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Starke Gefühle Starke Gefühle

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An einem hellen Morgen fuhren Nora und er hinaus. Wieder ein herrlicher Tag, sonnig und warm, es herrschte guter Wind und nur wenige Boote waren unterwegs. Nora drängte ihn, sie wollte heute die Yacht unbedingt selbst einmal steuern. Lars erfüllte ihr den Wunsch, stand aber zur Sicherheit hinter ihr am Steuerrad. „Eigentlich ist es verboten.“ „Was denn?“, fragte sie mit Unschuldsmiene. „Ohne Bodenseeschifferpatent - also einem Segelschein - am Ruder zu stehen.“

Sie drehte ihren Kopf nach hinten und warf ihm einen betont unschuldigen Blick zu. „Machst Du eigentlich immer nur Sachen, die erlaubt sind?“. Da war es wieder, dieses unvergleichliche Aufblitzen in ihren schönen Augen. ‚Bleib ruhig Alter‘, sagte er zu sich, ‚ganz ruhig‘, denn er fürchtete sich absolut vor dem, worauf sie jetzt anspielte. An jedem neuen Tag ihres Zusammenseins bemerkte er, dass die Luft zwischen ihnen immer mehr und mehr zu brennen begann. So gelassen wie möglich erwiderte er: „Naja, wenn man erwischt wird oder es passiert etwas, kann das sehr unangenehm werden.“ Er tat so, als ob er ihre Anspielung nicht begriffen hätte. „Hast Du wirklich Angst, dass man uns erwischen könnte?“, fragte sie und drehte sich dabei ganz langsam zu ihm um. Sie stand jetzt so dicht vor ihm, dass ihre Körper sich berührten. Herausfordernd warf sie ihren Kopf in den Nacken und schaute ihm verführerisch in die Augen.

Lars wurde heiß und er fing an zu vibrieren, als er das Verlangen und die Sehnsucht seines Körpers spürte, dieses unbeschreibliche, intensive Gefühl, das in den Nervenbahnen an den Innenseiten seiner Oberschenkel in die Mitte seines Körpers hinaufkroch, er schluckte. Das Mädchen reckte sich an ihm hoch und küsste ihn auf den Mund. Ihre Zunge presste sich durch seine Lippen hindurch. Ihre schlanken Arme wanden sich wie kleine Schlangen um seinen Nacken und ihre Augen lockten ihn. Noras Blick rief ihm zu: ‘Ich will mehr, mehr, mehr, ich will Dich --- heute, jetzt! Dafür bin ich für Dich zu allem bereit!‘ Er wollte von ihr zurückweichen, denn sie sollte seine Erregung nicht spüren. Aber sie ließ es nicht zu und hielt ihn ganz fest. Sie presste sich an seinen Körper und nichts blieb ihr verborgen.

„Nora, bitte quäl mich nicht so. Du spielst mit einem Feuer in dem wir beide verbrennen, wenn wir das tun, wonach wir uns jetzt sehnen.“ Kaum hatte er das ausgesprochen, ließ sie ihn abrupt los und sprang - vollständig angezogen wie sie war - kopfüber in das grünschimmernde Wasser des Sees. Als ihr Kopf endlich wieder auftauchte rief er: „Mach keinen Unsinn Nora, Du jagst mir Angst ein!“ „Wieso hast Du denn Angst, um mich etwa? Oder um Dich oder um was? Du liebst mich doch nicht wirklich!“, schrie sie im Wasser neben dem Boot schwimmend zu ihm hinüber. Er hörte sich ganz ruhig sagen: „Ich liebe dich Nora und genau das ist der Grund, warum wir uns nicht lieben dürfen!“

Mit schnellen Zügen schwamm sie weit von der Yacht weg, während ihre Tränen sich mit dem Wasser des Sees vermischten. Als sie wieder ruhiger geworden war, kehrte das Mädchen um und kletterte ins Boot. Nilsson zog sie sofort an sich, so nass, wie sie war und hielt sie ganz fest umarmt. „Ach, könnte ich doch immer in Deine Arme kommen und so nah bei dir sein, dann wäre alles so gut!“, schniefte sie. Nachdem sie eine halbe Ewigkeit so gestanden hatten und der Mann inzwischen vorne genauso nass war, wie sie, flüsterte Nora ihm ins Ohr. „Ich habe verstanden, was Du eben gesagt hast - und ich lerne zu warten, versprochen. Ich muss Dich und auch mich einfach noch besser kennenlernen.“ Dann ging sie hinunter in die Kabine, um sich trockene Sachen anzuziehen.

