Читать книгу Susan - Falsche Freunde - Cedrina Lautenfeld - Страница 9

New York

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Der Diebstahl des Cadillacs war für mich ein Kinderspiel gewesen, da der Wagen noch mit einem älteren Sicherungssystem ausgestattet gewesen war, das wesentlich leichter zu knacken war als die neuen überarbeiteten Systeme.

Mir war zwar klar, dass ich mit diesem Diebstahl erneut eine Straftat beging, doch ich brauchte das Geld. Natürlich hoffte ich, nicht wieder erwischt zu werden. Denn dieses Mal würde ich wohl kaum nur mit einer Ordnungswidrigkeit davon kommen, wie beim Entwenden von Scotts Corvette.

Mein schlechtes Gewissen beruhigte ich mit meiner finanziellen Notlage. Außerdem hatte ich ja nicht die Absicht aus dieser Tätigkeit eine Dauerbeschäftigung zu machen.

Zudem war die von mir geschädigte Person bestimmt versichert und würde deshalb auch nicht auf dem Schaden sitzen bleiben. Die zuständige Versicherung würde den Schaden regulieren. Damit waren Leute beschäftigt, deren Arbeitsplatz ich durch mein Handeln gesichert hatte. Ich kurbelte also lediglich die Wirtschaft an. Niemandem entstand ein Nachteil.

Ich informierte Harry nur kurze Zeit nach dem erfolgreichen Diebstahl, da ich den Cadillac so schnell wie möglich wieder loswerden wollte. Denn umso länger ich ihn behielt, desto größer war die Möglichkeit entdeckt zu werden.

Wir trafen uns mitten in der Nacht in einer ruhigen Nebenstraße einer Gegend, in der ein teurer Cadillac, nicht weiter auffiel.

Harry überreichte mir das Geld in einem unscheinbaren Umschlag. Ich warf einen Blick hinein und zählte nach. Der Betrag stimmte.

Er griente und schien erstaunlicher Weise nicht verärgert, weil ich nachgezählt hatte. Stattdessen drückte er mir mit einem schelmischen Grinsen einen neuen Zettel mit einem weiteren Auftrag in die Hand. Ich sah ihn überrascht an und nahm den Zettel entgegen.

Leise erklärte er mir dazu: „Die Adresse ist in New York. Frag dort nach „Othello“. Das ist mein Geschäftspartner. Er erklärt Dir dann alles weitere.“ Ich nickte, steckte das Geld und den Zettel ein und verschwand ins Dunkel der Nacht.

Harry hatte mir natürlich nicht aus reiner Freundlichkeit die Adresse von Othello gegeben. Er befürchtete offensichtlich, dass ich ihn nach wie vor bei den Cops verpfeifen könnte. Deshalb wollte er, dass ich in Zukunft so weit weg von ihm war wie möglich.

Im Haus von Vivienne überlegte ich mir, ob ich diesen zweiten Auftrag wirklich annehmen sollte. Denn schließlich hatte ich jetzt genug Geld, um kurze Zeit davon leben und reisen zu können.

Dann dachte ich an meine Mum. Eigentlich wollte ich ihr einen Teil meines ersten Gehaltes schenken. Doch nun wusste ich nicht genau, wann und wieviel ich bei einem neuen Arbeitgeber verdienen würde. Deshalb entschloss ich mich, auf jeden Fall einmal nach New York zu fahren und mir diesen „Othello“ einmal anzuschauen. Vielleicht waren ja noch einmal 5.000 Dollar für mich drin.

Der Abschied von Lisa und Vivienne war sehr herzlich. Wir wollten in Kontakt bleiben und einander besuchen, sobald ich einen Job und ein neues Zuhause gefunden hatte.

Von meinen Reiseplänen erzählte ich den beiden nur so viel, das ich als erstes New York sehen wollte. Der Weg dahin war variabel, da ich nicht wie von beiden vorgeschlagen fliegen, sondern die ganze Strecke mit meinem neuen, gebrauchten Wagen zurücklegen wollte.

Beide erklärten mich für verrückt. Dennoch unterstützten sie meine Idee mit mehreren Tankgutscheinen, die ich an jeder beliebigen Tankstelle einlösen konnte. Ich war sehr froh über diese Idee, denn Bargeld hätte ich nicht akzeptiert.

