Читать книгу Kryptonit - Charlotte Maus - Страница 7
Kapitel 6
ОглавлениеWir saßen am Frühstückstisch mit unserem bunten Campinggeschirr. Ich hatte blau. Die WG unterhielt sich und ich grübelte immer noch. Was hatte ich vergessen? Woran konnte ich mich nicht mehr erinnern? Warum war das wichtig und wer bin ich überhaupt? ich drückte auf meinem Baguette herum und sah rüber zu Sarah.
„Sarah, hattest du gestern Geburtstag?“ fragte ich schließlich.
Sie kaute angestrengt fertig und schluckte schließlich, während sie mich irritiert ansah. Sie kniff die Augen zusammen und runzelte die Stirn.
„Äh, nein. Wieso fragst du das?“
Ich sah resigniert wieder auf mein Baguette und sagte nur:
„Ach, nur so. Ich dachte, der wäre jetzt irgendwann.“
„Ich hab im September Geburtstag.“ sagte sie trocken.
Ich lächelte sie künstlich an und wendete wieder meinen Blick ab.
Mist. Das war mein einziger Ansatzpunkt. Ich kam nicht weiter mit meinem Rätsel. Und fragen konnte ich sie auch schlecht. Offiziell wusste ich ja gar nichts. Ich wollte unbedingt heraus finden, was es mit dieser Geheimniskrämerei auf sich hatte. Und ich wollte verdammt nochmal wissen, was ich vergessen hatte. Alex war wahrscheinlich meine einzige Chance, etwas heraus zu finden.
„Obie, hast du das Spülmittel schon mit hoch gebracht?“
Ich pulte noch immer mit dem Finger in meinem Baguette herum und fühlte das kalte Fleisch des Schinkens, wie es fettig zwischen meinen Fingern hin und her glibberte.
„OBIE!“
„Was?“ ich schrak auf und sah in fragende Pia-Augen.
„Das Spülmittel. Wo?“
„Äh, im Zelt.“
„Ist alles okay bei dir? Du stehst irgendwie neben dir.“
„Ich denk schon. Ich bin nur müde.“ flunkerte ich und biss in mein Baguette.
„Dann bis später.“
„Wo gehst du hin?“
Pia setzte sich neben mich und streichelte meine Haare, bei bei einem Kind.
„Pia fragt nach Spülmittel. Pia möchte Geschirr abwaschen. Pia geht zum Waschbecken.“
Es war witzig gemeint, aber ich sah nur betreten auf meinen Teller.
„Obielein, ist wirklich alles okay?“
„Ja, klar. Mach dir keinen Kopf. Ich habe nur schlecht geschlafen.“
Sie gab mir noch einen Kuss auf die Wange und verschwand zum Spülen.
Am Nachmittag beschlossen Pia und ich eine Wanderung zu machen. Ja! Eine Wanderung! Besonders lang und anspruchsvoll war unsere Wanderung selbstverständlich nicht. Wir hatten uns einfach den „Hausberg“ vorgenommen, der mehr oder weniger ein „Haushügel“ hinter dem Camp war. Aber wir mussten uns trotzdem durch unweges Gelände kämpfen und waren auch eine ganze Zeit unterwegs. Von oben konnte man das komplette Camp überblicken und den See sehen. Es sah plötzlich alles so klein und friedlich aus. Wir saßen auf dem Hügel und schwiegen und lächelten. Es war wieder einer dieser vollkommenen Momente, in denen es keine Worte brauchte. Wir saßen nur da und sahen auf den See. Ich hielt Pias Hand. Unser Glück war vollkommen. Nach dreißig Minuten sahen wir uns an und fielen einfach übereinander her. Pia knöpfte meine Hose auf und legte meine Errektion frei. Sie befreite sich von ihren Unterteilen und ritt mich. Sie nahm es sich so fest und intensiv, wie sie es gerne mochte. Kurz bevor wir soweit waren, stoppte sie und ließ nur noch meine Eichel leicht zwischen ihren feuchten Schamlippen hin und her gleiten. Als die Leidenschaft kaum mehr auszuhalten war und wir beide uns nur noch danach sehnten uns so intensiv und tief zu spüren, wie möglich, drückte ich sie von mir runter. Sie rollte unsanft auf den harten Boden, aber genoss sichtlich meine Grobheit. Sie sah mich mit flehenden Augen an, dass ich sie weiter vögele. Also drang ich wieder in sie ein und war so tief in ihr, dass kein Zentimeter mehr zwischen uns war. Gemeinsam wiegten wir uns mit harten Stößen zum Höhepunkt und ich war mir sicher, dass man Pias Schreien bis ins Camp hören konnte.
Wir blieben noch lange dort oben auf unserem Hügel. Pia’s Kopf lag auf meinem Schoß und wir beobachteten, wie die Sonne langsam am Horizont verschwand. Auch ich lag auf dem felsigen Untergrund und sah einfach in den Himmel. Ich konnte mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal einfach da gelegen hatte um die Wolken zu beobachten. Ich sah Formen, die sich nach einigen Minuten komplett verändert hatten und schließlich war es schon zu dunkel, um die Formen der Wolken zu erkennen.
