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Vladimir Wolk stand im Büro seines Vorgesetzten an einem Regal mit Büchern. Er war ein großgewachsener, muskulöser Mann, dessen pure Erscheinung jedem der ihm begegnete Respekt einflößen konnte. Auf den ersten Blick wirke er auf Fremde wie ein ehemaliges Mitglied einer Biker-Gang, dass sich nun als Bankangestellter im Anzug versuchte. Er blätterte gerade durch eine abgegriffene Abschrift eines Werkes von Bernoulli, den er aus dem obersten Regalfach neben dem Modell einer Doppelhelix genommen hatte, als jemand den Raum betrat.

„Ah, Wolk, da sind sie ja“, begrüßte der Mann, der sich schwer auf seinen Gehstock stützte, seinen Untergebenen, „wie ist die Lage im Fall Drakowski?“

„Leider nichts Neues“, sagte Wolk und stellte das Buch zurück an seinen Platz.

„Unsere Nachforschungen führen alle in eine Sackgasse. Wir können zwar nahezu das gesamte Leben des Unfallopfers rekonstruieren, aber wir finden keinen Berührungspunkt mit einem von uns.“

„Können wir es immer noch nicht eingrenzen?“, fragte der alte Mann und hinkte, den Stock mit dem langen weißen Griff, wie ein drittes Bein benutzend, hinter seinen Schreibtisch. Dort angekommen ließ er sich mit einem hörbaren Seufzer in seinen Sessel fallen.

„Das war ja der ursprüngliche Plan“, fuhr Wolk fort und setze sich in einen Sessel gegenüber. Er zog sein Sakko zurecht und strich seine Hose glatt.

„Aufgrund der beginnenden Umwandlungsphase haben wir uns erst auf die letzten 3 Monate vor seinem Unfall beschränkt. Ohne Ergebnis. Deswegen haben wir die Suche ja auch damals ausgeweitet.“

„Und immer noch kein Ergebnis?“, fragte der Vorgesetzte und lehnte sich vor.

Er stützte die Ellenbogen auf den Schreibtisch und legte die Fingerspitzen zusammen. Wilhelm Schulz war der Abteilungsleiter der Aufklärungsabteilung und damit Wolks direkter Vorgesetzter. Wolk musste sich eingestehen, dass er nicht genau wusste, wie alt sein Chef war, die weißen Haare und das tief zerfurchte Gesicht mit der spitzen Nase ließen ihn auf Mitte 60 tippen. Intern trug er den Spitznamen „Adler“, den er der Angewohnheit verdankte über die Gläser seiner rahmenlosen Brille hinweg seine Gesprächspartner in Grund und Boden zu starren. Einer alten Geschichte zufolge hatte er es damit geschafft einigen der übelsten Verbrecher, der letzten Jahre Geständnisse zu entlocken. Das Problem lag vielmehr daran, dass er diesen Blick auch untergebenen Mitarbeitern gegenüber aufsetzte, so dass sie sich ständig beobachtet fühlten. Allerdings sprach die Erfolgsquote seiner Abteilung für sich. Kaum ein Fall der nicht aufgeklärt wurde.

Jetzt lag dieser Blick auf Wolk, den er, als einer von wenigen, nicht außer Fassung brachte.

„Wir haben alles probiert, was uns eingefallen ist. Wir haben Daisy sogar die kompletten Aufnahmen durchsehen lassen. Nichts. Es ist als ob die Umwandlung bei ihm natürlich eingesetzt hat. Wie die Pubertät.“

„Und wir wissen, dass das unmöglich ist“, resümierte der alte Mann und lehnte sich in seinem Sessel zurück.

„Genau.“

„Und was haben Sie jetzt vor?“

„Ich werde den Fall abgeben. Ich habe da ein neues Projekt und dafür würde ich gern etwas mehr Zeit aufwenden. Vielleicht fällt mir etwas ein, wenn ich nicht die ganze Zeit daran denke.“

Schulz nickte.