Ich ließ mir viel Zeit, um in „Big Apple“ anzukommen. Schließlich war das die Gelegenheit für mich mein Land einmal kennenzulernen. Als ich dann nach mehreren Wochen die Skyline von New York sah, ging mir das Herz auf und ich war glücklich diese Stadt nun endlich auch einmal sehen zu können.

Laut Stadtplan von New York lag die Adresse, die mir Harry gegeben hatte in einem Außenbezirk der Stadt. Ich suchte mir daher dort in der Nähe ein Motel und erkundete erst einmal die Stadt, bevor ich diesen dubios erscheinenden „Othello“ aufsuchte.

Nach wenigen Tagen hatte mich die Faszination der Stadt gepackt und ich beschloss nach Abschluss dieses zweiten Deals in New York zu bleiben und mir hier einen Job zu suchen. Denn IT-Firmen gab es auch hier. Es musste ja nicht unbedingt Kalifornien sein.

Othello residierte in einer, von seinen eigenen Leuten, gut gesicherten Wohnung. Ich hatte mich zwar telefonisch bei ihm angemeldet, dennoch musste ich mehrfach erklären, was ich von ihm wollte und wer mich geschickt hatte, bevor ich endlich mit dem Big Boss persönlich sprechen konnte.

Othellos Wohnräume waren eher spartanisch eingerichtet und wiesen wenig Luxus auf. Sein Büro jedoch war protzig und sollte potenzielle Kunden und Geschäftspartner beeindrucken. Dazu dienten auch die drei Bodyguards, die stets in seiner Nähe waren.

Mich jedoch irritierte sein nicht identifizierbarer Einrichtungsstil. Ihm gegenüber drückte ich jedoch meinen Respekt in Form von Bewunderung für seine gelungene Innenarchitektur aus. Er fühlte sich geschmeichelt und hörte mir, einem Neuling im Geschäft der Autoschieber, umso bereitwilliger zu.

Während er vor mir hinter seinem Schreibtisch mit seinem massigen Körper saß und mir mit seinen dunklen Augen, die sich nur durch das Weiß seiner Augäpfel von seiner schwarzen Haut absetzten, zuhörte, erzählte ich ihm mit der naiven Unbefangenheit meiner erst 22 Jahre, wer mich geschickt hatte und was ich hier wollte.

„Harry aus Charlotte schickt mich. Ich habe für ihn vor kurzen einen neuen Eigentümer für ein besonders teures und schönes Auto gefunden.“ Othello grinste belustigt bei meiner Umschreibung eines erfolgreichen Autodiebstahls.

„Ja, ja. Ich weiß. Und jetzt willst Du mir Deine Dienste anbieten.“ Ich nickte. Er grinste süffisant und machte es sich hinter seinem Schreibtisch auf seinem Sessel noch bequemer. Dabei spielte er mit einer Zigarre, die er zwischen den Fingern seiner rechten Hand immer wieder hin und her bewegte.

Othello war ein Schwarzer, dessen Haut besonders dunkel war. Diese Tatsache begünstigte seine ohne hin schon einschüchternde Wirkung auf mich. Zudem hatte er einen grimmigen Gesichtsausdruck, der ihn besonders finster und gefährlich aussehen ließ.

Als er plötzlich lachte, weil ich ihn ängstlich musterte, hatte ich sogar den Eindruck mit dem Teufel persönlich zu verhandeln, da seine großen, weißen Zähne in seinem dunklen Gesicht furchterregend auf mich wirkten.

Folglich rutschte mir mein Herz durch seinen Anblick in die Kniekehlen und mein Mut zu einer geschäftlichen Verhandlung mit ihm, schrumpfte auf Reiskorngröße zusammen.

Er schien zu ahnen was ich dachte und meinte lässig: „Harry hat mir von Deinem Talent erzählt. Du sollst sehr geschickt darin sein die Diebstahltechnik von Luxusautos in Sekunden zu knacken“ Ich nickte und versuchte zaghaft zu lächeln.

Ihn amüsierte mein Verhalten ganz offensichtlich. „Nun gut. Du hast Glück. Ich habe gerade gute Laune.“ Er grinste breit und zeigte seine weißen Zähne. „Obwohl ich eigentlich keinen Grund dafür habe, denn einer meiner Leute ist in den Knast gegangen. Er war zu übermütig und hat sich erwischen lassen.“ Er schnalzte wütend mit der Zunge. „Deshalb gebe ich Dir jetzt seinen neuen Auftrag. Ich brauche so schnell wie möglich ein Ferrari Cabrio. Wenn Du Erfolg hast, sind 5.000 Dollar für Dich drin.“ Ich nickte erfreut lächelnd.