Nilsson hatte das blauweiße Schiff schon von weitem kommen sehen und natürlich auch erkannt. Somit war er vorbereitet, als es näher kam und direkt auf seine Yacht zusteuerte. Schon bellte es blechern aus dem Bordlautsprecher: „Herr Nilsson, bitte stellen Sie die Segel in den Wind und stoppen Sie das Schiff!“ Er tat, was die Wasserschutzpolizei verlangte. „Wir drehen jetzt bei und kommen an Bord.“ „Warum wollen Sie das tun?“, fragte er. „Das würden wir gerne zusammen bei Ihnen auf dem Boot besprechen.“ Der Polizist und seine junge Kollegin kletterten sogleich über die Bordwand auf das Deck seines Seglers. „Oh, gleich zu zweit! Was gibt es denn so Wichtiges?“ Die junge Beamtin ergriff sofort diensteifrig das Wort: „Herr Nilsson, wir haben einen Hinweis bekommen, dass Sie vermutlich eine gesetzwidrige Beziehung zu einem minderjährigen Mädchen unterhalten. Wenn dem wirklich so ist, wäre das eine strafbare Handlung.“

„Ja, das sehe ich ein, allerdings nur, wenn dem so wäre, nicht wahr?“ Verwundert musterten die ungebetenen Besucher die halbnasse Kleidung des Seglers. Er bemerkte das und sah belustigt an sich hinunter. Die Frau konterte: „Genauso ist es, zum Beispiel, wenn sich das Mädchen nicht freiwillig bei Ihnen aufhält oder wenn äh --- sexuelle Handlungen vorgenommen werden.“ „Aha, und das also vermutet Ihr Hinweisgeber? Wo bitte sind denn die Beweise dafür?“ „Herr Nilsson, bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir den tatsächlichen Sachverhalt überprüfen müssen. In Ihrem und natürlich im Interesse des Mädchens und des Jugendschutzes. Also, ist Nora Merz hier an Bord?“, fragte die Beamtin forsch.

„Was ist denn hier los?“, rief Nora aus, als sie an Deck kam und die beiden Uniformierten sah. Sie hatte sich inzwischen umgezogen und trug jetzt einen knapp sitzenden schwarzen Short und ein weißes ärmelloses T-Shirt. In einem furiosen Ensemble wirbelten ihre dunklen, noch ziemlich nassen Haare um das Gesicht und fielen in dichten lockigen Wellen hinunter auf ihre Schultern. Selbstbewusst baute sie sich vor den Polizisten auf. Aus ihren Augen schossen wilde Blitze, als sie den Kopf in den Nacken warf und die Frau in Uniform provozierend ansah. ‚Meine Güte, wie schön sie ist und wie erwachsen sie jetzt wirkt‘, staunte Lars, verschränkte die Arme vor der Brust und schaute dem Auftritt seiner Freundin gespannt zu. „Bist Du Nora Merz?“, fragte die Beamtin. „Natürlich und was wollen Sie von mir?“ Nora nahm instinktiv eine aggressive Abwehrhaltung ein. Die Frau erzählte erneut, welcher Umstand die Polizei auf den Plan gerufen hat. „Das ist ja wohl der größte Schwachsinn!“, rief Nora empört.