„Exquisitorin Karamidou wird den Fall weiterbearbeiten. Sie war von Anfang an dabei und ...“

„Ich denke, das wird nicht notwendig sein. Sie haben jetzt knapp anderthalb Jahre an diesem Fall gearbeitet und sind nicht einen Schritt vorwärtsgekommen. Ich werde den Fall schließen.“

Wolk wollte protestieren, aber er wusste welche Argumente er hatte und welche Gegenargumente er zu hören bekommen würde. Diskussion sinnlos.

„Geht klar“, sagte er und erhob sich.

„Noch eins“, hielt ihn sein Vorgesetzter auf, „was ist das für ein neues Projekt?“

„Es geht um einen Feldversuch, den ich gern beobachten möchte.“

„Brauchen Sie etwas dafür? Wenn ich helfen kann, sagen Sie Bescheid.“

„Danke, aber ich habe alles was ich brauche. Auf wiedersehen.“

Mit seinem letzten Satz schloss sich die Tür hinter ihm.

Auf einem Sofa in der Nähe saß Melina Karamidou und blätterte in einer Zeitschrift, als Wolk aus dem Büro kam. Sie legte die Zeitschrift weg als er sich neben sie setzte.

„Und? Was hat Schulz gesagt?“

„Er will den Fall schließen.“

Sie drehte sich ihm zu.

„Aber das kann er nicht tun. Wir haben immer noch keinen Hinweis wie, ...“

Wolk hob beschwichtigend die Hand um sie zu unterbrechen.

„Das weißt du, das weiß ich, dass weiß er. Genau deswegen schließt er den Fall, weil nicht noch mehr Leute noch mehr Zeit in einen Fall ohne Lösung investieren sollen. Absolut verständlich, wenn auch frustrierend.“

„Das kannst du aber laut sagen.“ Sie schnaufte kurz verächtlich und drehte sich auf ihrem Platz wieder nach vorne. „Und wie geht es weiter?“

„Ich werde Meister Claudius aufsuchen und mit ihm über meinen Feldversuch sprechen. Er hatte da noch ein paar Anmerkungen“, sagte Wolk, während Melina vom Sofa aufstand. „Und morgen werde ich mit meinem Verbindungsmann Kontakt aufnehmen.“

„Alles klar. Dann viel Erfolg.“

Melina beugte sich zu Vladimir herunter, gab ihm einen Kuss und fügte hinzu: „Komm nicht zu spät nach Hause.“

Im Aufzug fuhr bereits einer der Weißkittel aus der Entwicklungsabteilung als Wolk dazu stieg. In seinen Armen balancierte er eine ganze Batterie aufgerollter Papiere.

„Moin, Roland.“ grüßte er etwas barscher als er es eigentlich wollte.

Roland von Braun registrierte den Unterton gar nicht, und war Wolk deswegen auch nicht böse. Er war wie immer viel zu sehr mit den Gedanken bei seiner Forschung, so dass er nur am Rande überhaupt mitbekam, dass sich noch jemand im Fahrstuhl befand.

„Oh, hallo Vladi. Wolltest du ins Labor?“

„Nein, ich bin auf dem Weg ins Allerheiligste.“ Wolk massierte sich die Schläfen um dem Kopfschmerz entgegenzuwirken, der sich gerade aufbaute.

„Oh, verstehe, ich hätte da aber noch etwas für dich. Kannst du gerade mitkommen?“

Wolk fischte sein Handy aus der Tasche und sah auf die Zeit auf dem Display.

„Klar. Ich habe eh noch etwas Zeit bis zu meinem Termin.“

Die Türen des Fahrstuhls öffneten sich und Roland trat eilig hinaus. „Prima, folge mir.“

Wolk war sich sicher, dass Roland das auch gesagt hätte, wenn er abgelehnt hätte.