„Schlägt die Sache fehl, kennen wir uns nicht. Hast Du mich verstanden?“ Ich nickte heftig und lächelte nicht mehr. Sein amüsiertes Grinsen war einschüchternd, doch ich wollte den Job machen. Mein Ehrgeiz war geweckt. „Ein Ferrari Cabrio“, dachte ich. „Wow, das ist eine Herausforderung.“ Sofort überlegte ich wie die Sicherheitstechnik dieses Autos zu knacken war.

Othello gab einem seiner Bodyguards einen Wink. Der angesprochene holte aus seiner Jackentasche einen Zettel und gab ihn mir mit einem ausdrucklosen Gesicht. Ich nahm den Zettel entgegen und schaute darauf. „Wenn Du den Wagen hast, dann wählst Du diese Nummer. Danach schmeißt Du den Zettel weg. Verstanden?“ erklärte mir Othello. Ich nickte und verließ mit großem Herzklopfen sein Büro.

Wieder musste ich durch eine Sicherheitsprüfung seiner Wachleute, bevor ich durch den Hintereingang das Wohngebäude verlassen konnte, in dem Othello residierte. Auf der Straße verschwand ich schnell im Gewühl der Fußgänger.

Während der nächsten Tage konzentrierte ich mich darauf, den angefragten Wagen zu finden und zu prüfen, wer ihn eventuell fahren würde, damit er nicht verschwunden war, bevor ich ihn klauen konnte.

Ich überlegte mir jeden meiner Schritte genau, denn ich wollte kein unnötiges Risiko eingehen. Außerdem was dies erst mein zweiter Autodiebstahl und der allererste für Othello. Weshalb mir auf gar keinen Fall ein Fehler unterlaufen durfte.

Am Tag des Diebstahls überprüfte ich noch einmal den Standort des Wagens und meinen möglichen Fluchtweg. Auch Plan B prüfte ich ganz genau. Als die Dunkelheit einsetzte kam ich schließlich zum Wagen zurück und machte mich daran das Sicherheitssystem zu knacken.

Dabei trug ich komplett schwarze Kleidung, damit mich möglichst keiner sah oder sich zumindest nicht an mich erinnerte, für den Fall, dass ich beobachtet wurde.

Der Diebstahl verlief reibungslos. Dennoch klopfte mein Herz wie wild. Ich wollte den Wagen so schnell wie möglich wieder loswerden, war aber trotzdem auf Sicherheit bedacht. Weshalb ich das Auto weit entfernt vom Ort des Diebstahls, in einer ruhigen Straße parkte und erst dann die Nummer anwählte, die mir Othellos Bodyguard gegeben hatte.

Ich benutzte zwar ein Wegwerfhandy, wollte aber dennoch möglicher Telefonüberwachung entgehen. Deshalb sprach ich für Externe unverständlich und ganz absichtlich in Rätseln. Dennoch verstand mich der Mann am anderen Ende der Leitung. Er gab mir die Eckdaten einer Autowerkstatt, wo ich „die Sache“ abgeben sollte. Mit „die Sache“ war natürlich das von mir geklaute Auto gemeint.

Da ich mich noch nicht so gut in New York auskannte, verfuhr ich mich prompt im Dunkel der Nacht. Viel zu spät erschien ich daher vor der Werkstatt. Mit einem flauen Gefühl in der Magengrube, hupte ich dennoch wie abgesprochen zwei Mal.

Banges Warten folgte, bis sich schließlich das Tor vor mir öffnete und mir ein Mann in einem verschmutzten Overall bedeutete in die hinter ihm liegende Garage zu fahren. Ich folgte seiner Aufforderung und fuhr den Wagen in die schlecht beleuchtete Werkstatt. Als ich dort stoppte und den Motor abschaltete, schloss sich geräuschvoll das Tor hinter mir.

Erschrocken zuckte ich zusammen und stieg zögernd aus. Der Mann im Overall übernahm sofort den Wagen und machte sich daran die notwendigen Modifizierungen zu installieren. Er schien trotz meiner Verspätung auf mich gewartet zu haben und wollte offenbar keine weitere Zeit verlieren. Ich schaute ihm interessiert zu und fragte mich wie ich nun an mein Geld kam.