„Wir müssen mal wieder nach unten, oder?“ schlug ich vor. „Nicht, dass wir noch im Dunkeln den Weg runter finden müssen.“
„Oh, du hast Recht! Es ist so schön, mit dir hier zu liegen. Ich will gar nicht gehen.“ sagte Pia und schmiegte sich noch fester an mich.
„Ich hab dich lieb.“ sagte sie schließlich und mein Herz bekam einen kleinen Stich.
War DAS nicht der perfekte Moment, um es endlich zu sagen. Wenn es ihr in DIESER Kulisse, nach DIESEM Tag nicht gelang, ‚Ich liebe dich‘ zu sagen, fühlte sie es wahrscheinlich noch nicht. Ich war heraus gerissen aus meiner romantischen Stimmung. Ich murmelte „Ich dich auch. Bis zum Mond.“ und schob sie nach oben, damit wir aufbrechen konnten. In Wirklichkeit liebte ich sie. Bis zum Mond. Und zurück.
Auf dem Rückweg wurde es immer dunkler und wir bekamen etwas Respekt davor, dass wir uns wirklich verlaufen könnten. Aber dann:
„Hörst du das?“
„Was?“
„Die Musik.“
„Höre ich. Kommt aus dem Camp.“
„Na, dann leg mal einen Gang zu. Die Party fängt noch ohne uns an.“
Pia nahm meine Hand und zog mich weiter. Sie folgte ihrem Gehör und die Musik kam immer näher. Im Camp sollte heute Abend eine Oldie-Party steigen und Pia war besessen von Oldies. Überhaupt konnte sie keine Party freiwillig verpassen. Sie liebte es zu tanzen und zu feiern. Ich war eher der stille Beobachter und becherte lieber Drinks an der Bar. Als wir im Camp ankamen, saßen unsere Freunde schon vereint an einer Sitzgruppe und schauten uns überrascht an.
„Habt ihr euch verlaufen?“ fragte Sascha gehässig.
„Nein!“ grinste Pia ihn an. „Alles läuft nach Plan. Wir kommen doch genau richtig, oder?!“ Sie führte mich mit ihrer Hand bis zum Sitzplatz, weil sie wusste, dass ich sie nicht auf die Tanzfläche begleiten würde. Dann löste sie ihre Hand, immer noch grinsend und schaute fragend in die Runde. Sascha stimmte nickend, aber schulterzuckend zu. Pia schaute Chris auffordernd an. Ich wusste bereits, dass er keine Chance hatte, aber er war unentschlossen. Pia legte den Kopf schief und streckte ihre Hand aus. Chris nickte widerwillig. Er konnte sich nicht wehren. Pia nahm seine Hand und entführte ihn auf die Tanzfläche.
Ihr lieben Leser werdet euch jetzt fragen, ob der Typ eigentlich nicht mitkriegt, dass dieser Chris voll auf Pia steht und sich an sie ran schmeißt… Leute! Hab ich mitgekriegt. Es ist nur so… Dass jemand auf Pia steht, war für mich nichts Neues. Sie genoss die Aufmerksamkeit. Und ich akzeptierte und liebte ihre Art. Ich hatte keine Angst vor Konkurrenz. Ich war mir meiner Beziehung bewusst und lebte sie so, wie sie sich gestalten wollte. Pia war frei und brauchte das auch. Wenn sie in die Enge getrieben wurde, von was auch immer, wurde sie wie ein kleiner Terrier, der knurrt und fixiert und wenn man sich ihm nähert, schnappte er zu. Ich hatte das unzählige Male erlebt, wenn Sarah oder Raffi sie provoziert hatten. Selbst, wenn ich das Verlangen danach gehabt hätte, eifersüchtig zu reagieren, hätte das nur dazu geführt, dass sie sich bedrängt fühlte und aus Trotz handelt oder mich weg stößt. Also, ja! Ich habe mitgekriegt, dass Chris mit ihr flirtete und, dass er offensichtlich etwas für sie übrig hatte. Und ich habe auch mitbekommen, dass Pia darauf einging und zurück flirtete und Kontakt zu ihm suchte. Ich hatte davor keine Angst. Ich war mir ihrer sicher. Ich war so, wie ich war und sie war so, wie sie war und so funktionierten wir.
Pia tanzte mit Chris und Sascha. Sie waren ausgelassen und Sascha und Chris alberten miteinander herum. Langsam füllte sich die Tanzfläche. Pia machte zwar ein paar klägliche Versuche, mich zum Tanzen zu bewegen, indem sie mich sexy antanzte, mich nickend herüber winkte oder einfach an meinem Arm zog. Nichts half. Ich tanzte nicht und das war auch gut so. Ich quatschte mit Raffi und Alex. Ich trank Cocktails und französisches Bier. Ich rauchte. Ich wippte im Takt mit. Ich hatte Spaß. Meine Art von Spaß. Und Pia hatte ihre Art von Spaß. Sie tanze, flirtete und trank Schnaps.
„Ihr wart wandern, oder?“ fragte Raffi mich.
