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Der erste Marsch.

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Die Legion versteht ihr soldatisches Metier, sie ist in allen Teilen der Ausbildung selbständig, sie muss es auch sein, damit sie dem strengen Kolonialdienst gewachsen ist. Ich glaube, dass es keine Armee gibt, bei welcher derartige Marschleistungen gefordert werden wie bei der Legion. Beim Schießen, Turnen, Boxen, Fechten und im Felddienst wie auf Märschen muss der Soldat seine ganze Kraft in den Dienst stellen. Ich denke heute noch an den ersten 30 Kilometer langen Marsch nach Prudon und zurück. Die Vorbereitungen einer solchen Übung sind nicht gerade lobenswert. Bereits alle sieben Sachen werden in den schwarzen Segeltuchtornister gepackt, die rote Hose und blaue Jacke werden in „Ballots“ gerollt und auf den Tornister geschnallt. Darüber kam noch das Zelt, die Fußdecke und die Gamelle. Die Zeltstöcke werden an der Seite angeschnallt. Im Manöver trägt der Mann noch ein Kochgeschirr oder Schanzzeug, Brennholz, Konservenbüchsen, Biskuits und 200 Patronen. In dieser Weise erhält der Tornister ohne Gewehr ein Gewicht von etwa 30—35 Kilogramm.

Mit einer solchen Last auf dem Rücken trägt man zu jeder Zeit weiße Drillichhosen und den blauen, enganliegenden Mantel, die „capote“. Die Mantelschöße sind nach hinten geknöpft, damit ein ungehindertes Ausschreiten möglich ist. Die zirka 4 Meter lange, hellblaue „Ceinture“ wird um den Leib gewickelt, sie versieht den Dienst einer Tropenleibbinde Und ist unentbehrlich bei dem schnellen Temperaturwechsel. Übers Kreuz getragen wird die 2 Liter-Feldflasche, Brotbeutel und ein dreiteiliger Riemen, an dem das Lederzeug mit 3 Patronentaschen eingehängt wird. Als Schuhzeug trägt man gut gearbeitete Schnürschuhe und knöpfbare wollene Gamaschen. Zum Schutz gegen die Sonne wird ein „couvrenuque“, weißes Nackentuch, auf das Käppi gerollt, das bei großer Hitze das Gesicht schützt.

Um 4 Uhr in der Frühe wurde ab1narschiert. Dieser Reisemarsch wurde auf der Straße nach Oran, einer der schönsten und fruchtbarsten Gegenden, ausgeführt. Die Landstraße zog sich durch eine ebene, mit Reben bewachsene Gegend der Mekera entlang. Es war ½ 8 Uhr, als die Kompanie vor Prudon den Rückweg antrat. Viele keuchten schon unter der Last des Tornisters und die Schweißtropfen rollten einem unaufhörlich über das brennende Gesicht. Während der letzten Pause redete keiner ein Wort. Eintönig vernahm man nur die Tritte der Soldaten. Die Mehrzahl der jungen Mannschaft war nur von dem einen Gedanken erfüllt: „Dass der Marsch zu Ende wäre!“ Ganz im Staub eingehüllt kam die Kompanie kurz vor 11 Uhr in der Kaserne an. Mein ganzer Anzug war vom Schweiß durchnässt, das Hemd klebte am Körper, sogar die im Tornister befindliche Leibwäsche war vom Schweiß durchdrungen.

Auch eine nicht lobenswerte Übung ist der französische Box und das Stabfechten. Bei diesen Übungen wird an die Körperkraft die größte Anforderung gestellt; deshalb sind auch diejenigen Legionäre, die das 30. Lebensjahr überschritten haben, von dieser Gymnastik befreit. Interessant sind die 7 Leçons de boxe, wenn sie von der ersten Turnklasse ausgeführt werden.

Die Behandlung des Lebelgewehrs ist eine ganz freie. Es war uns kein Heiligtum, das nur unter Aufsicht gereinigt und auseinandergenommenen werden durfte wie in der deutschen Armee, ein jeder konnte es in seine kleinsten Teile zerlegen, wann er wollte.