Nach einiger Zeit wollte ich den Mann im Overall schon fragen, ob er wüsste wann und wie ich an mein Geld käme, als plötzlich eine Tür im hinteren Bereich der Werkstatt aufgerissen wurde und ein Bodyguard von Othello erschien.

Er ging direkt auf mich zu, reichte mir einen dicken Umschlag und sagte: „Der Boss ist verärgert. Du warst zu spät.“ Ich nickte schuldbewusst und nahm mein Geld entgegen.

Dann wollte ich schnell durch eine Seitentür der Garage verschwinden. Doch der Bodyguard stoppte mich und meinte: „Halt. Geh niemals aus der Tür in die Du hineingekommen bist. Die Cops könnten dort schon auf Dich warten.“ Ich nickte und folgte ihm in die entgegengesetzte Richtung.

Ein paar Tage nach meinem ersten etwas verpatzten, aber dennoch erfolgreich erledigten Auftrag für Othello, erhielt ich über einen Mittelsmann einen weiteren Auftrag von ihm. Erstaunt überlegte ich, ob ich weiter für ihn arbeiten sollte.

Doch schließlich lockte mich das schnell verdiente Geld. Außerdem wollte ich meine Mum endlich finanziell unterstützen können. Zudem musste ich ja nicht für immer für Othello arbeiten, sondern nur so lange bis ich einen legalen Job in dieser Stadt gefunden hatte.

Meiner Mum schickte ich in den Wochen danach mehrmals einen größeren Geldbetrag über Western Union. Sie freute sich sehr und bestätigte mir ihre Freude, als ich sie anrief. Aber sie machte sich auch Sorgen.

„Kindchen, ich freue mich zwar über das viele Geld. Jetzt kann ich endlich all meine Rechnungen auf einmal bezahlen und habe noch Geld für Notfälle.“ Ich hörte sie am Telefon seufzen. „Aber Du steckst doch nicht in Schwierigkeiten, oder?“ Meine Mum war eine kluge Frau, auch wenn sie keine so gute Bildung genossen hatte so wie ich. Weshalb ihr die Tatsache, dass ich ihr keine feste Adresse angeben wollte, schon genug sagte.

„Nein, Mum. Es ist alles in Ordnung“, belog ich sie und wusste genau, dass sie mir nicht glaubte. „Kindchen, sei vorsichtig. Du hast nur ein Leben und ich will Dich auch nicht im Knast besuchen müssen.“

„Mum“, antwortete ich entsetzt und war dennoch überrascht, wie gut sie meine Stimme kannte. Sie musste meine Besorgnis gehört haben, als ich ihr erzählte, dass mein neuer Job nicht so wirklich das war, was ich machen wollte.

Natürlich hatte ich ihr nicht erzählt, womit ich genau zurzeit mein Geld verdiente. Dennoch ahnte sie, dass es kein Bürojob sein konnte, so wie es für IT-Spezialisten üblich war.

Das Gespräch mit meiner Mum rüttelte mich wach. Ich verstärkte meine Suche nach einer Firma, die meine Kenntnisse als IT-Spezialistin benötigte. Doch trotz meiner exzellenten Noten bekam ich Absagen. Man hielt mich für zu jung und zu unerfahren in dem Geschäftsbereich für den ich mich bewarb.

Das war allerdings eine viel zu durchsichtige Begründung, weshalb ich einen anderen Hintergrund vermutete. Ob es stimmte, dass Scotts Eltern dahinter steckten, konnte ich allerdings nicht herausfinden.

Lisa, Scotts jüngere Schwester, meinte, dass sie dazu keinen Anlass hätten, denn meine Verlobung mit Scott war durch seinen Tod erledigt. Dennoch wurde ich das ungute Gefühl nicht los, dass sie mir die Schuld für Scotts Tod gaben und daraus ihre ganz persönlichen Konsequenzen zogen.

Während ich noch über meinem Frust grübelte, weil ich nicht so leicht wie erwartet an einen legalen Job kam, meldete sich Othellos Mittelsmann immer wieder mit neuen Aufträgen. Der Big Boss schien mit meiner Arbeit zufrieden zu sein, weshalb ich viele weitere Luxusautos für ihn stehlen sollte.