Das Labor hatte sich nicht viel verändert, seit Wolk hier gearbeitet hatte. Es hatte immer noch den leichten Geruch von Schwefel und Ammoniak. Die Wände waren noch immer weiß gekachelt und mit Zeichen und Symbolen versehen. Der massive Tisch an der Nordseite, auf dem ein Buch, aufgeschlagen lag, war größer als er ihn in Erinnerung hatte und ein Monitor war nun darin eingearbeitet. Unter dem Abzug in der westlichen Wand standen nebeneinander Reagenzgläser, Tiegel, Töpfe und kleine, verzierte Schalen mit Mineralien, Kräutern und allerlei Flüssigkeiten. Der Labortisch an der Südseite war halb mit einer kompliziert aussehenden Anordnung von Kolben, Glasröhren, Schläuchen und Bunsenbrennern zugebaut. Vermutlich mal wieder ein Versuch bei einer der Laborassistentinnen zu punkten. Aus seiner eigenen Zeit bei den Weißkitteln wusste er, dass es keinen Grund gab eine solch große und komplexe Apparatur hier im Labor aufzubauen. Einzig um einer der Laborassistentinnen durch umfassendes Wissen zu imponieren machte es Sinn. Nicht das es schon je geklappt hätte, aber einige Weißkittel waren in erster Linie Wissenschaftler durch und durch. Hochintelligent, ohne Frage, aber in der Interaktion mit anderen Menschen manchmal etwas schwerfällig.

Roland beugte sich über einen Glaskolben auf dem anderen Labortisch, während Wolk noch versuchte in den vorschriftsmäßigen Kittel zu schlüpfen. Wieso hatte man eigentlich alle Leihkittel mindestens eine Nummer zu klein für ihn angeschafft? Der Kolben stand auf einem steinernen Untersetzer, in den 3 konzentrische Kreise eingelassen waren. Der kleinste der Kreise war nur etwas größer als der Kolben, so dass dieser in der passenden Vertiefung genau mittig saß. Die Ringe waren nur knapp einen halben Zentimeter breit, mit allerlei Schriftzeichen, Runen und Symbolen versehen und schlossen direkt aneinander an. Der äußere und innere Ring waren aus verschiedenen Metallen gefertigt und die Zeichen waren eingeritzt worden. Der mittlere Ring war aus Acryl und weiße Zeichen waren im Inneren eingeschlossen.

In dem Glaskolben schwang eine schwarze Flüssigkeit hin und her, ohne dass der Kolben bewegt worden war. Auf den ersten Blick hätte man annehmen können, ein kleines Tier wäre in einen mit Teer oder Tinte gefüllten Kolben gefallen und versuchte daraus zu entkommen. Wolk wusste es besser, schließlich hatte er die Grundlagen für dieses Meisterwerk geschaffen.

„Ist es stabil?“ Der Forscher in Wolk meldete sich wieder zu Wort.

„So stabil, wie wir es haben wollen.“ antwortete von Braun, nicht ohne einen gewissen Stolz.

Wolk betrachtete die wabernde Flüssigkeit weiter gebannt. Er hatte so viele Fragen. Der Inhalt des Kolbens vor ihm war ein Meilenstein. Selbst in den Laboren der Organisation für die er arbeitete war es revolutionär. Aber hätte er sich jetzt auf eine fachliche Diskussion mit von Braun eingelassen, hätte er seinen Termin mit seinem Meister vergessen können, und das Abendessen mit Melina sowieso. Er entschied sich daher sein Treffen mit seinem Verbindungsmann auf nächste Woche zu verschieben und am nächsten Tag nochmal ins Labor zu kommen. Sein neues Projekt würde auch ein paar Tage später starten können.

Das Allerheiligste war die unterste Ebene der Zentrale. Der ganze Bau lag etwa 15 Meter unter der Erde und reichte mit seinen elf Stockwerken fast 60 Meter zusätzlich in die Tiefe. Auf der Ebene des Allerheiligsten hatten die 13 Meister, die im Rat saßen, ihre Räume. Die offizielle Bezeichnung der Sektion in der Wolks Meister sich aufhielt war UG 10-C. Den Namen „Allerheiligstes“ hatte die Abteilung wegen des Tresorraums in UG 10-A. In Anlehnung an den Tempel Salomons wurden dort besonders wertvolle, gefährliche und seltene Artefakte aufbewahrt. Das Artefakten-Archiv in UG 10-B war voller weniger gefährlicher Gegenstände, die häufiger von den Meistern benötigt wurden. Da es sich bei den Meistern in der Regel um alte Männer und Frauen handelte, zogen sie beim Bau der Zentrale mit den Artefakten in die unteren Räume. Auf diese Weise wurden sie ebenso gut wie die Artefakte von äußeren Einflüssen abgeschirmt und waren darüber hinaus in der Lage die Artefakte, die sie gerade brauchten, schnell zu bekommen.