Die Legion schießt brillant. Besondere Bedingungen über Erfüllung der einzelnen Schießübungen existieren nicht. Dagegen prüft jeder Mann sein Gewehr auf jede Distanz so lange, bis er weiß, auf welches Abkommen er einen Treffer erzielt. Sieben Ringscheiben, deren 2 Ringe verschiedene Durchmesser haben, bilden die Tirs d’instruction und 7 Figuren die Tirs d’application. Für Einteilung und Auszeichnung der besten Schützen sind die Resultate auf der Tir l’application maßgebend. Diejenigen Schützen, welche mit 44 Patronen 36 Treffer erzielen, gehören der ersten Schießklasse an, solche mit weniger Treffern bilden die zweite Klasse. Jede Kompanie erhält eine silberne Schützenkette, drei goldgestickte „cors de chasse“ und eine Anzahl „cors de chasse“ aus rotem Tuch. Die Abzeichen werden am linken Oberarm getragen. Der Tag, an welchem das Preisschießen stattfindet, ist ein Freudentag für das Regiment. Unter Klängen des Legionsmarsches zieht das Regiment in aller Frühe auf den Schießplatz hinaus. Dort werden die Gewehre zusammengesetzt und Tornister abgelegt, hierauf hält der Oberst Zeni eine kurze Ansprache und fordert die besten Schützen der Kompanien auf, vor die Front zu treten. Die übrigen Mannschaften tummeln sich bei der Musik herum, die bis zum Schluss ernste und heitere Stücke spielt. Gegen 11 Uhr ist das Wettschießen zu Ende. Die silbernen Schützenketten werden vom Oberst eigenhändig den Siegern am Waffenrock angesteckt. Sie erhielten ein mit Blumen umwundenes Gewehr und wurden vom Schießplatz aus hinter der Musik in einem mit Girlanden und Schützenemblemen geschmückten Wagen in die Garnison geführt. Der Sieger in meiner Kompanie war ein Stuttgarter mit Namen Klöpfer, der außer dem Schützenzeichen eine silberne Taschenuhr mit eingravierter Widmung erhielt.

Ähnliche Feiern in Paradeuniform finden im Jahr mehrere Mal statt, so bei Regimentsvorstellungen, am Nationalfest den 14. Juli und häufiger bei Medaillenverleihungen. An solchen Tagen, wo das Regiment mit seinem berühmten, 150 Mann starken Musikkorps ausrückt, ist ganz Bel-Abbés auf den Beinen.

Über die Schaulustigen ärgerte ich mich jedes Mal, weil das Zusammenleben des Bürgers mit der Legion kein verträgliches ist. Der Belabbesser verachtet den fremden Söldner mit einem tiefen Abscheu, nur weil er meistens ein armer Teufel ist. Die Damen des Bürgers schauen abseits, wenn sie einem Legionär begegnen. Aus verschiedenen Gründen ist eine solche Verachtung tief bedauerlich und ungerechtfertigt. Die Legion ist doch ein Hauptfaktor des konsumierenden Publikums, sie ist die erste Hilfe bei Feuersbrünsten, bei Heuschreckenplagen usw. Ganz besonders war im Jahre 1895 die Legion zum Schutz des hilflosen Bürgers nötig, weil damals durch die „Dreyfußaffäre“ eine große Judenhetze in der Stadt inszeniert wurde. An allen Ecken der Straßen sah man Araberjungen zusammengerottet, die johlend das Hetzlied „en bas les juifs“ sangen, jedoch beim Herannahen einer Patrouille auseinanderstoben, denn sie wussten genau, dass mit den Rothosen schlecht Kirschen essen ist. So beim Dayaer Waldbrand war es die Legion, die zuerst am Feuerherd stand, unter Einsetzung des eigenen Lebens und unter den allergrößten Anstrengungen des gefährlichen Elementes Herr wurde.

In diesem Jahr bekam das Regiment einen aus Frankreich kommenden Oberst, de Villebois-Mareuil.

Dieser Offizier war ein strenger Soldat und ein braver Mann. Er führte nur kurze Zeit das Regiment, da er als Freiwilliger in den Burenkrieg zog und gegen die Engländer kämpfte. Er fiel im Gefecht von Boshof.

In der Legion sind alle Nationen vertreten, leider ist es Tatsache, dass über die Hälfte der Legionäre Deutsche sind. Das Volk betrachtet die Legionäre mehr als Verbrecher Und moralisch minderwertige Gesellschaft, was durchaus unzutreffend ist.


Die Fahnen der Legion warden geschmückt.

Denn sollte sich ein Verbrecher unter falschem Namen in die Legion eingeschlichen haben, so wird er ausgeliefert, da die Behörden aller Nationen Fotografien in beide Fremdenregimenter senden, weil man sie dort zuerst vermutet.

Ein Kompaniechef ist nicht wie bei uns imstande, seine Leute mit Namen, Beruf und deren Herkunft kennen zu lernen. Nur innerhalb der Kompanie kann man erfahren, dass dieser oder jener ein Kunstmaler, Lehrer oder Architekt ist. Es ist keine Seltenheit, in der Legion auch Leute aus dem Adelsstand und frühere Offiziere der französischen und anderen Armeen, die das Kreuz der Ehrenlegion besitzen, zu sehen. Für solche hat das Fremdenregiment besondere Vorschriften. Mit mindestens sechsmonatlicher Führung treten sie in das „peloton des élèves caporaux“, in die Unteroffiziersschule des Regiments ein und sind in kurzer Zeit Korporal, in einigen Monaten Sergeant.

Fünf Jahre Fremdenlegionär

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