Doch genau in der erhöhten Zahl von geklauten Autos lag auch mein immer größer werdendes Risiko, dass ich mir jetzt auch besser bezahlen lassen wollte. 5.000 Dollar pro Wagen reichten nicht mehr für das Risiko von den Cops geschnappt zu werden, das ich jedes Mal aufs Neue einging. Ich wollte das Doppelte und langfristig auch noch mehr.

Selbstverständlich war Othello von meiner geforderten Anteilserhöhung nicht begeistert. Doch da ihm einerseits ein weiterer Mann durch die Cops abhandengekommen war, er das Risiko kannte und ich gute Arbeit leistete, verdoppelte er mir schließlich meinen Anteil an jedem Auto, das ich für ihn klaute.

Zufrieden machte ich mich daran, noch mehr für meine Sicherheit zu tun. Dazu zog ich mehrfach um, bis ich schließlich ein für mich geeignetes Loft in einem Außenbezirk der Stadt fand. Die Wohnung hatte mehrere Zugänge, die ich als potenzielle Fluchtwege konstruierte. Zudem war die Verkehrsanbindung in die City, sowie die Flucht aus der Stadt in kürzester Zeit machbar.

Mein kleines 60 m2 Loft in einem alten Fabrikgebäude richtete ich spartanisch ein. Ich hatte nur ein Sofa, zwei Sessel, einen Sofatisch, ein Regal sowie einen Schreibtisch, einen Drehstuhl und ein Notebook. Im Schlafzimmer stand ein Queen-Size Bett, ein Nachtschrank mit Lampe und ein kleiner Schrank. Ein paar kleine Teppiche und zwei Stehlampen sollten im Wohnzimmer für Gemütlichkeit sorgen, da die hohen Räume und die bodenlangen Fenster zwar tagsüber viel Licht in die Wohnung ließen, aber auch dafür sorgten, dass ich mich in den Räumlichkeiten wie ein Einsiedler fühlte.

Aber selbst in der offenen mit einem Bartresen vom Wohnbereich abgrenzten Küche stand nicht viel. Nur ein wenig Geschirr, ein Kühlschrank, eine Spüle, ein Herd, eine Mikrowelle und ein Backofen. Das war es. Mehr Möbel brauchte ich nicht. Aber ich war auch nicht viel zu Hause.

Mein Loft sollte zwar mein Zuhause sein, doch ich fühlte mich dort nicht wirklich wohl. Ich war einsam. Denn von früher Kindheit an, war ich es gewohnt, dass meine drei Geschwister mich umgaben. Auch meine Mum war trotz der vielen Arbeit, die sie leistete, immer für mich da gewesen.

An der Universität hatte ich Alice, die mir Gesellschaft leistete. Später war Scott mein ständiger Begleiter. Doch das war vorbei. Wenn ich jetzt am Fenster stand, dann nur um sicher zu gehen, dass keiner nach mir suchte.

Dabei ignorierte ich, dass wenn ich mich einmal längere Zeit in meiner Wohnung aufhielt, die Erinnerung an Scott zurückkam und mir schmerzlich bewusst wurde, was ich verloren hatte.

Mein Wunsch war immer gewesen einen Mann zu finden, der mich liebte und mich glücklich machte. Ich wollte Ehefrau und Mutter von mehreren Kindern sein. Aber dieses Ziel war, wenn es denn noch möglich war, in so weite Ferne gerückt, dass ich kaum noch Hoffnung hatte es zu erreichen.

Ich war allein und versuchte das von mir bereits erreichte durch übertriebene Sicherheitsmaßnahmen zu schützen. Ich erhoffte mir dadurch ein Gefühl von Glück und Zufriedenheit schaffen zu können.

Dazu ließ ich auch die normalen Fensterscheiben gegen schusssicheres Glas tauschen. Die drei Aus- bzw. Eingänge meines Lofts waren durch Sicherheitstüren und mit einem Zahlencode gesichert, statt wie sonst üblich mit einem Schlüssel. Wenn ich mein Loft verließ, nahm ich immer einen anderen Weg.

Wann immer ich von meinen Diebstählen zurückkam, schlug ich Haken wie ein Hase, damit mich keiner verfolgen konnte. Diese Vorsichtsmaßnahme war, wie ich nach einiger Zeit feststellte, durchaus berechtigt.

