Читать книгу Susan - Falsche Freunde - Cedrina Lautenfeld - Страница 3

Kopflose Flucht

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Weit nach Mitternacht war es dunkel und kalt in dieser einsamen und verlassenen Gegend am Hafen. Die Dunkelheit wurde nur vom Vollmond erhellt, wenn nicht gerade eine Wolke sein Licht verhüllte. Dennoch flogen die Kugeln nur so um mich herum.

Autoscheiben zerbrachen durch schlecht platzierte Schüsse. Das Klirren von Glas ließ mich angstvoll zittern. Noch nie war ich in so eine Situation geraten. Das so plötzlich um mich herum ausbrechende Chaos stoppte meine Reaktionsfähigkeit.

Erst das laute Knallen von zerschossenen Autoreifen, weckte mich aus meiner lebensgefährlichen Lethargie. Das danach ertönende Pfeifen und Zischen war heftig. Einer der getroffenen Reifen gehörte zu einem Hummer, dessen riesige Reifen besonders viel Luft enthielten.

Was war so plötzlich eigentlich passiert?“ fragte ich mich irritiert und ließ die letzten Minuten Revue passieren.

Wir waren in dem von mir gerade vor ein paar Tagen gestohlenen Bentley Mulsanne zum Treffpunkt gefahren. Der Wagen schwebte regelrecht über die Straßen und stoppte schließlich sanft auf dem rauen Untergrund des Hafengeländes.

Dieses edle Fahrzeug erfreute mein Herz derart, dass ich im ersten Moment die gruselige Nachtstimmung auf dem verlassenen und einsamen Gelände um uns herum gar nicht wahrnahm.

Erst als sich meine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten und mir bewusst wurde, dass Big Daddy und seine Bodyguards schweigend im dunklen Innern des Wagens auf ihre Geschäftspartner warteten, wurde mir die skurrile Situation in der ich mich befand bewusst.

Mir lief ein kalter Schauer der Angst über den Rücken. Noch nie hatte ich an einem solchen Treffen teilgenommen. Ich spürte deutlich wie nervös ich wurde, weshalb mich ein Blick aus dem Autofenster links von mir ablenken sollte.

Was ich in der Dunkelheit der Nacht von meiner Umgebung erkennen konnte, waren Seefrachtcontainer. Nicht weit vom Auto entfernt waren mehrere von ihnen übereinander gestapelt. Sie standen genau genommen in etlichen Reihen nebeneinander und hintereinander.

Es sah aus wie ein Wald von Containern, der überragt wurde von Vancarrierern. Diese riesigen Fahrzeuge wirkten wie Kraken, die das ganze Gelände überblickten und obwohl sie kein Mensch bediente, schienen sie jederzeit loszulegen zu wollen.

Ich schluckte. Denn diese Umgebung machte mir noch mehr Angst. Ich fühlte mich winzig in der Nähe dieser massiven Seefrachtcontainer und der riesigen Vancarrier.

Doch was mich dann wirklich zittern ließ, war die Tatsache, dass das Innere unseres Wagens plötzlich durch die Scheinwerfer eines anderen Autos erhellt wurde. Die Geschäftspartner von Big Daddy schienen endlich angekommen zu sein.

Big Daddy gab dem Bodyguard, der am Steuer des Bentleys saß einen Wink, so dass er die Scheinwerfer des Wagens einschaltete. Danach schaute er zu mir. Ich saß auf der Rückbank des Wagens neben ihm. Er lächelte fies, sah mich genussvoll an und gab mir dann die Anweisung auszusteigen.

Ich stieg links aus dem Wagen aus und ließ die Tür offen, während er rechts die Tür öffnete, ausstieg und sie geräuschvoll zuschlug.

Mir gab die geöffnete Tür Sicherheit. Ich konnte mich daran festhalten, statt nervös mit den Händen herum zu hantieren. Der Bodyguard neben mir grinste und ließ mich nicht aus den Augen. Seine Kollegen folgten Big Daddy, der nun im Licht der Scheinwerfer auf das Auto seines Geschäftspartners zuging.

Aus dem anderen Auto stiegen vier Männer. Sie stellten sich in das Licht der Scheinwerfer ihres Autos und einer sprach mit Big Daddy. Ich konnte nicht verstehen, worum es ging, doch es schien ein Problem zu geben. Denn die Stimmen der Männer klangen hart und wurden lauter.

Angespannt verfolgte ich was passierte und erschrak, als plötzlich aus dem Dunkel hinter dem ersten Auto der Geschäftspartner ein zweites Auto erschien, das die irre Szene ebenfalls mit seinen Scheinwerfern erhellte.

Aus diesem Auto stiegen vier weitere Männer. Erschrocken, dass Big Daddy und seine Bodyguards plötzlich in erheblicher Unterzahl waren, suchte ich instinktiv Schutz hinter der geöffneten Wagentür.

Ich hatte kaum reagiert, als sich die Situation dramatisch veränderte und jemand Schüsse abgab. Einer davon landete in der Windschutzscheibe des Bentleys und ließ mein Herz vor Schreck abrupt heftig schlagen.

Schockiert starrte ich auf die Männer im Scheinwerferlicht und bemerkte erstaunt, dass der Bodyguard von Big Daddy, der mich hatte bewachen sollen, seinen Posten verlassen hatte, um seinem Boss zur Hilfe zu eilen.

Etwas erleichtert darüber, dass ich nun nicht mehr unter Beobachtung stand, schaute ich wieder zu den Seefrachtcontainern hinüber, um notfalls dorthin flüchten zu können. Denn der Bentley galt offensichtlich als Zielscheibe und war daher nicht sicher.

