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Zwischenspiel: »Ein paar Worte über mich«

Den ersten überlieferten Eindruck des jungen Fontane vermittelt uns Richard Kersting, Apothekerkollege Fontanes in Dresden. Er äußerte im September 1843 in einem Brief an seine Mutter über den 23-Jährigen:

[Fontane] ist höchst liebenswürdig durch seine offene, stets gleichbleibende, sanfte Freundlichkeit, hat einigen Witz und einen großen Hang zur poetischen Schwärmerei.

Und an seinen Bruder schrieb Kersting im darauffolgenden Frühjahr:

Fontane ist ein prächtiger Kerl, der mit seinem scharfen Verstand, hellen Geist und glühender Phantasie weit über mir steht, er liebt auch das Schöne und strebt nach dem Guten, aber sonst ein kurioser Kauz. Um Wissenschaft kümmert er sich gar nicht, Charakter habe ich noch nicht viel bemerkt, und daher sind seine Grundsätze schwankend, ohne inneren Halt. […] Von Natur sehr sanft und gutmütig, kommen da bisweilen sehr jugendlich aussehende Widersprüche zum Vorschein, wie überhaupt sein geistiger Habitus viel Schönes, Edles, aber auch noch manches Unreife zeigt. Eitelkeit ist seine Hauptschwäche. […] Fontane gibt auch zu, daß er eitel ist und daß Eitelkeit nicht eben etwas Großartiges sei, aber ganz verdammt er sie doch nicht. Er meint, sie sei ein guter Sporn, der schon manch edles Produkt aus den gern ruhenden Geistern getrieben habe.

Die späteren Zeugnisse sind, wie nicht anders zu erwarten, zahlreicher. Hier eine Auswahl:

Max Müller, später Professor für vergleichende Philologie in Oxford, war zusammen mit Fontane 1842 in Leipzig Mitglied der Herwegh-Gesellschaft. Er erinnerte sich 1898 in seinen Memoiren:

Während meiner Zeit in Leipzig […] gehörte ich sogar einer literarischen Gesellschaft an und ich erinnere mich an […] Theodor Fontane, [er] lebt noch und ist einer der bekanntesten und beliebtesten Romanciers seiner Zeit. Er war eine charmante Persönlichkeit, ein Mann von großen Gaben, voller geistiger Lebhaftigkeit und unerschöpflicher guter Laune. Er begann sein Leben in einer Apotheke und hatte in seiner Jugend viel durchzumachen, was ihn vielleicht daran gehindert hat, seine volle Größe und Kraft zu erreichen. Er wäre wo möglich ein zweiter Heine geworden, aber viele Jahre harter Arbeit und hoffnungsloser Plackerei ließen ihn nicht den Höhenflug gewinnen, zu dem seine jungen Flügel ihn berechtigten.

Der Schriftsteller und langjährige Freund Paul Heyse schilderte seinen Eindruck bei der ersten Begegnung mit Fontane im ›Tunnel über der Spree‹ 1844 in einem sicher etwas verklärenden Gedicht zum 70. Geburtstag des Freundes 1889:

Da ging die Tür, und in die Halle

Mit schwebendem Gang wie ein junger Gott

Trat ein Verspäteter, frei und flott,

Grüßt in die Runde mit Feuerblick,

Warf in den Nacken das Haupt zurück,

Reichte diesem und dem die Hand

Und musterte mich jungen Fant

Ein bißchen gnädig von oben herab,

Daß es einen Stich ins Herz mir gab.

Doch: Der ist ein Dichter! wußt’ ich sofort.

Bernhard von Lepel, damals Fontanes engster Freund, charakterisierte ihn wiederholt in seinen Briefen an ihn. 1849 erwähnte er dessen »feuriges Auge und […] dunkles fantastisch ungeordnetes Haar«. Und zehn Jahre später schrieb er:

Du bist, was der Reiter einen Durchgänger nennt. Es ist auch nicht zu läugnen, daß Du von Deinem Temperament Vortheile hast, die ruhigeren Naturen abgehn. Ich meine namentlich die Sicherheit Deines Auftretens, die Ueberzeugung, von der Du tief durchdrungen bist, u. die Leidenschaftlichkeit, mit der Du sie mitzutheilen pflegst. Es spukt da etwas Französisches in Deinem Blut, […]. Indeß hat es auch schon Nachtheile gebracht. Sowohl bei Deinen Arbeiten, namentlich wo Du den Politiker herauskehrst, als auch im Verkehr mit Anderen.

Der Architekt Richard Lucae begleitete Fontane 1863 auf einer märkischen Wanderung. Später amüsierte er sich über diesen gemeinsamen Ausflug:

Fontane war übrigens zum Totlachen komisch. Von jedem alten Stein wollte er womöglich einen ganzen Roman ablesen (u. that es meist auch), u. ich sollte ihm von jedem Schnörkel womöglich Tag und Stunde seiner Geburt bestimmen. […] Der Eifer, der unsern alten Nöhl [Fontanes Spitzname] für seine Arbeit beseelt, ist wirklich rührend.

Der Jurist und Romancier historischer Romane Felix Dahn erinnerte sich an Fontane als an einen

Mann in der Vollblüte der Jahre, hoch aufgeschossen, so hoch und schlank, daß Brust und Schulter fast zu schmal geraten aussahen; ein bleiches langgezogenes Gesicht mit blitzenden, dunkelblauen Augen war umflutet von einer Fülle seidenweichen schwarzen Haares. Die ganze Gestalt so geschmeidig und so vornehm wie die eines englischen Knight of Percy Relics.

Und zu guter Letzt soll Gerhart Hauptmann zu Wort kommen, der, rund vierzig Jahre jünger als Fontane, in den 1890er Jahren bei diesem zum Dinner eingeladen war:

Die Unterhaltung bei Tische war eine prickelnde. Der alte Herr liebte eine gewisse Pikanterie, […]. Gewagteste Zweideutigkeiten indes – hier trat die französische Abkunft des Dichters zutage – gingen unter in dem bezaubernden Fluß seiner meist übermütigen Konversation.

Theodor Fontane. 100 Seiten

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