Denn ich hatte durch meinen Erfolg in der Autoschieberszene das FBI auf mich aufmerksam gemacht. Grundsätzlich wechselte ich daher auf meinem Weg zum Loft öfter meine Kleidung. Ich trug Wendejacken und Wendemützen in verschiedenen Farben, damit ich nicht erkannt wurde. Meine blonden Haare ließ ich mal offen, mal wurden sie von mir geflochten. Je nach Anlass oder Bedarf ließ ich sie zusätzlich unter einer Mütze verschwinden.

Diese Vorsichtmaßnahmen zahlten sich aus, als ich wirklich ein paar Mal von FBI-Agenten auf meinem Weg zum Loft verfolgt wurde. Die Herren waren für mich recht leicht zu erkennen. Denn sie trugen immer wieder dieselben langweiligen schwarzen Anzüge mit den weißen Hemden und den schwarzen Krawatten. Sie entsprachen vollkommen dem Klischee, so wie man es aus Krimis kannte.

Zudem schauten sie sich auffällig unauffällig um und blieben mir immer im gleichen Abstand auf den Fersen. Sobald ich aber im Getümmel der New Yorker U-Bahn meine Kleidung wechselte, verloren sie mich.

Dennoch blieb ich vorsichtig und schaltete erst lange Zeit nach meiner Ankunft in meinem Loft das Licht ein. Die Zeit davor nutzte ich, um von den Fenstern aus, meine Umgebung genau zu beobachten. Dabei stellte ich sicher, dass mir auch wirklich kein Agent gefolgt war.

Ich war nicht paranoid. Ich war lediglich extrem vorsichtig, da ich wusste, dass ich etwas Kriminelles tat. Deshalb war mir meine Sicherheit auch einiges an Geld wert. Zudem waren schon zwei von Othellos Männern geschnappt worden. Ich kannte zwar die Begleitumstände nicht. Dennoch war es eine Warnung für mich.

Ich lebte gefährlich, weshalb ich auch keine Freunde in der Stadt hatte. Das wäre zu riskant gewesen für beide Seiten. Ich kannte in New York nur meine Geschäftspartner und natürlich die Angestellten meiner drei Läden.

Zwar wurde es immer schwieriger und teurer mein schwarzes, von mir illegal erworbenes Geld zu „waschen“, aber dabei war ich auch erfinderisch.

Ich hatte eine Pizzeria, eine Wäscherei und einen kleinen Supermarkt, die offiziell super liefen, aber in Wirklichkeit gerade einmal die Miete einspielten. Doch mein Geld wurde durch sie legal. Es gab dabei auch etliche Fallstricke. Aber meine Steuerberaterin half mir sie zu umgehen und damit so gesetzestreu zu sein wie irgend möglich.

Dadurch kam ich mit gerade einmal 23 Jahren, meinem großen Ziel nach einem schönen Haus und einem legal gekauften Auto wesentlich näher.

Doch ein Problem konnte ich nicht lösen. Mir fehlte immer mehr ein Mann an meiner Seite, den ich lieben und dem ich vertrauen konnte. Scotts Tod hatte eine Lücke gerissen, die ich zu schließen nicht im Stande war.

Denn alle Männer, die ich kennenlernte waren entweder Geschäftspartner oder meine Angestellten. Mit keinem von ihnen wollte ich eine Beziehung eingehen, da ich befürchtete dadurch angreifbar zu sein oder gar verraten zu werden.

Dennoch fehlte mir ein Mann in meinem Bett. Manchmal lag ich nächtelang wach und dachte traurig an Scott. Ich bildete mir dann immer ein, dass seine zärtlichen Hände mich streichelten. Doch diese Illusion tröstete mich nicht. Ganz im Gegenteil.

Die Tränen, die ich dann vergoss halfen mir nicht weiter. Mein Körper verlangte nach Sex. Aber ich wollte nicht irgendeinen Mann. Ich wollte einen sowie Scott, liebevoll, zärtlich und voller Verständnis für mich.

Wo aber sollte ich so einen Mann treffen? Grübelnd begnügte ich mich mit meinem stetig wachsenden Bankkonto. Mein Geld würde mich zwar unabhängig sein lassen, aber mich nicht glücklich machen können. In naher Zukunft, so hoffte ich, würde ich diesen Job beenden, die Stadt verlassen und woanders neu anfangen. Doch bis dahin musste ich noch irgendwie durchhalten.

Susan - Falsche Freunde

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