Der Zutritt zum Allerheiligsten war nur auf ausdrückliche Einladung eines Meisters gestattet, und selbst jemand wie Wolk, der ein so enges Verhältnis zu seinem Meister hatte, wie kein anderer, musste sich das Procedere der Sicherheitsüberprüfung beim Eingang antun.

Er verließ den Aufzug, durchschritt den kurzen Tunnel und stellte sich auf die kreisförmige Markierung in der Sicherheitsschleuse, die daraufhin zu glühen begann. Der Wächter, der die Prozedur überwachte rührte keinen Finger, blinzelte nicht einmal, während Wolk in der Sicherheitsschleuse überprüft wurde. Wolk hasste diese Überprüfung. Nicht weil er der Ansicht war, sie sei überflüssig, auch nicht, weil die Sicherheitsschleuse klein genug war um Klaustrophobie in ihm auszulösen, sondern weil er dieses Engegefühl in der Brust erst wieder loswurde, wenn er die Ebene verließ. Ein Summen beendete die Überprüfung und der Wächter griff in ein Regal, an dem sich ein kleines Fach geöffnet hatte. Den daraus hervorgeholten silbernen Armreif reichte er wortlos Wolk, der diesen sofort umlegte. Da war sie wieder. Diese Enge. Wolk verließ den Kreis und ging zwischen den beiden steinernen Riesen durch, die die Tür zum Allerheiligsten bewachten.

In der Mitte des Allerheiligsten war ein kleiner Garten angelegt worden. Eine Oase der Ruhe an einem der stillsten Orte der Welt. Das Plätschern des künstlichen Wasserfalls unterstrich die Szene, hallte aber trotz der 9 Meter hohen Decke nicht nach. Beleuchtet wurde die gesamte Etage von der kleinen Glaskugel, die an dem künstlichen Himmel die Sonne darstellte. Um den Garten führte der Portikus, ein Säulengang, im Kreis an allen Türen der Etage vorbei. Vladimir ging bis zur Tür mit einem – in eine Marmorplatte eingelassenem – Gamma aus Bronze davor. Er klopfte und wartete das sich die schwere Eichentür öffnete.

Meister Claudius saß hinter seinem Schreibtisch. An den Wänden hatte sich im Laufe der Jahre eine gewaltige Sammlung von Büchern der unterschiedlichsten Fachgebiete angesammelt. Dort standen Bücher über Anatomie, neben Büchern über Alchemie, Neurochemie neben Numerologie, Astrophysik neben Astrologie. Das erste Mal in diesem Raum hatte sich Vladimir noch gefragt ob Meister Claudius diese Bücher alle gelesen hatte. Seiner Schätzung nach würde die gesamte Lebenszeit eines Menschen nicht reichen, all diese Bücher zu lesen, abgesehen davon, dass der Stoff teilweise in Bereiche eindrang, für die man zunächst mehrere Jahre hätte studieren müssen. Mittlerweile wusste er, dass es möglich war und dass Claudius wirklich den Inhalt aller Bücher kannte, verstanden hatte und bei Bedarf aus dem Gedächtnis abrufen konnte. Und für den seltenen Fall, dass er etwas nicht mit Sicherheit wusste kannte er den genauen Standort des Buches um es nachschlagen zu können. Ein bemerkenswertes Talent, aber für den Einsatz im Feld, wie Ihn Vladimir bevorzugte, nur bedingt geeignet.

Der Meister kritzelte auf einem Blatt auf seinem Schreibtisch herum, murmelte was er aufschrieb und winkte Vladimir mit der freien Hand zu sich heran, gab ihm aber gleich darauf mit Handzeichen zu verstehen, dass er warten solle. Vladimir nahm an einem Tisch in der Ecke neben der Tür Platz.

