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Am Sonntag Judika des Jahres 1983 brach der geachtete Rechtsanwalt Dr. Arno Schenkendorf während des Orgelnachspiels in der evangelischen Kirche in Haan zusammen, als er sich mit den anderen Gottesdienstbesuchern auf dem Weg zum Ausgang befand. Der Vierundsiebzigjährige war ein regelmäßiger Kirchgänger und seit vielen Jahren im Presbyterium der Kirchengemeinde. Die Organistin – meine Großmutter Elisabeth Breuning in einem ihrer letzten Vertretungsdienste – hatte Mendelssohns Präludium in c-Moll ausgewählt. Selbst als unten vom Mittelgang Schreie zu hören waren, spielte sie weiter: auch die Fuge, die Schenkendorf jedoch nicht mehr hörte. Wer ihm zielsicher ein Stilett zwischen die fünfte und sechste Rippe eingeführt hatte, konnte nie ermittelt werden.

Der Verstorbene wurde unter großer Anteilnahme beigesetzt. Mehrere Besucher des Trauergottesdienstes wollten bemerkt haben, dass die Organistin (es war wieder Elisabeth Breuning) ein paar Takte des Horst-Wessel-Liedes in ihr Spiel eingeflochten habe, freilich spöttisch verfremdet und verzerrt; andere meinten dagegen Motive aus der Internationalen entdeckt zu haben. Doch warum hätte meine Großmutter diese Stücke spielen sollen?

Orgelnachspiel

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