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»Rezept- und Versemachen«

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Gut die nächsten zehn Jahre verbrachte Fontane in seinem erlernten Beruf: als Apotheker. Er arbeitete in diesen Jahren in acht Apotheken an verschiedenen Orten und behauptete später stolz, er habe »nur Stellungen innegehabt, die für die besten in Deutschland galten« (Von Zwanzig bis Dreißig). Seine Ausbildung absolvierte er von 1836 bis 1840 in der Roseschen Apotheke in Berlin. Ihr Besitzer erschien ihm zeit seines Lebens als die Inkarnation des Bourgeois: »in einem fort quasseln sie vom ›Schönen, Guten, Wahren‹ und knixen doch nur vor dem goldenen Kalb« (Von Zwanzig bis Dreißig). Noch als alter Mann bestätigte Fontane seiner Tochter: »Ich hasse das Bourgeoishafte mit einer Leidenschaft, als ob ich ein eingeschworner Socialdemokrat wäre.« In dem Roman Frau Jenny Treibel hat er diesen Typ in der Titel-›Heldin‹ ironisch und humorvoll porträtiert.

Nach der Abschlussprüfung arbeitete Fontane drei Jahre lang als Apothekergehilfe. Die abschließende Prüfung 1847 machte ihn zum »approbierten Apotheker erster Klasse« und berechtigte ihn, »zur Verwaltung und zum Besitze einer Apotheke in den Königlichen Landen«, aber zweimal scheiterte der Kauf einer Apotheke nach seinem eigenen Eingeständnis an seiner »Vermögenslosigkeit«. Die Lebensbedingungen der Apothekenangestellten waren damals miserabel. Dem Freund Wilhelm Wolfsohn beschrieb er seine Unterbringung in Berlin:

Ich bewohne eine Schandkneipe, einen Hundestall, eine Räuberhöhle mit noch zwei andern deutschen Jünglingen und habe keine freie Verfügung über diese Schlafstelle, die viel vor Erfindung dessen, was man Geschmack, Eleganz und Comfort heißt, vermuthlich von einem Vandalen erbaut wurde.

En passant sollen zwei Ereignisse während dieser Jahre nicht übergangen werden: Erstens absolvierte Fontane 1844/45 als Einjährig-Freiwilliger seine Wehrpflicht. Und zweitens wurde er zweimal »unglückseliger Vater eines illegitimen Sprößlings«, wie er Bernhard von Level bekannte. Genaueres darüber wissen wir leider nicht.

Während all dieser Jahre als kümmerlich bezahlter Apotheker verfolgte Fontane seine Karriere als Schriftsteller. Bis zu seinem dreißigsten Lebensjahr verfasste er eine Fülle von literarischen Texten: Hunderte von Gedichten, einen Roman, Erzählungen, ein Epos, ein Dramenfragment, ein kleines satirisches Trauerspiel, Zeitungskorrespondenzen, Theaterkritiken und eine Übersetzung von Shakespeares Hamlet. Bald bemühte er sich auch darum, seine Dichtungen in Zeitschriften unterzubringen. Aber der Erfolg, der es ihm erlaubt hätte, von seiner literarischen Arbeit zu leben, blieb aus. Im Dezember 1839 erschien seine erste Erzählung (»Geschwisterliebe«, sentimentaler Kitsch), im Januar 1840 sein erstes Gedicht. In der zweiten Jahreshälfte 1849 stand die Veröffentlichung seiner ersten drei selbständigen Gedichtbände bevor (Von der schönen Rosamunde. Romanzenzyklus und Männer und Helden. Acht Preußenlieder, 1850, und Gedichte, 1851), und so fasste Fontane Ende September den Entschluss, »den ganzen Kram an den Nagel zu hängen«, und sein »literarisches Leben auf den ›Vers‹ zu stellen« (Von Zwanzig bis Dreißig). Aber der Versuch scheiterte schon nach einem halben Jahr, »denn ein Apotheker, der anstatt von einer Apotheke von der Dichtkunst leben will, ist so ziemlich das Tollste, was es gibt«. Aus Geldmangel war Fontane daher gezwungen, eine subalterne Stelle im konservativen preußischen Innenministerium anzunehmen. Im Alter von dreißig Jahren erlebte Fontane nun, in den Jahren 1849/50, entscheidende Veränderungen, und zwar beruflich und privat und auch in seinen politischen Einstellungen.

Theodor Fontane. 100 Seiten

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