem wir uns treffen wollen.«

»Ja, prima«, gab Erik sich zufrieden. »Zwanzig Uhr?«

»Neunzehn Uhr passt besser.« Ich spielte Spielchen mit Herzensbrecher Erik. Und das machte enormen Spaß.

»Dann bestelle ich für neunzehn Uhr einen Tisch.«

»Ich freu mich und wünsche dir bis dahin eine gute Zeit.«

»Danke, Katja. Ich freu mich auch. Alles Liebe bis dahin.«

Puh … mein Herz schlug wie verrückt und all die Schwärmereien für Erik waren plötzlich wieder gegenwärtig.

Ich dachte an Nick Larsson. Er war so höllisch attraktiv. Er hatte mich umgehauen. Aber er war mein zukünftiger Chef. Erik Dellmann hatte sich genau zur richtigen Zeit bei mir gemeldet.

Haut an Haut - verhängnisvolle Leidenschaft | Erotischer Roman

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