Ich musste etwas lachen, weil ich wusste, dass unsere „Wanderung“ recht kurz und unser Sonnenuntergang Plus umso länger war.
„Ja, wir haben hier den ‚Haushügel‘ bestiegen. Man kann so gut den See sehen und alles, was im Camp vor sich geht. Wir haben total die Zeit vergessen. Plötzlich wurde es schon dunkel und wir haben uns fast verlaufen.“
Mir fiel auf, dass Sarah den ganzen Abend noch nicht aufgetaucht war. Ich spürte nach all dem Bier langsam den Harndrang und beschloss, auf dem Rückweg vom Klo mal nach ihr zu sehen. Vor dem Toilettenhäuschen unterhielten sich ein paar junge Franzosen. Es ging um etwas, was sie „fille“ nannten. Ich konnte kein Wort französisch. Leider. Dieses „fille“ schien ein spannendes Gesprächsthema zu ergeben. Als ich auf dem Rückweg an Sarahs Zelt vorbei ging, rief ich nach ihr. Dreimal. Keine Antwort. Panisch riss ich den Reißverschluss ihres Zeltes auf und war beruhigt, sie nicht darin zu finden. Ich fragte mich, warum ich mir überhaupt solche Sorgen um sie machte. Ich kümmerte mich ja sonst auch nicht um ihre Angelegenheiten. Irgendwie ließ mir diese Sache keine Ruhe. Ich spielte in ihrem Leben anscheinend eine Rolle. Vielleicht dachte ich deshalb, sie sollte in meinem Leben auch eine Rolle spielen. Jedenfalls machte ich mich auf zum Sanitärhäuschen und konnte sie auch auf den Toiletten nicht finden. Dafür war es ziemlich peinlich, wie ich in den Damenbereich stürmte und alle Kabinentüren aufschlug. Eine junge Französin stand gerade vor dem Spiegel und frischte ihr Make-up auf.
„Sorry. Äh, pardon. Je… looking for someone. Tu… äähh… speak english? Or german?“
Sie sah mich nur irritiert an und hielt die Hände beschwichtigend nach oben.
„Non, non, keine Angst! Ich suche nur jemanden. Hast du vielleicht eine Frau gesehen? So groß, blonde hair? Compris anything?“
Sie schüttelte verwirrt den Kopf und rief dann vorsichtig
„Au secours!“
Ich wusste zumindest, dass das „Hilfe“ heißt und entschloss mich, schnell wieder zu verschwinden. Ich hatte mich gerade leicht panisch auf den Weg zum See gemacht, drehte dann aber dann doch lieber um, damit ich Hilfe holen konnte. Alleine würde ich sie nie finden, wenn sie da unten war. Ich rannte nach oben zum Camp und direkt auf unsere Gruppe zu. Ich war völlig atemlos und konnte kaum sprechen.
„Pia! Raffi! Wisst ihr wo Sarah ist?“ Ich schnaufte ein paar Mal. „Im Zelt ist sie nicht, auf dem Klo auch nicht.“
Raffi unterbrach mich.
„Du warst auf dem Damenklo?“
„Ja, erzähle ich später. Jetzt müssen wir erstmal Sarah finden. Alleine werde ich sie am Strand niemals finden, also dachte ich, wir teilen uns auf.“
Pia und Raffi hatten meine Ausführungen teilweise irritiert verfolgt. Jetzt zogen sie eine Schnute, sahen sich an und versuchten, sich das Lachen zu verkneifen. Die hatten vielleicht Nerven. Ich schaute sie fragend an.
„Was geht hier vor, Leute?“
Raffi setzte sich neben mich und legte einen Arm um mich. Er versuchte immer noch nicht zu lachen, aber es gelang ihm eher schlecht.
„Du musst jetzt ganz stark sein, Toby. Weißt du, Sarah hatte Kopfschmerzen und hat sich nach dem Abendbrot ein bisschen ins Zelt gelegt. Jetzt steht sie an der Bar und lässt sich einen Tequila Sunrise mixen.“
„Was?“
„Einen Tequila Sunrise.“
Ich schaute auf und sah Sarah kerngesund und elegant wie immer an der Bar stehen. Ich sah Pia an, die sich bereits den Bauch hielt vor Lachen, dann Raffi, der neben mir saß und es immer noch versuchte, zu unterdrücken, aber ich spürte, wie sein Körper die ganze Zeit zuckte. Ich war beruhigt, aber kam mir unendlich doof vor.
„Wie peinlich…“ sagt ich leise vor mich hin.
Sarah hatte mich mittlerweile gesehen und winkte mir lächelnd von der Bar aus zu. Ich grüßte knapp zurück, indem ich die Hand hob und schlürfte dann weiter meinen Cocktail. Ich spielte mit dem Gedanken, Sarah einfach anzusprechen auf das, was ich gehört hatte. Es fickte meinen Kopf so krass, dass ich nicht wusste wo das hinführen würde. Aber ich wusste nicht, wie ich das anfangen sollte. Einfach die Wahrheit sagen? Dass ich am Zelt vorbei lief und zufällig das Gespräch aufgeschnappt hatte?
Ich beschloss erstmal eine Nacht drüber zu schlafen.