Meister Claudius war ein alter, glatzköpfiger Mann mit Hakennase. Vladimir stellte ihn sich manchmal, wenn er über seine Papiere gebeugt dasaß, mit Pelzkragen vor und dass er dann einem Geier zum Verwechseln ähnlichsah. Als sich sein Meister erhob und auf ihn zukam hatte sich Vladimir schon wieder so sehr an dieses Geierbild gewöhnt, dass ihn die gerade Körperhaltung kurz in seinen Gedanken zum Stocken brachte.

„Also“, setzte der Meister an und ließ sich auf den freien Platz am Tisch fallen, „was gibt es.“

Vladimir wollte gerade beginnen zu erzählen, als er merkte wie sich sein Hals zuzog. Er räusperte sich, setzte neu an, doch bekam kein Wort heraus. Noch einmal räusperte er sich, doch das Gefühl, dass ihm jemand den Hals zudrückte um ihn vom Reden abzuhalten wurde stärker.

„Oh, entschuldige.“ Meister Claudius ging zu einem Tisch an der Wand und legte einen armlangen Stock in eine mit Vlies ausgelegte Schachtel. Sobald er die Schachtel schloss, lies das Kratzen in Vladimirs Hals nach.

„Gehen wir ein Stück, ich muss den hier noch zurückbringen“, sagte Claudius und klemmte sich den Kasten unter den Arm.

Sie hatten den Kasten in das Archiv zurückgebracht und umkreisten den Portikus zum zweiten Mal. Vladimir hatte seinem Meister alles über seinen zurückliegenden Fall erzählt und das dieser von seinem Vorgesetzten geschlossen wurde. In der Struktur der Organisation war es vorgesehen, dass jeder Mitarbeiter 2 Leuten unterstand, seinem Vorgesetzten, der ihm in Bezug auf seine Aufgaben Anweisungen geben durfte, und seinem Meister, der für Ihn Lehrer und Ansprechpartner bei allen Arten von ethischen und moralischen Dilemmata war. Deswegen hatte sich Vladimir für die vor ihm liegende Aufgabe mit seinem Meister absprechen wollen.

„Und du bist sicher, dass dieser junge Mann dazu bereit ist?“, wollte Meister Claudius wissen.

„Wahrscheinlich nicht. Aber wer ist das schon?“ Vladimir dachte an seine eigene Vergangenheit und daran, wie schwer die Wahrheit für ihn war, als er sie erfuhr.

Er war in einem Waisenhaus in Moskau aufgewachsen. Eine seiner frühesten Erinnerung war ein Nachmittag als er 11 Jahre alt war. Vladimir war damals ein Einzelgänger, schmächtig und ohne Freunde. Ein typischer Außenseiter. Ein paar ältere Jungen lauerten ihm nach der Schule auf. Sie hatten ihn schon lange spüren lassen, dass er anders war, doch hatten keine Ahnung wie recht sie damit haben sollten.

Ihre Namen hatte er in der Zwischenzeit vergessen, aber er erinnerte sich noch gut, wie sie ihn zu dritt am Boden festhielten, während der vierte und größte auf ihn einschlug. Es war das erste Mal, dass die Wut in ihm die Kontrolle übernahm.

Später würden die Jungen erzählen, dass Vladimir völlig grundlos ausgerastet und auf sie losgegangen sei. Er sei ein wahnsinniger und gefährlich. Sie würden erzählen, dass er ihnen heimtückisch aufgelauert und mit herumliegenden Pflastersteinen auf sie eingeschlagen hätte. Er hätte ein Messer gezogen und ihnen damit tiefe Schnittwunden zugefügt. Die Wahrheit, dass ein schmächtiger Elfjähriger, allein und ohne Hilfsmittel, vier ältere Jungen krankenhausreif geschlagen hatte, würden sie nie erzählen. Weniger aus gekränktem Stolz, sondern aus Angst.

Lazarus

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