Während ich noch die Distanz zwischen mir und den Containern abschätzte, flogen auch schon weitere Kugeln durch die Luft. Wieder wurde der Bentley getroffen. Dieses Mal erwischte es den Kühler und meine Tür. Ich duckte mich erschrocken und war froh, dass die Tür des Wagens die Kugel abgefangen hatte. Dennoch schmerzten mich die Schüsse, die den Wagen trafen. „Wie kann man nur auf eine so edle und teure Karosse wie einen Bentley schießen?“, fragte ich mich erbost.

Doch mir blieb keine Zeit für meinen Ärger. Denn nun begann eine regelrechte Schießerei, die auch für mich gefährlich war. Unentschlossen, was ich nun tun sollte, kroch ich ängstlich in den Bentley, der mich schützen sollte.

Mmm“, überlegte ich nervös, „ der Kühlergrill wurde zwar von einer Kugel getroffen, dennoch müsste ich mit dem Wagen noch einige Zeit fahren können, bevor der Motor ohne vollständige Kühlung überhitzen würde.“ Ich grinste und hatte plötzlich Hoffnung aus dieser gefährlichen Situation entkommen zu können.

Vorsichtig rutschte ich zwischen den Sitzen nach vorn auf den Fahrersitz und begann mit zitternden Händen den Wagen unterhalb des Lenkrades kurzzuschließen.

Nach kurzer Zeit war ich am Ziel. Ich konnte den Motor starten und grinste zufrieden. „Tja, wozu bin ich eine professionelle Autodiebin, wenn ich diesen Wagen nicht auch ein zweites Mal knacken kann“, dachte ich und freute mich über meinen Erfolg.

Doch das Motorgeräusch erregte die Aufmerksamkeit von einem der Männer. Im Halbdunkel der Nacht, die immer mal wieder vom Mond erhellt wurde, wenn nicht gerade eine Wolke sein Licht verhüllte, kam er auf mich zu und feuerte einige Schüsse in den Motor des Wagen, bevor ich auch nur einen Meter fahren konnte.

Scheiße“, fluchte ich und flüchtete, von ihm offenbar unbemerkt, wieder in den hinteren Teil des Wagens. Während er nun sein Magazin leer schoss, um mich als vermeidliche Fahrerin zu töten, öffnete ich die linke hintere Wagentür und rannte so schnell wie möglich auf die Container zu, die ich vorhin schon in Augenschein genommen hatte, um mich dort hinter ein paar Kisten aus Metall zu verstecken.

Mein Herz raste vor Angst und meine Atmung war wesentlich schneller als sonst. Ich überdachte zitternd meine Situation, da ich nun doch um mein Leben fürchtete.

Das Hafengelände zu dem wir gefahren waren, war so abgelegen, dass ich nicht auf Hilfe hoffen konnte. Zudem war es mir auch auf gar keinen Fall möglich die Polizei zu rufen, sonst hätte ich mich selbst ins Gefängnis gebracht. Schließlich wusste ich nur zu gut, dass das was wir hier machten illegal war und wir uns um keinen Preis erwischen lassen durften.

Ich konnte leider nicht gut mit Waffen umgehen, weshalb ich mich bisher aus jeder Schießerei heraus gehalten hatte. Doch dieses Mal war irgendetwas schief gegangen. Denn kaum war die Übergabe der Ware abgewickelt worden, kam es zu einer heftigen Schießerei. Dabei war es eigentlich zu dunkel, um sicher auf eine bestimmte Person zielen zu können. Denn die Nacht wurde lediglich vom Mond und ein paar Autoscheinwerfern erhellt.

Ich hockte hinter den Metallkisten, schreckte jedes Mal zusammen wenn eine Kugel scheppernd in die Kisten krachte und hoffte in der Dunkelheit hinter mir einen Fluchtweg finden zu können.

Doch wollte ich eigentlich nicht ohne meinen Freund fliehen. Ich glaubte immer noch, dass ich ihm etwas schuldig war.

Weshalb ich nun vorsichtig zwischen zwei Metallkisten hindurchschaute und dabei versuchte im fahlen Scheinwerferlicht der geparkten Autos etwas zu erkennen. Aber alles was ich jetzt beobachten konnte war, dass mein Freund mit einer Waffe in der Hand zu Boden ging, nachdem er ganz offensichtlich von einem der Drogenbosse erschossen worden war.

Seit langem war bekannt, dass New Yorks Einzugsbereich kein sicheres Pflaster für Kriminelle war. Die Polizei verfolgte jeden gnadenlos und ich wusste, das galt auch für mich. Dennoch hatte ich bisher noch nicht wirklich die Gefahr gespürt in der ich mich jeden Tag befand, seit ich in dieser Mega-City lebte.

Ich ignorierte die mögliche Gefahr. So etwas wollte ich nicht wahrnehmen. Zwar bewegte ich mich in genau dieser kriminellen Szene, doch einen echten Mord hatte ich noch nie mitangesehen. Das war auch nicht mein Teil des Geschäftes, denn ich war nur für den Diebstahl edler Karossen zuständig. Alles andere machten meine Freunde. Wir alle verdienten kräftig daran und hatten keine Skrupel mit dieser Art „Business“ fortzufahren.

Aber vielleicht sollte ich, wenn ich schon gezwungen war über mein derzeitiges Leben nachzudenken, ganz von vorne anfangen zu erzählen.

Susan - Falsche Freunde

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