„Also passen Sie mal auf, Frau Polizistin“, das junge Mädchen stampfte so heftig mit dem Fuß auf das hölzerne Deck, dass die Angesprochene erschrocken zurückwich. „Meine Amtsbezeichnung heißt Po-Polizeimeisterin“, stotterte sie erschrocken, denn mit solch einem starken Auftritt der Fünfzehnjährigen hatte sie absolut nicht gerechnet. Nora machte eine abfällige Handbewegung. „Das ist mir jetzt aber sowas von egal! Hören Sie mir genau zu: Lars Nilsson und ich sind gute Freunde. Ich bin hier auf dem Schiff, um segeln zu lernen und ich freue mich sehr darüber, dass ich diese Gelegenheit von ihm bekommen habe o.k.? Und ich fahre so oft und so lange mit diesem Mann mit, wie ich will, verstehen Sie?“ Es war ihr anzumerken, dass sie sich auf dem Schiff und in Gegenwart ihres erwachsenen Freundes sehr sicher fühlte, als sie sagte: „Und jetzt noch etwas: Wenn Sie mit diesem widerlichen Behördendeutsch ‚sexuelle Handlungen‘, intime Zärtlichkeiten zwischen zwei Menschen meinen, die sich lieben, die haben zwischen uns nicht stattgefunden, leider nicht! Und übrigens, in ein paar Tagen werde ich sechzehn und dann haben Sie hier sowieso absolut nichts mehr zu suchen!“

Der Schwede lachte laut, der Zornausbruch des Mädchens gefiel ihm offenbar. „He Nora, es ist gut jetzt, die Beamten tun doch nur ihre Pflicht.“ Er wandte sich den beiden zu, die inzwischen ziemlich kleinlaut unter ihren Dienstmützen hervorschauten. „Nun kennen Sie also die Wahrheit. Ihr Tippgeber hat wahrscheinlich selber eine sehr ausschweifende Phantasie, das können Sie ihm gerne von mir bestellen. Und wenn er noch weitere Fragen hat, soll er mich am besten direkt ansprechen, bevor er gleich wieder zur Polizei läuft!“ Nun ergriff der Kollege der jungen Polizistin das Wort: „Wie ich feststelle, sind wir in dieser Sache ja wohl fehl am Platz. Entschuldigen Sie bitte. Allerdings liegt uns noch die Meldung vor, dass Sie vor einigen Tagen mit Ihrem Segelboot ein Fahrgastschiff gefährdet haben.“ „Ja, das stimmt. Es tut mir auch sehr leid, dass das passiert ist. Ich war leider unaufmerksam. Ich verspreche, dass das nicht wieder vorkommt.“ „Herr Nilsson, wegen dieses Zwischenfalls mit der ‚Graf Zeppelin‘ spreche ich Ihnen hiermit eine mündliche Verwarnung aus. Sind Sie damit einverstanden?“ Natürlich war er das. Kurz danach half er den beiden Beamten dabei, sein Schiff wieder zu verlassen und in das Polizeiboot zu klettern.

„Das war ja mehr als deutlich, Nora.“ „Ja und meine Worte waren sowohl für die beiden da als auch für Dich bestimmt!“, stieß sie atemlos, immer noch erregt hervor und wies mit gestrecktem Zeigefinger direkt auf ihn. Und da war es wieder, dieses Feuer in ihren Augen, dieses eigentümliche, diamantenschöne Funkeln, das ihn immer direkt ins Herz traf und tief in seinem Inneren eine große Gefahr signalisierte.

Nach diesem aufregenden Nachmittag kam Nora zwei schrecklich lange Tage nicht aufs Boot. Erst am Abend des zweiten Tages rief sie bei Lars an. Aufgeregt sprudelte sie los: „Ich konnte nicht kommen, wir hatten plötzlich so viel zu tun. Die Frau von der Pension gegenüber wollte gleich Mamas neue Kundin werden, jetzt, wo sie doch so gute Maschinen hat und alles so schön schnell geht mit dem Trockner und der Mangel und so. Ich habe ihr auch kräftig geholfen und weißt Du was? Es hat mir sogar Spaß gemacht. Wenn das so weitergeht, hat Mama gesagt, dann kann sie auch den Kindergarten für Lukas bezahlen, vielleicht fängt er da ja wieder an zu sprechen. Und noch etwas: Ich vermiss` Dich unglaublich.“ Bevor er antworten konnte, legte sie auf.

NORA UND DAS GEHEIMNIS IHRES 16. SOMMERS

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